Playlist #349 vom 17.07.2022 - Neuheiten 2022 (5)
Nachdem Komponistinnen wie Rachel Portman und Shirley Walker die von Männern dominierte Disziplin der Filmmusik durchbrochen haben, machen zum Glück immer weitere talentierte Frauen in dieser Hinsicht auf sich aufmerksam. So sind in dieser Sendung mit Laura Karpman und Natalie Holt zwei vielversprechende Komponistinnen zu hören, die die illustre Runde mit Namen wie Daniel Pemberton, Michael Giacchino und Howard Shore ebenso abrunden wie andere junge Talente. Einen großen Anteil in dieser Sendung nehmen neue Soundtracks zu ganz unterschiedlichen Serien wie „For All Mankind“, „This Is Us“, „Ms. Marvel“, „Devil“, „The Time Traveler’s Wife“ und „Black Bird“ ein.
Den Auftakt bestreitet der britische Komponist Daniel Pemberton mit seinem unterhaltsamen Lo-Fi-Electronic-Score zur Komödie „Brian and Charles“, in der ein einsamer Erfinder auf dem Land namens Brian einen Roboter, Charles, erfindet, damit dieser sein Freund wird. Pemberton verwendete für die Musik einige ungewöhnliche elektronische Sounds und Texturen.
„Ich wollte, dass sich der Score so anfühlt, als wäre Vaughan Williams noch am Leben und würde wunderbare pastorale Musik in Vangelis‘ Studio auf sonderbaren alten Synthis schreiben“, erklärt Pemberton. „Es musste sich anders anfühlen als alles andere da draußen, um eine Qualität zu erhalten, die sowohl das filmische Wunder der walisischen Landschaft als auch die ausgefallene hausgemachte Natur der Figuren einfängt.“
Der schwedische Komponist Patrik Andrén hat mit seinem prominenten Landsmann Johan Söderqvist an Soundtracks wie „Kon-Tiki“, „The Keeper of Lost Causes“ und „The King’s Choice“ gearbeitet. Nun legt er die eigenverantwortlich inszenierte Musik zu dem Familiendrama „Phoenix“ vor.
„Der Score handelt von der Zerbrechlichkeit und Verzweiflung, mit einer psychisch instabilen Mutter aufzuwachsen. Hier steht die Solo-Violine für Einsamkeit und Verletzlichkeit, während der Jazz-Part vom Vater handelt, der ein bekannter Jazztrompeter ist. Der Zusammenprall der beiden Welten erzeugt einen Effekt, von dem ich hoffe, dass er auch für die Zuhörer unvergesslich sein wird“, meint Andrén.
Das Skript für David Cronenbergs neuen Film „Crimes of the Future“ lag bereits seit 1999 in der Schublade, doch es mussten schon noch zwanzig Jahre vergehen, bis die Geschichte zu verfilmen war. In dem Science-Fiction-Thriller treibt Cronenberg seine Faszination für die Entwicklung des Menschen in der Zukunft auf einen neuen Höhepunkt zu. Viggo Mortensen verkörpert einen Mann, der mit seiner Assistentin Caprice (Léa Seydoux) eine Show veranstaltet, bei der er sich Organe entfernen und neue, mit unerwarteten Möglichkeiten ausgestattete Organe einsetzen lässt. Das bringt nicht nur die Regierung, sondern auch eine geheimnisvolle Gruppe auf den Plan. Cronenberg kehrt damit zu dem fetischisierten Body-Horror zurück, der sich von seinen Frühwerken „Parasiten-Mörder“ und „Videodrome“ bis zu seinen Erfolgsfilmen „Die Fliege“, „Die Unzertrennlichen“ und „Naked Lunch“ durchzieht.
Howard Shore, dessen Score zu „Crimes of the Future“ bereits die sechzehnte Zusammenarbeit seit 1979 mit dem mittlerweile 79-jährigen Filmemacher darstellt, kreierte einen vibrierenden Orchester-Elektronik-Mix, der die düstere Atmosphäre des Films adäquat untermalt.
