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Sonntag, 31. Juli 2011

Playlist # 64 vom 31.07.11 (2) - TERRENCE MALICK Special

Er gehört fraglos nicht zu den produktivsten Filmemachern in Hollywood, dafür aber zu den am meisten gefeierten, wie sein aktueller Film „The Tree Of Life“ mit Brad Pitt und Sean Penn in den Hauptrollen einmal mehr dokumentierte, als der Film dieses Jahr mit der Goldenen Palme der Internationalen Filmfestspiele von Cannes ausgezeichnet wurde.

Der am 30. November 1943 in Ottawa, Illinois, geborene Drehbuchautor, Regisseur und Produzent arbeitete zunächst auf einem texanischen Bauernhof, bevor er in Harvard Philosophie studierte und nach einem Stipendiums-Aufenthalt in Oxford in New York als freiberuflicher Journalist tätig wurde. Durch einen Filmkurs am Massachusetts Institute of Technology erwachte Malicks Interesse am Filmemachen, weshalb er 1962 an das neu gegründete Center for Advanced Film Studies des amerikanischen Filminstitutes (AFI) in Los Angeles ging, wo er mit seinem 17-minütigen Abschlussfilm „Lanton Mills“ (1969) auch gleich sein Kurzfilm-Regiedebüt vorlegte.
1972 begannen die Arbeiten an dem Langfilmdebüt „Badlands – Zerschossene Träume“, dessen bescheidenes Budget von 500.000 Millionen Dollar von verschiedenen kleineren Investoren stammte, damit sich Malick nicht in die Abhängigkeit eines Studios begeben musste.
Das Drehbuch hat Malick allerdings bereits 1958 während seines Studiums verfasst und war von den berüchtigten Serienkiller Charles Starkweather und Caril Fugate inspiriert, die 1958 in Nebraska und Wyoming ihr blutiges Unwesen trieben. Der Film erzählt die Geschichte der naiven 15-jährigen Holly (Sissy Spacek), die sich auf eine Romanze mit dem selbstbewussten, zehn Jahre älteren Müllmann Kit (Martin Sheen) einlässt. Nachdem Kit ihren Vater erschossen hat, flieht sie mit ihm nach Montana, wo sie in einem eigens errichteten Baumhaus ein neues Leben beginnen wollen, aber letztlich zu ihren konservativen Lebensentwürfen zurückkehren. Später sollten sich Oliver Stone („Natural Born Killers“), Tony Scott („Thelma & Louise“) und Quentin Tarantino („Pulp Fiction“) von diesem Meisterwerk inspirieren lassen.
Malick ließ sich bis 1978 Zeit, ehe er sein Zweitwerk „In der Glut des Südens“ präsentierte, allerdings wurden die Außenaufnahmen auch allesamt nur in der kurzen Zeit des Sonnenauf- und –untergangs realisiert. Der Film erzählt die Dreiecksliebesgeschichte zwischen dem Farmarbeiter Bill (Richard Gere) und der jungen Abby (Brooke Adams), die auf der Flucht vor der Polizei nach Texas bei einem reichen Farmer (Sam Shepard) unterkommen. Als sich der totkranke Mann in Abby verliebt, will das Paar an sein Vermögen. Einmal mehr überzeugte Malick mit einem grandios fotografierten Werk, für das Kameramann Néstor Almendros mit dem Oscar® und Malick in Cannes als bester Regisseur ausgezeichnet wurde.
Erst zwanzig Jahre später kehrte Malick mit „Der schmale Grat“ auf die Kinoleinwand zurück. Der bis in die Nebenrollen hochkarätig mit Sean Penn, Nick Nolte, Adrien Brody und Jim Caviezel besetzte Film thematisierte die Schlacht um Guadalcanal während des Pazifikkrieges. Wie schon bei „In der Glut des Südens“ drehte Malick nur mit natürlichem Licht und ließ Hans Zimmer die Musik zum Drehbuch, nicht zur Rohfassung des Films schreiben.
„Wie kaum ein anderer Regisseur bekommen bei Malick auch die Bild- und Tonebene eine immense Bedeutung. Auf der Bildebene stellt er immer wieder dem kriegerischen Treiben des Menschen Bilder einer reinen, unberührten Natur mit Tieren und Pflanzen gegenüber, die den Wahnsinn des Krieges umso deutlicher werden lassen. Die Harmonie, die unter den Ureinwohnern der Insel herrscht, und welche Private Witt (Jim Caviezel) immer wieder sucht, zeigt eindrucksvoll, wie friedlich die Menschheit eigentlich leben könnte, aber später auch, wie der Mensch diesen Frieden zerstören kann. (...) Die grandiose Kameraarbeit von John Toll bietet dem Betrachter eine unendliche Fülle von sehenswerten Bildern, die alleine schon genug Aussagekraft hätten, sich so aber ganz in den Dienst des Gesamtkunstwerks stellen“, meint René Schumacher in seiner Kritik auf filmstarts.de.
