Playlist #367 vom 26.03.2023 - 95. ACADEMY AWARDS Special
Am 12. März 2023 wurden im Dolby Theatre in Los Angeles zum 95. Mal die prestigeträchtigen Academy Awards verliehen. Der mit satten elf Nominierungen als großer Favorit ins Rennen gegangene Fantasy-Abenteuerfilm „Everything Everywhere All at Once“ war mit sieben Auszeichnungen am Ende auch der Gewinner der diesjährigen Oscar-Nacht, aber auch die für unglaubliche neun Oscars nominierte deutsche Produktion „Im Westen nichts Neues“ konnte sich über vier Auszeichnungen freuen – darunter für die beste Filmmusik von Volker Bertelmann. In dieser Sendung lassen wir die Verleihung der 95. Academy Awards musikalisch Revue passieren.
Durch den gerade mal dreieinhalbstündigen Abend führte Late-Night-Talker Jimmy Kimmel, der er sich in seiner Eröffnungsrede nicht nehmen ließ, einen spöttischen Kommentar auf die Ohrfeige abzugeben, die der mit einem Oscar ausgezeichnete Will Smith dem Moderator Chris Rock gab, nachdem Rock einen Witz auf Smith‘ Frau Jada Pinkett Smith gerissen hatte.
Anschließend stand die Oscar-Verleihung ganz im Zeichen von Daniel Scheinerts und Daniel Kwans Fantasy-Komödie „Everything Everywhere All at Once“. Die als erste Asiatin mit einem Oscar als beste Hauptdarstellerin ausgezeichnete Michelle Yeoh spielt darin eine Waschsalon-Besitzerin, die neben ihrem Ärger mit der Steuer und der Familie damit beschäftigt ist, die Geburtstagsfeier ihres Vaters (James Hong) vorzubereiten, so dass Evelyns Ehemann Waymond (Ke Huy Quan) keine Chance hat, mit ihr über die geplante Scheidung zu sprechen, von der sie noch nichts ahnt. Tochter Joy (Stephanie Hsu) wiederum erzürnt ihre Mutter durch das Vorhaben, ihre Freundin Becky (Tallie Medel) mit zu der Feier zu bringen, obwohl Evelyn ein Problem mit der sexuellen Ausrichtung von Joy hat. Evelyn wird dabei einmal mehr bewusst, dass sie sich den Verlauf ihres Lebens ganz anders vorgestellt hat. Die Dinge ändern sich allerdings auf dem Weg zur Finanzbehörde.
Im Fahrstuhl spricht der sonst so unsichere Waymond plötzlich nicht nur ohne Akzent, sondern erklärt auch mit ungewohnt selbstbewusster Stimme, dass er nicht Evelyns Ehemann, sondern der Waymond aus einem anderen von unzähligen Paralleluniversen sei. Evelyn solle helfen, das von einer dunklen Macht bedrohte Multiversum zu retten. Indem die Waschsalonbesitzerin kreuz und quer durch das Multiversum hüpft und die speziellen Fähigkeiten ihrer anderen Ichs aktiviert, bekommt Evelyn einen Eindruck davon, wie anders ihr Leben hätte verlaufen können...
Der visuell berauschende und inszenatorisch überbordender Mix aus Martial-Arts-Action, absurder Komik und warmherzigem Drama über eine Einwanderfamilie wurde nicht nur als bester Film ausgezeichnet, sondern das als „The Daniels“ bezeichnete Regie-Duo heimste auch die Auszeichnungen für das beste Originaldrehbuch und die beste Regie ein. Neben der 60-jährigen Michelle Yeoh, die den Oscar ihrer 84-jährigen Mutter widmete, durften auch Jamie Lee Curtis und Ke Huy Quan jeweils einen Oscar als beste Nebendarsteller in Empfang nehmen. Paul Rogers erhielt einen Oscar für den besten Schnitt. Weitere Nominierungen erhielt „Everything Everywhere All at Once“ u.a. für den Score von Son Lux und den Song „This Is a Life“.
