Sylvester Stallone zählt zu den größten Action-Stars der 80er Jahre und polarisiert Kritiker und Publikum wie kaum ein zweiter Schauspieler und Regisseur. Ebenso oft, wie er als bester Schauspieler für den Oscar und andere renommierte Preise nominiert wurde, erhielt er Nominierungen für die „Goldene Himbeere“ als schlechtester Schauspieler. Davon unbeeindruckt darf sich der Sohn einer italoamerikanischen Familie an einer Karriere erfreuen, die in den erfolgreichen Serials „Rocky“ und „Rambo“ ihre Höhepunkte feiern durfte. Nun ist die unermüdliche Action-Ikone in dem Action-All-Star-Ensemble-Kracher „The Expendables 2“ zu sehen.
Der seit seiner Geburt an einer Muskellähmung im Gesicht leidende
Stallone fand bereits in der Grundschule Interesse an der Schauspielerei, feierte aber zunächst als Football-Spieler in der Landesliga Erfolge. Nach einem zweijährigen Studium am
American College of Switzerland in Leysin, wo er seinen ersten Bühnenauftritt in
„Tod eines Handlungsreisenden“ hatte, studierte er an der Universität von Maine, die
Stallone ohne Abschluss verließ, um sich ganz der Schauspielerei zu widmen. Nach einer Hauptrolle in dem Erotikfilm
„The Party at Kitty and Stud’s“ nahm er kleinere Rollen in
Woody Allens „Bananas“ und
Dick Richards „Fahr zur Hölle, Liebling“ an, bevor er das Drehbuch zu
„Rocky“ schrieb, das durch einen Kampf des weißen Boxers
Chuck Wepner gegen den damaligen Weltmeister
Muhammad Ali inspiriert wurde.
Unter der Voraussetzung, dass
Stallone selbst die Hauptrolle spielen durfte, wurde
„Rocky“ in nur 28 Tagen mit einem Budget von gerade mal 1,1 Millionen Dollar von
John G. Avildsen inszeniert und avancierte 1976 zum großen internationalen Kassenhit, der bei der Oscar-Verleihung in den Kategorien „Bester Film“, „Beste Regie“ und „Bester Schnitt“ gewinnen konnte.
Es war zugleich der Beginn einer langjährigen Zusammenarbeit zwischen Stallone und dem Kompopnisten Bill Conti, in dessen Fußstapfen erst seit ein paar Jahren der aufstrebende Brian Tyler getreten ist.
Seinen quasi über Nacht gewonnenen Starruhm nutzte
Sylvester Stallone, um bei den Fortsetzungen selbst die Regie zu übernehmen. Nur bei Teil 5 ließ er wieder
Avildsen hinter die Kamera.
Nach dem Gewerkschaftsdrama
„F.I.S.T. – Ein Mann geht seinen Weg“ und dem Drama
„Vorhof zum Paradies“ (beide 1978) präsentierte
Stallone 1982 nicht nur den dritten Teil der nach wie vor populären
„Rocky“-Reihe, sondern auch die gelungene Adaption von
David Morrells 1972 veröffentlichten Thriller-Drama
„Rambo“, in dem
Stallone überzeugend einen Vietnam-Heimkehrer spielt, dem in seiner Heimat übel mitgespielt wird. Die weniger gelungenen Fortsetzungen setzten dagegen mehr auf blutige Action und einen übersteigerten Patriotismus, der das amerikanische Lebensgefühl während der Reagan-Ära und des „Kalten Krieges“ aber durchaus widerspiegelte.
Mitte der 80er Jahre begann der Stern von
Sylvester Stallone allerdings zu sinken. Nachdem er 1985 noch mit
„Rambo II“ und
„Rocky III“ an den Kinokassen abräumen konnte und ein Jahr später mit
„Die City-Cobra“ noch erfolgreich war, verblasste sein Action-Star-Image in Produktionen wie
„Over The Top“ (1987) und
„Lock Up – Überleben ist alles“ (1989).
Um seinem martialischen Image entgegenzuwirken, versuchte sich
Stallone vergeblich auch in Komödien wie
„Oscar – Vom Regen in die Traufe“ (1991) und
„Stop! Oder meine Mami schießt“ (1992). Erst mit dem Thriller
„Cliffhanger – Nur die Starken überleben“ (1993) und dem grandiosen Drama
„Cop Land“ (1997) konnte sich
Stallone wieder rehabilitieren. Vor allem in
James Mangolds „Cop Land“, wo er den etwas tumben Polizisten Freddy spielt, zeigte
Stallone eine Oscar-reife Leistung.
