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Montag, 1. November 2021

Playlist #331 vom 07.11.2021 - MICHAEL PRICE Special

Der Brite Michael Price dürfte vor allem durch seine erfolgreiche und 2014 mit einem Primetime-Emmy ausgezeichnete Zusammenarbeit mit dem langjährigen James-Bond-Komponisten David Arnold („James Bond 007 - Der Morgen stirbt nie“, „James Bond 007 – Stirb an einem anderen Tag“) an der BBC-Serie „Sherlock“ bekannt sein, doch hat er sich seit Beginn der 2000er Jahre auch als Komponist im neoklassischen Bereich und als eigenständiger Filmkomponist einen Namen gemacht. Zuletzt hat er das Album „The Hope of Better Weather“ veröffentlicht, eine um Remixe angereicherte Wiederveröffentlichung seiner 2012 erschienen gleichnamigen EP. 
Price absolvierte den Tonmeister-Studiengang an der Surrey Universität und begann in den 1990ern, eine Karriere als Komponist im Bereich des Zeitgenössischen Tanzes einzuschlagen, weil er die Freiheit und Kreativität in dieser Welt schätzte. Er veröffentlichte mehrere „Contemporary Dance Music“-Alben, lernte dann aber mit dem Filmkomponisten Michael Kamen („Stirb langsam“, „Die Abenteuer des Baron Münchhausen“) eine ganz andere musikalische Welt kennen. Kamen bat Price, ihn bei der Produktion und Aufnahme elektronischer Sounds zum Science-Fictions-Thriller „Event Horizon – Am Rande des Universums“ (1997) zu unterstützen. Bis zu Michael Kamens tragischen Tod im Jahr 2003 wirkte Price als dessen Assistent und wirkte so an den Soundtracks zu „Lethal Weapon 4“ (1998), „Hinter dem Horizont“ (1998), „Der Gigant aus dem All“ (1999), „Frequency“ (2000), „X-Men“ (2000), „Open Range“ (2003) und „Back to Gaya“ (2004) mit, die in London, Los Angeles und Prag aufgenommen wurden, sowie Konzerten in Berlin, New York, San Francisco und Genf. 
„Es war die erstaunlichste, frustrierendste, verwirrendste, lebensverbesserndste Erfahrung, auf die ich hätte hoffen können“, blickt Michael Price heute auf diese Zeit zurück. „Ich habe das Gefühl, dass ich immer noch einige der Dinge aufnehme, die ich von ihm und von meinem damaligen Freund und Assistenten James Brett gelernt habe, auch nach seinem traurigen Tod im Jahr 2003.“ 
Außerdem machte sich Michael Price als Soundtrack Editor, u.a. bei der „Lord of the Rings“-Trilogie, einen Namen. Nachdem Price mit „Ashes and Sand“, „Senses“, „LD 50 Lethal Dose“, „Some Things That Stay“ und „Rufmord“ erste eigene Soundtrack-Erfahrungen machen durfte, ergab sich 2008 mit der Komödie „Wild Child“ und der TV-Mini-Serie „Crooked House“ die erste Zusammenarbeit mit David Arnold, die über einige weitere Serien wie vor allem die zwischen 2010 und 2017 von BBC produzierte Erfolgsserie „Sherlock“, „Jekyll and Hyde“ und schließlich „Dracula“ fortgesetzt wurde. 
2015 veröffentlichte Michael Price mit „Entanglement“ sein erstes Solo-Album. Neben dem Komponisten selbst am Piano vereinte das Album das Cello-Spiel von Peter Gregson, mit dem er zuvor bereits das improvisierte Album „Berlin 1-3“ eingespielt hatte, eine Soprano-Stimme, ein Streich-Orchester sowie elektronische Sounds und Effekte. 
„Keine Klickspuren, keine Kopfhörer und kein Film. Nur die Spontaneität der Performance und der Klang von Musikern, die hören, verbinden und reagieren“, beschreibt Price das Konzept von „Entanglement“. „Ich wollte ein Album machen, das wie eine düstere Berliner Plattenladenentdeckung aus den 30er Jahren klingt. Etwas, das zeitlose emotionale Kraft und vordigitalen Rohheit hatte. Etwas, von dem ich hoffe, dass es in oberflächlich vernetzten Zeiten eine tiefere Verbindung herstellen würde. Ich denke, es gibt eine Pflicht für Künstler, ehrlich und verletzlich zu sein. Denn dann besteht die Möglichkeit einer echten Verbindung. Verschränkung ist sowohl ehrlich als auch verletzlich und den zweijährigen Prozess des Schreibens, Verfeinerns und Aufnehmens eines Albums zu durchlaufen, war intensiver und schöner, als ich es mir hätte vorstellen können.“ 
 
2018 erschien mit „Tender Symmetry“ das zweite Solo-Album auf Erased Tapes. Es wurde in verschiedenen Locations der National Trust mit Künstlern wie der Sopranistin Grace Davidson, Shards, dem Cellisten Peter Gregson, dem Immix Ensemble und dem Manchester Collective aufgenommen, darunter in den Ruinen von Fountains Abbey in Yorkshire, in der Sandham Memorial Chapel und im Tunnelkomplex von Fan Bay Deep Shelter in Dover. 
„Für ,Tender Symmetry‘ hörte ich auf, die Gebäude zu bewundern, und begann stattdessen, an ihnen teilzunehmen. Dies begann als eine Erkundung des Schreibens und Aufnehmens in der Welt jenseits des Studios. Ich interessiere mich dafür, wo wir unsere Häuser in einer zunehmend virtuellen Welt bauen, und für den Geist des Ortes, den wir fühlen, wenn wir durch unsere Straßen, unsere Schulen, Tempel und öffentlichen Räume gehen. Sich von einem Ort und den Geschichten, die er erzählt, inspirieren zu lassen und dann an diesen Ort zurückzukehren, um dort aufzunehmen, manchmal unter nicht idealen Bedingungen, machte das zweijährige Abenteuer zu viel mehr als das Produzieren eines Films oder einer Platte.“ 
Mit „Diary“ (2017) und „Diary Reworks“ (2018) erschienen weitere Solo-Arbeiten von Michael Price, bevor er sich mit „Patrick“, „Eternal Beauty“ und „Gatecrash“ wieder der Filmmusik zuwandte. 
 
