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Sonntag, 29. August 2010

Playlist # 40 vom 29.08.10 - HOWARD SHORE Special

Der am 18. Oktober 1946 im kanadischen Toronto, Ontario, geborene Komponist Howard Shore ist durch seine Oscar-prämierte Arbeit für Peter Jacksons Verfilmung von Tolkiens Fantasy-Trilogie „Herr der Ringe“ weltberühmt geworden. Doch in Filmkreisen genießt Shore schon lange einen hervorragenden Ruf, vor allem durch seine langjährige Zusammenarbeit mit den renommierten Regisseuren David Cronenberg („Die Fliege“, „A History Of Violence“, „Tödliche Versprechen“), David Fincher („Sieben“, „The Game“, „Panic Room“) und Martin Scorsese („Gangs Of New York“, „Aviator“, „Departed“).

Nach seinem Studium an der Berklee School of Music in Boston spielte er zwischen 1969 und 1972 in der Jazz-Rock-Band Lighthouse Saxofon und machte sich zwischen 1975 und 1980 einen Namen als Mitbegründer und musikalischer Leiter der Band in der NBC-Show „Saturday Night Live“. Schließlich fragte er David Cronenberg, einen Independent-Filmer aus seiner Nachbarschaft in Toronto, ob er für einen seiner Filme die Musik komponieren dürfe. Seit Cronenbergs Spielfilmdebüt mit „The Brood“ aus dem Jahre 1979 arbeiten die beiden eng miteinander zusammen. Die extrem düsteren Klänge, die er gerade für Cronenbergs „Spider“, „A History Of Violence“ und „Tödliche Versprechen“, vor allem aber für die beiden David-Fincher-Thriller „Sieben“ und „The Game“ sowie Jonathan Demmes Meisterwerk „Das Schweigen der Lämmer“ kreiert hat, sind zu einem Markenzeichen von Howard Shore geworden.
Dabei hat er auch Musik zu Komödien wie „Big“, „Mrs. Doubtfire“, „High Fidelity“, „Reine Nervensache“ und Dramen wie „Davor und danach“, „The Yards“ und „Glaubensfrage“ komponiert. In einem Interview mit kino.de gab Howard Shore bekannt, wie er einen Auftrag zu einem neuen Film beginnt: „Immer beim Buch, bei den Worten. Ich gehe so weit zurück wie möglich. Idealerweise ist das eine Buchvorlage. Dann lese ich mich erst einmal ein. Fange bei Seite eins an. Danach nehme ich mir das Drehbuch vor, versuche die Worte in Musik zu fassen. Ich gehe da sehr emotional vor, versuche die Worte in Gefühle umzuarbeiten und die Gefühle dann in Noten. Wenn die Noten dann stehen, überlege ich mir, wie sie gespielt werden sollen. Welche Instrumente, welche Stilrichtung, Klavierspieler, kleines Ensemble oder großes Orchester. Dabei arbeite ich immer möglichst eng mit dem Regisseur zusammen. Es ist ein ewiger Dialog bei dem die Bilder, der Schnitt, das Spiel der Schauspieler und das Filmtempo in Einklang gebracht werden müssen. Regisseur und Komponist müssen sich gegenseitig respektieren und einander vertrauen.“
In diesem Interview beschreibt Howard Shore auch die besondere Herausforderung, die die Vertonung der „Herr der Ringe“-Trilogie für ihn bedeutete:
