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Freitag, 15. März 2024

Playlist #393 vom 24.03.2024 - 96. ACADEMY AWARDS Special

Am 10. März 2024 fand im Dolby Theatre in Los Angeles zum 96. Mal die Verleihung der von der Academy of Motion Picture Arts and Sciences vergebenen Oscars statt, die von dem mittlerweile routinierten Entertainer Jimmy Kimmel moderiert wurde. Als großer Favorit ging Christopher Nolans Biopic „Oppenheimer“ mit dreizehn Nominierungen ins Rennen, gefolgt von Giorgos Lanthimos‘ „Poor Things“ mit elf und Martin Scorseses Western-Epos „Killers of the Flower Moon“ mit zehn Nominierungen. Während Christopher Nolan, der 2018 für „Dunkirk“ erstmals für einen Regie-Oscar nominiert wurde, mit sieben Auszeichnungen für „Oppenheimer“ auch der große Gewinner des Abends war, gingen sowohl Scorseses Film als auch das mit sieben Nominierungen an den Start gegangene Biopic „Maestro“ von und mit Bradley Cooper bei der Verleihung leer aus. 

Christopher Nolan zählt seit seinem zweiten Film „Momento“ (2000), der ihm seine erste Oscar-Nominierung für das beste Drehbuch einbrachte, zu den Lieblingen der Academy, erhielt Nolan in der Folge doch jeweils zwei weitere Nominierungen für „Inception“ (2011) und „Dunkirk“ (2018). Nun ist Nolan mit „Oppenheimer“ der große Wurf gelungen, gewann der biografische Drama vor allem in den Hauptkategorien Bester Film, Beste Regie und Bester Hauptdarsteller. Dazu wurde der Film in den Kategorien Bester Schnitt, Bester Nebendarsteller, Beste Kamera und Ludwig Göransson für die Beste Musik ausgezeichnet. 
„Oppenheimer“ erzählt ausgehend von einer Anhörung über seinen Widerspruch gegen die Entziehung seiner Sicherheitsfreigabe die Geschichte des Physikers Julius Robert Oppenheimer (Cillian Murphy), seine Anfänge, sein Privatleben und vor allem die Zeit, als ihm während des Zweiten Weltkriegs die wissenschaftliche Leitung des Manhattan-Projekts übertragen wird. Im Los Alamos National Laboratory in New Mexico sollen er und sein Team unter der Aufsicht von Lt. Leslie Groves (Matt Damon) eine Nuklearwaffe entwickeln. Oppenheimer wird zum „Vater der Atombombe“ ausgerufen, doch nachdem seine tödliche Erfindung folgenschwer in Hiroshima und Nagasaki eingesetzt wird, stürzt den gerade noch so jubelnden Oppenheimer in ernste Zweifel. In einer weiteren Anhörung soll Lewis Strauss (Robert Downey Jr.) als Handelsminister im Kabinett von Präsident Dwight D. Eisenhower bestätigt werden. Doch bald geht es um seine Beziehung zu Oppenheimer nach dem Krieg. Denn Strauss stand der amerikanischen Atomenergiebehörde vor, die von dem Physiker beraten wurde. Als sich Oppenheimer immer stärker gegen Strauss und ein Wettrüsten mit Russland stellt und für eine internationale Kontrolle der Kernenergie plädiert, kommen die alten Verbindungen des Physikers zum Kommunismus wieder zur Sprache... 
Ebenfalls für die Beste Regie und den Besten Film war Martin Scorsese mit seinem Western-Epos „Killers of the Flower Moon“ nominiert. Mit seiner zehnten Nominierung als bester Regisseur ist Scorsese nun der am häufigsten nominierte noch lebende Filmschaffende in dieser Kategorie, doch genützt hat ihm diese Ehre an diesem Abend nicht. Dass sein mit Leonardo DiCaprio und Robert De Niro hochkarätig besetzte Drama komplett leer ausging, zählt zu den besonderen Tragödien der diesjährigen Oscar-Verleihung. Immerhin ist die Schauspielerin Lily Gladstone als erste indigene US-Amerikanerin mit einer Nominierung in der Kategorie Beste Hauptdarstellerin berücksichtigt worden, der mittlerweile verstorbene Komponist Robbie Robertson war für die Beste Filmmusik nominiert gewesen. 
