Seit ihrer Gründung 1981 gehören Trisomie 21 zu den beständigsten, vielseitigsten und interessantesten Bands der europäischen Musikszene. Mit sphärischen und visuell stimulierenden elektronischen Klängen hat die Band um das Brüderpaar Hervé und Philippe Lomprez mittlerweile auch in Deutschland eine wachsende Fangemeinde gewinnen können.
Die musikalische Entwicklung von
T21 lässt sich vielleicht am besten an einem Vergleich ihrer beiden CDs
„Le Repos des Enfants Heureux“ (1983) und
„Passions Divisees“ (1984) sowie ihrem ausgereiften 90er Meisterwerk
"T21 Plays The Pictures" veranschaulichen, die jeweils die extremen Pole darstellen, zwischen denen sich die Franzosen bisher bewegt haben. Während das frühe Material durch den Einsatz minimalster Elektronik den naiven Charme von Demoaufnahmen fasziniert, haben sich
T21 mittlerweile zu gekonnten Meistern konzeptionell angelegter Soundtrack-Kompositionen gemausert, ohne bestimmten Trends gefolgt zu sein.
"Von Beginn an wollte die Band in der Öffentlichkeit beachtet werden, ohne kommerzielle Wege einzuschlagen. Die Art, wie
‚The First Songs‘ klingt, entspricht dem technischen Equipment, das uns zu der Zeit zur Verfügung stand.
T21 haben die Musik mehr als Photographie, Literatur oder Kunst als Medium gewählt, weil Musik mehr an Herausforderungen zu bieten scheint."
In den Jahren ihres Bestehens hat der Umgang mit diesen Herausforderungen dann zu verschiedenen musikalischen Ausdrucksformen geführt, die auch vom Hörer jeweils eine entsprechend wandlungsfähige Auseinandersetzung verlangten.
"Die ersten vier Alben sollten vom Hörer nicht in ein- und derselben Weise angegangen werden.
‚Chapter IV‘ und
‚Works‘ benötigen nicht wirklich irgendeine speziell visuelle Stütze, wohingegen
‚Plays The Pictures‘ und
‚Million Lights‘ weitaus dichtere Alben sind, die den Hörer zwingen, mehr involviert zu werden."
Das im September/Oktober 1985 eingespielte Album
„Chapter IV“, das auf Grund eines technischen Fehlers später als
„Chapter IV Remix“ veröffentlicht wurde, weist allerdings in der Verbindung von sphärischen Instrumentalpassagen und ausgetüftelter Rhythmik ("There´s No Trouble There", "Is Anybody Home?") schon die Richtung für die Zukunft, die mit
„Million Lights“ (1987) und
„Plays The Pictures“ (1990) konkretere Formen annahm. Zwischenzeitlich veröffentlichte man mit
„Works“ (1989) ein Album, das überwiegend tanzbares, aber dennoch sehr gefühlvolles Material enthielt. Mit
„Works“ bewiesen
T21, dass sie nicht nur akustisch äußerst reizvolle Space Operas zu inszenieren wissen, sondern auch hervorragende Musiker im konventionellen Sinne mit sicherem Gefühl für eindringliche Melodien und treibende Rhythmen sind.
"
T21 ist eine Band, die um eine Melodie herum arbeitet. Unsere Arbeitsmethode ist mehr auf einer Kombination von Sounds und Atmosphären aufgebaut als auf anderen formalen harmonischen Strukturen. Wir betrachten die Stimme an sich als Instrument, so dass die Lyrics und die Melodie, die von ihr erzeugt werden, von gleichberechtigter Bedeutung sind."
Unter dem Gebot der Gleichberechtigung dieser Elemente und der gleichzeitigen unterschiedlichen Betonung ihrer Aspekte haben
T21 gerade auf unzähligen EPs (die 1991 als CD-Kompilation namens
"Side By Side" zusammengefasst wurden) ihre Vielseitigkeit unter Beweis gestellt, indem sie oft die A-Seiten als hitverdächtige Tanzknüller konzipierten ("Waiting For", "Betrayed", "A New Outset", "Joh´Burg", "Shift Away"), während die B-Seiten mit avantgardistischen, traumversponnenen Instrumentals ("Ravishing Delight", "La Fête Triste") oder visuell umsetzbaren, sehr sanften Titeln ("Bamboo", "Il Se Noie") aufwarteten.
"Die Ausarbeitung eines neuen Albums oder eines neuen Songs ist für uns immer eine Herausforderung. Unsere Absicht besteht darin, Emotionen so präzis und klar wie möglich mit Instrumenten zu übertragen, die man als ungeeignet für diese Art von Musik betrachtet."
Ihr bislang ehrgeizigstes und anspruchsvollstes Album stellte
"Plays The Pictures" dar, wobei die CD mit zehn Bonustracks und damit insgesamt 23 Titeln zu einer einzigartigen Ansammlung von Soundtrack-ähnlichen Instrumentals geriet, die hin und wieder von treibenden Tracks ("Take The Shock Away", "Into The Light Heart") unterbrochen wurden.
"
T21 ist die Art von Band, die Atmosphären und Stimmungen kreiert, und deshalb mehr daran interessiert, Soundtracks zu Filmen zu komponieren als den alten Traditionen treu zu bleiben, die vor allem Konzerte mit einschließt."
Insofern konnte man die Veröffentlichung ihres Live-Albums
"Raw Material" (1990) vielleicht schon als Schlussstrich unter diesen Teil ihrer musikalischen Karriere ansehen.