Tolkiens Vorlage ist vielschichtig, also brauchte ich auch eine vielschichtige Musikpalette, mit der ich arbeiten konnte. Aber das war nur der Ausgangspunkt. Es gibt im Score auch jede Menge Modernismen, zum Beispiel Avantgarde der 1950er Jahre, fast alles ist drin außer elektronischer Musik. Das Herzstück bildet ein Choral, der so Mitte des 19. Jahrhunderts hätte geschrieben werden können. Ich wollte eine vergangene Welt kreieren, Mittelerde ist schließlich 5000, 6000 Jahre vor unserer Zeit. Zudem musste der epische Rahmen gefüllt werden, die Partitur umfasst über 80 Themen und Leitmotive.“
Bei Peter Jacksons nächstem Projekt, der Neuverfilmung des Monster-Klassikers „King Kong“, sorgten unterschiedliche kreative Auffassungen aber für ein vorzeitiges Ende der Zusammenarbeit, und James Newton Howard übernahm Shores Job. Ähnlich ist es dem Komponisten bei „Kopfgeld“ ergangen, wo James Horner schließlich den Score komponierte.
„Auffällig ist bei Shores Kompositionen, dass er sich ganz und gar der Stimmung des jeweiligen Films verschreibt. Seine Themen geben von den ersten Takten an die Richtung des Films vor, suggerieren klanglich Kernelemente des Filmgenres, in dem sich das Geschehen auf der Leinwand bewegt. Ein düsteres Streicherthema über dunklen Bass-Figuren begleitet FBI-Agentin Clarice Starling zu Beginn von ‚Das Schweigen der Lämmer‘ und deutet auf das Grauen hin, das hier allen Beteiligten bevorsteht. Bereits das Hauptthema von ‚Die Fliege‘ mit seinen sich immer wieder aufbäumenden Crescendi kündet von der Ungeheuerlichkeit eines fatalen wissenschaftlichen Selbstversuchs. Die ‚Suite From Seven‘ mit seinen fast schmerzhaften Glissandi in den Streichern und dem beklemmenden Oboen-Thema unterstreicht in ‚Sieben‘ die Machtlosigkeit der Polizei gegen einen schier übermächtigen Serienkiller. Dagegen stehen lange, unterschwellig düstere Streicherflächen in ‚A History of Violence‘ Diese nur scheinbar entspannte Musik fängt klanglich perfekt ein, wie plötzlich Gewalt über ein friedliches US-Städchen im Mittelwesten hereinbricht“, beschreibt Gregor Wossilus auf BR-online.de treffend die künstlerische Qualität des Komponisten. „Gerade in Zeiten, in denen Filmkomponisten gern auf elektronische Beats, Keyboard-Sounds und künstliche Klangeffekte zurückgreifen, nutzt Shore die klanglichen Möglichkeiten eines Orchesters umfassend aus. Dabei versteht es Shore auch, z.B. jazzige Stile wie Swing (‚Aviator‘) und Freejazz (‚Naked Lunch‘) mit seinen Orchesterarrangements zu verschmelzen. Anders als seine erfolgreichen Kollegen Hans Zimmer (‚Fluch der Karibik‘) oder John Powell (‚Die Bourne Identität‘), die gern auf knalliges Schlagzeug und getragene Soundcollagen setzten, komponiert Shore vorwiegend thematisch und mit großer Orchestrierung. Bei ihm verkommt die Musik nie zum reinen Effekt. Selbst kurze Stücke leben von kleinen, wirkungsvollen Tonfolgen, die das Innenleben der Filmfiguren, ihre stärksten Emotionen spiegeln.“
Zu den jüngsten Arbeiten des gefragten Komponisten zählen Martin Campbells Rache-Drama „Auftrag Rache“ mit Mel Gibson in der Hauptrolle und der dritte Part der romantischen „Bis(s)“-Teenie-Vampir-Reihe, „Eclipse“.