Filmographie/Diskographie: 
1997: Contemporary Dance Music Vol. 2 (mit Robert Taggart
1999: Contemporary Dance Music Vol. 3 
2001: Contemporary Dance Music Vol. 4 
2003: Ashes and Sand (Soundtrack) 
2003: Senses (Soundtrack) 
2003: LD 50 Lethal Dose (Soundtrack) 
2004: Contemporary Dance Music Vol. 5 (mit Matt Robertson
2004: Some Things That Stay (Soundtrack) 
2005: Rufmord (Dommeren) 
2006: It’s My Story 
2006: Contemporary Dance Music Vol. 6 
2007: Contemporary Dance Music Vol. 7 
2007: Sugarhouse 
2008: Wild Child: Erstklassig zickig (Wild Child) (Soundtrack) 
2008: Crooked House (TV-Mini-Serie, mit David Arnold, Soundtrack) 
2008: Agent Crush (mit David Arnold, Soundtrack) 
2009: The Mountain Within (Dokumentation, Soundtrack)
2010: Dramedy (mit Rael Jones)
2010: Siren (Soundtrack) 
2011: Island (Soundtrack) 
2011: Henry der Schreckliche (Horrid Henry: The Movie, Soundtrack) 
2011: Films Scores: Dramatic Cinema (mit Laurence Greed & Rael Jones
2010: Wild Target – Sein schärfstes Ziel (Wild Target) (Soundtrack) 
2010–2017: Sherlock (Fernsehserie) (mit David Arnold, Soundtrack) 
2011: Human Stories (mit Laurence Greed & Rael Jones) 
2011: 7 Lives (Soundtrack) 
2012: Beyond the Search (TV-Dokumentions-Serie, Soundtrack) 
2012: Die fürchterliche Furcht vor dem Fürchterlichen (A Fantastic Fear of Everything) (Soundtrack) 
2012: A Stillness (EP) 
2012: My Brother Marvin (Dokumentation, Soundtrack) 
2012: Gestatten, Mr. Stink (Mr. Stink, mit David Arnold, Fernsehfilm, Soundtrack) 
2013: Cheerful Weather For The Wedding (Soundtrack) 
2013: Emotional Cinema 
2013: Delicious (Soundtrack) 
2013: Lightfields (TV-Mini-Serie, Soundtrack) 
2013: Another Me – Mein zweites Ich (Another Me) (Soundtrack) 
2013: The Tractate Middoth (Fernsehfilm, mit David Arnold, Soundtrack) 
2013: Gangsta Granny (Fernsehfilm, mit David Arnold, Soundtrack) 
2014: Sex on the Beach 2 (mit David Arnold, Soundtrack) 
2014: Walter (Fernsehfilm, Soundtrack) 
2014: Berlin 1-3 (mit Peter Gregson
2015: Just Jim (Soundtrack) 
2015: Jekyll and Hyde (TV-Mini-Serie, mit David Arnold, Soundtrack) 
2015: Desolate Drama (mit Nicholas Hill, Laurence Greed u.a.) 
2015: Entanglement 
2015–2018: Unforgotten (Fernsehserie) (Soundtrack) 
2017: Diary 
2018: Tender Symmetry 
2018: Diary Reworks 
2018: Ein Mops zum Verlieben (Patrick) (Soundtrack) 
2018: Age Before Beauty (Fernsehserie, Soundtrack) 
2019: Eternal Beauty (Soundtrack) 
2020: Dracula (TV-Miniserie, mit David Arnold, Soundtrack) 
2020: Gatecrash (Soundtrack) 
2021: The Hope Of Better Weather 
Playlist: 
1. Michael Price - Rapide (It's My Story) - 03:51
2. Michael Price - Once Upon A Crime (Dramedy) - 02:17 
3. Michael Price & Rael Jones - A Promise To Return (Dramatic Cinema) - 02:26 
4. Michael Price & Nicholas Hill - Give Rise (Cinematic Builds) - 02:47 
5. Michael Price - Searching for the Truth (Emotional Cinema) - 02:35 
6. Michael Price & Anthony Weeden - Recognition (Desolate Drama) - 03:01 
7. Michael Price - Sleepy Shores (Children Of Men) - 02:52 
8. Michael Price - Baranca Wall (The Mountain Within) - 04:07 
9. Michael Price - Results (Another Me) - 05:06 
10. Michael Price - The Kiss (Delicious) - 02:53 
11. Michael Price - Maitri (Entanglement) - 04:52 
12. Michael Price - Hopes Journey (Minimalist) - 04:02 
13. David Arnold & Michael Price - Number System (Sherlock - Series 1) - 03:02 
14. David Arnold & Michael Price - Prepared To Do Anything (Sherlock - Series 2) - 04:19 
15. David Arnold & Michael Price - Floating Dust (Sherlock - Series 3) - 03:29 
16. David Arnold & Michael Price - Running Away (Sherlock - Series 4: The Six Thatchers) - 04:04 
17. David Arnold & Michael Price - Make It A Long Voyage (Dracula) - 03:47 
18. Michael Price - Sins of the Past (Unforgotten) - 04:01 
19. Michael Price - For Doubt Will Come - 14th June (Diary) - 03:12 
20. Michael Price - Following (Unforgotten - Season 2) - 03:10 
21. Michael Price - Song For A [Madeline Cocolas Rework] (Diary Reworks) - 04:08 
22. Michael Price - The Finish Line (Patrick) - 01:55 
23. Michael Price - Sandham (Tender Symmetry) - 05:10 
24. Michael Price - Nice Or Realy Nice? (Eternal Beauty) - 02:55 
25. Michael Price - Sweet Joy (Songs For Eveline) - 03:14 
26. Michael Price & Peter Gregson - The Warmth of the Sun (The Hope Of Better Weather) - 03:01 
27. Michael Price - The Anatomy of Clouds [Malibu Sweet Hereafter Remox] (The Hope Of Better Weather) - 09:04 
28. Michael Price - The Lake Scene (Cheerful Weather for the Wedding) - 03:05 
29. Michael Price - Entanglement (Entanglement) - 06:33 
30. Michael Price - Leaving the Pub (Unforgotten - Season 3 & 4) - 01:35
31. Michael Price - The Summit (The Mountain Within) - 03:32 
32. Michael Price - Speke (Tender Symmetry) 10:51

Samstag, 23. Oktober 2021

Playlist #330 vom 24.10.2021 - NEUHEITEN 2021 (7)

