Playlist # 98 vom 18.11.2012 (1) - TWILIGHT Special
Mit ihrer „Bis(s)“-Reihe hat die amerikanische Schriftstellerin Stephenie Meyer eine Erfolgsgeschichte der ganz eigenen Art geschrieben. Ähnlich wie Joanne K. Rowling mit ihrer „Harry Potter“-Reihe ist es der Jugendbuchautorin gelungen, ein größeres Publikum für ein Genre zu erschließen, das geschickt die Mystik des Vampirismus mit der Romantik einer Teenager-Liebe zu verbinden versteht.
Mit dem zweiten Teil der Verfilmung von „Bis(s) zum Ende der Nacht“ geht das extrem populäre Franchise ihrem vorläufigen Ende entgegen.
„Regisseurin Catherine Hardwicke bemüht sich immer mal wieder, der Geschichte visuell einen Kick zu geben, den sie ganz programmatisch nicht hat. Der treuherzige Versuch, die blutigen Küsse des Genres auf Kuschel- und Blümchensex umzuschalten, produziert selbst in den Actionszenen noch lahmen und erzkonservativen Tugendterror ohne Biss. Freuen dürfen sich darüber nur diejenigen, die schon immer aufs evangelikale Coming-out des bisher stets noch angstlüsternen Vampir-Genres gewartet haben“, resümiert Ekkehard Knörer auf taz.de. Nichtsdestotrotz avancierten – auch privat - Bella-Darstellerin Kristen Stewart und ihr Romeo Robert Pattinson zum neuen Hollywood-Teenager-Traumpaar, und der Soundtrack kann sich wirklich hören lassen und bringt etwas Schwung in den zähfließenden Film. So sind mit Muse und Linkin Park auch zwei Bands vertreten, die Stephenie Meyer maßgeblich beim Schreibprozess beeinflusst haben, der Titelsong „Decode“ stammt von Paramore. Wie bei erfolgreichen Filmreihen üblich – siehe „Scream“, „Underworld“ oder „The Crow“ – sind zu jedem „Twilight“-Film sowohl ein Soundtrack mit Rocksongs als auch ein Score-Album mit den Kompositionen von Carter Burwell („Twilight“, „Breaking Dawn – Part 1“, „Breaking Dawn – Part 2“), Howard Shore („Eclipse“) und Alexandre Desplat („New Moon“) veröffentlicht worden.
Bereits ein Jahr später folgte mit „New Moon“ die von den Fans sehnsüchtigst erwartete Fortsetzung. Diesmal muss Bella kurz nach ihrem 18. Geburtstag tatenlos mitansehen, wie Edward und seine Familie aus der Stadt ziehen und schließlich nach Italien gehen. Bella erträgt die Einsamkeit kaum und flüchtet in Halluzinationen ihres Geliebten, der ihr immer dann erscheint, wenn sie in Gefahr schwebt. Daraufhin geht Bella immer größere Risiken ein, um Edward zumindest auf diese Weise nahe zu sein. Ein weiteres Problem tut sich mit ihrem besten Freund Jacob Black auf, der sich als Werwolf entpuppt, einem tödlichen Feind der Vampire.