„Killers of the Flower Moon“ spielt in den USA in den 1920er Jahren: Auf dem Gebiet der Osage Nation im Bundesstaat Oklahoma wurde jede Menge Öl gefunden, weswegen die dort lebenden indigenen Völker Nordamerikas zu großem Reichtum gelangt sind. Doch auch die Weißen Siedler haben es auf das schwarze Gold abgesehen, allen voran der einflussreiche Rancher William Hale (Robert De Niro) und dessen Neffe Ernest Burkhart (Leonardo DiCaprio), der mit der Osage Mollie (Lily Gladstone) verheiratet ist. Unter den Angehörigen des Osage-Stammes kommt es plötzlich zu immer mehr Todesfällen, die im Zusammenhang mit den begehrten Ölbohrrechten zu stehen scheinen. Dies löst eine groß angelegte Untersuchung einer völlig neuen Polizeieinheit – dem FBI – aus. Tom White (Jesse Plemons), ehemaliger Texas Ranger und Gesetzeshüter alter Schule, leitet die Ermittlungen für die neue Bundesbehörde und stößt dabei in ein Wespennest aus Korruption und Mord... 
Die deutschen Oscar-Hoffnungen ruhten vor allem auf der deutschen Schauspielerin Sandra Hüller, die die Hauptrolle in dem französischen Justizdrama „Anatomie eines Falls“ spielt. Der Film gewann immerhin einen Oscar für das Beste Drehbuch. Hüller war auch in Jonathan Glazers Holocaust-Drama „The Zone of Interest“ zu sehen, das als Bester internationaler Film ausgezeichnet wurde. 
Ebenfalls nominiert als Bester internationaler Film waren der deutsche Beitrag „Das Lehrerzimmer“ von İlker Çatak und das japanische Drama „Perfect Days“ von Wim Wenders
Der zweiterfolgreichste Film des Abends war „Poor Things“. Nominiert in elf Kategorien, heimste die moderne Frankenstein-Variante immerhin vier Oscars ein. Emma Stone, die den Oscar als Beste Hauptdarstellerin gewann, spielt eine junge Frau namens Bella Baxter, die von dem unkonventionellen Wissenschaftler Dr. Godwin Baxter (Willem Dafoe) zurück ins Leben gebracht wird. Unter Führung des brillanten Wissenschaftlers begibt sich Bella auf eine Reise zu sich selbst, immer auf der Suche nach der Lebenserfahrung, die ihr bisher fehlt. Sie trifft dabei unter anderem auf Duncan Wedderburn (Mark Ruffalo), einen Anwalt, der ihr die Welt jenseits der Wissenschaft zeigt und mit ihr ein wildes Abenteuer über mehrere Kontinente hinweg erlebt. 
Aber auch Baxters Student Max McCandless (Ramy Youssef) Leben ändern sich plötzlich, als er auf Bella trifft und von ihr regelrecht mit- und aus seinem behüteten Leben herausgerissen wird. Bella entdeckt Stück für Stück ihre Leidenschaft für soziale Gerechtigkeit und Befreiung und kann sich so auch ihrer eigenen Zwänge entledigen, Vorurteile hinter sich lassen und sich immer und immer mehr ausleben. 
Im Vorfeld war die Oscar-Verleihung mit dem Begriff „Barbenheimer“ beschrieben worden, da die beiden Filme „Barbie“ und „Oppenheimer“ insgesamt für 21 Oscars nominiert wurden und in sechs Kategorien direkt gegeneinander antraten. 
Am Ende konnte Greta Gerwigs „Barbie“ gerade mal den Oscar für den Song „What Was I Made For“ von Billie Eilish einheimsen. John Williams erhielt für seine Musik zu „Indiana Jones und das Rad des Schicksals“ übrigens seine bereits 54. Nominierung! 

Bester Film: 
Oppenheimer
• American Fiction
• Anatomie eines Falls 
• Barbie 
• The Holdovers 
• Killers of the Flower Moon 
• Maestro 
• Past Lives
• Poor Things 
• The Zone of Interest 

Bester Hauptdarsteller: 
Cillian Murphy (Oppenheimer) 
• Bradley Cooper (Maestro) 
• Colman Domingo (Rustin) 
• Paul Giamatti (The Holdovers) 
• Jeffrey Wright (American Fiction) 

Beste Hauptdarstellerin: 
Emma Stone (Poor Things) 
• Annette Bening (Nyad) 
• Lily Gladstone (Killers of the Flower Moon) 
• Sandra Hüller (Anatomie eines Falls) 
• Carey Mulligan (Maestro) 

Beste Regie: 
Christopher Nolan (Oppenheimer) 
• Justine Triet (Anatomie eines Falls) 
• Martin Scorsese (Killers of the Flower Moon) 
• Giorgos Lanthimos (Poor Things) 
• Jonathan Glazer (The Zone of Interest) 