Eine Vielzahl von illustren Namen gibt es in der siebten Neuheiten-Sendung in diesem Jahr zu hören, anfangen bei Hans Zimmer, der nicht nur erstmals mit „No Time To Die“ einen James-Bond-Film vertonen durfte, sondern auch gleich Soundtracks zur Neuverfilmung von Frank Herberts Science-Fiction-Klassiker „Dune“ präsentiert, über Carter Burwell, Marco Beltrami, Mychael Danna, Harry Gregson-Williams bis zu John Carpenter und Vangelis. Dazu gibt es filmmusikalisch artverwandte neue Alben von Marcel Barsotti, Ramin Djawadi und Paul Haslinger sowie neue Musik zu Fernseh-Serien wie „You“, „Superman & Lois“, „The Morning Show“ und „Goliath“
Die 1999 in Austin, Texas, gegründete Post-Rock-Band Explosions In The Sky nahm sich nach ihrem letzten Album „The Wilderness“ (2016) eine längere Auszeit, zelebrierte ihr 20-jähriges Jubiläum mit remasterten Wiederveröffentlichungen ihrer klassischen Alben „How Strange, Innocence“ (2000) und „The Rescue“ (2005) sowie mit einigen Jubiläums-Shows. Zu dieser Zeit wurden sie gefragt, ob sie einen einstündigen Dokumentarfilm über den texanischen Big Bend National Park vertonen würden. Die Aufnahmen von „Big Bend: The Wild Frontier of Texas“ zeigen wunderbare Aufnahmen der dort lebenden Tiere und der eindrucksvollen Wüstenlandschaft, wozu die Band, die bereits mit „Friday Night Lights“, „Prince Avalanche“, „Lone Survivor“ und „Manglehorn“ bereits Soundtrack-Erfahrungen sammeln konnten, sehr melodische und zurückhaltende Klänge fanden, die sie mit akustischer Gitarre, Streichern, Piano, Glocken und Drums behutsam instrumentiert haben. 
1994 kreierte Graeme Revell mit seinem Score zur düsteren Comic-Verfilmung von „The Crow“ einen packenden Soundtrack, der auf innovative Weise klassisches Orchester, Electronics und World-Music-Elemente miteinander verschmolz. Nach 27 Jahren erscheint mit der Deluxe Edition auf einer knapp 140-minütigen Doppel-CD endlich die ganze Palette eindringlicher Sounds, Rhythmen und Harmonien. Diese Intensität erreichte Revell in seinen nachfolgenden Filmmusikarbeiten nur noch selten. 
Bevor der kanadische Musiker Mychael Danna 1987 zu Atom Egoyans Drama „Familienbilder“ seinen ersten Score komponierte, hatte er mit seinem Freund Tim Clément bereits die Alben „The White LP“ (1977), „A Gradual Awakening“ (1983) und „Another Sun“ (1986) veröffentlicht. Nun erscheint mit „North of Niagara“ eine remasterte Neuauflage ihres fünften, 1995 von Hearts of Space veröffentlichten Albums. Die beiden Musiker ließen sich dabei von Orten entlang des Bruce Trail, Kanadas ältesten und längsten Fußweg, inspirieren und woben in ihre fragilen Kompositionen natürliche Field Recordings ein, die entlang des Weges aufgenommen wurden. 
Der in Deutschland lebende Schweizer Filmkomponist Marcel Barsotti geht mit seinem neuen Album „Americana“ auf eine musikalische Entdeckungsreise nach Hollywood, arbeitet die US-amerikanische Geschichte mit ebenso voluminösen wie feinsinnigen Orchester-Arrangements auf und bewirbt sich damit ausdrucksstark für historische Hollywood-Epen ganz in der Tradition von Ennio Morricone, James Horner und John Williams
„Die Idee zu ‚Americana‘ kam mir während des ersten Jahrs der Corona-Krise, als ein Filmprojekt, an dem ich arbeitete, verschoben wurde. Ich hatte schon lange mit dem Gedanken gespielt, orchestrale amerikanische Filmmusik zu schreiben. Bei deutschen Filmprojekten ist diese Art von Musik kaum von Bedeutung, weil es hier zu wenig bedeutende Blockbuster-ähnliche Fantasy-, Science-Fiction- oder Action-Filme gibt. Ich hatte einfach Lust, ein paar Takes zu schreiben. Das fing mit ,Deep Wild West‘ an, da ich schon immer eine Western-Musik komponieren, so im klassischen Stil der 80er Jahre. Es entstanden dann weitere Ideen und Konzepte darüber, was die Musik ausdrücken sollte. 
In ,Redemption Blues‘ geht es beispielsweise um die Sklaverei und den Themen des Bürgerkrieges, dann gibt es aber auch Stücke, die die amerikanische Natur beschreiben, wie ,Blue Mountain Sky‘. Am Ende entstand ein Konzeptalbum, das von der amerikanischen Filmmusik und deren Themen handelt“, fasst Barsotti im Interview die Idee zu seinem neuen Solo-Album zusammen. 
„Die größte Herausforderung bestand darin, eine Musik zu schreiben, ohne einen Film dazu zu haben. Es war für mich schwierig, am Anfang zu überlegen, wie man daraus ein Gesamtkonzept erschaffen kann. Die thematischen Bezüge entwickelten sich zu Anfang des Jahres, als ich begonnen hatte, mich mit der amerikanischen Literatur auseinanderzusetzen – ganz unabhängig von diesem Album. Mich hat einfach die amerikanische Geschichte interessiert, wie die ersten Einwanderer, die englische und die spanische Krone um Amerika gekämpft haben. Das wird zum Beispiel im Stück ,Kings of Glory‘ thematisiert. Mich hat aber auch immer schon der Bürgerkrieg und die Spaltung Amerikas zwischen Demokraten und Republikanern, zwischen den Nord- und Südstaaten interessiert. Dabei war mir von Anfang klar, dass es ein Orchester-Werk werden wird, ohne zusätzliche Instrumente oder Synthesizer, sondern ich wollte ein New Classic Contemporary Album schreiben, ganz unabhängig davon, ob es nun filmmusikalisch klingt oder daraus Suiten entstehen, die man auch konzertant aufführen kann.“ 
Nachdem Hans Zimmer und Denis Villeneuve bereits erfolgreich bei „Blade Runner 2049“ zusammengearbeitet und bereits einen Science-Fiction-Klassiker mit neuem Leben erfüllt haben, stand mit der Neuverfilmung von Frank Herberts Science-Fiction-Saga „Dune – Der Wüstenplanet“ ein weiteres Mammut-Projekt auf dem Programm. Zimmer, der vor allem mit den Regisseuren Ridley Scott („Gladiator“, „Hannibal“) und Christopher Nolan („Inception“, „The Dark Knight“) zu eindrucksvollen Scores inspiriert worden ist, produzierte zu „Dune“ gleich drei Soundracks. 
Nach „The Dune Sketchbook“, auf dem längere Versionen von Stücken des regulären „Dune“-Soundtracks vertreten waren, erschien zunächst der offizielle „Dune“-Soundtrack, dem nun mit „The Art and Soul of Dune (Companion Book Music)“ ein drittes Album folgt. Gemeinsam ist den drei Alben die einzigartige Herangehensweise an die Produktion. Da es bei „Dune“ für den Komponisten um eine andersartige Zivilisation handelt, wollte er neue Instrumente kreieren, um das Konzept zu begleiten, statt sich auf bewährte die Standard-Instrumentation zu verlassen. 
„Hans verbrachte Monate über Monate damit, neue Instrumente zu kreieren, neue Sounds zu definieren und zu suchen, bis an die Grenze zu gehen“, beschreibt Regisseur Villeneuve. „Es war absolut wundervoll. Er schrieb auch noch Musik, als der Film bereits beendet war. Er war immer noch inspiriert und schrieb weiter.“ 
„The Art and Soul of Dune (Companion Book Music)“ enthält überarbeitete Stücke der Hauptthemen des Films, um den Leser durch das visuell beeindruckende Buch zu führen, das von der ausführenden Produzentin des Films, Tanya Lapointe, geschrieben wurde. 
Während sich Zimmer von fremden Zivilisationen inspiriert fühlte, bleibt der griechische Electronic-Music-Veteran Vangelis seiner Vorliebe für den Weltraum treu. Nachdem er im 21. Jahrhundert mit „Mythodea“ (2001) und „Rosetta“ (2016) bereits zwei Alben mit Space-Opera-Bezügen veröffentlichte, präsentiert er mit „Juno To Jupiter“ ein Album, das von der NASA-Mission inspiriert wurde, bei der die Raumsonde Juno den Jupiter erkundet. Die multidimensionale Musikreise, bei der Vangelis auch Klänge vom Juno-Start auf der Erde, der Sonde und ihrer Umgebung sowie Junos anschließender Reise, verwendete, die die Sonde zur Erde sandte, enthält neben bombastischen Elementen auch die Stimme von Opernsängerin Angela Gheorghiu
Der frühere Tangerine-Dream-Mitstreiter Paul Haslinger lässt nach seinem 2020 veröffentlichten Solo-Album „Exit Ghost“ nun das damit korrelierende Album „Exit Ghost II“ folgen. Erneut fasziniert der versierte Komponist mit fragilen Piano- und Keyboard-Melodien, wobei der Track „Mishkin“ von Fyodor Dostoevskys Titelfigur aus „Der Idiot“ inspiriert wurde und „Septuagint“ Elemente enthält, die Komponist und Sound Designer Charlie Campagna („Iron Man 3“, „Star Trek“, „Blade Runner 2049“) beigesteuert hat. 
Es folgen schließlich diverse Beiträge, die Bear McCreary („Foundation: Season 1“), Jon Ehrlich & Jason Derlatka („Goliath“), Carter Burwell („The Morning Show: Season 2“), Dan Romer („Superman & Lois: Season 1“) und Blake Neely („You: Season 2“) für diverse Fernsehserien komponiert haben, bevor der in Jerusalem geborene französische Komponist Armand Amar („Fugueuse“), die Brasilianer Antonio Pinto („Joe Bell“) und Pedro Bromfman („Far Cry 6“), die Franzosen Bruno Coulais („L'homme de la cave“) und Philippe Rombi („Boîte Noire“) ihre neuen Arbeiten präsentieren. 
Harry Gregson-Williams arbeitet nach „Königreich im Himmel“ und „Der Marsianer“ zum dritten Mal mit Regisseur Ridley Scott zusammen. Für das historische Epos „The Last Duel“ schuf der versierte Komponist einen authentisch wirkenden Score, bei der die vielschichtige Mischung aus Fideln, Laute, Gitarre, Holzbläsern, Streichern, Orgel, Percussion und Dulcimer mit Chören und dem Gesang der britischen Sopranistin Grace Davidson abgerundet wird, die bereits bei Howard Shores „The Hobbit: Smaugs Einöde“ und Frank Ilfmans „Gunpowder Milkshake“ zu hören gewesen ist.

Playlist: 
1. Explosions In The Sky - Chisos (Big Bend) - 04:11 
2. Graeme Revell - Return To Grave (The Crow) - 03:46 
3. Gavin Brivik - An Unworthy Sacrifice Before God (Wild Indian) - 04:13
4. Mychael Danna & Tim Clément - Crawford Lake (North of Niagara) - 03:42 
5. Mychael Danna & Jeff Danna - Wednesday Is Gone (Addams Family 2) - 01:52
6. Marcel Barsotti - American History (Americana) - 05:26 
7. Marcel Barsotti - The Story of Hope (Americana) - 05:12 
8. Hans Zimmer - Someone Was Here (No Time To Die) - 02:57 
9. Hans Zimmer - Holy War (Dune) - 04:21 
10. Vangelis - Juno's Power (Juno To Jupiter) - 04:09 
11. Paul Haslinger - Cambium (Exit Ghost II) - 03:09 
12. Bear McCreary - Gaal Leaves Synnax (Foundation: Season 1) - 04:05 
13. Jon Ehrlich & Jason Derlatka - Once A Client, Always A Client (Goliath) - 03:19 
14. Carter Burwell - We Get Alex Back (The Morning Show: Season 2) - 03:45 
15. Dan Romer - The First Son of Krypton (Superman & Lois: Season 1) - 03:53 
16. Blake Neely - Love and Kissing (You: Season 2) - 04:46 
17. Armand Amar - Léa (Fugueuse) - 03:26 
18. Harry Gregson-Williams - I Offer You A Name (The Last Duel) - 03:29 
19. John Carpenter, Cody Carpenter & Daniel Davies - End Titles (Halloween Kills) - 03:18 
20. Antonio Pinto - Redemption (Joe Bell) - 04:01 
21. Bruno Coulais - Ensemble (L'homme de la cave) - 02:31 
22. Joseph Trapanese - Bernice (Prisoners of the Ghostland) - 03:05 
23. Mark Mancina - So You Lied (Cry Macho) - 02:20 
24. Pedro Bromfman - El Presidente (Far Cry 6) - 02:24 
25. Neil Davidge - Would I Lie To You (Britannia III) - 03:16 
26. Ramin Djawadi - Dances With Waves (Surreal) - 04:52 
27. Ramin Djawadi & Brandon Campbell - Old World Memories (New World) - 02:20 
28. Marco Beltrami - Venom and Blues (Venom: Let There Be Carnage) - 02:33 
29. Benjamin Wallfisch - Damaged Garden (The Starling) - 02:54 
30. Sacha & Evgueni Galperine - The House On A Stage (Scenes From A Marriage) - 02:38 
31. Philippe Rombi - Scène finale et Générique de fin (Boîte Noire) - 07:13

