Playlist #246 vom 05.08.2018 - NEUHEITEN 2018 (4)
Dass die Filmmusik ein immer größeres Publikum erschließt, lässt sich nicht nur an der Veröffentlichung nahezu gefühlt jeden Soundtracks zu einem Film, einer Fernsehserie oder einem Videospiel ablesen, sondern auch an der wachsenden Zahl an Konzerten mit Filmmusik, Vinyl-Auflagen alter Soundtrack-Alben und Wiederveröffentlichungen verschiedener Werke als Deluxe oder Expanded Edition. So bekommt ihr in dieser Sendung nicht nur neue Werke von Danny Elfman, Roque Baños, Jeff Beal und Daniel Pemberton zu hören, sondern auch die aktuellen Soundtracks zu Serien wie „13 Reasons Why“, „Westworld“ und „12 Monkeys“ sowie reichlich mit bisher unveröffentlichtem Material versehene Re-Releases von Jerry Goldsmith, David Newman, John Williams und Alan Silvestri.
Dickon Hinchliffe ist nach seinem klassischen Studium an der Violine als Songwriter, Gitarrist und Violinist in der britischen Band Tindersticks tätig gewesen, die von der französischen Filmemacherin Claire Denis beauftragt wurde, zwei ihrer Filme zu vertonen. Anschließend komponierte Hinchliffe unter seinem eigenen Namen die Musik zu ihrem nächsten Film „Vendredi Soir“. Seither arbeitete er mit Filmemachern wie Ira Sachs („Forty Shades Of Blue“, „Little Men“), Michael Mann („Luck“), James Marsh („Red Riding“, „Project Nim“, „Shadow Dancer“), Scott Cooper („Out Of The Furnace“) und Debra Granik („Winter’s Bone“) zusammen. Für die abenteuerliche Rückkehr, die Will (Ben Foster) und seine Teenager-Tochter Tom (Thomasin Harcourt McKenzie) in „Leave No Trace“ zurück in die Wälder in Portland, Oregon, unternehmen, hat Hinchliffe wieder sehr leise, gefühlvolle Klänge gefunden.
Stephen Barton hat seine Karriere als Assistent von Harry Gregson-Williams („Shreks 1-4“, „The Chronicles of Narnia“, „Königreich der Himmel“) begonnen und seither die Musik für Fernsehshow und Videospiele wie „Titanfall“, „Call Of Duty: Modern Warfare“, „Niko and The Sword of Light“, „Unlocked“, „Cirque Du Soleil: Worlds Away“ und „Motorcity“ komponiert. Für die dritte und vierte Staffel von „12 Monkeys“ schuf der 2002 nach Los Angeles umgezogene Brite einen faszinierenden, überwiegend elektronischen Score, der deutlich macht, wie Barton als Mitglied der Abbey Road Studio’s Spatial Audio-Forschungsgruppe neue Soundtechnologien entwickelt.
Nach „Prison Break“, „Person of Interest“ und „Game of Thrones“ arbeitet der umtriebige Ramin Djawadi auch an der Sci-Fi-Serie „Westworld“. Der Soundtrack zur 2. Staffel enthält nicht nur das Hauptthema und die Kompositionen zur Serie, sondern auch neue, instrumentale Versionen verschiedener Songs wie „Heart-Shaped Box“ von Nirvana, „Runaway“ von Kanye West, „C.R.E.A.M.“ von Wu-Tang Clan, „Seven Nation Army“ von The White Stripes, „Codex“ von Radiohead und „Paint It Black“ von den Rolling Stones.
Das amerikanische Filmmusiklabel Varese Sarabande feiert sein 40-jähriges Jubiläum mit einer Reihe von hochwertigen Re-Releases, zu denen aktuell die Deluxe Edition von Jerry Goldsmiths feinem Action-Score zu Joe Dantes „Small Soldiers“ aus dem Jahre 1988, David Newmans elektronischer, fast poppiger Score zu schwarzhumorigen Highschool-Komödie „Heathers“ (1989) und John Williams‘ epischer Score zu dem John-Wayne-Western „The Cowboys“ (1972) zählen.
Auch Intrada bringt eine Reihe von teilweise erweiterten, neu gemasterten Neuauflagen an den Start, darunter gleich zwei von Altmeister Jerry Goldsmith. 1985 schuf Goldsmith den exotisch angehauchten Score zum in Zentralafrika spielenden Abenteuer-Drama „Baby – Secret Of The Lost Legend“, 1999 den orchestralen, mit einer Bouzouki exotisch veredelten Score zum Blockbuster „Die Mumie“. 2001 legte Alan Silvestri mit seiner Musik zu „Die Mumie kehrt zurück“ nach. Beide Soundtrack-Releases liegen nun jeweils als Doppel-CD mit der kompletten Musik zu den Filmen, alternativen Versionen und den Tracks der Original-Alben vor.