Bester Nebendarsteller: 
Robert Downey Jr. (Oppenheimer) 
• Sterling K. Brown (American Fiction) 
• Robert De Niro (Killers of The Flower Moon) 
• Ryan Gosling (Barbie) 
• Mark Ruffalo (Poor Things) 

Beste Nebendarstellerin: 
Da'Vine Joy Randolph (The Holdovers) 
• Emily Blunt (Oppenheimer) 
• Danielle Brooks (Die Farbe Lila) 
• America Ferrera (Barbie) 
• Jodie Foster (Nyad) 

Bester internationaler Film: 
The Zone of Interest (Großbritannien) 
• Das Lehrerzimmer (Deutschland) 
• Io Capitano (Italien) 
• Perfect Days (Japan) 
• Die Schneegesellschaft (Spanien) 

Bestes Originaldrehbuch: 
Anatomie eines Falls (Justine Triet und Arthur Harari) 
• The Holdovers (David Hemingson) 
• Maestro (Bradley Cooper und Josh Singer) 
• May December (Samy Burch und Alex Mechanik) 
• Past Lives (Celine Song) 

Bestes adaptiertes Drehbuch: 
American Fiction (Cord Jefferson) 
• Barbie (Greta Gerwig und Noah Baumbach) 
• Oppenheimer (Christopher Nolan) 
• Poor Things (Tony McNamara) 
• The Zone of Interest (Jonathan Glazer) 

Beste Kamera: 
Oppenheimer (Hoyte van Hoytema) 
• El Conde (Edward Lachman) 
• Killers of the Flower Moon (Rodrigo Prieto) 
• Maestro (Matthew Libatique) 
• Poor Things (Robbie Ryan) 

Bestes Szenenbild: 
Poor Things
• Barbie 
• Killers of the Flower Moon
• Napoleon
• Oppenheimer

Bestes Kostümdesign: 
Poor Things 
• Barbie 
• Killers of the Flower Moon 
• Napoleon
• Oppenheimer“

Bester Ton: 
The Zone of Interest
• The Creator
• Maestro 
• Mission Impossible: Dead Reckoning Teil 1
• Oppenheimer 

Bester Schnitt: 
Oppenheimer 
• Anatomie eines Falls 
• The Holdovers 
• Killers of the Flower Moon 
• Poor Things

Beste visuelle Effekte: 
Godzilla Minus One 
• The Creator 
• Guardians of the Galaxy Vol. 3 
• Mission Impossible: Dead Reckoning Teil 1
• Napoleon 

Bestes Make-up und beste Frisuren: 
Poor Things 
• Golda 
• Maestro 
• Oppenheimer 
• Die Schneegesellschaft 

Bester Song: 
„What Was I Made For“ von Billie Eilish in „Barbie“ 
• „The Fire Inside“ von Becky G in „Flamin' Hot“ 
• „I'm Just Ken“ von Mark Ronson und Andrew Wyatt in „Barbie“ 
• „It Never Went Away“ von Jon Batiste und Dan Wilson in „American Symphony“ 
• „Wahzhazhe (A Song for My People)“ von Scott George in „Flowers of the Killers Moon“ 

Beste Filmmusik: 
Oppenheimer (Ludwig Göransson) 
• American Fiction (Laura Karpman) 
• Indiana Jones und das Rad des Schicksals (John Williams) 
• Killer of the Flower Moon (Robbie Robertson) 
• Poor Things (Jerskin Fendrix) 

Bester animierter Spielfilm: 
Der Junge und der Reiher 
• Elemental 
• Nimona 
• Robot Dreams 
• Spider-Man: Across the Spider-Verse 

Bester animierter Kurzfilm: 
War is Over! Inspired by the Music by John and Yoko
• Letter to a Pig 
• Ninty-fives Senses 
• Our Uniform 
• Pachyderme

Bester Kurzfilm: 
Ich sehe was, was du nicht siehst (The Wonderful Story of Henry Sugar)
• The After
• Unbesiegbar (Invincible) 
• Ridder Lykke (Knight of Fortune)
• Red, White and Blue

Bester Dokumentarfilm: 
20 Tage in Mariupol 
• Bobi Wine: The People's President
• Die unendliche Erinnerung 
• Olfas Töchter 
• To Kill a Tiger

Bester Dokumentar-Kurzfilm: 
The Last Repair Shop
•  Das ABC des Buchverbots (ABCs of Book Banning) 
• The Barber of Little Rock 
• Island in Between 
• Nai Nai and Wài Pó

Playlist:

