Radio ZuSa

Mittwoch, 25. Januar 2012

Playlist # 77 vom 29.01.12 - GABRIEL YARED Special

Angelina Jolie hat sich für ihr Regiedebüt mit Gabriel Yared einen prominenten Komponisten ins Boot geholt, der eine äußerst ungewöhnliche Biografie aufweist. Der libanesische Komponist wurde am 7. Oktober in Beirut geboren und kam als Siebenjähriger erstmals mit Musik in Berührung, als sein Vater ihn am Akkordeon lernen ließ. Im Alter von elf Jahren begann Yared sich mit Musiktheorie auseinanderzusetzen und Klavierunterricht zu nehmen.

Als 14-Jähriger übernahm er als Organist den Platz seines verstorbenen Mentors an der Universität Saint Joseph in Beirut ein und hatte Zugang zur großen musikalischen Bibliothek der Jesuitenschule, wo er sich mit den Werken von Komponisten wie Johann Sebastian Bach, Robert Schumann, Franz Liszt, Olivier Messiaen und César Franck auseinandersetzte. Nach seinem Schulabschluss studierte Yared an der Universität Saint Joseph Rechtswissenschaft, betrieb aber weiterhin seine musikalischen Studien. Mit zwanzig Jahren legte Yared die Rechtswissenschaft ad acta und konzentrierte sich auf seine musikalische Laufbahn. Er reiste 1969 nach Paris und besuchte als nicht immatrikulierter Student an der Ecole Normale de Musique den Unterricht von Henri Dutilleux und Maurice Ohana. Als Yared 1971 nach Brasilien ging, um seinen Onkel zu besuchen, blieb er gleich anderthalb Jahre, um zu komponieren und mit einem kleinen Orchester in einem Nachtclub aufzutreten. Auf der Heimreise nach Libanon blieb er in Paris hängen, wo er als Songwriter Fuß zu fassen versuchte, aber Yared tat sich vor allem als gefeierter Dirigent hervor. Er arbeitete mit Johnny Hallyday, Sylvie Vartan, Enrico Macias, Charles Aznavour und Gilbert Bécaud zusammen und versuchte, weniger zu dirigieren und mehr zu komponieren und zu produzieren.
Nach Aufträgen für die Werbung, für Radio- und TV-Jingles komponierte Yared 1975 für Samy Pavels „Miss O‘Gynie ou les hommes fleurs“ erstmals Musik für einen Film, was für den stark kurzsichtigen und introvertierten Künstler eine besondere Herausforderung war, da er sich für das Medium Film nicht besonders interessierte. Statt von den Bildern ließ sich Yared durch die Worte und seine Einbildungskraft inspirieren. Auf diese Weise entstand auch die Filmmusik für Godards „Rette sich, wer kann“ (1980), denn Yared komponierte die Musik, ohne eine Szene des Films gesehen zu haben, sondern allein auf der Basis, was Godard und der Komponist zuvor miteinander abgesprochen haben.
Yared schrieb auch in den folgenden Jahren die Musik meist vor und während der Dreharbeiten, um sich seine kreativen Freiheiten zu bewahren. 1987 erhielt er eine Nominierung für den César (das französische Äquivalent zum Oscar) für die Filmmusik zu Jean-Pierre Mockys „Agent Trouble – Mord aus Versehen“ und konnte den Preis 1989 für den Soundtrack zu Bruno Nuyttens Künstlerbiopic „Camille Claudel“ auch gewinnen, ebenso für die Arbeit zu Jean-Jacques Annauds „Der Liebhaber“. Seinen größten Erfolg feierte Yared aber 1997 mit seiner Musik zu Anthony Minghellas Epos „Der englische Patient“, die u.a. mit einem Oscar, einem Golden Globe und einem Grammy ausgezeichnet wurde. Minghella arbeitete mit dem Komponisten auch bei seinen folgenden Filmen „Der talentierte Mr. Ripley“ und „Breaking & Entering“ zusammen.
Weniger erfreulich verlief die Zusammenarbeit mit Regisseur Wolfgang Petersen an dessen antiker Saga „Troja“. Die dunkle, rhythmische und kraftvolle Musik, die Yared komponierte, scheiterte bei den Testvorführungen und wurde durch James Horners Soundtrack ersetzt. Erst beim späteren Director’s Cut tauchte einige Sequenzen von Yareds Score wieder auf, den der Komponist auf seiner eigenen Website veröffentlichte.
2010 erhielt Gabriel Yared von der Europäischen Filmakademie den Preis für die beste europäische Leistung im Weltkino.
Angelina Jolies Spielfilmregiedebüt „In The Land Of Blood And Honey“ erzählt von einem christlichen Serben und einer muslimischen Bosnierin, die 1992 voneinander getrennt werden, als der bosnisch-serbische Bürgerkrieg ausbricht. Auf dem Soundtrack, dessen Erlöse teilweise den SOS-Kinderdörfern und der SOS-Familienhilfe in Bosnien und Herzegowina gespendet werden, sind neben drei Tracks aus dem Score von Gabriel Yared vor allem unterschiedliche Künstler aus dem Balkan zu hören.