Für seinen Score zu Denis Villeneuves Drogen-Thriller-Drama „Sicario“ hat der isländische Komponist Jóhann Jóhannsson 2016 eine Oscar-Nominierung erhalten. Da er nach seinem plötzlichen Tod im Februar dieses Jahres für die Fortsetzung nicht mehr zur Verfügung stand, übernahm seine langjährige Kollaborateurin Hildur Guðnadóttir den Job, die Musik zu „Sicario: Day Of The Soldado“ zu komponieren.
„Jóhann und ich haben sehr eng an jedem einzelnen Projekt zusammengearbeitet, das wir in den vergangenen fünfzehn Jahren verwirklichten. Er ist gerade erst verstorben, so dass ich nicht wirklich verdaut habe, dass er nicht mehr hier ist. Aber ich fühle mich nicht so, als hätte ich einen Staffelstab übernommen, ich mache einfach mit der Arbeit weiter, die wir getätigt haben. Das fühlt sich sowohl natürlich als auch sehr surreal an“, erklärt Guðnadóttir, die mit Regisseur Stefano Sollima einen ganz anderen Ansatz für die Fortsetzung von „Sicario“ gewählt hat. „Ich denke, ‚Soldado‘ ist ein gefühlvollerer Film als der vorangegangene, und der Score folgt dieser Richtung. Dieser stellt einen eher klassischen Score dar, mit musikalischen Themen, die gewissen emotionalen Landschaften folgen. Das ist etwas, das Stefano sehr wichtig war. Er war sich auch der Tatsache bewusst, dass er nicht den ‚Sicario‘-Soundtrack wiederholt haben, sondern ganz oft in eine ganz andere Richtung gehen wollte.“Aber auch von Jóhann Jóhannsson gibt es posthum etwas Neues. Vor seinem Tod konnte er noch die Musik zu „Mandy“ fertigstellen, einen Horrorfilm von Panos Cosmatos („Beyond the Black Rainbow“). Bevor der komplette Soundtrack im September erscheint, veröffentlichen Lakeshore Records und Invada Records vorab die Single „Children Of The New Dawn“.
Auf der anderen Seite der Erdkugel hat Thomas E. Rouch die Musik zum australischen Sci-Fi-Thriller „Alpha Gateway“ komponiert.
„Auch wenn es sich absolut um einen Sci-Fi-Film handelt, wird die Reise der wichtigsten Figuren in dem Film von einem tiefen emotionalen Wunsch vorangetrieben“, erklärt der Komponist. „Es war wichtig für mich, dass die Musik die Ehrfurcht und das Ausmaß der Wissenschaft mit der persönlichen Natur ihrer Aufgabe vereint. Um das zu erreichen, wollte ich immer eine Balance zwischen Licht und Dunkelheit, Kraft und Gefühl, Individualität und Universalität in jedem einzelnen Cue erreichen.“Der Soundtrack zu „Alpha Gateway“ ist ebenso wie der zu spanisch-kolumbianischen Sci-Fi-Co-Produktion „Orbiter 9“ beim schwedischen Label MovieScore Media erschienen. Der Film von Hatem Khraiche erzählt die Geschichte von Helen, die nach dem Selbstmord ihrer Eltern ihr Leben ohne jeglichen menschlichen Kontakt auf Raumschiffen verbracht hat, bis ihr Alex begegnet, ein Monteur, der nicht nur eine Reparatur durchführt, sondern von dem Helen all das erfahren will, was es zum Zusammenleben mit anderen Menschen zu wissen gibt.
„Der Plot von ,Orbiter 9‘ ist ein reichhaltiger Cocktail: eine Love Story, die in einer dystopischen Zukunft spielt, und ebenso ein Thriller. In gleicher Weise besitzt der Score eine hybride Konstitution“, beschreibt der argentinische Komponist Federico Jusid („The Secret In Their Eyes“, „Isabel“). „Da gibt es ein Streichorchester, das um eine elektronische Soundpalette (und musikalische Architektur) herumsingt, und einige zusätzliche Klang-Signaturen, die unser Sounddesigner so wundervoll kreiert hat. Außerdem versucht der Score zwischen kalten Farben und einem mehr herzerwärmenden Ton zu oszillieren, je nachdem welcher Charakter gerade im Vordergrund steht, zwischen der Intimität der romantischen Begegnung und dem harschen Charakter der bewaffneten Gruppe, die unsere Protagonisten jagen.“Sehr gefühlvolle Klänge gibt es schließlich von Danny Elfman zu dem Real-Life-Drama „Don’t Worry, weglaufen geht nicht“ von Gus Van Sant, von Volker Bertelmann alias Hauschka zu dem Hochsee-Überlebensabenteuer „Adrift“ und von Dustin O’Halloran zu Marc Turtletaubs Drama „Puzzle“ zu hören, elektronische Kost von Mark Isham zu der von Jodie Foster inszenierten „Black Mirror“-Folge „Arkangel“ und zur Serien-Adaption von Marvels „Cloak & Dagger“, Giorgio Moroder & Raney Shockne zur Serie „Queen of the South“ sowie Adrian Utley (Portishead) & Will Gregory (Goldfrapp) zu Paul Wrights Film „Arcadia“.
