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Dienstag, 12. Januar 2021

Playlist #310 vom 17.01.2021 - NEUHEITEN 2021 (1)

Die erste Neuheiten-Sendung in diesem Jahr stellt zugleich auch einen Rückblick auf die letzten bemerkenswerten Soundtrack-Veröffentlichungen des vergangenen Jahres dar, denn wie in vielen anderen Belangen findet auch in diesem Bereich das Motto „Das Beste kommt zum Schluss“ seine Anwendung. Die in der zweiten Dezember-Hälfte veröffentlichten Scores von Hollywood-Größen wie James Newton Howard, Hans Zimmer, Alexandre Desplat und Howard Shore will ich euch ebenso wenig vorenthalten wie die neuen Arbeiten von Jeff Russo, Lorne Balfe und Cliff Martinez zu verschiedenen Serien-Highlights oder die Scores von Ilan Eshkeri, Jeff Beal und Alex Somers zu den Dokumentationen „A Perfect Planet“, „Athletin A“ und „Audrey“

Alex Somers („Honey Boy“, „Captain Fantastic“) vertonte auf ätherisch-elektronische Weise den neuen Dokumentarfilm „Audrey“ von Helena Coan über Hollywood-Star Audrey Hepburn (1929-1993), der auch nie zuvor gezeigtes Material aus der persönlichen Sammlung ihrer Familie enthält. 
Zu den preisgekrönten Naturdokumentationen des britischen Senders BBC dürfte sich nach „Planet Erde“ und „Der blaue Planet“ sicher auch David Attenboroughs neue Serie „A Perfect Planet“ einreihen. Zu der fünfteiligen Serie, die analysiert, wie die Kräfte der Natur das Leben auf der Erde bestimmen, komponierte Ilan Eshkeri („Sternwanderer“, „Hannibal Rising“) einen farbenfrohen Orchester-Score. 
Den Reigen prominenter Komponisten eröffnet der Kanadier Howard Shore, der neben seiner langjährigen Zusammenarbeit mit David Cronenberg („A History Of Violence“, „Maps To The Stars“) vor allem für Peter Jacksons „Der Herr der Ringe“- und „Der Hobbit“-Trilogien bekannt geworden ist. Shore steuerte sowohl für Kornél Mundruczós Drama „Pieces of a Woman“ über die tragischen Folgen einer häuslichen Entbindung als auch für Deepa Mehtas Drama „Funny Boy“ über die sexuelle Erweckung eines Teenagers sehr gefühlvolle Scores. 
Etwas mehr spannungsgeladene Dramatik versprechen die Arbeiten von Alexandre Desplat zu George Clooneys Science-Fiction-Drama „The Midnight Sky“ und von James Newton Howard zu Paul Greengrass‘ Abenteuer-Drama „Neues aus der Welt“ mit Tom Hanks in der Hauptrolle. 
Sowohl Shores „Pieces of a Woman“ als auch diese beiden Scores dürften in die engere Auswahl der diesjährigen Oscar-Verleihung kommen. 
Zu den jüngeren Vertretern der Komponisten-Zunft zählen Kris Bowers und Daniel Wohl. Bowers schloss sein Studium an der Juilliard School mit Bachelor- und Masterabschlüssen in Jazz ab und entwickelte früh Interesse an Filmmusik. Nach „Green Book – Eine besondere Freundschaft“ (2018) steuerte er vor allem die Musik zu Fernsehserien wie „When They See Us“, „Dear White People“ und „Black Monday“ bei. Nun liegt seine vielschichtige Arbeit für die historische romantische Drama-Serie „Bridgerton“ vor. 
Der in Paris geborene und aufgewachsene, nun in Los Angeles lebende Daniel Wohl hat nach seinem Studium an der Yale School of Music bislang an hierzulande eher unbekannten Projekten gearbeitet. Sein Soundtrack zu der Science-Fiction-Serie „Project Blue Book“, die sich um das gleichnamige reale Projekt dreht, in der ein skeptischer Astrophysiker und ein Ufologe die angeblichen UFO-Landungen und unerklärlichen Phänomene in den 1950er und 1960er Jahren untersuchen, verbindet bewusst klassische und elektronische Elemente, um eine einzigartige Atmosphäre zu kreieren. 
„An ,Project Blue Book‘ zu arbeiten war eine unglaubliche Erfahrung“, erklärt Wohl. „Mir stand ein enormer kreativer Raum zur Verfügung, um einen einzigartigen Sound für die Serie zu finden. Indem ich Streicher, Percussion und Electronics verwendete, fokussierte ich mich darauf, einen ,anderweltlichen‘ Score zu kreieren, der die einzigartige Mischung der Show aus Science Fiction, Mystery und Horror einfängt.“ 
Dagegen präsentiert uns Guy Farley („Land Of The Blind“, „The Flock“) mit „Silver Skates“ einen wunderbar romantischen, voll orchestralen Score, der wenig gemein hat mit dem Ballett von Pjotr Iljitsch Tschaikowski zu „Schwanensee“. Erzählt wird die Geschichte der jungen Aristokratin Alice (Sonia Priss), die sich in der Neujahrsnacht 1900 in den Botenjungen Matvey (Fedor Fedotov) verliebt, dessen einziger Wunsch einem silbernen Schlittschuhpaar gilt. Trotz ihrer gesellschaftlichen Unterschiede will das junge Paar den Neujahrstag miteinander verbringen. 