Freitag, 8. Oktober 2021

Playlist #329 vom 10.10.2021 - PETER GREGSON Special

Neben Jóhann Jóhannsson, Max Richter, Hildur Guðnadóttir, Agnes Obel und Víkingur Ólafsson zählt der Schotte Peter Gregson zu den interessantesten Vertretern im sogenannten New Repertoire der Deutschen Grammophon und kann bereits auf eine vielschichtige Auswahl an Neuinterpretationen klassischer Komponisten, eigenen Werken sowie Musik für Werbung, Ballett, Fernsehen und Film zurückblicken. Mit „Patina“ erschien nun gerade sein fünftes Solo-Album. Dazu hat Gregson dieses Jahr bereits die Musik zum Videospiel „Boundless“ und mit „Untitled For 7 Dancers“ eine Auftragsarbeit für das Theatrehaus Stuttgart, die Gauthier Dance Company und Cayetano Soto abgeliefert. 
Der am 20. Januar 1987 im schottischen Edinburgh geborene Gregson begann bereits im Alter von vier Jahren Cello zu spielen, nachdem er James Bond in „Der Hauch des Todes“ auf einem Cello-Koffer einen Abhang hinunterschlittern sah, studierte später an der Royal Academy of Music und fand schließlich auch Gefallen an elektronischer Musik. So ging er anschließend an das MIT Media Lab in Cambridge, Massachusetts, und setzte seine Studien nicht nur mit dem MIT fort, sondern auch mit fortgeschrittenen Technologie-Firmen wie Microsoft Labs und United Visual Artists. Zu seinen weiteren Kollaborateuren zählte das auf exzellente Audio-Technologie spezialisierte Unternehmen Bowers & Wilkins, das bei dem damals 23-jährigen Gregson mit „Terminal“ sein Debütalbum in Auftrag gab. 
Mit „Lights in the Sky“ (2014) und „Touch“ (2015) folgten nicht nur weitere Solo-Werke, sondern Gregson arbeitete auch mit anderen Künstlern zusammen. So entstand 2012 zusammen mit Daniel Jones und dem Orchester Britten Sinfonia das Werk „The Listening Machine“, das von der experimentellen Künstler-Agentur der BBC, The Space, in Auftrag gegeben wurde, außerdem im selben Jahr das mit dem Produzenten und DJ Gabriel Prokofiev entstandene Album „Cello Multitracks“
Sein Debüt als Filmkomponist gab Gregson für Alan Rickmans „Die Gärtnerin von Versailles“ (2014). Es folgten Arran Shearings Romantikkomödie „Forgotten Man“ (2017), Ashley Avis‘ romantisches Drama „Adoloscence“ (2018), Georgia Parris‘ Tanz-Drama „Mari“ (2018) und Roger Michells Drama „Blackbird“ (2019) mit Susan Sarandon, Kate Winslet, Mia Wasikowska und Sam Neill in den Hauptrollen. Als Cellist ist Gregson auch auf den Soundtracks zu Serien wie „Ripper Street“, „Sons of Liberty“, „Marcella“, „Roots“, „Class“, „Sherlock“, „Unforgotten“, „Catch-22“, „Good Omens“ und „His Dark Materials“ sowie zu Filmen wie „Terminator – Genisys“, „Bastille Day“, „Elliot, der Drache“, „Churchill“, „Maria Magdalena“, „The Equalizer 2“, „The Gentleman“ und „Black Widow“ zu hören. 
Seine eigentliche Liebe gilt allerdings dem Ballett. Seine beiden 2017 veröffentlichten EPs „Quartets: One“ und „Quartets: Two“ bildeten die Grundlage für ein Ballett namens „Eight Years of Silence“. Außerdem wurden seine Werke vom Joffrey Ballet, PA Ballet, Dutch National Ballet und Ballet BC aufgeführt. Dazu findet sich Gregsons Musik auch in den Werbekampagnen von Balenciaga, Burberry, Dior, Ralph Lauren, Pat McGrath
2018 fand Gregson in der Deutschen Grammophon seine neue musikalische Heimat, wo er zunächst in deren „Recomposed“-Reihe „Bach – The Cello Suites“ veröffentlichte und nun – nach diversen Soundtracks – sein neues Album „Patina“
„Ich verstehe Patina als den Einfluss des Lebens auf einen physischen Gegenstand – man denke an die schöne grüne Schicht auf Kupfer, wenn es oxidiert, oder an die Falten und Knicke in Leder, wenn es getragen wird … Ich wollte Musik machen, die so klingt, als hätte sie ein Leben gelebt, dass die Klänge einen Sinn für das Alter haben und nicht nur perfekt und makellos für immer sind“, beschreibt Gregson im Interview mit Fazemag seine Herangehensweise an das Album. 
„Das Cello wird in der Regel auf eine bestimmte Art und Weise aufgenommen – der klassische Klang eines Cellos ist im Grunde der Klang des Instruments, der in einem Konzertsaal auf halbem Weg nach hinten aufgenommen wird. So viel Persönlichkeit, so viel ,Diktion‘ geht im Raum verloren. Ich wollte die Zuhörer*innen näher heranholen, eher so, wie ein Gesang auf einer Pop-Platte aufgenommen wird. Zunächst haben wir die Mikrofone viel tiefer auf dem Instrument platziert, um die Kratzer und Schrammen des Bogens einzufangen, und wir hatten ein Mikrofon in der Nähe meiner linken Hand, um den Kontakt der Finger mit den Saiten einzufangen. Es gibt eigentlich keine großen Unterschiede, wir haben nur alles näher zusammengerückt, um es intimer und weniger ausladend zu machen, aber in dieser Bewegung steckt eine ganze Menge Intensität, die meine Vorstellungskraft wirklich gefangen genommen hat und mir geholfen hat, beim Schreiben der Musik weiterzukommen.“ 

Filmographie/Diskographie: 

2010: Terminal 
2010: Reich: Cello Counterpoint (EP) 
2011: Gregson Richter Jóhannsson (EP - mit Max Richter und Jóhann Jóhannsson
2012: Cello Multitracks (mit Gabriel Prokofiev
2013: Flow (EP) 
2014: Float Dance EP1 (mit Gabriel Prokofiev
2014: Float Dance EP2 (mit Gabriel Prokofiev
2014: Lights In The Sky 
2014: Berlin 1-3 (EP – mit Michael Price
2015: A Little Chaos (Soundtrack) 
2015: Touch 
2015: The Watched Clock (EP - mit Rael Jones
2017: Piano (Single) 
2017: Quartets: One (EP) 
2017: Quartets: Two (EP) 
2017: Visionary (mit Christopher Deighton
2018: Recomposed by Peter Gregson: Bach – The Cello Suites 
2019: Forgotten Man (Soundtrack) 
2019: Adoloscence (Soundtrack) 
2019: Mari (Soundtrack) 
2020: Blackbird (Soundtrack) 
2021: Boundless (Videogame-Soundtrack) 
2021: Untitled For 7 Dancers 
2021: Patina 

Playlist: 

