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Freitag, 8. März 2013

Playlist # 106 vom 10.03.2013 - MEL GIBSON Special

In den 1980er Jahren war der amerikanisch-australische Schauspieler Mel Gibson noch ein gefeierter Action-Star, später auch ein prämierter Regisseur und Produzent, doch in den 2000er Jahren wurde es sehr ruhig um den immer wieder durch seine Alkoholexzesse und politisch wie religiös kontroversen Statements in der Kritik stehenden Weltstar. Mit seinem neuen Film „Get The Gringo“ kehrt Gibson wieder zu dem Genre zurück, das ihn berühmt gemacht hat, dem Action-Thriller.

Aufgewachsen in einer kinderreichen, römisch-katholischen Familie konnte Gibson am National Institute of Dramatic Art in Sydney in mehreren Theaterstücken erste Erfahrungen als Schauspieler sammeln. Schon nach ein paar kleineren Theater- und Filmrollen wurde Mel Gibson in George Millers apokalyptischen Action-Thriller „Mad Max“ 1979 international bekannt und agierte als unerschrockener Polizist auch in den 1981 und 1985 produzierten Fortsetzungen. Seine Vielseitigkeit demonstrierte Gibson schließlich in Peter Weirs melodramatischen Politthriller „Ein Jahr in der Hölle“ (1982), in Roger Donaldsons neuer Verfilmung von „Die Bounty“ (1984) und in dem Drama „Menschen am Fluss“ (1984). Während die ersten beiden "Mad Max"-Filme von Brian May eher unspektakulär vertont wurden, ist der synthetische Brei von Maurice Jarre zum dritten Teil eher zum Abgewöhnen. Dafür konnte Tina Turner mit der Hymne "We Don't Need Another Hero" einen echten Hit landen. Etwas gelungener ist Jarres Score zum Drama "Ein Jahr in der Hölle" ausgefallen, während Vangelis zu "The Bounty" einen herrlich sphärischen Score schuf, der auch ohne die dazugehörigen Bilder einen akustischen Leckerbissen darstellt.
Zu einem echten Kassenmagneten entwickelte sich Mel Gibson in der Action-Komödien-Serie „Lethal Weapon“, in der er in immerhin vier Filmen (1987 – 1998) an der Seite seines besonnenen Partners (Danny Glover) den psychisch labilen und cholerischen Cop Martin Riggs mimte. Zwar agierte Gibson auch weiterhin in Action-Filmen wie „Kopfgeld“, „Payback“ und „Der Patriot“, doch daneben war er auch in anspruchsvolleren Produktionen wie Franco Zeffirellis „Hamlet“-Adaption (1990) und in „The Million Dollar Hotel“ (2000) von Wim Wenders zu sehen und überzeugte in romantischen Komödien und Dramen wie „Forever Young“ (1992) und „Was Frauen wollen“ (2000).
1993 legte Gibson sein vielbeachtetes Regiedebüt mit „Der Mann ohne Gesicht“ vor. Der Film erzählt die berührende Geschichte einer Freundschaft zwischen dem ehemaligen Lehrer Justin McLeod (Mel Gibson), dessen Gesicht nach einem Unfall völlig entstellt worden ist, und einem zwölfjährigen Jungen, der seinen Wunsch, Air-Force-Pilot zu werden, nur erreichen kann, wenn er in den Sommerferien dafür sorgt, seine Noten zu verbessern.
Mel Gibson erzählt uns eine Geschichte, die zu Herzen geht, ohne dabei in sentimentalen Kitsch abzurutschen. Eine Geschichte, in der es um Vertrauen, Vorurteile und Anschuldigungen geht, die Leben zerstören können“, resümiert Melanie Frommholz auf moviesection.de. „In erster Linie erzählt ‚Der Mann ohne Gesicht‘ jedoch die Geschichte zweier Menschen, die am Rand stehen und die durch ihre Freundschaft aus der gesellschaftlichen Isolation geführt werden. Auch wenn Gibson die eingefahrenen Drama-Mechanismen nicht gänzlich hinter sich lassen kann, berührt dieser Film mit seiner Botschaft.“
Es war die erste Zusammenarbeit zwischen Gibson und James Horner, der nicht nur Gibsons späteren Regiearbeiten "Braveheart" und "Apocalypto" erfolgreich vertonen sollte, sondern auch "Kopfgeld" unter der Regie von Ron Howard.