„Regisseur Michael Lockshin wollte starke Themen, Emotion, Drama und ein klassisches Orchester, um die Geschichte zu erzählen, die sich auf den gefrorenen Kanälen von St. Petersburg abspielt, wo der übergefrorene Fluss Neva als Hauptquelle des Transports benutzt wird und Schlittschuhläufer als Kuriere eingesetzt werden“, beschreibt Farley, der Claude Debussys berühmtes „Claire de Lune“ als Basis für ein grandioses Liebesthema verwendet und bei seinem Score auf russische Instrumente wie Balalaikas, Domra, Gusli, Dulcimer, Saz, Bayan und ethnische Percussion zurückgegriffen hat. 
In eine ähnlich märchenhafte Richtung bewegt sich auch die Oscar-prämierte Rachel Portman („Chocolat“, „Gottes Werk und Teufels Beitrag“) mit ihrem opulenten Score zur Walt-Disney-Produktion „Die gute Fee“. In dem Film von Sharon Maguire ist der Job als Fee vom Aussterben bedroht, weshalb die ebenso junge wie ungeschickte Fee Eleanor (Jillian Bill) den Verantwortlichen beweisen will, dass die Welt gute Feen braucht. Als Eleanor den offensichtlich vergessenen Brief eines zehnjährigen Mädchens findet, macht sie die Absenderin ausfindig und stellt fest, dass aus dem Mädchen die inzwischen 40-jährige alleinerziehende Mutter Mackenzie (Isla Fisher) geworden ist, die in Boston bei einem Nachrichtensender arbeitet und nach dem Tod ihres Mannes ihre Hoffnung aufgegeben hat, ein Leben wie im Märchen zu führen. 
Als der große Ennio Morricone am 6. Juli 2020 im Alter von 91 Jahren verstarb, hinterließ er ein mehr als 500 Filmmusiken und etliche Orchesterwerke umfassendes Oeuvre, das 2017 mit einem Ehren-Oscar für sein Lebenswerk prämiert wurde. Seit seinem Tod ist eine regelrechte Flut an Wiederveröffentlichungen der Soundtracks des berühmten Filmkomponisten zu verzeichnen. Unter den Re-Releases nimmt der Score zu Roberto Faenzas Politdrama „Sostiene Pereira“ aus dem Jahre 1995 eine Sonderstellung ein. Faenza hat seit seinem Regiedebüt „Escalation“ (1967) regelmäßig mit seinem Freund Morricone zusammengearbeitet, und auch wenn der Maestro in den 1990er Jahren schon längst nicht mehr so produktiv gewesen ist wie in den 1960ern, als er durch seine einzigartige Musik zu Sergio Leones „Dollar“-Trilogie weltberühmt wurde, nahm er sich doch gern die Zeit, 1995 zum achten Mal einen Faenzo-Film mit seiner Musik zu veredeln. 
Der minimalistische, subtile und ungemein lyrische Score mit dem Gesang von Dulce Pontes untermalt auf kraftvolle, spannungsreiche Weise die Geschichte der von Marcello Mastroianni dargestellten Titelfigur, die als Nachrichtenredakteur zur Zeit der portugiesischen Diktatur von António De Oliveira Salazar für die Gestaltung der Kulturseiten zuständig ist. Seine unpolitische Einstellung ändert sich, als er sich mit dem antifaschistischen Witwer Rossi anfreundet. 
Zum Abschluss gibt uns Thomas Newman die Ehre. Der bereits 15 (!) Mal für einen Oscar nominierte Komponist vertonte Steven Soderberghs Drama „Let Them All Talk“, in dem Meryl Streep eine berühmte Autorin spielt, die eine Kreuzfahrtmit alten Freunden unternimmt, um Spaß zu haben und alte Wunden zu heilen. Newman schuf dazu einen ungewöhnlich jazzigen, groovigen Score, der auch bei der diesjährigen Oscar-Verleihung eine Rolle spielen könnte. 
Playlist: 
1. Alex Somers - Great Willow Tree (Audrey) - 03:12 
2. Howard Shore - Home (Pieces Of A Woman) - 03:28 
3. Howard Shore - Leaving Sri Lanka (Funny Boy) - 04:16 
4. Alexandre Desplat - Mission (The Midnight Sky) - 04:24 
5. James Newton Howard - End Titles (News Of The World) - 05:10 
6. Kris Bowers - When You Are Alone (Bridgerton) - 02:47 
7. Jeff Beal - On Her Own Terms (Athlete A) - 05:12 
8. Daniel Wohl - Reality (Project Blue Book) - 02:58 
9. Jeff Russo - Ethelrida (Fargo Year 4) - 06:18 
10. Jeff Russo - Syd Theme S3 (Legion: Finalmente) - 08:06 
11. Ben MacDougall - Song Of The Kindred (Godfall) - 03:41 
12. Shunsuke Kida - Maiden Astraea (Demon's Souls) - 03:11 
13. Hans Zimmer - Black Gold (Wonder Woman 1984) - 04:55 
14. Cliff Martinez - My Life Is Out There (The Wilds) - 03:51 
15. Trent Reznor & Atticus Ross - The Great Before/U Seminar (Soul) - 03:19 
16. Lorne Balfe - Land Of Spectres (His Dark Materials - Series 2) - 03:31 
17. Paul Haslinger - Worlds Beyond Reprise (Monster Hunter) - 03:26 
18. Ilan Eshkeri - Flamingos (A Perfect Planet) - 06:22 
19. Max Richter - Andante Loops (Beethoven - Opus 2020) - 06:51 
20. Peter Raeburn - The Truth (The Dry) - 06:55 
21. Carlos M. Jara - Attitude (Colgar Las Alas) - 04:37 
22. Guy Farley - The Grand Bakery (Silver Skates) - 03:16 
23. Rachel Portman - Time For Change (Godmothered) - 03:31 
24. Ennio Morricone - Valori Ritrovati (Sostiene Pereira) - 03:55 
25. Thomas Newman - Southampton Water (Let Them All Talk) - 02:02 
26. James Pickering - Outro (County Lines) - 08:07

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