Während der umtriebige Fernseh-Komponist Jeff Russo die Musik zur dritten Staffel der Science-Fiction-Serie „For All Mankind“ und der Serien-Adaption von Nicolas Roegs Science-Fiction-Klassiker „The Man Who Fell On Earth“ komponierte, steuerte sein Kollege Michael Giacchino nicht nur die Musik zum neuen Disney/Pixar-Abenteuer „Lightyear“, sondern auch zum Marvel-Spektakel „Thor: Love and Thunder“, zu dem der versierte Komponist auch zu rockigen Gitarren griff.
Weitaus subtilere Klänge gibt es dagegen von Alex Somers zu Mimi Caves Horror-Komödie „Fresh“, von Siddharta Khosla zu den letzten beiden Staffeln der preisgekrönten Family-Drama-Serie „This Is Us“, von Dustin O’Halloran und Herdís Stefánsdóttir zur Mystery-Drama-Mini-Serie „The Essex Serpent“ und von Martin Phipps zu Ed Perkins‘ Dokumentarfilm „The Princess“ über das Leben und den Tod von Prinzessin Diana zu hören.
„C’est magnifique“ erzählt die Geschichte eines jungen Mannes namens Pierre, der in der Natur aufgewachsen ist und erfahren muss, dass seine Eltern nicht seine richtigen Eltern sind. Während Anna Pierre dabei hilft, seine wahren Eltern in einer Welt zu finden, die ihm ebenso fremd ist wie ihre Regeln, lernt er eine Menge ganz unterschiedlicher Charaktere kennen.
„Die Musik ist von Latin und World Music inspiriert, verkörpert erhebende Gefühle und verwendet hauptsächlich Ukulele, Percussions wie das Vibraphone und Streicher. Es war wichtig, eine Melodie für die Hauptfigur zu finden, und ich hoffe, es hilft dem Publikum, sich mit ihm zu verbinden“, meint der französische Komponist Guillaume Roussel, der zu Hans Zimmers „Remote Control Productions“-Team zählt und in den letzten Jahren für so unterschiedliche Filme wie Olivier Dahans Drama „Grace of Monaco“, McGs „Three Days to Kill“ und den Mittelalter-Abenteuerfilm „Outcast“ die Musik beigesteuert hat.
Seit ihrem 1980 mit Magna cum laude abgeschlossenen Bachelor-Studium der Musik legte Laura Karpman nicht nur eine eindrucksvolle akademische Karriere hin, sondern wurde nach ihrem Umzug von New York nach Los Angeles von Größen wie David Newman, Dave Grusin und Shirley Walker in die Kunst der Filmkomposition eingewiesen. Zwar ist Karpman seit ihrer ersten Filmkomposition für das Fernsehdrama „My Brother’s Wife“ (1989) vor allem für Fernseh- und Videospiel-Produktionen tätig gewesen, erhielt durch die von Steven Spielberg produzierte Serie „Taken“ (2002) aber zunehmend mehr Aufmerksamkeit in Hollywood.
Nun präsentiert sie mit ihrer Musik zur Mini-Serie „Ms. Marvel“ eine von exotischen Elementen durchsetzte Musik, die sich wohltuend vom Mainstream abhebt.
Die britische Komponistin Natalie Holt hat nach ihrer Ausbildung an der Royal Academy of Music und an der National Film and Television School zunächst als professionelle Violinistin gearbeitet, ehe sie mit dem Komponisten Martin Phipps an Soundtracks wie „Great Expectations“, „The Honourable Woman“, „Victoria“ und „Woman in Gold“ zusammenarbeitete. Zuletzt konnte sie sich einen Namen durch ihre Scores zu den Fernsehserien und -Produktionen „Three Girls“, „My Mother and Other Strangers“, „Wallander“, „Beecham House“ und „Deadwater Fell“ machen.
Nach der Marvel-Serie „Loki“ präsentiert sie nun die Musik zur Disney+-Serie „Obi-Wan Kenobi“, zu der John Williams das Hauptthema beisteuerte. Damit ist sie die erste Frau, die ein Live-Action-„Star Wars“-Projekt vertonen durfte.