1. Peter Gregson - Sequence [Seven] (Patina) - 05:20 
2. Peter Gregson - Spin (Terminal) - 06:02 
3. Peter Gregson & Gabriel Prokofiev - Waves On Canvas ,Tuff Strum' Remix (Cello Multitracks) - 03:51 
4. Peter Gregson - Liquid (Flow) - 06:56 
5. Peter Gregson - Inside (Lights In The Sky) - 03:02 
6. Peter Gregson & Michael Price - Berlin 3 (Berlin 1-3) - 04:51 
7. Peter Gregson - Travelling To Marly (A Little Chaos) - 03:24 
8. Peter Gregson - Time (Touch) - 05:06 
9. Peter Gregson - Reich: Cello Counterpoint - Fast (Reich: Cello Counterpoint) - 05:06 
10. Peter Gregson - Carl (Forgotten Man) - 02:29 
11. Peter Gregson - Inside, Alone (Piano) - 03:55 
12. Peter Gregson - Space (Quartets: One) - 05:13 
13. Peter Gregson - Sequence [Four] (Quartets: Two) - 04:31 
14. Peter Gregson & Rael Jones - Big Sky (The Watched Clock) - 04:22 
15. Peter Gregson & Christopher Deighton - A Better World (Visionary) - 04:38 
16. Peter Gregson - Construction (Flow) - 05:51 
17. Peter Gregson - A Little Chaos (A Little Chaos) - 05:38 
18. Peter Gregson - Adam Leaves (Adoloscence) - 06:05 
19. Peter Gregson - Charlotte's Dream (Mari) - 04:43 
20. Peter Gregson - Flight Path (Terminal) - 04:57 
21. Peter Gregson - Gifts at Dinner (Blackbird) - 04:17 
22. Peter Gregson - Lights and Reflections (Boundless) - 04:01 
23. Peter Gregson - Reflection (Untitled for 7 Dancers) - 03:40 
24. Peter Gregson - 4.3 Courante (Bach: The Cello Suites) - 02:02
25. Peter Gregson & Michael Price -The Warmth of the Sun (The Hope of Better Weather) - 03:00
26. Peter Gregson - Continuum (Patina) - 06:08

Sonntag, 26. September 2021

Playlist #328 vom 26.09.2021 - PIERO UMILIANI Special

Piero Umiliani verfügt zwar nicht über den großen Namen seiner italienischen Kollegen Ennio Morricone, Nino Rota oder Riz Ortolani, aber durch seinen Schlager „Mah Nà Mah Nà“, der vor allem durch seine Verwendung in der „Muppet Show“ seit 1977 berühmt wurde, und seine vielseitigen Arbeiten zwischen Jazz, Avantgarde, Filmmusik und Elektronik zählt Umiliani fraglos bis heute zu den interessantesten Komponisten seines Landes, der auch von Filmemachern wie Steven Soderbergh oder Quentin Tarantino wiederentdeckt worden ist. 
Der am 17. Juli 1926 in Florenz geborene Umiliani entdeckt im Alter von fünf Jahren das Klavier seines Großvaters und nahm seine ersten Stunden bei einer Tante, die Musiklehrerin war. Mit 16 Jahren schrieb er für die Zeitung „Nuovo Giornale di Firenze“ einen Artikel, in dem er sich für amerikanische Jazz-Musik begeisterte, was den jungen Journalisten zwar den Job kostete, ihm aber die Aufmerksamkeit von Maestro Pippo Barzizza einbrachte, der für Radio Firenze arbeitete und dort amerikanische Hits präsentierte, deren Titel er so änderte, dass sie als italienische Songs durchgingen. Umiliani hätte gern weiter über Musik geschrieben, doch musste er durch den Ausbruch des Zweiten Weltkriegs seine Pläne ändern. Er war gerade 17 Jahre alt, als die Nazis den Norden Italiens besetzt hielten und er sich in einer Soldatenkneipe der US-Armee seinen Lebensunterhalt als Bar-Pianist verdiente. 
1948 machte er auf Drängen seiner Eltern an der Universität in Florenz seinen Abschluss in Jura, er schrieb sich aber auch am Luigi Cherubini Konservatorium ein und machte doch 1952 seinen Abschluss in Kontrapunkt und Fuge. Während er weiterhin darauf hoffte, dass die Zeitungen wieder zu erscheinen begannen, verhalfen ihm seine guten Kontakte zu den Amerikanern zu weiteren Engagements als Jazz-Pianist. Nachdem er im Schweizer Radio erstmals afro-amerikanischen Jazz aufschnappte und vor allem Duke Ellington zu schätzen gelernt hatte, erhielt Umiliani von der italienischen Rechteverwertungsgesellschaft SIAE nach dem Krieg den Auftrag, Bebop-Interpretationen klassischer Jazz-Standards zu schreiben. 
Seine Karriere kam allerdings erst in Schwung, als Umiliani Wind davon bekam, dass Armando Trovajoli Hilfe beim Arrangieren benötige, worauf sich der junge Musiker auf den Weg nach Rom machte. Nachdem er mit „Dixieland in Naples“ eigenwillige Interpretationen neapolitanischer Standards eingespielt hatte und damit 1955 seine erste LP bei RCA veröffentlicht hatte, experimentierte er in allen möglichen Genres von Dixieland über Exotica und Jazz-Funk bis zu mutigen elektronischen Experimenten, die später teilweise über seine Pseudonyme wie Moggi, The Soundwork Shoppers, M. Zalla oder Old Big Chief And His Magic Twenty Fingers veröffentlicht wurden. 
Ein neues Kapitel in Umilianis Karriere wurde aufgeschlagen, als die Brüder Paolo und Emilio Taviani ihn baten, die Musik zu ihrer Dokumentation „Pittori in città“ zu schreiben, 1958 verpflichtete ihn Mario Monicelli für den Soundtrack zu „I Soliti Ignoti“
Der Film, für den Umiliani den ersten italienischen Jazz-Soundtrack schrieb, wurde für den Oscar als bester fremdsprachiger Film nominiert und eröffnete dem Komponisten weitere Aufträge im Filmbereich. So komponierte er 1959 die Musik zu „L’Audace Colpo dei Soliti Ignoti“ mit Chet Baker an der Trompete, 1962 „Smog“ mit Baker und der Sängerin Helen Merrill, „Una Bella Grinta“ mit Gato Barbieri am Saxophon und Pier Paolo Pasolinis „Accanttone“, wobei er mit seinem Filmmusikkollegen Carlo Rustichelli und dem Saxophonisten Ivan Vandor zusammenarbeitete. 
Neben der Filmmusik, die Umiliani mit einer Vielzahl von Regisseuren und Genres zusammenbrachte, widmete er sich aber auch anderen Projekten. So gewann 1964 sein Album „Piccola Suite Americana“ den Kritikerpreis für die beste italienische Jazz-Aufnahme. Und mit dem Omicron etablierte er ein Label, das Hintergrundmusik für Fernsehproduktionen aufnahm. 
In den 1960er und 1970er Jahren war Umiliani überaus produktiv. Er komponierte die Musik zu Mario Bavas „Cinque Bambole per la Luna d’Agosto“, Giorgio Capitanis „La Pupa del Gangster“, Umberto Lenzis „Orgasmo“, Luigi Scattinis „La Ragazza dalla Pelle di Luna“ und „Svezia, Inferno e Paradiso“, für das er das mittlerweile berühmte Lied „Mah Nà Mah Nà“ komponierte. 
Umiliani schrieb für Exploitation-Filme ebenso wie für Spaghetti-Western, Erotik-Klaumauk und Abenteuer-Filme. Zwischenzeitlich moderierte er im italienischen Filmen die Sendungen „Moderato Swing“ (1961) und „Fuori l’Orchestra“ (1963) und komponierte bis zum Ende seiner Karriere für über 150 Spielfilme die Musik – dazu kommen die Arbeiten für Dokumentationen, Fernsehen und Theater. 
1970 war Umiliani einer der ersten in Italien, die mit dem Moog und anderen Synthesizern experimentierten. Da er mit diesen Aufnahmen aber der Zeit weit voraus war und kein Label für seine Produktionen fand, veröffentlichte er Alben wie „Omaggio a Einstein“, „Tra Scienza e Fantascienza“, „Synthi Time“ und „L’Uomo e la Città“ auf seinem eigenen Label. 1982 begann Umiliani, mit einer Big Band Live-Konzerte zu spielen, um seinen Landsleuten den Jazz nahezubringen, aber 1984 erlitt er einen Schlaganfall, doch kehrte Umiliani nach langer Genesung wieder auf die musikalische Bühne zurück. 
1991 erschien mit „Umiliani Jazz Family“ ein neues Album, auf dem Umilianis Tochter Alessandra als Sängerin debütierte und Musiker wie Giovanni Tommaso (Saxophon), Paolo Fresu (Trompete) und Gianpaolo Ascolese (Drums) vereinte. Dass Umiliani auch nach seinem Tod im Februar 2001 nicht in Vergessenheit geriet, hat er auch der Wiederentdeckung der Lounge Music der 1970er Jahre zu verdanken. Seine Songs erschienen auf Compilations wie „Delirium Of The Senses - Psychedelia In Italian Cinema“, „A Trip? Just A Little...Beat: A Taste Of Pure Psychedelia In The Italian 60's“, „The Ecstasy Of Gold: 25 Killer Bullets From The Spaghetti West“, „Library Of Sound Grooves: Action Beat & Psycho Grooves From The Italian Cinema“, „Library Of Sound Grooves: Jazz Expressions From The Italian Cinema (1963-1975)“ und „Cafe Exil (New Adventures In European Music 1972-1980“
Steven Soderbergh verwendete den Track „Crepuscolo Sul Mare“ in seinem Film „Ocean’s Twelve“ (2004), sein Song „Tango Passionata“ ist der Fernseh-Serie „Lass es, Larry!“ zu hören, „Dolce Ed Ostinato“ in James Ponsoldts romantischer Liebes-Komödie „The Spectacular Now: Perfekt ist jetzt“ (2013). Labels wie Right Tempo, Cinevox, GDM, Cam, Cinedelic und Four Flies Records veröffentlichen Re-Releases seiner Platten, Künstler wie High Lamas, Cake, Cinematic Orchestra, Bentley Rhythm Aces, Pizzicato Five, Gak Sato, Kid Loco und DJ Spooky haben seine Arbeiten gecovert, gesampelt und remixed. 
 