Von all der Kritikerhäme über das kitschige, melancholisch-Schwülstige Werk unberührt folgte 2010 mit „Eclipse“ Teil 3 der romantischen Vampir-Saga, wobei mit David Slade immerhin ein Regisseur engagiert wurde, der mit seinem Film „30 Days Of Night“ bereits einen temporeichen und effektvollen Vampir-Schocker inszeniert hat. Bella nimmt Edwards Heiratsantrag an, will aber erst nach dem College und der Hochzeit in einen Vampir verwandelt werden. Bellas Jugendfreund Jacob ist von dieser Entwicklung alles andere als begeistert und nicht gewillt, Bella so einfach aufzugeben. Als die Vampirin Victoria (Bryce Dallas Howard) allerdings beginnt, mit der Unterstützung einer Armee von neu verwandelten Vampiren gegen die mächtige Cullen-Familie zu kämpfen, um sich an Edward zu rächen, der ihren Freund James auf dem Gewissen hat, brauchen Bella und Edward allerdings die Unterstützung von Jacobs Werwolf-Clan …„Natürlich ist Jacob seit Jahren heimlich in Bella verliebt und ebenso selbstverständlich sind Werwölfe und Vampire schon immer Todfeinde. Nur so kann der Film schließlich das fatale Date-Dilemma Bellas illustrieren, als Edward plötzlich wieder in ihrem Leben auftaucht. Soll sie sich für den blassen Feingeist oder den kraftstrotzenden Naturburschen entscheiden? Wo die Bravo nur fünf Zeilen für eine Antwort bräuchte, benötigt 'New Moon' allerdings gut zwei Stunden inklusive eines dramaturgisch gänzlich misslungenen Ausflugs zu elitären Übervampiren, die in Italien den süßen Edward noch etwas untoter als ohnehin schon machen wollen. Was eine schöne Parabel über die Flüchtigkeit der Jugend, die existentielle Angst vor Alter und Tod sowie das Grundrecht eines jeden Teenagers auf Trotz und Traurigkeit hätte werden können, gerinnt so unter der hilflosen Regie von Chris Weitz zur biederen Telenovela mit Spezialeffekten. Die beiden Galane Bellas messen sich dazu in schwülstigen Liebesbeweisen, die nicht einer unfreiwilligen Komik entbehren. Wenn etwa Jacob übermotiviert sein T-Shirt auszieht, um eine Kopfwunde Bellas abzutupfen, dann ist sein fotogenes Outing als Mitglied des Six-Pack-Stammes reinste Groschenheft-Romantik. Nicht minder penetrant sind die wertkonservativen Suaden Edwards, der in jeder gestanzten Zeile das Zölibat predigt: Kein Biss vor der Ehe, nicht mal Safer Saugen ist bei dem sittenstrengen ‚True Love Waits‘-Verfechter drin“, kanzelt David Kleingers den Film auf Spiegel Online ab.
„Im ersten Teil der ‚Twilight‘-Saga ging es noch um den Einbruch des Phantastischen in eine glaubhafte Realität, hier ist jedoch alles nur klischierte Fantasy. Die wenigen Momente, in denen sich Bella überhaupt als normal empfindsame Schülerin zwischen ihren Altersgenossen bewegt, sind weder glaubhaft, noch ließen sie die ansonsten vorherrschende Schwülstigkeit vergessen. Gipfel des Kitsches ist die Zeltnacht, welche Bella, Edward und Jacob in verschneiter Gebirgskulisse verbringen und gegen die Luis Trenkers Bergdramen nachgerade subtil wirken. Die ständig beteuerte Leidenschaft der Figuren bleibt ein Lippenbekenntnis, das trotz der schmusetauglichen Szenerie ungerührt lässt“, fasst David Kleingers das idyllisch fotografierte, vielfach psychologisch analysierte Werk auf Spiegel Online zusammen. „Das Zwanghafte in den sich stetig wiederholenden Gefühlsäußerungen erinnert frappierend an die Rituale einer Casting-Show: Wer wird Bellas nächster übernatürlicher Freund, der elegante Edward mit dem zarten Glitzerteint oder der kernige und konsequent hemdfreie Jacob? Das Publikum vergibt Noten und verteilt seine Zuneigung unter den Kandidaten, die unermüdlich Bella, den Unschuldsfetisch, umwerben. Ein Ende dieser emotionalem Selbstkasteiung und gegenseitigen Versagung des Glücks ist nicht abzusehen. So trägt die Trio-Beziehung in ‚Eclipse‘ zweifellos sado-masochistische Züge: Eine sittenstrenge S/M-Erzählung, die ihren Lustgewinn aus dem Verbot sinnlichen Vergnügens zieht. Sie behauptet Romantik, zelebriert aber eigentlich nur den Narzissmus seiner elitären Helden. Eine Teen-Vampirsaga, die zwar den Tod in vielfacher Form kennt, doch keine Ahnung von Trauer und der Flüchtigkeit der Jugend hat. Die in jedem Kinderzimmer Vampire und Werwölfe findet, sich aber nicht für die wirklichen, überlebensgroßen Dramen der Teenager interessiert. Darum sind es auch keine blassen Sauger oder sonstige Monster, die hier erschrecken. Es ist allein das finstere Bild einer Adoleszenz, in der Liebe nur als Leid erfahrbar wird, das ‚Eclipse‘ zu einem Horrorfilm macht.“
Überzeugen konnte wenigstens der Soundtrack, wiederum mit Muse, Sia, Vampire Weekend und UNKLE zeitgemäß besetzt, dazu schuf „Herr der Ringe“-Komponist Howard Shore einen stimmungsvollen Score.
