Playlist #360 vom 18.12.2022 - Neuheiten 2022 (8)
Große Namen vereinen sich in der letzten Sendung mit neuen Soundtrack-Veröffentlichungen in diesem Jahr. Neben John Williams‘ Beitrag zu Steven Spielbergs sehr persönlichen Film „Die Fabelmans“ und der erweiterten Wiederveröffentlichung einer weiteren Zusammenarbeit mit Spielberg, „Amistad“, gibt es neben weiteren Re-Releases von Jerry Goldsmith („L.A. Confidential“) und James Horner („How the Grinch Stole Christmas“) auch neue Arbeiten von Alexandre Desplat, Danny Elfman und Hans Zimmer zu hören. Abgerundet wird die Sendung mit dem Ryuichi-Sakamoto-Tribute-Album „To the Moon and Back“, neuer Musik zu den Serien „Jack Ryan“, „The Crown“, „Trying“ und „Wednesday“ sowie neue Soundtracks von Abel Korzeniowski, Marcel Barsotti, David Holmes, Steven Price, Dominic Lewis und Bear McCeary.
Nach seinem Oscar-prämierten Drama „The Father“ präsentiert der französische Filmemacher Florian Zeller („Verliebt in meine Frau“) mit „The Son“ das nächste Oscar-verdächtige Drama um den 17 Jahre alten Nicholas (Zen McGrath), der die Schule schwänzt, düstere Gedanken hegt und keine Freunde hat. Dabei war er eigentlich immer ein sehr unbeschwerter Junge. Als er von seiner Mutter Kate (Laura Dern) zu seinem Vater Peter (Hugh Jackman) zieht, kommt er in eine ganz neue Umgebung, nachdem sein Vater mit seiner neuen Frau Beth (Vanessa Kirby) eine Familie gegründet und Nachwuchs bekommen hat und beruflich sehr ausgelastet ist. Zwar will er seinem Sohn helfen, doch er ahnt nicht, wie sehr Nicholas unter Schmerzen leidet. Und vor allem versteht Peter nicht, dass sein Sohn nicht durch eine Phase geht, nicht einfach nur Liebeskummer hat oder ihm der Vater fehlte, sondern unter schweren Depressionen leidet. Entsprechend gefühlvoll ist der sehr minimalistische, eindringliche Score von Oscar-Preisträger Hans Zimmer („Inception“, „Dune“) ausgefallen.
Dagegen taucht Bear McCreary bei „God of War: Ragnarök“, dem neunten Teil der erfolgreichen Videospiel-Reihe, wieder tief in die nordische Mythologie ein und präsentiert einen exotisch gefärbten, wuchtig arrangierten, großorchestralen Score, der das Treiben auf der Playstation adäquat untermalt.
Außerdem komponierte er mit „The Serpent Queen“ die Serien-Adaption des Historien-Romans „Catherine de Medici: Renaissance Queen Of France“ von Leonie Frieda.
Catherine de Medici (Samantha Morton) ist als verwaister Teenager aufgewachsen, heiratet dank ihres Onkels, Papst Clemens VII. (Charles Dance), eines Tages aber in den französischen Hof ein und wird die Ehefrau von Heinrich von Orléans (Alex Heath). Sie hofft auf das Vermögen und das Erbe, welches sie dort erwarten wird. Schnell muss sie jedoch feststellen, dass sie am Hof niemandem trauen kann, nicht einmal ihrem eigenen Ehemann. Der verliebt sich zudem in eine ältere Frau und Catherine muss erfahren, dass sie keine Kinder bekommen kann. Dennoch gelingt es ihr, ihre Ehe am Leben zu erhalten und 30 Jahre lang Frankreich zu regieren...
Auf eine Zeitreise begibt sich auch Daniel Pemberton auf gewohnt verspielte und originelle Weise mit der Fortsetzung um die kleine Schwester des berühmten Detektivs Sherlock Holmes. Enola Holmes (Millie Bobby Brown) tritt in „Enola Holmes 2“ endlich in die Fußstapfen ihres weltberühmten Bruders und ermittelt nun offiziell als Privatdetektivin. Welche Verantwortung die neue Aufgabe mit sich bringt, erfährt sie in ihrem neuen Fall: Sie muss sich auf die Suche nach einem verschwundenen Mädchen begeben. Ihre Ermittlungen führen sie jedoch zum Beginn einer weitreichenden Verschwörung, die sie nur mit Hilfe ihrer Freunde und Sherlock Holmes (Henry Cavill) persönlich aufhalten kann.
