Playlist # 56 vom 10.04.11 (2) - SPAGHETTI WESTERN Special
Der Western ist so alt wie das Kino selbst und lebendig erzählte amerikanische Geschichte. In seiner Blütezeit zwischen 1910 und 1960 spielten die Western in der Zeit nach der Gründung der USA im Jahre 1776, meist in der Phase zwischen 1865 und 1890, als die Natur erobert, Siedlungen und Städte gebaut und Krieg gegen die Urbevölkerung, die Indianer, geführt wurden.
„Erst dieser Film ermöglichte und bestärkte eine Generation von Filmemachern, ihre Visionen von einem neuartigen Filmstil und einen erneuerten Western umzusetzen. Sie hatten den Mut, die klassischen Konventionen des Hollywood-Kinos hinter sich zu lassen und den größtenteils verklärenden und in erster Linie einseitig glorifizierenden, amerikanischen Filmen, ein künstlerisches, eigenständiges Subgenre entgegenzusetzen.Im Gegensatz zu den meist moralisierenden amerikanischen Western ging es bei den oft exzessiv gewalttätigen Italo-Western nicht mehr um soziale Konflikte, Kultivierung der Natur und Auseinandersetzung zwischen Indianern und Siedlern. In Sergio Leones wegweisender „Dollar“-Trilogie („Für eine Handvoll Dollar“ – 1964, „Für ein paar Dollar mehr“ – 1965, „Zwei glorreiche Halunken“ – 1966) geht es wie in vielen anderen Werken des Spaghetti-Westerns ums schnöde Geld oder Rache. Vor allem mit seinem Meisterwerk „Spiel mir das Lied vom Tod“ (1968) hat Sergio Leone gründlich mit den amerikanischen Western-Mythen aufgeräumt. Das beginnt mit der Besetzung der Hauptrolle mit Henry Fonda, der entgegen seinen amerikanischen Rollen als Bösewicht agiert, und dem frühzeitigen Ableben der amerikanischen Nebendarsteller – und geht weiter über die Handlung, die deutlich machen soll, auf welch schmutzige Weise die Zivilisation des Wilden Westens erfolgt ist.
Somit stellte ‚Für eine Handvoll Dollar‘ den Anfang einer Reihe von Meisterwerken audio-visueller Kompositionskunst dar, zu dessen besten Vertretern u.a. ‚Zwei Glorreiche Halunken‘, ‚Navajo Joe‘, ‚Die Rechnung wird mit Blei bezahlt‘, ‚Blindman‘, ‚Spiel mir das Lied vom Tod‘ und ‚Adios Sabata‘ zählen, um nur einige der beeindruckendsten Werke zu nennen. Diese Filme zeichnen sich dadurch aus, dass sie die visuelle Erzählkunst, mittels außergewöhnlicher Bildkomposition und Kamera-Arbeit, wieder in den Mittelpunkt des Films rückten“, beschreibt Felix Hess auf seiner Website Italowestern.net die Anfänge des Genres. „Denkt man heute an Westernfilme, fallen fast jedem die typischen Szenen eines Duells ein: Leinwand-füllende Extreme-Close-ups von den eiskalten Augen der Protagonisten, deren stechende Blicke bedrohlicher erscheinen als ihre Colts, Over-Shoulder-Shots der Kontrahenten, Close-ups der sich langsam bewegenden Finger der Revolver-Hand über dem Halfter und eine dramatische, unvergessliche Musik.
Doch all diese Elemente stammen aus dem Italowestern und nicht aus dem Urgenre des amerikanischen Films, wie viele fälschlicherweise annehmen.“
Unmittelbar mit dem Erfolg des Films ist die berühmte Filmmusik von Ennio Morricone verbunden, der sich die Mühe machte, für jede Hauptfigur eine eigene Melodie zu komponieren. Mit diesem Soundtrack wurde Ennio Morricone nicht nur weltberühmt, sein Name war – sehr zu seinem Leidwesen – für immer mit dem Spaghetti-Western verknüpft, obwohl er gerade mal weniger als ein Zehntel seiner über vierhundert Filmmusiken für dieses Genre komponierte.