Filmographie: 

1958: Diebe haben’s schwer (I soliti ignoti) 
1959: Tschau, tschau, Bambina (Ciao, ciao bambina!) 
1959: Diebe sind auch Menschen (Audace colpo dei soliti ignoti) 
1959: Roulette e roulette 
1960: Die halbstarken Eltern (Genitori in blue-jeans) 
1960: Urlatori alla sbarra 
1960: Rote Lippen – schlanke Beine (Labbra rosse) 
1960: Sanremo - La grande sfida 
1960: Der Schutzmann (Il vigile) 
1960: Caravan petrol 
1961: Le ambiziose 
1961: Blumen für die Angeklagte (A porte chiuse) 
1961: Vergewaltigt in Ketten (A cavallo della tigre) 
1961: Palmen, Meer und stolze Hähne (Venere creola) 
1961: Mariti a congresso 
1962: I nuovi angeli 
1962: Boccaccio 70 (Boccaccio 70, Segment „Renzo e Luciana“) 
1962: Colpo gobbo all’italiana 
1962: Smog 
1962: Erotica 
1962: Noi e l’automobile (TV-Dokumentation) 
1963: Paradies für Männer (Il paradiso dell’uomo, Dokumentation) 
1963: La bella di Lodi 
1963: Herr Doktor, die Leiche lebt (Omicron) 
1963: I misteri di Roma (Dokumentation) 
1963: Tutto il bello dell’uomo 
1963: Il comandante 
1963: Mondo matto al neon (Dokumentation) 
1964: I piaceri proibiti 
1964: Die Frauen sind an allem schuld (Les plus belles escroqueries du monde, Segment „La Feuille du Route“) 
1964: Tom Collins jagt die schwarze Natter (Intrigo a Los Angeles) 
1964: Wir, die Trottel vom Geheimdienst (002 agenti segretissimi) 
1964: Der Ritt nach Alamo (La strada per Fort Alamo) 
1964: Die Stunde der harten Männer (Ercole, Sansone, Maciste e Ursus gli invincibili) 
1964: Los dinamiteros
1964: Specchio segreto (TV-Serie) 
1964: Controsesso (Segment „Cocaina di domenica“) 
1964: Seitensprünge (Extraconiugale, Segment „La moglie svedese“) 
1964: Bianco, rosso, giallo, rosa 
1964: Il tramontana 
1964: I due pericoli pubblici 
1965: La Celestina P... R... 
1965: I figli del leopardo 
1965: Eine schöne Visage (Una bella grinta) 
1965: Agent 3S3 kennt kein Erbarmen (Agente 3S3: Passaporto per l'inferno) 
1965: Peep Show 
1965: Il morbidone 
1965: Zwei Trottel gegen Goldfinger (Due mafiosi contro Goldginger) 
1965: 1 General und noch 2 Trottel (Due marines e un generale) 
1965: Agente X 1-7 operazione Oceano 
1965: Das Folterhaus der Lady Morgan (La vendetta di Lady Morgan) 
1965: Made in Italy 
1965: I due parà 
1965: Operation Poker (Operazione poker) 
1965: Lo scippo 
1966: Wir, die Trottel vom 12. Revier (2 mafiosi contro Al Capone) 
1966: Heißer Tatort Tripolis (Password: Uccidete agente Gordon) 
1966: I due figli di Ringo 
1966: Fünf vor 12 in Caracas (Inferno a Caracas) 
1966: Lotosblüten für Miss Quon 
1966: Thunder Mission (Anónima de asesinos) 
1966: Agent 3S3 pokert mit Moskau (Agente 3S3, massacro al sole) 
1966: Rififi in Amsterdam (Rififí ad Amsterdam) 
1966: Fünf vor 12 in Caracas 
1966: Was für eine Nacht, Junge! (Che notte ragazzi!) 
1966: Atom-Alarm Planquadrat goldene 7 (Tecnica di una spia) 
1966: Duello nel mondo 
1966: Ray Master l'inafferrabile 
1966: Frauen als Köder für CD 7 (Un colpo da mille miliardi) 
1966: Testa di rapa 
1966: I due sanculotti 
1966: 7 monaci d'oro 
1967: Tecnica per un massacro 
1967: Warteliste zur Hölle (Anonima de asesinos) 
1967: Feuer frei auf Frankie 
1967: Ric e Gian alla conquista del West 
1967: Der Sohn des Django (Il figlio di Django) 
1967: Die Zeit der Geier (Il tempo degli avvoltoi) 
1967: Argoman – Der phantastische Supermann (Come rubare la corona d'Inghilterra) 
1967: Lotosblüten für Miss Quon 
1967: Die Goldfaust von Brooklyn (El hombre del puño de oro) 
1967: Der Schwarze (Il nero) 
1967: Countdown für 3 Millionen Dollar (28 minuti per 3 milioni di dollari) 
1967: Der Sarg bleibt heute zu 
1967: Einen Schatz klaut man nicht (Non sta bene rubare il tesoro) 
1967: I barbieri di Sicilia 
1967: Goldface - Der phantastische Superman (Goldface il fantastico Superman) 
1967: Ric e Gian alla conquista del West 
1967: Die längsten Finger hat Madame (La notte è fatta per... rubare) 
1968: La vuole lui... lo vuole lei 
1968: I nipoti di Zorro 
1968: Schweden – Hölle oder Paradies? (Svezia, inferno e paradiso, Dokumentation) 
1968: Due occhi per uccidere 
1968: Silvia e l'amore 
1968: Tote brauchen keinen Dollar (Crisantemi per un branco di carogne) 
1968: Scusi, lei conosce il sesso? (Dokumentation) 
1968: La verità difficile 
1968: I 2 deputati 
1968-1969: Stasera Fernandel (TV Mini-Serie) 
1969: Orgasmo 
1969: Der Erzengel (L'arcangelo) 
1969: Blutige Dollars (Quinto: non ammazzare) 
1969: Quintero - Das As der Unterwelt (La legge dei gangsters) 
1969: Blonde Köder für den Mörder 
1969: Quinto, töte nicht (El valor de un cobarde) 
1969: Angeli bianchi... angeli neri (Dokumentation) 
1969: Raptus 
1970: Fem lig i fryseren 
1970: Don Franco e Don Ciccio nell'anno della contestazione 
1970: Django sfida Sartana 
1970: Drei Halunken und ein Halleluja (Roy Colt & Winchester Jack) 
1970: Ein Zirkus und ein Halleluja (I vendicatori dell'Ave Maria) 
1970: No desearás al vecino del quinto 
1970: Bleigewitter (Reverendo Colt) 
1970: Le isole dell'amore 
1970: Dove non è peccato (Dokumentation) 
1971: La última señora Anderson 
1971: Drei Amen für den Satan (La vendetta è un piatto che si serve freddo) 
1971: Ein Fressen für Django (Django!) 
1971: Mondo perverso – Diese wundervolle und kaputte Welt (Questo sporco mondo meraviglioso, Dokumentation) 
1971: Drei Amen für den Satan (La vendetta è un piatto che si serve freddo) 
1971: I due assi del guantone 
1972: La ragazza dalla pelle di luna 
1972: Inferno unter heißer Sonne (Al tropico del cancro) 
1972: I vizi segreti della donna nel mondo (Dokumentation) 
1972: Der große Schwarze mit dem leichten Knall (La schiava io ce l'ho e tu no) 
1973: Foltergarten der Sinnlichkeit 2 (Baba Yaga) 
1973: La ragazza fuoristrada 
1973: Ein Glücksschwein muß kein Ferkel sein (La schiava io ce l'ho e tu no) 
1974: La governante 
1974: Il corpo 
1974: Dieci bianchi uccisi da un piccolo indiano 
1974: Il domestico 
1974: Zehn Cowboys und ein Indianerboy (Dieci bianchi uccisi da un piccolo Indiano) 
1975: Die Puppe des Gangsters (La pupa del gangster) 
1975: L'ammazzatina 
1975: Il fidanzamento 
1975: Die Bumsköpfe (L'insegnante) 
1976: Forza Roma! (Fernsehfilm) 
1976: Nackte Eva (Eva nera) 
1976: Bruciati da cocente passione 
1976: Die Knallköpfe der 6. Kompanie (La dottoressa del distretto militare) 
1977: I racconti della terra (TV Mini-Serie) 
1977: La bella e la bestia 
1977: La notte dell'alta marea 
1977: Die letzten Heuler der Kompanie (La soldatessa alla visita militare) 
1977: Abendessen mit anschließendem Frühstück (Pane, burro e marmellata) 
1978: Blue Nude 
1978: Io tigro, tu tigri, egli tigra 
1978: Amanda Lear – Follow me (Follie di notte, Dokumentation) 
1978: Die trüben Tassen der Stube 9 (La soldatessa alle grandi manovre) 
1978: L'inquilina del piano di sopra 
1979: Profumo di classe (Fernsehfilm) 
1979: Hummer zum Frühstück (Aragosta a colazione) 
1980: Ich hasse Blondinen (Odio le bionde) 
1980: Die Mausefalle im Stundenhotel (La cameriera seduce i villeggianti) 
1981: Dolce gola 
1981: Quando la coppia scoppia 
1981: C'è un fantasma nel mio letto 
1981: He, Geister! (Bollenti spiriti) 
1981: Teste di quoio 
1981: Il marito in vacanza 
1982: Erotico 2000 
1982: Perdóname, amor 
1982: Vai avanti tu che mi vien da ridere