„Freddy ist ein Spätzünder in allen Lebensbereichen, und langsam wird ihm das selbst klar. Dargestellt wird er ausgerechnet von Sylvester Stallone, der normalerweise in seinen Filmen nicht lange fackelt, und bei ‚Cop Land‘ stellt sich die Frage, ob Stallone nur fett geworden ist oder schlicht großartig spielt. Trotz der hochkarätigen Besetzung mit allerlei Oscar-Schauspielern ist Stallone das eigentliche Ereignis des Filmes. Als geduldige Dumpfbacke mit behäbigem Gang und Minimal-Mimik fügt er seinem üblichen stoischen Blick nur wenige Nuancen hinzu, und doch schafft er durch geringste Mittel einen spannenden Charakter, den müden, einsamen Außenseiter, dessen Skepsis gegenüber seinen zwielichtigen Freunden langsam aber stetig wächst und schließlich in einer kurz entschlossenen Aktion zum Ausbruch kommt“, resümiert Richard Oehmann auf artechock.de.
Davon abgesehen floppten weitere Filme mit dem ehemaligen Action-Star, der sich nun doch wieder seinen erfolgreichsten Projekten zuwandte und die Regie zu
„Rocky Balboa“ (2006) und
„John Rambo“ (2008) übernahm, womit sich
Stallone eindrucksvoll als Action-Star zurückmeldete.
„
‚Rocky Balboa‘ ist genau das, was der verunglückte
‚Rocky V‘ hätte sein sollen: eine Rückkehr zu den Wurzeln – diesmal allerdings in Würde und nicht in Schimpf und Schande (sieben Nominierungen für die Goldene Himbeere). Story und Charaktere sind korrekt geerdet, das Milieu ist wieder glaubhaft. Die Atmosphäre des schmuddeligen Vorstadt-Philadelphia entfaltet sich blendend und kann zudem durch die Familien-Geschichte auf die gesamte Stadt ausgedehnt werden. Stallone hat dazu gelernt. Der Vater-Sohn-Konflikt funktioniert diesmal sehr gut, die Charakterzeichnungen stimmen nun wieder, da genügend Zeit ins Land gezogen ist, um Glaubwürdigkeit gedeihen zu lassen“, lobt Carsten Baumgardt auf
filmstarts.de. „
Sylvester Stallone ist also wider Erwarten aufgestanden und hat ein beachtenswertes Comeback hingelegt, das zwar nicht die Qualität, Wucht und Tiefe des ersten Teils aufweist, aber mit allen anderen mithalten kann. Mitunter wirkt
‚Rocky Balboa‘ ein wenig zu träge und
Stallone übertreibt es mit der Lethargie. Dazu fehlt die explosive Dramatik der Trashteile und es ist an einigen Stellen nicht zu übersehen, dass
Stallone nun wahrlich kein Skript-Genie ist, aber er legt noch einmal so viel Herzblut in die Sache, dass man letztendlich doch den Hut ziehen muss. Die von vielen befürchtete Blamage ist
‚Rocky Balboa‘ nicht ansatzweise. Im Gegenteil, der Abschluss ist nah am Niveau von Teil 2, besser als drei und vier (als fünf sowieso)... Diese Leistung hätte dem New Yorker wohl kaum noch jemand zugetraut.“
Sylvester Stallone sagte dazu in einem Interview mit dem
general-anzeiger-bonn.de:
„Die Leute werden mich immer mit Rocky identifizieren. Deshalb hat es mich gewurmt, dass der fünfte Teil so ein schlechter Film war. Er hatte einfach nicht das Herz der anderen Filme. Noch Jahre später wurde ich von Fans darauf angesprochen - und ob ich das nicht mit einem letzten, guten Teil geradebiegen könnte.
Man kann seine Karriere nicht im Blick zurück reparieren. Aber hier war es mir ein echtes Anliegen. Und so nahm das Projekt eines sechsten Rocky-Films Gestalt an. Dann verlor meine Karriere an Tempo, das Leben verstrich, ich hatte Schwierigkeiten mit meinen Kindern. Und mir wurde klar, dass der neue Rocky davon erzählen sollte. Es soll diesmal nicht allein ums Kämpfen gehen.“
Weniger gelungen war das nachfolgende
„John Rambo“-Sequel, in dem
Stallone in Burma gegen den dortigen Völkermord vorgeht und selbst eine Spur der brutalen Gewalt gegen die sadistische Militärregierung hinterlässt.