Gleich zwei neue Soundtrack-Arbeiten gibt es von Abel Korzeniowski („Penny Dreadful“) zu hören. Mit dem biographischen Drama „Emily“ vertonte er das Regiedebüt der britischen Schauspielerin Frances O’Connor („Mansfield Park“, „A.I. – Künstliche Intelligenz“). Darin spielt Emma Mackey die im ländlichen Yorkshire aufwachsende Pfarrerstochter Emily Brontë. Die junge Frau fällt immer wieder als störrische Rebellin und Außenseiterin auf. Kein Wunder, dass sie sich am wohlsten fühlt, wenn sie sich alleine in der Natur aufhält, dort kann sie sich am besten in ihre Fantasiewelt flüchten. Ihr liebstes Hobby: sich gemeinsam mit ihren Geschwistern Geschichten auszudenken. Aber bald wird Emily für solchen Unfug keine Zeit mehr haben, denn die Brontë-Schwestern müssen zum Familienunterhalt beitragen. Genau wie ihre ältere Schwester Charlotte (Alexandra Dowling) soll Emily Gouvernante werden. Doch der Druck, der nun auf ihr lastet, setzt ihr zu.
Dazu hat Korzeniowski noch Chinonye Chukwus Biopic „Till“ mit seiner einfühlsamen Musik veredelt. Das Drama erzählt die wahre Geschichte von Mamie Till-Mobley (Danielle Deadwyler), die sich unermüdlich für Gerechtigkeit für ihren 14-jährigen Sohn Emmet (Jalyn Hall) einsetzt. Emnmet Louis Till war ein 14-jähriger afroamerikanischer Teenager, der 1955 in Mississippi beschuldigt wurde, mit einer weißen Frau geflirtet zu haben, und der auf schockierende und brutale Weise ermordet wurde. Seine Mörder wurden freigesprochen, in einer Gesellschaft, die Farbige benachteiligte, aber Mamie ließ nicht locker in ihrem Streben nach Gerechtigkeit und Bestrafung der Verantwortlichen, eine Tat, die ein wichtiger Impuls für die Entstehung der Bürgerrechtsbewegung wurde.
Am 13. Januar erscheint mit dem Soundtrack zum Dokumentarfilm „Schattenkind“ das erste Filmmusik-Album von Dirk Maassen bei Sony Classical. Dafür hat der Komponist und Pianist die Film-Crew um Regisseur Jo Müller über zwei Jahre hinweg begleitet und szenische Eindrücke in emotionale musikalische Stimmungsbilder verwandelt. Mit seinen reduzierten Piano-Melodien, die er teilweise mit subtilen Streicher-Passagen arrangiert, findet Dirk Maassen auf einfühlsame Weise einen klanglichen Kontrast zu den beeindruckenden Bildern aus dem 90-minütigen Dokumentarfilm.
4Das bei den Internationalen Hofer Filmtagen als bester Dokumentarfilm ausgezeichnete Werk „Schattenkind“ verfolgt den Ausnahmefotografen Andreas Reiner bei seiner Arbeit und zeigt sein genügsames Leben auf einem baufälligen Bauernhof. Der aus dem Schwäbischen stammende Reiner schaut dorthin, wo andere wegsehen und erzeugt teils provokante fotografische Grenzerfahrungen, indem er zum Beispiel die Gesichter von Hinterbliebenen oder die Hände von Toten ablichtet.
Für Dirk Maassen war die Produktion des Filmes über den langen Zeitraum von zwei Jahren eine besondere Erfahrung, nicht zuletzt auch daher, weil er als Darsteller in diesen Schlüsselszenen tief in das Geschehen und die Welt Reiners eintauchen konnte. Besonders inspiriert haben ihn die Geschichten der vielen Menschen, denen er während der Produktion begegnete.
Regisseur Jo Müller gab Dirk Maassen keinerlei Vorgaben für die Komposition seiner Filmmusik. So konnte er sich frei ausdrücken und einen eigenen musikalischen Zugang zum Film entwickeln. Zuweilen setzte auch die Musik den Rahmen für die szenische Darstellung und Jo Müller ließ sich während der Filmarbeiten über Kopfhörer von Dirk Maassens neuen Kompositionen inspirieren.
Mit „Adopting Audrey“ erzählt M. Cahill die Geschichte von Audrey (Jena Malone), einer rastlosen Frau, die sich ständig im Wandel befindet, sich aber nach festeren Wurzeln sehnt. Als sie sich schließlich selbst zur Adoption freigibt, findet sie Anschluss an eine Familie und geht eine unwahrscheinliche Verbindung mit dem misanthropischen Patriarchen ein.
„Er ermutigt einen, den Rahmen zu erweitern und, und gab mir die Freiheit und die Zeit, mit Ideen und der instrumentalen Palette zu experimentieren, was ich wirklich genieße zu tun“, rekapituliert Komponist David Robbins die nach „King of California“ zweite Zusammenarbeit mit dem Filmemacher. „M. verfügt selbst über ein breites Spektrum an musikalischem Wissen und sucht und findet oft diese ungewöhnlichen Songs und Musikstücke als Weg der Demonstration, auf was er sich bezieht, und das stärkt meine Vorstellungskraft und meinen Enthusiasmus. Die Instrumente, die man hört, sind eine witzige und interessante Kollektion von Klängen, die alle gut ineinandergreifen und mir dabei halfen, die richtigen Töne für den Film zu finden. Sie beinhalten Akkordeon, Knopf-Akkordeon, Pump-Orgel, Zither, Gitarre, Piano, Bass, Glasharmonika, Schlitztrommel, Wooden Tongue Drums und verschiedene andere Percussion- und Streich-Instrumente.“
Mit „Forgiveness – Ten Years Without Spring“ präsentiert der preisgekrönte Filmkomponist Marcel Barsotti („Die Päpstin“, „Deutschland. Ein Sommermärchen“) den Soundtrack zum Festivalfilm „Vergebung - Zehn Jahre ohne Frühling“. Das Regiedebüt von Philip Brenke erzählt die Geschichte einer Mutter, deren Sohn seit zehn Jahren verschwunden ist und Sie Opfer einer Entführung wird ist gerade für die Berlinale eingereicht worden und wird im Laufe der nächsten Monate weltweit auf Festivals eingereicht.