Playlist: 

1. Piero Umiliani - Mah Na' Mah Na' (Svezia - Inferno & Paradiso) - 01:57 
2. Piero Umiliani & Chet Baker - Sentirsi Soli (Audace Colpo Die Soliti Ignoti) - 04:54 
3. Piero Umiliani & Chet Baker - Tema d'Amore (I Soliti Ignoti) - 02:26 
4. Piero Umiliani & Chet Baker - Jazz Bar (Intrigo a Los Angeles) - 03:26 
5. Piero Umiliani & Chet Baker - Bowling (Smog) - 03:23 
6. Piero Umiliani - Titoli (A cavallo Della Tigre) - 03:01 
7. Piero Umiliani - Geisha Party (Il Paradiso Dell'Uomo) - 03:14 
8. Piero Umiliani - Notte di nozze (I Piaceri Proibiti) - 04:52 
9. Piero Umiliani - Allo specchio (Mondo Matto Al Neon) - 05:02 
10. Piero Umiliani - Seq. 17 (Agente X 1-7 Operazione Oceano) - 03:33 
11. Piero Umiliani - Una Bella Grinta (Una Bella Grinta) - 03:55 
12. Piero Umiliani - Verso La Città (Il Figlio Di Django) - 03:16 
13. Piero Umiliani - Mito Asiatico (Il Ponte Dell'Asia) - 03:13 
14. Piero Umiliani - Seq. 16 (Il Marchio Di Kriminal) - 03:20 
15. Piero Umiliani - Continuita (La Morte Bussa Due Volte) - 03:02 
16. Piero Umiliani - Rovine Di Gerico (Preistoria) - 04:36 
17. Piero Umiliani - Hippies #2 (Svezia - Inferno & Paradiso) - 03:01 
18. Piero Umiliani - Isola Sperduta [Amore Sulla Spiaggia] (Le Isole Dell'Amore) - 03:21 
19. Piero Umiliani - Epilogo (La Legge Dei Gangsters) - 03:04 
20. Piero Umiliani - Synthi Theme (Synthi Time) - 04:10 
21. Piero Umiliani - Detective (Effets Spéciaux) - 03:15 
22. Piero Umiliani - Pelle di Luna (La Ragazza Dalla Pelle Di Luna) - 03:22 
23. Piero Umiliani - Tropical River (To-Day's Sound) - 04:25 
24. Piero Umiliani - Le Ore Che Contano (La Ragazza Fuoristrada) - 05:06 
25. Piero Umiliani - Free Life [Extended] (Il Corpo) - 03:47 
26. Piero Umiliani - Guitar Improvisation (The Folk Group) - 03:07 
27. Piero Umiliani - Seq. 4 (La dottoressa del distretto militare) - 04:35 
28. Piero Umiliani - Easy Prelude (Blue Nude) - 03:19 
29. Piero Umiliani - Viadotti (The Man and the City) - 03:39 
30. Piero Umiliani - Erbe magiche (Africa To-Day) - 02:01 
31. Piero Umiliani - Lounge Suite (Requiem For A Secret Agent) - 06:08

Donnerstag, 9. September 2021

Playlist #327 vom 12.09.2021 - NEUHEITEN 2021 (6)