„Es ist letztlich müßig, John Rambo seine reaktionäre politische Haltung oder verlogene Bildsprache vorzuwerfen. Dieser Film schert sich nicht um Gefühligkeiten, er ist, und darin sich und seinem Protagonisten immerhin treu – die Welt ist schlecht ohne Aussicht auf Besserung –, die schiere Antithese zur Gewaltfreiheit der Missionare. Zum Schluss greift auch der Prediger Michael
(Paul Schulze) ausgerechnet zu einem Stein und prügelt seinen Gegner tot. Die meisten Zuschauer hat der Film bis dahin vermutlich verloren, so lustlos wälzt er sich auf das vorhersehbar blutige Ende bar aller Hoffnung zu“, resümiert Rochus Wolff auf
critic.de.
„Rambo darf also noch einmal mit langen Haaren und Stirnband antreten, um seine Gegner mit Kugeln und Pfeilen aus dem Leben zu befördern, seinen wuchtigen Körper umhüllt der über sechzigjährige Stallone aber mit weiten Oberteilen, anstatt ihn, wie in den anderen Rambo-Filmen, halbnackt der Gewalt seiner Filmgegner auszusetzen. Bis kurz vor Schluss bleibt Rambo in all den Scharmützeln unverletzt: eine Figur, die nur noch aus ihrer eigenen Legende besteht, unverletzlich und unbesiegbar. Die vermeintlich kathartische Entscheidungsschlacht am Ende ist dann auch nur noch ein Massaker, das nichts mit der Muskelkraft oder Kämpfernatur zu tun hat, sondern nur noch mit einer großkalibrigen Waffe und weichen Zielen.
Schon körperlich fällt die Figur John Rambo so aus seinem eigenen Kontext, aus seiner Gegenwart heraus. War er in den 1980er Jahren noch das fleischgewordene Selbstbewusstsein interventionalistischer amerikanischer Politik, bei aller Brutalität eben auch mit seinem ganzen Körper seiner Aufgabe hingegeben, ist er nunmehr nur noch ein Phantom. Eine unbesiegbare Ikone aus der Vergangenheit, die keine Hoffnung auf eine bessere Zukunft mehr bieten kann und so das Scheitern amerikanischer Selbstgewissheit in der realen Gegenwart nur umso deutlicher sichtbar macht.“
Weitaus erfolgreicher präsentierte sich 2010 die von
Stallone ebenfalls inszenierte All-Action-Star-Ikonisiereung
„The Expendables“, die eine Truppe von Söldnern bezeichnet, in der – angeführt von
Sylvester Stallone – u.a.
Jason Statham, Jet Li und
Dolph Lundgren den Auftrag bekommen, einen südamerikanischen Diktator zu stürzen.
Arnold Schwarzenegger und
Bruce Willis haben kleine Gastauftritte, dürfen aber im nun angelaufenen Sequel endlich richtig mitmischen und markige Sprüche klopfen, die allen Action-Fans ein Genuss sein dürften.
Was immer
Sylvester Stallone aber noch in Zukunft an Filmen machen sollte, sein Name bleibet wohl für immer mit Rocky und Rambo verbunden.
„Rocky und Rambo, der italoamerikanische Boxer und der deutsch-indianische Vietnamveteran, sind nicht nur die erfolgreichsten amerikanischen Kinofiguren aller Zeiten. Bis heute sind sie die tapfersten Jungs des Landes, schiefmäuliger Inbegriff der amerikanischen Kulturpsychologie, verschmolzen zu einer Art populärkultureller Nationalerzählung“, resümiert Katja Nicodemus auf zeit.de. „‚Rocky‘ (1976), der erste große Kinohit der Carter-Ära, schenkte dem von verlorenen Konflikten und politischen Skandalen gebeutelte Land das Märchen vom unschuldigen Helden, der sich mit ehrlicher Muskelkraft aus der Gosse boxt. ‚Rambo I‘ und II verlängerten diesen Traum ballernd in die Reagan-Jahre, als politische Bodybuilding-Fantasie und Mythos der Unbezwingbarkeit. Und der Schauspieler, Autor, Regisseur Sylvester Stallone träumt diesen Traum noch immer.“
Filmographie:
1970: The Party at Kitty and Stud’s
1970: Liebhaber und andere Fremde (Lovers and Other Strangers)
1970: Der letzte Ausweg (No Place to Hide, dt. Alternativtitel:Blood Line – Ein tödlicher Plan)
1971: Bananas
1971: Klute
1974: Brooklyn Blues - das Gesetz der Gosse (The Lords of Flatbush)
1975: Das Nervenbündel (The Prisoner of Second Avenue)
1975: Capone
1975: Frankensteins Todesrennen (Death Race 2000)
1975: Fahr zur Hölle, Liebling (Farewell, My Lovely)
1975: Police Story (Fernsehserie)
1975: Kojak – Einsatz in Manhattan (Fernsehserie)
1976: Cannonball
1976: Rocky
1978: F.I.S.T. – Ein Mann geht seinen Weg (F.I.S.T.)