Filmographie (Auswahl): 
1974: Miss O’Gynie et les hommes fleurs
1978: Jean-Christophe (TV-Serie)
1980: Rette sich, wer kann (das Leben) (Sauve qui peut la vie)
1981: Malevil (Film) (Malevil)
1982: Invitation au voyage (Einladung zu einer Reise)
1982: Interdit aus moins de 13 ans (Nicht jugendfrei)
1982: L’académie des 9 (TV-Serie)
1983: Sarah
1983: La lune dans le caniveau (Der Mond in der Gosse)
1983: Hanna K.
1984: La diagonal du fou (Duell ohne Gnade)
1986: Betty Blue – 37,2 Grad am Morgen (37,2 degrés le matin)
1987: Agent Trouble – Mord aus Versehen (Agent Trouble)
1987: Therapie zwecklos (Beyond Therapy)
1988: Camille Claudel
1989: Romero
1989: Tennessee Nights
1990: Vincent & Theo
1990: Tante Daniele
1990: Sheherazade – Mit 1001 PS ins Abenteuer (Les 1001 nuits)
1991: Der Liebhaber (L’amant)
1992: Flucht aus dem Eis (Map of the Human Heart)
1994: Wings of Courage (Guillaumet, les ailes du courage)
1995: Noir comme le souvenir
1996: Der englische Patient (The English Patient)
1997: Tonka
1998: Stadt der Engel (City of Angels)
1999: Message in a Bottle
1999: Der talentierte Mr. Ripley (The talented Mr. Ripley)
2000: Ein Freund zum Verlieben (The Next Best Thing)
2000: Es begann im September (Autumn in New York)
2001: Lisa
2002: Besessen (Possession)
2002: Das Idol (L’idole)
2002: The One and Only
2003: Bon Voyage
2003: Sylvia
2003: Unterwegs nach Cold Mountain (Cold Mountain)
2004: Darf ich bitten? (Shall We Dance?)
2005: L’avion
2005: Das Leben der Anderen
2006: Azur et Asmar
2006: Breaking and Entering – Einbruch & Diebstahl (Breaking and Entering)
2007: Zimmer 1408 (1408)
2007: Manolete
2008: Ein Leben für ein Leben – Adam Resurrected (Adam Resurrected)
2008: Nos enfants nous accuseront
2009: Le bal des actrices
2009: Coco Chanel & Igor Stravinsky
2009: Le hérisson (Die Eleganz der Madame Michel)
2009: Amelia
2011: In The Land Of Blood And Honey
Playlist: 
1 Gabriel Yared - Des Orages pour la Nuit (Betty Blue 37°2 Le Matin) - 03:18
2 Gabriel Yared - Camille (Camille Claudel) - 07:02
3 Gabriel Yared - Promenade en Limousine (L'Amant) - 03:33
4 Gabriel Yared - Forever And Always (The Next Big Thing) - 06:00
5 Gabriel Yared - Hanna K. (Hanna K.) - 03:43
6 Gabriel Yared - Lovers On Balloon (Map Of The Human Heart) - 02:50
7 Gabriel Yared - Générique (IP5: L'Ile Aux Pachidermes) - 03:43
8 Gabriel Yared - Storm (Message In A Bottle) - 04:31
9 Gabriel Yared - I'll Be Back (The English Patient) - 04:00
10 Gabriel Yared - Crazy Tom (The Talented Mr. Ripley) - 04:48
11 Gabriel Yared - Ada And Inman (Cold Mountain) - 05:03
12 Gabriel Yared & Underworld - St. Pancras (Breaking And Entering) - 04:25
13 Gabriel Yared - Achilles And Hector Fight (Troy) - 04:38
14 Gabriel Yared & Stéphane Moucha - HGW XX/7 (Das Leben der Anderen) - 05:34
15 Gabriel Yared - L'envol (L'Avion) - 03:24
16 Gabriel Yared - Room 1408 (1408) - 07:45
17 Gabriel Yared - Flight To Wales (Amelia) - 04:25
18 Gabriel Yared - Plus tard, je serais concierge (Le Hérisson) - 04:18
19 Gabriel Yared - Gentle Possession (Possession) - 05:27
20 Gabriel Yared - Autumn Forever (Autumn In New York) - 03:38
21 Gabriel Yared - The Cows (Sylvia) - 03:04
22 Gabriel Yared - Sables Mouvants (In The Land Of Blood And Honey) - 03:15
23 Gabriel Yared - Dear Catherine (Message In A Bottle) - 07:04
24 Gabriel Yared - City Of Angels (City Of Angels) - 07:07

  © Blogger template Brooklyn by Ourblogtemplates.com 2008

Back to TOP