Barsotti schuf dazu einen rein elektronischen, düsteren Score mit mal bedrohlich klingenden, dann wieder sphärisch ruhigen Soundscapes, mit „Fields“ aber auch einen treibend-rhythmischen Dance-Track.
Ein besonderes Jubiläum feiern Filmemacher Steven Spielberg und der bereits 90-jährige Komponist John Williams mit „Die Fabelmans“, denn die 31. Zusammenarbeit zwischen den beiden Hollywood-Schwergewichten markiert auch das 50-jährige Jubiläum einer unfassbar erfolgreichen Reise, die mit „Der weiße Hai“ begann und über Blockbuster wie „E.T. – Der außerirdische“, „Jurassic Park“, „Minority Report“, die „Indiana Jones“-Reihe bis hin zu „A.I. – Künstliche Intelligenz“ und „Krieg der Welten“ führte. Für „Die Fabelmans“, einen semi-autobiographischen Film über Steven Spielbergs eigene Kindheit, der im März nächsten Jahres in Deutschland startet, komponierte Williams einen einfühlsamen, sehr Streicher-lastigen Score, der mit Blech- und Holzbläsern, Gitarre, Percussions und Piano stimmungsvoll akzentuiert wurde. Ebenfalls als umfangreicher Doppel-CD-Release ist die Spielberg/Williams-Kollaboration „Amistad“ aus dem Jahre 1997 neu erhältlich, bei der Williams eindringliche afrikanische Musikelemente verarbeitete.
Playlist:
1. Hans Zimmer - Love Is Not Enough (The Son) - 03:22
2. Bear McCreary - Huldra Brothers (God of War: Ragnarök) - 04:48
3. Bear McCreary - Arrival in France (The Serpent Queen) - 03:47
4. Daniel Pemberton - The Only Power We Have (Enola Holmes 2) - 03:46
5. Steven Price - Journey of the Refugees (The Swimmers) - 04:17
6. Christopher Wong, Ian Rees & Garrett Crosby - Restless (Girl from the Past) - 02:38
7. Abel Korzeniowski - The Autumn Tree (Emily) - 02:16
8. Abel Korzeniowski - This Is My Boy (TILL) - 04:46
9. Dirk Maassen - Muse (Schattenkind) - 03:52
10. Paul Saunderson - Wedding Vows (Trying: Seasons 2 & 3) - 04:42
11. Trent Reznor & Atticus Ross - The Sea, The Sea (Empire of Light) - 04:15
12. Trent Reznor & Atticus Ross - The Great Wide Open [Reprise] (Bones and All) - 05:18
13. David Holmes - A Very Different Britain (This England) - 03:47
14. Martin Phipps - Actually Her (The Crown: Season 5) - 03:15
15. David Robbins - Audrey Contemplates and Mends Her Blanket (Adopting Audrey) - 03:06
16. Pinar Toprak - Finding Map (Slumberland) - 03:55
17. Isabella Summers - Credits (Lady Chatterley's Lover) - 03:02
18. Ryuichi Sakamoto - Merry Christmas Mr. Lawrence [Electric Youth Remodel] (A Tribute to Ryuichi Sakamoto - To The Moon and Back) - 05:10
19. Danny Elfman & Chris Bacon - Morticia and Wednesday (Wednesday) - 03:10
20. Danny Elfman - Finding Mick (White Noise) - 03:02
21. Marcel Barsotti - Reunion (Forgiveness: Ten Years Without Spring) - 04:30
22. Alexandre Desplat - Pinocchio Has Left (Guillermo del Toro's Pinocchio) - 01:58
23. Dominic Lewis - Spirited (Spirited) - 03:23
24. Dominic Lewis - Christmas Magic (Violent Night) - 02:46
25. James Horner - A Change of the Heart (How the Grinch Stole Christmas) - 03:44
26. John Williams - Mother and Son (The Fabelmans) - 02:29
27. John Williams - The Crossing (Amistad) - 04:43
28. Jerry Goldsmith - The Victor (L.A. Confidential) - 02:37
29. Marcelo Zarvos - Sacred Motivation (Emancipation) - 05:04
30. Volker Bertelmann - Comrdes (All Quiet on the Western Front) - 03:54
31. Ramin Djawadi - Tertia Optio (Jack Ryan: Season 2) - 03:39
32. Steven Price - You're Not Alone (My Policeman) - 08:08
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