"Der einzige Punkt, der bei der Entwicklung der Band verloren ging, ist, dass
T21 in den letzten Jahren vom Charakter einer Live-Band verloren hat. Wir sind jetzt mehr eine ‚Studio‘-Band."
1993 erschien das sehr organisch klingende Album
"Distant Voices", das sich im Vergleich zum Vorgänger
"T21 Plays The Pictures" wieder songorientierter zeigt. Dennoch wird mit dem Einsatz vieler konventioneller Instrumente erneut eine traumumwobene Atmosphäre geschaffen, die wiederum viel Raum für eigene Bilder bietet.
Das nächste Album
"Distant Voices" war bereits für das Frühjahr ´92 angekündigt, und vielleicht führte das ehrgeizige Unterfangen, zu neuen Ufern aufzubrechen - und zwar unter Verwendung ihrer ursprünglichen Wurzeln -, zu dieser Verzögerung.
"Wir versuchen, die technische Seite der Dinge mit den akustischen zu verbinden, wobei wir vor allem einen bewussten Schritt zurück machen zu mehr konventionellen Instrumenten wie akustische Gitarren, Harmonikas und Violinen."
Auf
„Gohohako“ setzten die Lomprez-Brüder 1997 den filmmusikalischen Trend fort, der bereits die vorangegangenen Alben
„Works“ (1989),
„Plays The Pictures“ (1990) und
„Distant Voices“ (1993) maßgeblich geprägt hat und auf der Instrumental-Compilation
„The Songs by T21 – Vol. 2“ ihre charakteristische Zusammenfassung erfuhr. Bei
„Gohohako“ machte sich aber zudem ein leichter fernöstlicher und ethnischer Touch breit, der den ohnehin schon sehr einfühlsamen Kompositionen noch mehr Farbe und Wärme verlieh. Das neue Album platzt dagegen vor fast ungebändigter Energie. Es klingt, als hätte sich in all den Jahren unglaublich viel Wut und Kraft aufgestaut, die sich in jetzt teilweise verhältnismäßig rockigen Klängen und kraftvollen Rhythmen niederschlägt.
„Unsere Ambitionen liegen darin, das Beste zu tun, was wir können, unsere Vorstellungskraft zu erwecken, nach neuen Sensationen zu suchen, Neues auszuprobieren, unsere Persönlichkeit durchzuschütteln und zu sehen, was dann passiert“, beschreibt Philippe den kreativen Arbeitsprozess bei T21 und wird dann konkret: „Hervé hatte eine musikalische Idee, und für dieses Album habe ich mit der Stimme und ein paar Worten improvisiert, und wenn das gepasst hat, haben wir es so gemacht. Wir arbeiten zunächst an der Musik, dann am Gesang, schließlich arbeitet Hervé am Sound und mixt den Gesang und die Musik zu T21-Songs.“
Herausgekommen ist ein Album, das raue Gitarren, moderne Rhythmen und
Cure-ähnliche melancholische Melodien vereint. „Die Leute, die das Album hören, sollen träumen, aber ihnen soll bewusst sein, dass es nur ein Traum ist“, beschreibt Philippe die Konzeption des Albums. Songtitel wie „Forsaken Mysteries“, „Come In Paradise“ und „The Touch Of Any Flame“ lassen bereits die vielfältigsten Bilder im Kopf entstehen und werden dabei von
T21 musikalisch auf beeindruckende Weise umgesetzt.
Überhaupt scheint ein neues Kapitel in der Geschichte von
Trisomie 21 aufgeschlagen zu sein. Mit ihrem 2009 veröffentlichten Album
"Black Label" präsentierten sich die Franzosen wieder songorientierter und tanzbarer.
Diskographie:
1983 „Le Repos des Enfants Heureux“ („The First Songs, Vol. II“, 1988)
1984 „Passions Divisees“ („The First Songs, Vol. I”, 1988)
1986 “Chapter IV”
1987 “Million Lights”
1987 “Chapter IV And Wait And Dance Remixed”
1989 “Works”
1990 “T21 Plays The Pictures”
1990 “Raw Material” (Live)
1991 “Side By Side” (12” Collection)
1993 “Distant Voices” (1993)
1994 “The Songs By T21, Vol. 1”
1995 “The Songs By T21, Vol. 2”
1997 “Gohohako”
2004 “Happy Mystery Child”
2004 “The Man Is A Mix” (Remix-Compilation)
2006 “The Woman Is A Mix” (Remix-Compilation)
2006 “Happy Mystery Club – Lady B Remixes (Remix-Compilation)
2007 “25 Years” (Compilation)
2007 “Rendez-vous En France” (Live-Album)
2009 “Black Label”
2009 “The Camp – Black Label Remix” (Remix-Compilation)
Playlist:
1
Trisomie 21 - La Fete Triste (Piano Version) - 03:48
2
Trisomie 21 - Paradise - 02:34
3
Trisomie 21 - Moonlight (1) - 03:00
4
Trisomie 21 - Right To Reply (1) - 04:42
5
Trisomie 21 - Westwind - 04:35
6
Trisomie 21 - Easy Touch - 02:14
7
Trisomie 21 - The War Outside - 03:45
8
Trisomie 21 - Bamboo (1) - 04:48
9
Trisomie 21 - There's A Strange Way This Morning - 03:51
10
Trisomie 21 - Dolphin Bay - 03:14
11
Trisomie 21 - The Fairylike Show - 02:47
12
Trisomie 21 - Sweeping Train - 04:52
13
Trisomie 21 - Again And Again - 03:57
14
Trisomie 21 - Bards Of Passion - 04:31
15
Trisomie 21 - Long Rider - 04:13
16
Trisomie 21 - Hearkener - 03:37