1. Ludwig Göransson - Meeting Kitty (Oppenheimer) - 05:48 
2. Robbie Robertson - Salvation Adagio (Killers of the Flower Moon) - 03:11 
3. Frédéric Chopin - Prelude In E Minor, Op. 28, No. 4 (Anatomie eines Falls) - 02:33 
4. Mark Ronson & Andrew Wyatt - I Don't Have An Ending (Barbie) - 03:36 
5. Louis Armstrong Quintet - St. Louis Blues / Symphony No. 5 in C-Sharp Minor, Pt. 3: Adagietto (Maestro) - 03:50 
6. Laura Karpman - Family Is, Monk Is (American Fiction) - 04:53 
7. Mark Orton - A Girl in Tow / Back to Barton (The Holdovers) - 04:34 
8. Vienna String Quartet - Strauss: Tivoli-Rutsch, Op. 39 (The Zone of Interest) - 07:35 
9. Martin Phipps - Soldiers of the 5th Regiment (Napoleon) - 04:22 
10. Hans Zimmer - Heaven (The Creator) - 06:57 
11. Lorne Balfe - Passion's Embrace (Mission: Impossible - Dead Reckoning Part One) - 03:18 
12. Christopher Bear & Daniel Rossen - Across the Ocean (Past Lives) - 04:33 
13. Alexandre Desplat - Florida (NYAD) - 06:23 
14. John Williams - New York, 1969 (Indiana Jones and the Dial of Destiny) - 04:17 
15. Kris Bowers - My Family's Home (The Colour People) - 03:00 
16. Branford Marsalis - Moving to Utopia (Rustin) - 03:37 
17. Michel Legrand - Graduation (May December) - 02:19 
18. Andrea Farri - La Mer n'a pas d'Arbres (Io Capitano) - 03:17 
19. Joe Hisaishi - The Ark (The Boy and the Heron) - 03:07 
20. Thomas Newman - Vivisteria (Elemental) - 02:36 
21. Christophe Beck - Nimona's Theme (Nimona) - 03:00 
22. Alfonso de Vilallonga - Was It a Dream? (Robot Dreams) - 02:49 
23. Daniel Pemberton - Father and Son (Spider-Man: Across the Spider-Verse) - 02:16 
24. Robbie Robertson - They Don't Live Long (Killers of the Flower Moon) - 02:55 
25. Dascha Dauenhauer - Golda (Golda) - 02:23 
26. John Murphy - Dido's Lament (Guardians of the Galaxy Vol. 3) - 03:57 
27. Naoki Sato - Resolution (Godzilla Minus One) - 05:05 
28. Ludwig Göransson - Fission (Oppenheimer) - 04:38 
29. Michael Giacchino - Susy Passes (Society of the Snow) - 08:20