Seinen großen Triumph als Regisseur, Produzent und Darsteller feierte Mel Gibson 1995 mit dem historischen Schlachtenepos „Braveheart“. Gibson spielt den schottischen Freiheitskämpfer William Wallace, der im ausgehenden 13. Jahrhundert von seinem Onkel aufgezogen und von ihm im Lesen, Schreiben und Schwertkampf unterrichtet wurde. Als die englischen Truppen unter König Edward I. Williams Frau (Catherine McCormack) hinrichten, macht sich Wallace mit seinen Landesgenossen auf in den Kampf um die Freiheit.
„Wallace‘ Aufbäumen gegen beinahe 100 Jahre Raub, Mord und Unterdrückung wird in furiosen Aufnahmen festgehalten. Die wildromantische, raue Schönheit der schottischen Landschaft bildet die perfekte Kulisse für die Lebensgeschichte des schottischen Nationalhelden und die lebendigen, realitätsnahen blutig-dramatischen Schlachten, die einen Großteil der Faszination des Films ausmachen. Auch wenn ‚Braveheart‘ nur grob die historischen Gegebenheiten wiedergibt, macht er auf den Betrachter einen unglaublich realistischen Eindruck. Das Mittelalter wird nicht geschönt dargestellt, sondern in dreckigen, unwirtlichen Bildern zum Leben erweckt, und auch das rohe Verhalten der handelnden Personen und die Brutalität der Kampfhandlungen (…) tragen zur Gesamtauthentizität des Werkes bei“, meint Ulf Lepelmeier auf filmstarts.de. „Mel Gibsons ‚Braveheart‘ ist ein hervorragendes, ungemein packendes und eindringliches Schlachtenepos, welches die rauen und dunklen Tage des Mittelalters wiederbelebt und eine Lanze für das unbändige Verlangen nach Selbstbestimmung und Freiheit bricht.“ 
Bei der Oscar-Verleihung räumte Gibsons Werk 1996 ordentlich ab. Nominiert in zehn Kategorien (u.a. auch James Horner für seine Filmmusik), gewann „Braveheart“ immerhin fünf Trophäen in den Sparten „Bester Film“, „Beste Regie“, „Beste Kamera“, „Bester Tonschnitt“ und „Bestes Make-up“.
Nach Hauptrollen in dem Mystery-Thriller „Signs“ und dem Kriegsepos „Wir waren Helden“ machte sich Gibson vor der Kamera rar und inszenierte mit „Die Passion Christi“ (2004) und „Apocalypto“ (2006) zwei kontrovers diskutierte Filme für die eigene Produktionsfirma Icon, die er 1989 zusammen mit Bruce Davey gegründet hatte.
Mit „Die Passion Christi“ verfilmte Gibson die letzten zwölf qualvollen Stunden im Leben des Jesus von Nazareth, seinen Verrat durch Judas, seine Verdammnis, seine Verurteilung zum Tode, die Geißelung und Kreuzigung durch die römischen Soldaten. Von der Kritik musste sich Gibson einiges anhören lassen. „Strukturell pornografisch“ (Der Tagesspiegel) sei der Film, „ein geschmäcklerisch konfektioniertes Schaustück“ ohne „jeden Mehrwert außerhalb des Illustrativen“ (Frankfurter Rundschau), der „vielleicht radikalste, brutalste und wahrscheinlich auch kurioseste Jesusfilm aller Zeiten“ (film-dienst).
"Diese ‚Passion Christi‘ ist von einer unerhörten (das gilt für seine dumpfe Akustik der Gewalt, das Stöhnen, das Knallen der Peitschen, die hörbare Last des Kreuzes) und bisher ungesehenen Brutalität. Durch die Nähe der Einstellung, die Kunst der Maskenbildner, die ins Große verzerrte oder ins Überdimensionale gesteigerte Darstellung von Torturen, die erduldete und schier endlose, in den Tod am Kreuz mündende Qual liegt der Schwerpunkt des Films auf dem Leid der buchstäblich bis auf die Knochen geschundenen menschlichen Kreatur“, resümiert Hellmuth Karasek im „Tagesspiegel“ vom 27.02.04. 