Ähnlich wie Oliver Stone für „JFK – Tatort Dallas“ Archivaufnahmen realer Begebenheiten verwendete, hat auch Rob Reiner in seinem neuen Film „Shock And Awe“ Aufnahmen von George W. Bush, Colin Powell und Donald Rumsfeld benutzt, um seine Geschichte von der Irak-Invasion im Jahre 2003 aus der Perspektive von zwei Journalisten zu erzählen, die die wahren Zusammenhänge aufdecken wollten.
Für die Musik zu „Shock And Awe“ ließ sich der fünffache Emmy®-Gewinner Jeff Beal („House of Cards“, „The Putin Interviews“) von John Williams inspirieren.
„Ich stelle mir ‚Shock And Awe‘ als Hommage an seine Arbeit vor: orchestral, harmonisch komplex, die Bestandteile patriotischer Musik verwendend, Trompete, Blechbläser, Drums, aber mit einem Sinn für Verlust und Schmerz“, erklärt Beal. „Unser Film feiert die wahren Journalisten-Helden, die die falschen Informationen über Saddams Massenvernichtungswaffen entlarven wollten, mit denen der Irakkrieg 2003 als Folge von 9/11 gerechtfertigt wurde. Auch wenn der Film in erster Linie ein Dokudrama darstellt, ist er auch ein politischer Thriller wie ‚Die Unbestechlichen‘, und ich wollte einen viszeralen, spannungsreichen und emotional angelegten Score schreiben.“Und schließlich gibt es einen neuen Horror-Score von Altmeister Christopher Young („Hellraiser“, „The Dark Half“) zu hören, seine erste Musik überhaupt für ein Videospiel: „Wilson’s Heart“, die eine Hommage in Schwarz und Weiß an die Horror-Klassiker von Universal aus den 1930/1940er Jahren darstellt und für die Young für das Hauptthema eine Solo-Violine in den Vordergrund stellt und davon abgesehen eine Art Kammermusik komponierte.
Playlist:
01. Daniel Pemberton - Spy (Ocean's 8) - 03:51
02. Dickon Hinchliffe - Lost (Leave No Trace) - 02:39
03. Stephen Barton - Death Can Be Undone, Love Cannot (12 Monkeys) - 03:33
04. Benjamin Wallfisch - Home (The Darkest Minds) - 03:41
05. Roque Baños - The Lost Kingdom Of The Moors (The Man Who Killed Don Quixote) - 03:36
06. John Williams - Will And Ann (The Cowboys) - 02:35
07. Andrew Powell - Discovering Rocket Gibraltar (Rocket Gibraltar) - 02:17
08. Carlos Rafael Rivera - Dear Roy (Godless) - 03:46
09. Jóhann Jóhannsson - Children Of The New Dawn (Mandy) - 05:31
10. Colin Stetson - Mothers & Daughters (Hereditary) - 03:00
11. David Newman - J.D.'s Final Stand (Heathers) - 02:58
12. Eskmo - Verdict (13 Reasons Why - Seasons 2) - 03:41
13. Jerry Goldsmith - The Assembly Line (Small Soldiers) - 02:43
14. Ramin Djawadi - Akane no Mai (Westworld - Season 2) - 03:33
15. Lorne Balfe - We Are Your Perfect Painting (Genius: Picasso) - 04:29
16. Hildur Gudnadottir - The Kidnap (Sicario - Day Of The Soldado) - 03:28
17. Federico Jusid - Secret Room (Orbiter 9) - 04:14
18. Mark Isham - A Day In The Park (Black Mirror: Arkangel) - 02:40
19. Mark Isham - Waiting (Cloak & Dagger) - 02:16
20. Anthony Marianelli - Black Hole Country (Far Cry 5: Lost On Mars) - 02:11
21. Steve Jablonsky - Will & Sarah (Skyscraper) - 03:56
22. Jeff Beal - Secret War Committee (Shock And Awe) - 03:21
23. Thomas E. Rouch - That's You (Alpha Gateway) - 02:20
24. Jorge Gomez - The Plot (Gotti) - 04:38
25. Hylton & Yoffee - Band Of Brothers (Best Shot) - 02:53
26. Adrian Utley & Will Gregory - Russell and Victor (Arcadia) - 02:26
27. Toydrum - Love Town [Mans a Pimp] (Future World) - 03:13
28. Giorgio Moroder & Raney Shockne - The Lifestyle (Queen Of The South) - 02:53
29. Dustin O'Halloran - Puzzle One (Puzzle) - 03:04
30. Danny Elfman - 12th Step (Don't Worry, He Won't Get Far On Foot) - 03:00
31. Hauschka - Salvation (Adrift) - 05:24
32. Christopher Young - Not Well At All (Wilson's Heart) - 02:35
33. Alan Silvestri - The Mummy Returns - End Credits (The Mummy Returns) - 02:29
34. Jerry Goldsmith - End Credits (The Mummy) - 08:01