„Dies tut auf der Tonebene auch die vom in Hollywood erfolgreichen Komponisten Hans Zimmer ("Der König der Löwen") geschriebene Musik des Films. Sie dient nicht nur der Spannungssteigerung, Zimmer drückt mit seiner musikalischen Untermalung auch Gefühle der Protagonisten aus. Wenn Private Peale (Mark Boone Junior) beim Sturm auf einen Bunker plötzlich psychisch ausklinkt und selbstmörderisch direkt auf die MG-Stellung zustürmt, dann kündigt schon die Musik bei seiner Nahaufnahme an, dass gerade in seinem Kopf rationale Überlegungen einem Wahnsinn weichen, der später gerne als Todesmut bezeichnet wird. Dazu arbeitet Malick immer wieder mit Off-Stimmen der Protagonisten. Diese geben Einblicke in das Innere der Charaktere und unterstützen mit der Poesie ihrer Sprache die Bilder. Oft werden dabei Fragen gestellt, aber wenig Antworten gegeben. Malick plädiert auf einen mündigen Zuschauer, dem er es überlässt, sich Antworten selber zu erschließen.“
Malick wurde auf Internationalen Filmfestspielen von Berlin für den Film mit dem „Goldenen Bären“ ausgezeichnet, ging bei den Academy Awards allerdings leer aus.
Nachdem er sich in den folgenden Jahren vorwiegend um das Produzieren von Filmen gekümmert hatte, brachte er mit „The New World“ 2006 vor dem Hintergrund der britischen Kolonialisierung Amerikas im frühen 17. Jahrhundert eine bildgewaltige Liebesgeschichte zwischen dem britischen Entdecker John Smith (Colin Farrell) und der schönen Indianerprinzessin Pocahontas (Q’orianka Kilcher) in die Kinos.
Der Regisseur "sammelt Eindrücke, streift herum, studiert das Licht und das Wetter, blickt den Algonquin in die geschminkten Gesichter, und hört in die Herzen seiner Figuren. Dazu hat James Horner einen Soundtrack geschrieben, in dem Richard Wagners 'Rheingold' eine zentrale Rolle spielt - auch 'The New World' entsteht aus dem Wasser, die Schätze liegen offen zu Tage und lösen dann doch eine fatale Konkurrenz aus. ... 'The New World' ist keineswegs so eindimensional, wie es aufgebrachten Kritikern erscheinen mag, sondern trägt die Struktur der Säkularisierung in sich selbst: Das ursprüngliche Amerika ist bei Malick ein Mythos, dessen Entstehung und Zerfall er noch einmal nachvollzieht“, urteilt Bert Rebhandl in der „Berliner Zeitung“ (zitiert auf film-zeit.de).
Mit seinem neuen Film „The Tree Of Life” erzählt Malick die Geschichte des elfjährigen Jack O’Brien, der in den 50er Jahren als ältester von drei Brüdern im Mittleren Westen aufwächst und dabei von zwei konträren Lebensentwürfen geprägt wird: Während Jacks liebevolle Mutter (Jessica Chastain) alles versucht, den Jungen die Welt mit dem Herzen sehen zu lassen, zieht ihn sein (Brad Pitt) mit der Maxime auf, dass man zunächst an sich selbst denken müsse, um in der harten Realität zu bestehen.
„The Tree Of Life“ ist laut der Neue Züricher Zeitung „ ein bildgewaltiger Hymnus auf das Leben und die Entstehung allen Seins, eine Exploration der Urgewalten, die das Universum erschufen und zusammenhalten, eine Ode an die Liebe. Sean Penn wandelt durch eine irritierende Welt, sich seiner Kindheit und des autoritären Vaters (Brad Pitt) erinnernd. Er ist auf der Suche nach Gott. Glaubenszweifel treiben ihn um, die wahre Religiosität erst konstituieren. Malick blickt auf den Beginn der Welt, die Elemente, die das Dasein begründen – und findet eine Erklärung für den Glauben. Es ist, als habe man das Leben in seiner Essenz geschaut“.
Neben dem Original Motion Picture Score von Alexandre Desplat sind in dem bildgewaltigen spirituellen Epos über die Entstehung und das Vergehen des Lebens vor allem klassische Opern- , meditative Choral- und Orchesterwerke zu hören, am bemerkenswertesten sicher die Stücke des serbischen Komponisten Arsenije Jovanovic, der Stimmen, Instrumente, Feldaufnahmen und manipulierte Klänge in seine Kompositionen einfließen lässt. Darüber hinaus runden u.a. “Siciliana Da Antiche Danze Ed Arie Suite III” von Ottorino Respighi, “My Country –Vltava (The Moldau)” von Bedrich Smetana, “Funeral Canticle” von John Tavener, Mahlers “Symphony Nr. 1“, “Lacrimosa 2” von Zbigniew Preisner und “Symphony No. 3” von Henryk Górecki die einzigartige musikalische Odyssee ab. Eine vollständige Liste aller im Film verwendeten Stücke findet ihr im The Playlist Blog.

Filmographie:
1969: Lanton Mills
1973: Badlands – Zerschossene Träume (Badlands)
1978: In der Glut des Südens (Days of Heaven)
1998: Der schmale Grat (The Thin Red Line)
2005: The New World
2011: The Tree of Life

Playlist:
1 John Tavener - Funeral Canticle (The Tree Of Life) - 07:45
2 Ennio Morricone - Harvest (Days Of Heaven) - 02:58
3 Hans Zimmer - The Lagoon (The Thin Red Line) - 08:36
4 James Horner - Forbidden Corn (The New World) - 11:00
5 Ottorino Respighi - Suite III: Siciliana. Andantino (The Tree Of Life) - 03:22
6 Alexandre Desplat - Light And Darkness (The Tree Of Life) - 08:17
7 Zbigniew Preisner - Lacrimosa - Day Of Tears (The Tree Of Life) - 04:04
8 Alexandre Desplat - Temptation (The Tree Of Life) - 06:47
9 Hans Zimmer - Light (The Thin Red Line) - 07:19


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