Endlich vollständig erhältlich ist der über 100-minütige Score zu Ron Howards Fantasy-Abenteuer „Willow“ (1988). Für den großorchestral angelegten Score hat James Horner nicht nur eine Vielzahl von Streichern, Holz- und Blechbläsern eingesetzt, sondern auch ein zehnköpfiges Percussion-Ensemble, das etliche exotische Drums aus China, Südamerika und Irland bediente, und zusätzliche Musiker, die Shakuhachi-Flöte, Ocarina, Didgeridoo und mittelalterliche Instrumente zum Einsatz brachten. Abgerundet wurde das komplexe Ganze mit verschiedenen weiteren folkloristischen und elektronischen Instrumenten.
Nachdem sie zuvor jahrelang mit ihrem Mann Atticus Ross und ihrem Schwager Leopold Ross an Soundtracks wie „The Book of Eli“, „Broken City“, „Triple 9“ und „Outcast“ zusammengearbeitet hat, präsentiert Claudia Sarne mit „Shining Girls“ ihre erste eigene Kreation.
„Für die Musik von ,Shining Girls‘ wollten wir eine Klangwelt schaffen, die sowohl hypnotisch als auch einladend ist, die aber auch im Handumdrehen verstörend werden kann. Wir begannen mit der unkonventionellen Aufnahme von Klangschalen, um die Grundlage für viele der Klangbetten in der Show zu bilden, und sorgten dann mit einer Reihe von mit Filz behandelten Keyboards, gedämpften Glocken, modularen Synthesizern und geloopten Percussion-Samples für einen einzigartigen Sound. Einige der Cues wurden geschrieben, um die zyklische Natur der Show widerzuspiegeln – die Idee, dass ein bestimmtes Thema auf sich selbst zurückfällt und sich ändert, während es sich wiederholt.“
Playlist:
1. Daniel Pemberton - Land of Sheep (Brian and Charles) - 03:55
2. Patrik Andrén - Sorry (Phoenix) - 03:59
3. Mogwai - Titles (Black Bird - Season 1) - 04:56
4. Howard Shore - Klinek (Crimes of the Future) - 03:18
5. John Paesano - Dominic Calls Li (Devils - Seasons 1 & 2) - 03:32
6. Joseph Trapanese - Acknowledge (Spiderhead) - 02:56
7. Alex Somers - Go Away Somewhere (Fresh) - 03:06
8. Siddharta Khosla - The Hill (This Is Us - Seasons 5 & 6) - 04:06
9. Mark Mancina - Maisie's Speech (The Sea Beast) - 02:02
10. Dustin O'Halloran & Herdís Stefánsdóttir - Matters of the Heart (The Essex Serpent) - 03:40
11. Jeff Russo - Libra (For All Mankind - Season 3) - 04:35
12. Jeff Russo - Faraday (The Man Who Fell to Earth) - 06:41
13. Martin Phipps - Pre Wedding (The Princess) - 03:00
14. Michael Giacchino - Home on the Space Range (Lightyear) - 02:59
15. Michael Giacchino - Just Desert (Thor: Love and Thunder) - 02:26
16. Guillaume Roussel - Revelation at the Cemetary (C'est magnifique!) - 02:42
17. Laura Karpman - Ms. Marvel Suite (Ms. Marvel - Season 1, Episodes 1-3) - 04:30
18. Natalie Holt - Who You Become (Obi-Wan Kenobi) - 03:37
19. James Horner - The Enchanted Forest (Willow) - 05:34
20. Lorne Balfe - Osmia Cornifrons (Man vs. Bee) - 03:32
21. Lorne Balfe - Sykes Lone Wolf (Pennyworth - Season 2) - 03:33
22. Tim Phillips - Elizabeth's Letter (Becoming Elizabeth) - 03:21
23. Claudia Sarne - Canon (Shining Girls) - 02:09
24. Gerard Pastor - Marc (Sinjar) - 03:46
25. PHAR - A Second Chance (Winter of '79) - 02:38
26. Stephen Rennicks - Leo Grande (Good Luck to You, Leo Grande) - 02:52
27. Ramin Djawadi - Where Is My Money (The Man From Toronto) - 02:59
28. Ramin Djawadi - Video Games (Westworld - Season 4) - 03:53
29. Danny Bensi & Saunder Jurriaans - Cheers (The Staircase) - 05:10
30. Danny Bensi & Saunder Jurriaans - Wedding Day (Windfall) - 02:03
31. Blake Neely - Was It Worth It? (The Time Traveler's Wife - Season 1) - 07:02