Sonntag, 3. März 2024

Playlist #392 vom 10.03.24 - MICHAEL SMALL Special

Mit seinen Scores zu Verschwörungs-Thrillern wie „Klute“, „Zeuge einer Verschwörung“ und „Der Marathon-Mann“ fing Michael Small in den 1970er Jahren maßgeblich die nationale Stimmung einer Paranoia ein, die Filmemacher wie Alan J. Pakula, John Schlesinger und Arthur Penn in ihren Werken thematisierten. Darüber hinaus avancierte Small zu einem Komponisten, der Komödien, Dokumentarfilme, Thriller, Dramen und Horror einzigartig zu vertonen verstand. 
Michael Lewis Small wurde am 30. Mai 1939 in New York City geboren und wuchs in Maplewood, New Jersey, als einziges Kind der Hausfrau Edith Kaufman und dem angehenden Theaterschauspieler Jack Small auf. In den 1950er Jahren wurde Jack Small Geschäftsführer der Shubert Organization, wo er Shows buchte, Hits produzierte sich mit Größen wie Jerome Robbins, Phil Silvers und Jule Styne anfreundete. So kam Michael Small schon in frühen Jahren mit der Welt des Theaters in Berührung und träumte davon, Broadway-Komponist zu werden. 
Bereits im Alter von 16 Jahren schrieb er sein erstes Musical an der Highschool. Small bekam als Kind Klavierunterricht und interessierte sich sehr für Jazz, spielte in der High School und am College in Trios, hatte aber wenig Interesse daran, Musik am Konservatorium zu lernen. Stattdessen hörte er neue Musik von Komponisten wie Philip Glass und John Adams, studierte englische Literatur am Williams College und dann in Harvard, um gegebenenfalls Lehrer zu werden, falls sich am Theater nichts ergeben sollte. Am Williams schrieb Small jedes Jahr instrumentale Musik für dramatische Theaterstücke sowie ein Original-Musical, lernte 1960 seine spätere Frau Lynn kennen, als sie eine Rolle in „The Happier Hunting Ground“ bekam, einer Show über die Bestattungsbranche, die Small zusammen mit Charles Webb („Die Reifeprüfung“). 
Als sein Vater 1962 plötzlich starb und Michael keine finanzielle Unterstützung mehr bekam, brach er sein Studium in Harvard ab. Einer der Theaterfreunde seines Vaters, Harold Rome, machte Small mit dem Broadway-Veteranen Lehman Engle bekannt, der am BMI einen Theaterworkshop für junge Schriftsteller leitete. Small wurde von Happier Hunting Ground aufgenommen und schloss sich einem Kader zukünftiger Stars an, darunter „A Chorus Line“-Texter Edward Kleban und Broadway-Plattenproduzent Thomas Z. Shepard. Er begann, Musik für Studentenfilme an der School of Visual Arts New York City zu schreiben. Sein erstes Stück war ein Stück für Tonbandmanipulation und Klavier, mit Töpfen und Pfannen. Lynn hatte ihn ermutigt, junge Filmemacher zu finden und ihre Filme zu vertonen, und er verbrachte mehrere Jahre damit, Musik „einfach aus Liebe zur Sache“ zu schreiben. 
Er begann auch, Werbespots zu vertonen, was zu einer lebenslangen Angelegenheit wurde. Bei einer der jährlichen Präsentationen von BMI hörte der junge Filmproduzent Edward Pressman Smalls Musik und bot ihm seinen ersten richtigen Filmauftrag an: die Sexfarce „Out of It“ von 1968 mit Jon Voight („Midnight Cowboy“) in der Hauptrolle. 
„Zur Filmmusik bin ich durch Zufall gekommen“, sagte Small später, „und die Arbeit mit einem Orchester beflügelte meine Fantasie weit mehr als das Schreiben von Showmelodien.“ 
Eine weitere Inspiration war die Musik der französischen New Wave in Filmen wie Truffauts „Jules und Jim“. „Ich denke, die Partitur lässt sich am besten als äußerst stumpfsinnige, fröhliche Zirkusmusik beschreiben“, sagte Small. Für die Aufführung seiner Hybridmusik engagierte er eine Juilliard-Studentengruppe – das New York Rock and Roll Ensemble, zu dessen Mitgliedern die zukünftigen Filmkomponisten Michael Kamen und Mark Snow gehörten. 
Small lernte mehr über die technischen Grundlagen der Filmmusik und Orchestrierung, indem er bei Meyer Kupferman studierte, einem produktiven, experimentellen Komponisten, der sich mit Film beschäftigte („Blast of Silence“) und die Musikabteilung am Sarah Lawrence College leitete. Small begeisterte sich sofort für das Kino, vor allem weil es eine so aufregende Zeit war, die von der New Wave und europäischen Komponisten wie Georges Delerue und Nino Rota geprägt war. 
Er liebte auch Bernard Herrmann und Ennio Morricone. Glücklicherweise fand er in Alan J. Pakula auch einen ebenso abenteuerlustigen Filmemacher. Sie lernten sich durch den Herausgeber Carl Lerner kennen, der bei „Out of It“ als Berater tätig war und Small Pakula für seinen nächsten Auftrag empfahl: „Klute“