Mit immerhin neun Nominierungen ging die deutsche Netflix-Produktion „Im Westen nichts Neues“ ins Rennen. Erich Maria Remarque schrieb 1928 in der gleichnamigen Romanvorlage seine Erfahrungen als blutjunger Soldat im Ersten Weltkrieg nieder, die bereits 1930 von Lewis Milestone und 1980 von Delbert Mann fürs Fernsehen verfilmt worden war. In der ersten deutschen Verfilmung des Romans melden sich die Teenager Paul Bäumer (Felix Kammerer) und seine Freunde Albert (Aaron Hilmer) und Müller (Moritz Klaus) während des Ersten Weltkrieges freiwillig für den Dienst in der deutschen Armee und reiten auf einer Welle patriotischen Eifers, die sich schnell in Wohlgefallen auflöst. Ernüchtert und schockiert müssen sie feststellen, dass der Kampf um Deutschland keineswegs eine rein ehrenhafte Sache ist, sondern ein tödliches Gemetzel. Sobald sich die jungen Soldaten den brutalen Realitäten des Lebens an der Front stellen, gehören Tod und Verlust zu den täglichen Schreckensszenarien. Pauls Vorurteile über den Feind, über Recht und das Unrecht des Konflikts fallen bald wie ein Kartenhaus in sich zusammen. Bis zum Waffenstillstand muss Paul jedoch weiterkämpfen, ohne den Wunsch der führenden Militärs zu erfüllen, den Krieg mit einer deutschen Offensive zu beenden. Und gerade als es so scheint, als hätte das Grauen und die Torturen ein Ende und die Männer könnten nach Hause fahren, trifft General Friedrichs (Devid Striesow) eine folgenschwere Entscheidung. Denn eine Niederlage für Deutschland kann er nicht einfach hinnehmen.
Das Antikriegsdrama wurde bester internationaler Film und erhielt Trophäen für die beste Kamera, das beste Szenenbild und die beste Filmmusik von Volker Bertelmann, der bereits 2017 zusammen mit Dustin O’Halloran eine Oscar-Nominierung für die Musik zu „Lion“ erhalten hatte.
Der Film von Regisseur Edward Berger ist erst das vierte Werk aus Deutschland, das als bester internationaler Film prämiert wurde - nach „Die Blechtrommel“ (1980), „Nirgendwo in Afrika“ (2003) und zuletzt „Das Leben der Anderen“ (2007).
Dagegen verlief die Oscar-Verleihung vor allem für Steven Spielbergs „Die Fabelmans“ (7 Nominierungen), Baz Luhrmanns Biopic „Elvis“ (8 Nominierungen) und Martin McDonaghs Tragikomödie „The Banshees of Inisherin“ (9 Nominierungen) enttäuschend, konnte keiner der hochgehandelten Filme auch nur eine Trophäe gewinnen.
Darren Aronofskys „The Whale“ wurde dagegen bei drei Nominierungen mit Zwei der begehrten Trophäen ausgezeichnet, eine davon ging an Brendan Fraser als bester Hauptdarsteller. Fraser, der in den 1990er Jahren mit Filmen wie „Die Mumie“, „George – Der aus dem Dschungel kam“ und „Gods and Monsters“ erfolgreich war, hatte sich seit Jahren weitgehend aus dem Filmgeschäft zurückgezogen und war nach persönlichen Rückschlägen und zahlreichen Operationen in Folge bei Drehs erlittener Verletzungen an Depressionen erkrankt. In den letzten Jahren war Fraser vor allem in Fernsehserien wie „Texas Rising“, „The Affair“, „Trust“, „Condor“, „Professionals“ und „Doom Patrol“ zu sehen.
In „The Whale“ spielt Fraser einen Mann, der vor vielen Jahren seine einstige Familie verließ, um mit einem Mann zusammen sein zu können. Nachdem dieser gestorben ist, fällt Charlie in ein seelisches Tief. Aufgrund der schweren Trauer entwickelte der inzwischen mehr als 270 Kilo schwere Charlie eine Essstörung und hat alle Probleme, den Alltag zu bewältigen. Seinen Job als Englischprofessor kann er von zu Hause ausführen – allerdings ohne Webcam, da er sich für sein Aussehen schämt. Als sein Gesundheitszustand immer kritischer wird, beschließt er, sich mit seiner 17-jährigen Tochter Ellie (Sadie Sink) wieder in Verbindung zu setzen.
„The Whale“ erhielt zudem einen Oscar für das beste Make-up / die besten Frisuren.
In musikalischer Hinsicht überraschte, dass weder Alexandre Desplats Score zu „Guillermo del Toro’s Pinocchio“ noch Michael Giacchinos Arbeit zu „The Batman“ überhaupt nominiert gewesen sind. Sie werden an dieser Stelle aber ebenso berücksichtigt wie die großartigen Scores von Ludwig Göransson zu „Black Panther: Wakanda Forever“ und „Turning Red“ sowie die Scores von Justin Hurwitz, Trent Reznor & Atticus Ross, Nick Cave & Warren Ellis, Nathan Johnson und Simon Franglen zu den jeweils Oscar-nominierten Filmen, für die sie die Musik beisteuerten.