Filmographie
1978: Im Bannkreis des Todes (I Miss You, Hugs and Kisses)
1979: The Brood
1981: Scanners – Ihre Gedanken können töten (Scanners)
1983: Videodrome
1984: Alles ist vergänglich (Nothing Lasts Forever)
1985: Die Zeit nach Mitternacht (After Hours)
1986: Die Fliege (The Fly)
1986: Fire with Fire – Verbotene Leidenschaft
1987: Nadine – Eine kugelsichere Liebe (Nadine)
1987: Alles über Himmel und Hölle (Heaven)
1988: Moving – Rückwärts ins Chaos (Moving)
1988: Big
1988: Die Unzertrennlichen (Dead Ringers)
1989: Die Teufelin (She-Devil)
1989: The Lemon Sisters
1989: Signs Of Life
1989: Von Bullen aufs Kreuz gelegt (An Innocent Man)
1990: The Local Stigmatic
1990: Made In Milan
1991: Das Schweigen der Lämmer (The Silence of the Lambs)
1991: Naked Lunch – Nackter Rausch (Naked Lunch)
1991: Der Kuss vor dem Tode (A Kiss Before Dying)
1992: Zauberhafte Zeiten (Prelude to a Kiss)
1992: Weiblich, ledig, jung sucht... (Single White Female)
1993: Mrs. Doubtfire – Das stachelige Kindermädchen (Mrs. Doubtfire)
1993: Sliver
1993: Philadelphia
1993: M. Butterfly
1993: Jenseits der Unschuld (Guilty As Sin)
1994: Ed Wood
1994: Der Klient (The Client)
1994: Nobody's Fool – Auf Dauer unwiderstehlich (Nobody's Fool)
1995: Sieben (Se7en)
1995: Moonlight and Valentino
1995: Straße der Rache (White Man’s Burden)
1996: Crash
1996: Striptease
1996: Looking for Richard
1996: Lügen haben lange Beine (The Truth About Cats & Dogs)
1996: Davor und danach (Before and After)
1996: That Thing You Do!
1997: The Game
1997: Cop Land
1999: Gloria
1999: eXistenZ
1999: Dogma
1999: Reine Nervensache (Analyze This)
2000: High Fidelity
2000: Camera
2000: Esther Kahn
2000: The Cell
2000: The Yards – Im Hinterhof der Macht (The Yards)
2001: Der Herr der Ringe: Die Gefährten (The Lord of the Rings: The Fellowship of the Ring)
2001: The Score
2002: Panic Room
2002: Der Herr der Ringe: Die zwei Türme (The Lord of the Rings: The Two Towers)
2002: Gangs of New York
2002: Spider
2003: Der Herr der Ringe: Die Rückkehr des Königs (The Lord of the Rings: The Return of the King)
2003: Happy The Man (TV)
2004: Aviator (The Aviator)
2005: A History of Violence
2005: Lord Of The Brush (TV)
2006: Departed – Unter Feinden (The Departed)
2007: Mimzy – Meine Freundin aus der Zukunft (The Last Mimzy)
2007: Tödliche Versprechen – Eastern Promises (Eastern Promises)
2008: Glaubensfrage (Doubt)
2009: P.O.V. (Folge: „The Betrayal“) (Nerakhoon)
2010: Auftrag Rache (Edge of Darkness)
2010: Eclipse – Bis(s) zum Abendrot (The Twilight Saga: Eclipse)

Playlist
1 Howard Shore - Flashback (The Score) - 04:10
2 Howard Shore - Midnight (After Hours) - 03:18
3 Howard Shore - Finale (Dead Ringers) - 03:16
4 Howard Shore - The Treason Of Isengard (Der Herr der Ringe: Die Gefährten) - 03:59
5 Howard Shore - Tatiana (Eastern Promises) - 05:10
6 Howard Shore - Would You Like A Cup Of Tea? (Nobody's Fool) - 02:57
7 Howard Shore - Pulling Back The Curtain (The Game) - 04:41
8 Howard Shore - Finale (The Silence Of The Lambs) - 04:50
9 Howard Shore - The Finale (The Fly) - 02:45
10 Howard Shore - Minor Catastrophe (Philadelphia) - 03:14
11 Howard Shore - The Morgue (The Client) - 04:53
12 Howard Shore - Edward, Versus Victoria (The Twilight Saga: Eclipse) - 05:47
13 Howard Shore - Billy's Theme (Departed) - 07:01

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