1978: Vorhof zum Paradies (Paradise Alley) (auch Regie)
1979: Rocky II (auch Regie)
1981: Nachtfalken (Nighthawks)
1981: Flucht oder Sieg (Victory)
1982: Rocky III – Das Auge des Tigers (Rocky III) (auch Regie)
1982: Rambo (First Blood)
1983: Staying Alive (auch Regie)
1984: Der Senkrechtstarter (Rhinestone)
1985: Rambo II – Der Auftrag (Rambo: First Blood Part II)
1985: Rocky IV – Der Kampf des Jahrhunderts (Rocky IV) (auch Regie)
1986: Die City-Cobra (Cobra)
1987: Over the Top
1988: Rambo III
1989: Lock Up – Überleben ist alles (Lock Up)
1989: Tango und Cash (Tango & Cash)
1990: Rocky V
1991: Oscar – Vom Regen in die Traufe (Oscar)
1992: Stop! Oder meine Mami schießt (Stop! Or My Mom Will Shoot)
1993: Cliffhanger – Nur die Starken überleben (Cliffhanger)
1993: Demolition Man
1994: The Specialist
1995: Judge Dredd
1995: Assassins – Die Killer (Assassins)
1996: Daylight
1997: The Good Life
1997: Cop Land
1998: Fahr zur Hölle Hollywood (An Alan Smithee Film: Burn Hollywood Burn)
1998: Antz (Stimme)
2000: Get Carter – Die Wahrheit tut weh (Get Carter)
2001: Driven
2002: D-Tox – Im Auge der Angst (D-Tox)
2002: Avenging Angelo
2003: Taxi 3
2003: Heißes Spiel in Las Vegas (Shade)
2003: Mission 3D (Spy Kids 3-D: Game Over)
2005: Las Vegas (Fernsehserie)
2006: Rocky Balboa (auch Regie)
2008: John Rambo (Rambo) (auch Regie)
2009: Kambakkht Ishq – Drum prüfe wer sich ewig bindet
2010: The Expendables (auch Regie)
2011: Der Zoowärter (Zookeeper) (Stimme)
2012: The Expendables 2
Playlist:
1
Bill Conti - Gonna Fly Now (
Rocky II) - 04:50
2
Bill Conti - End Title (
F.I.S.T.) - 04:05
3
Bill Conti - Tough Life In Hell's Kitchen (
Paradise Alley) - 04:01
4
Bill Conti - Mickey (
Rocky III) - 04:39
5
Jerry Goldsmith - Hanging On (
First Blood) - 03:29
6
Jerry Goldsmith - Stories (
Rambo: First Blood II) - 03:26
7
Jerry Goldsmith - Preparations (
Rambo III) - 02:37
8
Bill Conti - Let's Go Guys (
Escape To Victory) - 04:54
9
Bill Conti - First Down! (
Lock Up) - 04:09
10
Harold Faltermeyer - The Set Up (
Tango & Cash) - 03:01
11
Mark Mancina - Cab Drive (
Assassins) - 03:40
12
Elliot Goldenthal - Dies Irae (
Demolition Man) - 01:51
13
Trevor Jones - Helicopter Fight (
Cliffhanger) - 05:12
14
John Barry - Did You Call Me (
The Specialist) - 05:24
15
Leftfield - Release The Pressure (
Judge Dredd) - 07:39
16
Randy Edelman - Kit's Plan (
Daylight) - 03:30
17
Howard Shore - The Sheriff Of Cop Land (
Cop Land) - 02:37
18
Tyler Bates - Cyberesex (
Get Carter) - 03:52
19
BT - Japan Crash (
Driven) - 03:18
20
John Powell - Mary's Death (
D-Tox) - 03:23
21
Christopher Young - Shades Of Grey (
Shade) - 03:33
22
Bill Conti -
Avenging Angelo - 02:18
23
Bill Conti - Gonna Fly Now [John X Remix] (
Rocky Balboa) - 03:07
24
Brian Tyler - No Rules Of Engagement (
John Rambo) - 07:09
25
Brian Tyler - The Gulf Of Aden (
The Expendables) - 06:57
26
Brian Tyler - Preparations (
The Expendables 2) - 03:15
27
Bill Conti - Overture (
Rocky II) - 08:39
Soundtrack Adventures with Sylvester Stallone at Radio ZuSa by Dirk Hoffmann on Mixcloud