„Alan ist ein echtes Risiko eingegangen“, sagte Small 1990 dem Soundtrack Magazine. „Das hat mein Leben grundlegend verändert.“ Sie avancierten in den 70er Jahren als Antwort auf Hitchcock und Herrmann, und ähnlich wie Herrmann sein einzigartiges Talent für Psychoterror mit Hitchcocks spannender Regie verband, waren Small und Pakula verwandte Geister, die eine Faszination für die menschliche Psyche teilten. Der Regisseur hatte auch einen seltenen Respekt vor der Musik, und obwohl er sie in seinen Filmen sparsam einsetzte, war sie immer ein wesentlicher Bestandteil. 
„Die Partitur kann Dinge sagen, die nichts anderes sagen kann“, sagte Pakula 1998 zu „Music from the Movies“. „Sie kann einem in gewisser Weise das Gefühl geben, in eine Figur hineinzufühlen.“ Das ist meine liebste Verwendung davon. ... Auf emotionaler Ebene versteht man den Film durch die Musik besser. Man fühlt es nicht nur mehr, man versteht es auch besser.“ 
Die kammerspielartige Partitur zu „Klute“ verwendete Xylophon-Tonreihen, eine gespenstische Frauenstimme und andere unorthodoxe Klänge, um nicht nur Angst zu schüren, sondern auch einen kritischen Subtext zu liefern und zu „dieser zusätzlichen Stimme“ in einem Film zu werden, der zu Recht als Meisterwerk gilt. 
Es war der Auftakt zu Pakulas sogenannter„Paranoia-Trilogie“, gefolgt von „Zeuge einer Verschwörung“ und „Die Unbestechlichen“, wobei Pakula für letzteren den Komponisten David Shire anstelle von Small engagierte, einem ebenfalls am Broadway ausgebildeten New Yorker. 
Diese beiden Partituren machten Small zu dem „Paranoia-Typen“, weshalb Regisseur John Schlesinger ihn rekrutierte, um eine ähnliche musikalische Phobie für „Der Marathon-Mann“ zu entwickeln. 
Im Großen und Ganzen machte es Small nichts aus, so eng mit einem Genre verbunden zu sein. „Man wird in diesem Geschäft typisiert“, dachte er 1998. „Allerdings muss ich sagen, dass ich das Genre ‚Verschwörung‘ zu meinen Favoriten zähle.“ 
Die meisten seiner bekanntesten Filmmusiken stammen aus Thrillern oder Horrorfilmen – „Child’s Play“, „Die Frauen von Stepford“, „Audrey Rose“, allerdings wurde Small immer wieder dazu aufgefordert, seine eigene Musik zu kopieren. So lässt sich leicht feststellen, dass die Partitur von „Ein Richter sieht rot“ aus dem Jahr 1983 mit Michael Douglas an die temporäre Partitur von „Zeuge einer Verschwörung“ angelehnt ist. Aber es gab auch Filmemacher wie Arthur Penn, der Small eine völlig maßgeschneiderte Filmmusik für seinen Neo-Noir-Film „Night Moves“ von 1975 mit Gene Hackman in der Hauptrolle erstellen ließ. Da ein Großteil des Films auf den Florida Keys gegenüber Kuba spielt, schrieb Small eine Jazzmusik mit lateinamerikanischer Note. 
Doch Michael Small vertonte auch andere Arten von Filmen. So schrieb Small für Claudia Weills Coming-of-Age-Geschichte „Girlfriends“ (1978) eine zarte, sehr jüdische Partitur und komponierte die Musik zu dem Bodybuilding-Dokumentarfilm „Pumping Iron“ mit dem jungen Arnold Schwarzenegger
Regisseur Walter Hill wollte für seinen Verfolgungsjagdfilm „The Driver“ eine ungewöhnliche, unerwartete Filmmusik, also wandte er sich an Michael Small. Als Pakula sich von Thrillern entfernte, nahm er Small oft mit. Sie arbeiteten ebenso bei dem Reiseroman in „Love and Pain and the Whole Damn Thing“ wie dem pastoraler Western in „Aufstand der Aufrechten“ zusammen, bei Dramen über schwierige menschliche Beziehungen wie in „Zweites Glück“ und „Gewagtes Spiel“
Die Blütezeit von Small fiel mit einer aufregenden, experimentellen Zeit in Hollywood zusammen. Autorenregisseure drehten sehr individuelle Filme und wollten keine symphonischen Partituren nach Maß. In den Tagen vor dem Siegeszug der elektronischen Musikproduktion mussten Regisseure viel mehr Vertrauen in ihre Komponisten haben, und dieses Vertrauen führte oft zu mehr Risikobereitschaft. 