Bester Film
• Everything Everywhere All at Once
• Die Aussprache (Women Talking)
• Avatar: The Way of Water
• The Banshees of Inisherin
• Elvis
• Die Fabelmans (The Fabelmans)
• Im Westen nichts Neues
• Tár
• Top Gun: Maverick
• Triangle of Sadness
Beste Regie
• Daniel Kwan, Daniel Scheinert – Everything Everywhere All at Once
• Todd Field – Tár
• Martin McDonagh – The Banshees of Inisherin
• Ruben Östlund – Triangle of Sadness
• Steven Spielberg – Die Fabelmans (The Fabelmans)
Bester Hauptdarsteller
• Brendan Fraser – The Whale
• Austin Butler – Elvis
• Colin Farrell – The Banshees of Inisherin
• Paul Mescal – Aftersun
• Bill Nighy – Living
Beste Hauptdarstellerin
• Michelle Yeoh – Everything Everywhere All at Once
• Ana de Armas – Blond (Blonde)
• Cate Blanchett – Tár
• Andrea Riseborough – To Leslie
• Michelle Williams – Die Fabelmans (The Fabelmans)
Bester Nebendarsteller
• Ke Huy Quan – Everything Everywhere All at Once
• Brendan Gleeson – The Banshees of Inisherin
• Brian Tyree Henry – Causeway
• Judd Hirsch – Die Fabelmans (The Fabelmans)
• Barry Keoghan – The Banshees of Inisherin
Beste Nebendarstellerin
• Jamie Lee Curtis – Everything Everywhere All at Once
• Angela Bassett – Black Panther: Wakanda Forever
• Hong Chau – The Whale
• Kerry Condon – The Banshees of Inisherin
• Stephanie Hsu – Everything Everywhere All at Once
Bestes Originaldrehbuch
• Daniel Kwan, Daniel Scheinert – Everything Everywhere All at Once
• Todd Field – Tár
• Martin McDonagh – The Banshees of Inisherin
• Ruben Östlund – Triangle of Sadness
• Steven Spielberg, Tony Kushner – Die Fabelmans (The Fabelmans)
• Sarah Polley – Die Aussprache (Women Talking)
• Edward Berger, Lesley Paterson, Ian Stokell – Im Westen nichts Neues
• Peter Craig, Ehren Kruger, Justin Marks, Eric Warren Singer, Christopher McQuarrie – Top Gun: Maverick
• Kazuo Ishiguro – Living
• Rian Johnson – Glass Onion: A Knives Out Mystery
Beste Kamera
• James Friend – Im Westen nichts Neues
• Roger Deakins – Empire of Light
• Florian Hoffmeister – Tár
• Darius Khondji – Bardo, die erfundene Chronik einer Handvoll Wahrheiten (Bardo, falsa crónica de unas cuantas verdades)
• Mandy Walker – Elvis
Bestes Szenenbild
• Im Westen nichts Neues
• Die Fabelmans (The Fabelmans)
• Avatar: The Way of Water
• Babylon – Rausch der Ekstase (Babylon)
• Elvis
Bestes Kostümdesign
• Black Panther: Wakanda Forever
• Mrs. Harris und ein Kleid von Dior (Mrs. Harris Goes to Paris)
• Everything Everywhere All at Once
• Elvis
• Babylon – Rausch der Ekstase (Babylon)
Bestes Make-up und beste Frisuren
• The Whale
• Elvis
• The Batman
• Black Panther: Wakanda Forever
• Im Westen nichts Neues
Beste Filmmusik
• Volker Bertelmann – Im Westen nichts Neues
• Carter Burwell – The Banshees of Inisherin
• Justin Hurwitz – Babylon – Rausch der Ekstase (Babylon)
• Son Lux – Everything Everywhere All at Once
• John Williams – Die Fabelmans (The Fabelmans)
Bester Filmsong
• „Naatu Naatu“ aus RRR
• „Applause“ aus Tell It Like a Woman
• „Hold My Hand“ aus Top Gun: Maverick
• „Lift Me Up“ aus Black Panther: Wakanda Forever
• „This Is a Life“ aus Everything Everywhere All at Once
Bester Schnitt
• Everything Everywhere All at Once
• Top Gun: Maverick
• The Banshees of Inisherin
• Elvis
• Tár
Bester Ton
• Top Gun: Maverick
• Avatar: The Way of Water