Der vierte „Twilight“-Film teilt das gleiche Schicksal wie der letzte „Harry Potter“-Film – er wird in zwei Teilen präsentiert. Bei beiden „Breaking Dawn“-Filmen führte Bill Condon die Regie, der mit Komponist Carter Burwell bereits an den Filmen „Kinsey“ und „Gods and Monsters“ zusammen gewirkt hat. Inhaltlich haben die Filme allerdings wenig mehr zu bieten als Bellas und Edwards Hochzeit und das Beschützen ihres Nachwuchses gegen mächtige Feinde.
„Übrig bleibt ein weiterer hochsexualisierter Blockbuster, der nicht weiß, was er mit seinem immensen erotischen Potential anfangen soll. Das ist zwar einerseits ärgerlich - und, ja, unbefriedigend -, andererseits muss man fairerweise festhalten: schlimmer als all die vielen Jungsblockbusterserien der letzten Kinojahre ist dieses immer noch einzige Mädchenblockbuster-Franchise nun auch wieder nicht.“"Eigentlich enthält er das gesamte Herzstück der Saga: Die endlich geschlossene und auch gleich vollzogene Ehe Bellas und Edwards vor allem, außerdem noch eine Schwangerschaft, eine Geburt und zum krönenden Abschluss eine Vampirwerdung. Aber immer dann, wenn es endlich doch noch zur Sache gehen könnte, weicht die hochtrabende Romantik des vorhergehenden Verzicht- und Eifersuchtsdramas einem routiniert-leblosen Bruno-Mars-Musikvideo, einer verdinglichten Variante des Poesiealbums sozusagen, das kulturindustriell maßgeschneidert, von vornherein schick, aber verlogen ausgefüllt ist und keine eigenen Eintragungen, nichts Unfertiges, Tastendes, keine Unsicherheit mehr vorsieht“, meint Lukas Foerster auf perlentaucher.de.
Twilight - die Filme:
2008 - Twilight: Biss zum Morgengrauen
2009 - New Moon: Biss zur Mittagsstunde
2010 - Eclipse: Biss zum Abendrot
2011 - Breaking Dawn: Biss zum Ende der Nacht - Teil 1
2012 - Breaking Dawn: Biss zum Ende der Nacht - Teil 2
Playlist:
1 Carter Burwell - Plus Que Ma Prope Vie (OST Breaking Dawn - Part 2) - 04:15
2 Carter Burwell - Who Are They? (Twilight) - 03:29
3 Carter Burwell - Bella's Lullaby (OST Twilight) - 02:20
4 Carter Burwell - The Lion Fell In Love With The Lamb (Twilight) - 03:15
5 Muse - Supermassive Black Hole (OST Twilight) - 03:32
6 Death Cab For Cutie - Meet Me On The Equinox (OST New Moon) - 03:46
7 Paramore - Decode (OST Twilight) - 04:23
8 Alexandre Desplat - New Moon (New Moon) - 03:22
9 Howard Shore - Victoria Escapes (Eclipse) - 02:35
10 Alexandre Desplat - Dreamcatcher (New Moon) - 03:33
11 Howard Shore - Imprinting (Eclipse) - 03:58
12 Metric - Eclipse [All Yours] (OST Eclipse) - 03:45
13 The Features - From Now On (OST Breaking Dawn - Part 1) - 03:25
14 The Boom Circuits - Everything And Nothing (OST Breaking Dawn - Part 2) - 04:25
15 Carter Burwell - Love Death Birth (OST Breaking Dawn - Part 1) - 06:02
Soundtrack Adventures with TWILIGHT at Radio ZuSa by Dirk Hoffmann on Mixcloud
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