„Wenn ich zum ersten Mal einen Film sehe, denke ich nie an Musik. Ich versuche, so offen dafür zu sein, als ob ich im Theater dafür bezahlen würde, wirklich aufzunehmen, was der Film sagt, und wirklich darauf zu reagieren. Dieser erste Blick auf einen Film ist für die Filmmusik sehr wertvoll, weil man dann die emotionale Struktur dieses bestimmten Films kennt“, erläuterte Small seine Arbeitsweise im Interview mit „Music from the Movies“, das auf der Website des Komponisten nachzulesen ist. „Erst bei einer zweiten oder dritten Vorführung mache ich mir wirklich Gedanken darüber, was Musik für den Film leisten kann und soll. Ich frage mich immer: Welche Rolle spielt die Musik in diesem speziellen Film?“ 
Eine weitere fruchtbare Beziehung entwickelte sich mit dem Regisseur Bob Rafelson, die 1981 mit dem Erotik-Noir-Remake von „Wenn der Postmann zweimal klingelt“ mit Jack Nicholson und Jessica Lange in den Hauptrollen begann. „Ich habe Michael nicht engagiert, weil er großartige Thrillermusik geschrieben hat“, sagte Rafelson 2003 der New York Times. „Ich habe ihn engagiert, weil er atemberaubende, wunderschöne romantische Melodien schreiben konnte, und ,Postman‘ ist ein perfektes Beispiel dafür.“ 
Der Regisseur schätzte gleichermaßen Smalls vielfältige Talente und vertraute seiner Bandbreite bei einem breiten Spektrum von Projekten – von der historischen Jazzmusik für „Poodle Springs“ bis zum symphonischen Epos für „Land der schwarzen Sonne“, durchzogen von afrikanischen und viktorianisch-englischen Elementen. Small hörte nie auf, Werbung für Werbespots zu machen – er brachte seinen dramatischen Instinkt und sein Ohrwurminstinkt mit, um alles von American Express über Diät-Cola bis hin zu Pampers-Windeln zu machen – und er verließ New York nie. 
Das mag einer der Gründe dafür sein, dass Hollywood ihn nie aktiv umworben hat und warum hochwertige Angebote in den 1980er und 1990er Jahren zurückgegangen sind. Einige seiner größten Erfolge waren künstlerische Enttäuschungen – wie „Der Weiße Hai 4: Die Rache“ –, auch wenn Small alle seine Partituren mit Witz und musikalischer Integrität erfüllte. 
Michael Small wurde nie für einen Oscar nominiert und selbst der treue Pakula wandte sich für seine größten Hits („Sophies Entscheidung“, „Aus Mangel an Beweisen“) an andere Komponisten. Da er nicht die Blockbuster-Allianz eines Steven Spielberg oder eines überaus populären Films hatte, der nach einer lyrischen, unvergesslichen Melodie verlangte, blieb seine brillante Arbeit meist im Hintergrund, unter der Oberfläche. 
In den 1980er Jahren hatte sich Hollywood von der Art individualistischer Kammermusikpartituren, auf die er sich spezialisiert hatte, verabschiedet und sich für einen sichereren, schlankeren Ansatz entschieden. Und so sehr Small Synthesizer und Elektronik mochte, ihr Eingreifen in den Vertonungsprozess verringerte die Risikobereitschaft (und verkürzte auch die Fristen). Am Ende seiner Karriere vertonte Small Dokumentarfilme, Miniserien und Fernsehfilme. 
Michael Small verstarb am 25. November 2003 im Alter von 64 Jahren an Prostatakrebs, nachdem er eine Reihe von TV-Krimiserien basierend auf den „Nero Wolfe“-Büchern von Rex Stout vertont hatte. 
Small brachte das einzigartige Gefühl der 1970er Jahre zum Ausdruck: Misstrauen gegenüber der Regierung, Männer in Anzügen, die im Schatten lauerten, und die allgegenwärtige, aber unvorhersehbare Gefahr eines plötzlichen Attentats“, beschreibt Tim Greiving die einzigartige Qualität des Komponisten in seinem Portrait auf michaelsmallmusic.com. „Er beschwor nicht nur ein oberflächliches Gefühl von Unbehagen oder Terror herauf – er schrieb Musik aus einer komplizierteren Psychologie der Paranoia, des Neurotizismus und des verbitterten Patriotismus. Aber über das Subgenre hinaus, das er mitgeprägt hatte, bestand seine große Begabung als Filmkomponist immer darin, eine tiefere Realität oder Motivation zu finden, in die Köpfe der Charaktere und unter ihre Haut vorzudringen, um Musik zu schaffen, die überrascht und gleichzeitig die erzählte Geschichte beleuchtet.“ 