Zwei Jahre später inszenierte Gibson mit „Apocalypto“ ein weiteres extrem gewalttätiges Werk über den Untergang der frühen wie geheimnisvollen Hochkultur der Maya im Zuge der Eroberung Mexikos und Zentralamerikas durch die Spanier.
‘Apocalypto‘ spielt in der Endzeit des Maya-Reichs, als immer mehr Menschenopfer die ungnädigen Götter besänftigen sollten. Beherzt werden Bäuche aufgeschlitzt, Herzen herausgerissen, Köpfe ein- und abgeschlagen und auf Lanzen gespießt, Gurgeln durchgeschnitten. Der Held von ‚Apocalypto‘ aber will kein Opfer werden, flieht und tötet seine Verfolger, um sich selbst und seine Familie zu retten“, urteilt Jörg Lau auf zeit.de und verweist auf eine ganz bestimmte Kontinuität in Gibsons Filmen: „'Mad Max' hatte bereits, was Gibsons Filme vor und hinter der Kamera bis heute ausmacht: ein Rachemotiv als Lizenz zum Massaker; eine anschließende sadistische Gewaltorgie; ein Gesellschaftspanorama moralischen Zerfalls; das Drama der bösen Übermacht, die von einem einzelnen opferbereiten Rebellen herausgefordert wird. In immer neuen Verkleidungen hat Mel Gibson diese Motive durchgespielt – als suizidaler Cop in Los Angeles (‚Lethal Weapon‘), als mittelalterlicher schottischer Rebell (‚Braveheart‘), als amerikanischer Revolutionär wider Willen (‚Der Patriot‘). Stets hat man seinem Helden gerade die Frau geraubt, manchmal auch den Sohn – und damit die Lizenz zum Durchdrehen gegeben. Für jemanden, der gern mit homophoben Sprüchen provoziert, hat Gibson eine merkwürdig starke Neigung, seine Helden aus der Beschränkung durch Weib und Kind zu lösen und unter ruppige Männer geraten zu lassen.“
Erst 2010 war Mel Gibson in „Auftrag Rache“ wieder vor die Kamera getreten, um im Stile früherer Filme wie „Payback“ und „Kopfgeld“ auf gewohnt eloquente Weise für Gerechtigkeit zu sorgen. Dagegen blieb sein Auftritt in dem Jodie-Foster-Drama „Der Biber“ weitgehend unbeachtet.
Mit seinem neuen Film „Get The Gringo“ (aka "How I Spent My Summer Vacation") dürfte ihm dieses Desaster sicherlich erspart bleiben, schlüpft er doch in die vertraute Rolle eines gutherzigen Mannes in einer gefährlichen Mission. Er spielt den Kriminellen Driver, der nach der illegalen Überquerung der mexikanischen Grenze in eine Art Gefängnis-Dorf gesteckt wird, wo er allerdings Unterstützung durch einen zehnjährigen Jungen bekommt und als Dank der Mutter helfen will, die in Schwierigkeiten steckt. Allerdings muss Driver dazu erst einmal die Gefängnismauern überwinden … Der brasilianische Komponist Antonio Pinto ("Lord Of War") kreierte dazu einen frischen lateinamerikanisch geprägten Score, der durch zwei Songs von Ten Years After und Los Fabulosos Cadillacs wunderbar abgerundet wird.

Filmographie: 
1977: Ich hab Dir nie einen Rosengarten versprochen (I Never Promised You a Rose Garden)
1977: Summer City
1979: Mad Max
1979: Tim - kann das Liebe sein?