• Im Westen nichts Neues
• Elvis
• The Batman
Beste visuelle Effekte
• Avatar: The Way of Water
• Black Panther: Wakanda Forever
• The Batman
• Im Westen nichts Neues
• Top Gun: Maverick
Bester Animationsfilm
• Guillermo del Toros Pinocchio (Guillermo del Toro’s Pinocchio)
• Der gestiefelte Kater: Der letzte Wunsch (Puss in Boots: The Last Wish)
• Marcel the Shell with Shoes On
• Rot (Turning Red)
• Das Seeungeheuer (The Sea Beast)
Bester animierter Kurzfilm
• Der Junge, der Maulwurf, der Fuchs und das Pferd (The Boy, the Mole, the Fox and the Horse)
• The Flying Sailor
• Ice Merchants
• My Year of Dicks
• An Ostrich Told Me the World Is Fake and I Think I Believe It
Bester Kurzfilm
• An Irish Goodbye
• Ivalu
• Nattrikken
• Le pupille
• The Red Suitcase
Bester Dokumentarfilm
• Nawalny (Navalny)
• All That Breathes
• All the Beauty and the Bloodshed
• Fire of Love
• A House Made of Splinters
Bester Dokumentar-Kurzfilm
• Die Elefantenflüsterer (The Elephant Whisperers)
• Haulout
• How Do You Measure a Year?
• The Martha Mitchell Effect
• Stranger at the Gate
Bester internationaler Film
• Im Westen nichts Neues, Deutschland – Regie: Edward Berger
• Argentina, 1985, Argentinien – Regie: Santiago Mitre
• Close, Belgien – Regie: Lukas Dhont
• EO (IO), Polen – Regie: Jerzy Skolimowski
• The Quiet Girl (An Cailín Ciúin), Irland – Regie: Colm Bairéad
Playlist:
1. Hildur Guðnadóttir - Speak Up (Women Talking) - 03:17
2. Son Lux - Very Busy (Everything Everywhere All at Once) - 05:10
3. Simon Franglen - Into the Water (Avatar: The Way of Water) - 03:41
4. Linnea Olsson - The Ocean (Triangle of Sadness) - 04:16
5. John Williams - The Journey Begins (The Fabelmans) - 06:09
6. Volker Bertelmann - Comrades (All Quiet on the Western Front) - 03:55
7. Carter Burwell - My Life Is On Inisherin (The Banshees of Inisherin) - 03:43
8. Alexandre Desplat - Carlo's Theme (Guillermo del Toro's Pinocchio) - 02:11
9. Oliver Coates - One Without (Aftersun) - 04:03
10. Emilie Levienaise-Farrouch - Changed (Living) - 07:54
11. Nick Cave & Warren Ellis - Fire in the Hills (Blonde) - 03:59
12. Linda Perry - Finding Suitcase (To Leslie) - 01:43
13. Alex Somers - Place to Stay (Causeway) - 07:09
14. Isobel Waller-Bridge - - Home (The Boy, the Mole, the Fox and the Horse) - 03:40
15. Nathan Johnson - Blanc's Plan (Glass Onion: A Knives Out Mystery) - 02:58
16. Trent Reznor & Atticus Ross - A Touch (Empire of Light) - 06:11
17. Bryce Dessner & Alejandro G. Iñárritu - Father Ghost (Bardo) - 02:34
18. Ludwig Göransson - Let Us Burn It Together (Black Panther: Wakanda Forever) - 03:42
19. Ludwig Göransson - Red Moon Ritual (Turning Red) - 03:20
20. Harold Faltermeyer, Hans Zimmer, Lorne Balfe & Lady Gaga - Penny Returns (Top Gun: Maverick) - 02:48
21. Elvis - Can't Help Falling in Love [Elliott Wheeler Remix] (Elvis) - 03:26
22. Justin Hurwitz - Orientally Yours (Babylon) - 02:12
23. Michael Giacchino - Can't Fight City Halloween (The Batman) - 04:05
24. Rael Jones - 10th Anniversary Collection (Mrs. Harris Goes to Paris) - 02:42
25. Heitor Pereira - Eulogy (Puss in Boots: The Last Wish) - 01:16
26. Hildur Guðnadóttir - Mortar (Tár) - 03:37
27. Rob Simonsen - God's Rays (The Whale) - 05:10
28. Amy Turk - J.S. Bach: Toccata and Fugue in D Minor BWV 565 (Triangle of Sadness) - 09:33