Filmographie: 

1969: Out of It 
1970: Jenny 
1970: The Revolutionary 
1970: Puzzle of a Downfall Child 
1971: The Sporting Club 
1971: Klute 
1972: Heißer Stoff für Boston (Dealing: Or the Berkeley-to-Boston Forty-Brick Lost-Bag Blues) 
1972: Child’s Play 
1973: Liebe, Schmerz und das ganze verdammte Zeug (Love and Pain and the Whole Damn Thing) 
1974: Zeuge einer Verschwörung (The Parallax View) 
1974: City Out of Wilderness (Kurzfilm) 
1975: Unter Wasser stirbt man nicht (The Drowning Pool) 
1975: Die heiße Spur (Night Moves) 
1975: Die Frauen von Stepford (The Stepford Wives) 
1976: Der Marathon-Mann (Marathon Man) 
1977: Audrey Rose – das Mädchen aus dem Jenseits (Audrey Rose) 
1977: Pumping Iron 
1978: Driver (The Driver) 
1978: Aufstand der Aufrechten (Comes a Horseman) 
1979: Die Rentner-Gang (Going in Style) 
1980: Deine Lippen, deine Augen (Those Lips, Those Eyes) 
1980: The Lathe of Heaven (Fernsehfilm) 
1981: Zwei wie Katz und Maus (Continental Divide) 
1981: Das Rollover-Komplott (Rollover) 
1981: Wenn der Postmann zweimal klingelt (The Postman Always Rings Twice) 
1981: The Gin Game (Fernsehfilm) 
1982: Miss Right 
1983: Ein Richter sieht rot (The Star Chamber) 
1983: Die Polizei-Chiefs von Delano (Chiefs, Miniserie, 3 Episoden) 
1984: Moving in – Eine fast intakte Familie (Firstborn) 
1984: Kidco 
1985: Target – Zielscheibe (Target) 
1986: Mut der Verzweiflung (Nobody's Child) 
1986: Dream Lover 
1986: Brighton Beach Memoirs 
1987: Die schwarze Witwe (Black Widow) 
1987: Der weiße Hai 4 – Die Abrechnung (Jaws The Revenge) 
1987: Kellerkinder – Orphans (Orphans) 
1987: Heat and Sunlight 
1988: Die Generation von 1969 (1969) 
1989: Zweites Glück (See You in the Morning) 
1990: Land der schwarzen Sonne (Mountains of the Moon) 
1990: American Dream 
1991: Die wahren Bosse – Ein teuflisches Imperium (Mobsters) 
1992: Gewagtes Spiel (Consenting Adults) 
1993: Queen (Mini-Serie) 
1994: Wagons East! 
1998: Poodle Springs (Fernsehfilm) 
1998: Into My Heart 
2000: The Golden Spiders: A Nero Wolfe Mystery 
2000: Verschollen im Packeis – Das Antarktis-Abenteuer des Sir Ernest Shackleton (The Endurance: Shackleton's Legendary Antarctic Expedition) 
2001-2002: A Nero Wolfe Mystery (Fernsehserie)

Playlist: 

1. Michael Small - Love Theme From Klute (Klute) - 03:48 
2. Michael Small - Selection 2 (Out Of It) - 02:27 
3. Michael Small - Theme From Child's Play (Child's Play) - 02:09 
4. Michael Small - Finale (Firstborn) - 03:00 
5. Michael Small - Hawaii (Black Widow) - 05:10 
6. Michael Small - Hardin (The Star Chamber) - 03:10 
7. Michael Small - Finish (The Driver) - 03:42 
8. Michael Small - Selection 1 (Love and Pain and the Whole Damn Thing) - 03:59 
9. Michael Small - Session Recordings [excerpt] (Drowning Pool) - 02:50 
10. Michael Small - Main Title (Night Moves) - 01:41 
11. Michael Small - Love Scene (Marathon Man) - 03:03 
12. Michael Small - Parallax Test (The Parallax View) - 04:59 
13. Michael Small - Life After Life / End Credits (Audrey Rose) - 05:12 
14. Michael Small - Roping / Ella's Confession (Comes a Horseman) - 03:00 
15. Michael Small - Theme (The Boy Who Drank Too Much) - 02:10 
16. Michael Small - They Leave Courthouse (The Postman Always Rings Twice) - 03:44 
17. Michael Small - June No. 2 (Kidco) - 03:24 
18. Michael Small - Drop Me Off In Harlem (Brighton Beach Memoirs) - 02:18 
19. Michael Small - Shocked Shark / The Finish (Jaws: The Revenge) - 05:45 
20. Michael Small - Desert Trek (Mountains Of The Moon) - 04:12 
21. Michael Small - Goldfarb's Records (Klute) - 04:19 
22. Michael Small - Main Title (Audrey Rose) - 04:32 
23. Michael Small - Theme For Mara (Mobsters) - 04:47 
24. Michael Small - Main Title (Marathon Man) - 03:02 
25. Michael Small - Love On a Rooftop (Consenting Adults) - 03:52 
26. Michael Small - A Town Called ,Prosperity' (Wagons East!) - 02:01 
27. Michael Small - Charlie's New York (Mobsters) - 04:17 
28. Michael Small - The Truth and Finale (The China Syndrome) - 05:35 
29. Michael Small - She's Deadly (Black Widow) - 08:01 
30. Michael Small - Suite [excerpt] (City Out Of Wilderness) - 08:48

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