Ohnehin hat die Filmmusik im Italo-Western neue Wege eingeschlagen. Was Ennio Morricone mit seinen Werken für Leones „Dollar“-Trilogie eingeführt hat, sollte bald zum Erkennungsmerkmal von Soundtracks zu Spaghetti-Western werden. Im Gegensatz zu den oft pompösen Orchester-Arrangements amerikanischer Produktionen wurde hier das filmmusikalische Spektrum um experimentelle Arrangements und ungewöhnliche Instrumente wie E-Gitarre, Mundharmonika, Blockflöte, Peitschenschläge und menschliche Geräusche wie Pfeifen, ungewöhnliche Stimmen und Schreie ergänzt. Ennio Morricone schuf darüber hinaus – teilweise unter dem Pseudonym Leo Nichols - bemerkenswerte Filmmusiken für „Eine Pistole für Ringo“ (1965), „An seinen Stiefeln klebte Blut“ („Navajo Joe“, 1966), „Die Rechnung wird mit Blei bezahlt“ ("Da uomo a uomo", 1967), „Von Angesicht zu Angesicht“ ("Faccia a faccia", 1967), „Die gefürchteten Zwei“ ("Il mercenario", 1968), „Todesmelodie“ ("Giù la testa", 1971) und „Mein Name ist Nobody“ ("Il mio nome è Nessuno", 1973).
Zu den weiteren bekannten italienischen Komponisten, denen man immer wieder auch auf Spaghetti-Western-Compilations findet, zählen Ennio Morricones langjähriger Mitarbeiter Bruno Nicolai („100.000 Dollar für Ringo“ – 1965, „Sartana kommt“ – 1970), Luis Bacalov („Django“ und „Töte Amigo!“ – 1966, „Zwei Särge auf Bestellung“ – 1967), Carlo Savina („Django kennt kein Erbarmen“ – 1966, „Der Tod reitet mit“ – 1967, „Fünf blutige Stricke“ – 1968) und Riz Ortolani („Der Tod ritt dienstags“ – 1967, „An den Galgen, Bastardo“ - 1968).
Playlist:
1 Ennio Morricone - L'Uomo Dell' Armonica (C'era Una Volta Il West - Spiel mir das Lied vom Tod) - 03:30
2 Ennio Morricone - Titoli (Per Un Pugno Di Dollari - Für eine Handvoll Dollar) - 02:58
3 Ennio Morricone - L'Estasi Dell' Oro (The Good, The Bad And The Ugly - Zwei glorreiche Halunken) - 03:25
4 Ennio Morricone - Main Titles (Una Pistola Per Ringo - Eine Pistole für Ringo) - 02:19
5 Bruno Nicolai - Ringo Come To Fight (100.000 Dollari Per Ringo - 100.000 Dollar für Ringo) - 02:30
6 Riz Ortolani - I Giorni Dell'Ira #3 (I Giorni Dell'Ira - Der Tod ritt dienstags) - 03:06
7 Luis Bacalov - Django (Django) - 02:54
8 Luis Bacalov - Titoli (Sugar Colt) - 02:25
9 Ennio Morricone - Main Title (Navajo Joe) - 02:48
10 Ennio Morricone - Mucchio Selvaggio (Il Mio Nome E' Nessumo - Mein Name ist Nobody) - 02:38
11 Ennio Morricone - Il Pinguino (Vamos A Matar, Companeros - Lasst uns töten, Campoaneros) - 02:59
12 Ennio Morricone - A Gringo Like Me (Gunfight At Red Sands) - 02:23
13 Luis Bacalov - Memories (Gold Of The Proud Ones) - 04:02
14 Ennio Morricone - From Man To Man (Death Rides A Horse) - 03:19
15 Luis Bacalov - Suite (A Man Called King) - 04:50
16 Ennio Morricone - I Figli Morti (Giu' La Testa - Todesmelodie) - 06:08
17 Ennio Morricone - Finale (C'era Una Volta Il West - Spiel mir das Lied vom Tod) - 04:08
Soundtrack Adventures with SPAGHETTI WESTERNS at Radio ZuSa by Dirk Hoffmann on Mixcloud
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