1980: The Chain Reaction
1981: Gallipoli
1981: Punishment (Fernsehserie)
1982: Ein Jahr in der Hölle (The Year of Living Dangerously)
1982: Mad Max 2 (The Road Warrior)
1982: Die grünen Teufel vom Mekong (DVD-Titel: Soldier – Die durch die Hölle gehen) (Attack Force Z)
1984: Die Bounty
1984: Menschen am Fluß (The River)
1984: Mrs. Soffel (Flucht zu dritt)
1985: Mad Max 3 (Beyond Thunderdome)
1987: Lethal Weapon – Zwei stahlharte Profis (Lethal Weapon)
1988: Tequila Sunrise
1989: Brennpunkt L.A. (Lethal Weapon 2)
1990: Air America
1990: Ein Vogel auf dem Drahtseil (Bird on a Wire)
1990: Hamlet
1992: Forever Young
1992: Brennpunkt L.A. – Die Profis sind zurück (Lethal Weapon 3)
1993: Der Mann ohne Gesicht (The Man Without a Face, auch Regie)
1993: The Chili Con Carne Club
1994: Maverick – Den Colt am Gürtel, ein As im Ärmel (Maverick)
1995: Braveheart (auch Regie)
1995: Pocahontas (Stimme)
1996: Kopfgeld – Einer wird bezahlen (Ransom)
1997: Fletcher’s Visionen (Conspiracy Theory)
1997: Ein Vater zuviel (Fathers’ Day)
1998: Lethal Weapon 4
1999: Payback – Zahltag
2000: Chicken Run – Hennen rennen (Chicken Run, Stimme)
2000: Der Patriot (The Patriot)
2000: The Million Dollar Hotel
2000: Was Frauen wollen (What Women Want)
2002: Signs – Zeichen
2002: Wir waren Helden (We Were Soldiers)
2003: The Singing Detective
2004: Paparazzi
2004: Die Passion Christi (The Passion of the Christ) (Regie)
2006: Apocalypto (Regie)
2010: Auftrag Rache (Edge of Darkness)
2011: Der Biber (The Beaver)
2012: Get the Gringo
Playlist:
1 Vangelis - Opening Titles (The Bounty) - 04:16
2 Maurice Jarre - Death Of A Child (The Year Of Living Dangerously) - 05:07
3 Michael Kamen - Amanda (Lethal Weapon) - 03:05
4 Michael Kamen - Leo (Lethal Weapon 2) - 03:45
5 Ennio Morricone - Hamlet [Version 2] (Hamlet) - 02:42
6 Jerry Goldsmith - Love Theme (Forever Young) - 04:03
7 Alan Silvestri - Everything About You (What Women Want) - 03:02
8 James Horner - Flying (The Man Without A Face) - 03:49
9 James Horner - Wallace Courts Murron (Braveheart) - 04:25
10 James Horner - The Proposal (Braveheart) - 04:03
11 James Horner - A Fatal Mistake (Ransom) - 04:50
12 Carter Burwell - Conspiracy Theory (Conspiracy Theory) - 02:15
13 Chris Boardman - Main Title (Payback) - 05:21
14 John Williams - The Pony Ride (The River) - 03:17
15 John Williams - The Colonial Cause (The Patriot) - 03:15
16 Milla Jovovich with Jon Hassell & Danny Saber - Satellite Of Love [Danny Saber Remix] (The Million Dollar Hotel) - 05:16
17 Ten Years After - 50,000 Miles Beneath My Brain (Get The Gringo) - 07:38
18 James Brown - It's A Man's Man's Man's World (Payback) - 02:48
19 James Newton Howard - The Hand Of Fate - Part 1 (Signs) - 05:32
20 Brian Tyler - Aftermath (Paparazzi) - 03:29
21 John Debney - Bearing The Cross (The Passion Of The Christ) - 03:42
22 James Horner - No Longer The Hunted (Apocalypto) - 05:53
23 James Newton Howard - The Hand Of Fate - Part 2 (Signs) - 03:46
24 Howard Shore - You're My Girl (Edge Of Darkness) - 02:37
25 Marcelo Zarvos - Meet Walter Black (The Beaver) - 03:55
26 Antonio Pinto - Final Confrontation (Get The Gringo) - 05:17
27 Vangelis - Closing Titles (The Bounty) - 05:00

Soundtrack Adventures with MEL GIBSON at Radio ZuSa by Dirk Hoffmann on Mixcloud

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