In der sechsten Neuheiten-Sendung präsentiere ich wie gewohnt einen bunten Querschnitt durch die interessantesten Neuveröffentlichungen sowohl im Soundtrack- als auch artverwandten Bereich. Neben neuen Scores von Hollywood-Größen wie Hans Zimmer und James Newton Howard gibt es auch neue Arbeiten von prominenten Filmkomponisten wie Mychael Danna, Zbigniew Preisner, Christophe Beck und Trevor Jones sowie Konzeptalben von Max Richter, Marcel Barsotti und Craig Armstrong. Abgerundet wird die heutige Sendung durch eine Vielzahl von internationalen Newcomern, die auf dem schwedischen Label MovieScore Media ihre Heimat gefunden haben. 
Mit „Exiles“ legt Max Richter („The Blue Notebooks“, „Voices“) ein Album vor, das als Auftragsarbeit für die Haus-Choreografen des Nederlands Dans Theater, Paul Lightfoot und Sol Leon, entstanden ist und die im Zuge des „Arabischen Frühlings“ resultierende humanitäre Krise der vor allem aus Syrien, aber auch aus Afghanistan und Irak flüchtenden Menschen thematisiert. Dabei hat Richter mit dem Orchester Baltic Sea Philharmonic nicht nur einzelne Stücke aus seinen Alben „Infra“, „The Blue Notebooks“, „Waltz With Bashir“, „Woolf Works“ und „Songs From Before“ neu einspielen lassen, sondern mit dem Titelstück auch ein etwas mehr als halbstündiges neues Werk kreiert. 
„Es ist dieses eine Muster, das sich ständig wiederholt, während es durch verschiedene Landschafen zieht“, wird Richter im Booklet des von der Deutschen Grammophon veröffentlichten Albums zitiert. „Es ist ein sehr einfacher Gedanke, aber ich wollte diese Vorstellung des Exils, des Gehens, der Bewegung ins Herz der Musik einbetten, sowohl im technischen als auch im metaphorischen Sinn.“ 
In Mar Targaronas Thriller „Dos“ wachen ein Mann und eine Frau nackt und an ihren Bäuchen zusammengebunden in einem Raum auf. Der spanische Komponist Diego Navarro („Passage to Dawn“, „Capture the Flag“) schuf für dazu Musik, die ganz auf das Konzept der Zahl Zwei ausgerichtet ist. 
„Ausgehend vom ursprünglichen Konzept des Films entschied ich mich, die Partitur nach der Prämisse Zwei zu erstellen“, erklärt der Komponist. „Die ganze Musik ist um diese Zahl herum entstanden, von dem Duo aus Cello und Marimba, das zusammen mit dem Orchester und dem Einsatz von Elektronik eine Hauptrolle in der Partitur spielt, über die Struktur aller Stücke bis zu den verwendeten Taktarten, Hauptintervallen des Themas, Rhythmen, harmonischen Übergängen zwischen den Stücken, Orchestrierungen etc. Alles wurde unter Berücksichtigung der Zahl zwei, seiner Vielfachen und seiner mathematischen Beziehungen geschaffen. Die Partitur endet mit einem transzendenten Stück, in dem die Cellosolistin eine Hauptrolle spielt, und geht darüber hinaus: Sie haben sich getroffen und werden sich unabhängig von den Umständen für immer wiedererkennen…“ 
In „The Pact“, dem neuen Film von Bille August („Das Geisterhaus“, „Les Misérables“), wird die intensive Freundschaft zwischen der berühmten dänischen Schriftstellerin Karen Blixen („Out of Africa“) und dem jungen, vielversprechenden Dichter Thorkild Bjørnvig thematisiert. 
Der belgische Komponist Frédéric Vercheval kreierte dazu einen vor allem von Streichern getragenen, sehr gefühlvollen Score. 
„Es war eine große Freude, die Musik für diesen sehr schönen Film des großartigen Regisseurs Bille August zu komponieren“, bekennt Vercheval. „Er wünschte sich eine Musik, die Elemente von Schatten und Magie enthielt und zur selben Zeit dunkel, subtil und fesselnd ausfiel, indem orchestrale akustische Elemente und Sounddesign miteinander verwoben wurden. Ich arbeitete an den musikalischen Texturen, um diese unterschiedlichen Farben zu finden, benutzte das Orchester und synthetische Quellen. Ich habe verschiedene musikalische Motive verwendet, die von einer Altflöte, einer Harfe und einem Fagott gespielt werden, die mit einer melodischen Hin- und Her-Bewegung auf die Streicher reagieren. Manche Musik wirkt wie Wellen, in denen eine Ambivalenz entsteht, die mit den narrativen Aspekten des Films verbunden ist. Das Gefühl ist unangenehm, aufgeladen von Verlangen, Manipulation und Schicksal.“ 
Mit ihrem bereits 2019 veröffentlichten Thriller-Drama „Zana“ erzählt die Filmemacherin Antoneta Kastrati die Geschichte einer kosovarischen Frau, die von ihrer Familie unter Druck gesetzt wird, sich wegen ihrer Unfruchtbarkeit von mystischen Heilern behandeln zu lassen, wobei sie auch noch die Erinnerungen an die Brutalität des Bürgerkrieges zu verarbeiten hat. 
„Dieser Film bedurfte einer ausgiebigen Suche nach Klängen, um eine passende akustische Beschreibung und eine authentische emotionale Wirkung zu erzielen, die dem Gewicht von Zanas Erzählung entspricht. Dies hatte meinen Ansatz beeinflusst, unorthodoxere Techniken zu verwenden, um den Klang zu erzeugen, der das innere Geräusch unterdrückter Traumata repräsentiert, aber auch das menschliche Streben nach Normalität und die seltsame Art und Weise, wie es sich dabei bewegt“, beschreibt Dritero Nikqi seinen Ansatz zur musikalischen Vertonung des Films. „Also verlangt nicht nur der Film eine Darstellung all dieser extremen Gefühlsbereiche, sondern es gibt auch ,das Objekt‘, das dort als Geheimtür involviert ist, die VHS-Kassette von Zana. Dieses Element wird deutlich hervorgehoben – durch Bandmanipulation am Nagra-Recorder, Bandeffekte, die Aufnahme und das Spleißen auf VHS-Band sowie dem Verzerren der Field Recordings vom Filmset – bei fast dem kompletten Sounddesign und der Musik. Im Kontrast dazu stehen am Ende das Streichquartettstück und das Lied mit den Vocals von Fatime Kosumi – ANDRRA – die als Befreiung von all der Spannung wirken, die im ganzen Film vorherrscht.“ 
In Ameen Nayfehs Drama „200 Meters“ kämpft ein palästinensischer Vater, der auf der anderen Seite der Mauer gefangen ist, ein Krankenhaus für seinen Sohn zu erreichen. 
„Am Anfang dachte ich, es wäre einfach, mit dieser Geschichte umzugehen und Musik für den Film zu schreiben, aber dann wurde mir klar, dass es nicht wie jeder andere Film über Palästina oder über die Besatzung ist“, beschreibt der palästinensische Komponist Faraj Suleiman die Arbeit an dem Score zu „200 Meters“. „Ameen hat es sehr sensibel gemacht, fernab von Klischees, so dass ich das Gefühl hatte, dass die Musik ziemlich minimal sein muss. Die Idee begann mit Solo-Klaviermusik für eine Szene, und dann entwickelten wir das Klavier als Hauptinstrument für die ganze Partitur. In diesem Film sehe ich Ali und seine Geschichte durch das Klavier repräsentiert. Das zweite Hauptthema, das für mich ,die Straße‘ ist, wird durch das Oud repräsentiert, eines unserer wichtigsten traditionellen Instrumente. Während die Partitur größtenteils aus kürzeren Stichwörtern besteht, lässt die letzte Szene für das klimatische Finale ein Tour-de-Force-Stück zu, das neuneinhalb Minuten dauert.“
Besonders lange Stücke präsentiert auch Hans Zimmer bei seiner zweiten Zusammenarbeit mit Denis Villeneuve nach „Blade Runner 2049“. Auf „The Dune Sketchbook“ sind ausgedehnte Versionen des am 17. September erscheinenden Soundtracks zur neuen Verfilmung von Frank Herberts Science-Fiction-Klassikers „Dune“. „Ich liebe es, mit Denis zu arbeiten. Er verfügt über eine unglaubliche Vorstellungskraft und offenbart so viel Seele in der Komplexität, einen Film dieser Größenordnung zu inszenieren“, schwärmt der Star-Komponist. „Dabei ist unsere Ästhetik sehr ähnlich. ,Dune‘ ist stets in unser beiden Herzen verankert gewesen. Die Herausforderung bestand darin herauszufinden, wie wir etwas interpretieren, das wir wirklich so lieben und bewundern, und das Publikum einzuladen, seine ganz eigenen Erfahrungen zu machen. Das war für uns der Grund, diesen Film zu machen.“ 
Zimmer kreierte für „Dune“ einen durchaus spirituell anmutenden Score, der auch von weiblichen Stimmen getragen wird. „Denis und ich waren uns einig, dass die weiblichen Charaktere im Film die Geschichte bestimmen“, erklärt der Komponist. „Die Partitur basiert also hauptsächlich auf Frauenstimmen. Wir haben unsere eigene Sprache entwickelt.“ 
Als zweite Single aus seinem kommenden Album „Americana“ nach „Deep Wild West“ veröffentlicht Marcel Barsotti („Die Päpstin“, „Wo ist Fred?“) die thematisch von der Eroberung Amerikas durch Christoph Columbus, die Spanier und die Engländer geprägte Single „Kings of Glory“. Musikalisch orientiert sich der in der Schweiz geborene und in Süddeutschland lebende Barsotti am klassischen Hollywood-Orchester-Sound, vereint in seiner heroisch klingenden Komposition wuchtige Percussions mit akzentuierten Streichern, aus denen ein markantes Solo-Cello hervorsticht, voluminösen Bläsern und einem männlichen Chor, der „Kings of Glory“ eine feierliche Note verleiht.
Auch der polnische Komponist Zbigniew Preisner, bekannt durch seine Zusammenarbeit mit Regisseuren wie Krzysztof Kieslowski, Louis Malle, Agnieszka Holland und Hector Babenco, vertonte das von Yelena Popovic inszenierte Biopic „Man of God“ über Saint Nektarios nicht nur mit einer Vielzahl griechischer Instrumente, sondern auch mit dem byzantinischen Chor The Maestros of the Psaltic Art und Lisa Gerrard (mit der Preisner bereits an „Valley of Shadows“ zusammenarbeitete) als Gast-Sängerin. 
Playlist: 
1. Dominik Scherrer - Julien Baptiste (Baptiste) - 03:35 
2. Max Richter - Exiles [Short Edit] (Exiles) - 03:23 
3. Dritero Nikqi - Midnight (Zana) - 03:33 
4. Marcel Barsotti - Kings of Glory (Americana) - 04:35 
5. Eloi Ragot - Repression (The Red Orchestra) - 03:56 
6. F.S.Blumm & Nils Frahm - Neckrub (2x1=4) - 05:32 
7. Craig Armstrong - Nocturne 6 (Nocturnes: Music for 2 Pianos) - 03:13 
8. John Murphy - Ratcatcher's Story (Suicide Squad) - 03:10 
9. Atticus Ross, Leopold Ross & Nick Chuba - Throughline (Dr. Death) - 03:39 
10. Nico Muhly - Each Claim Individually (Worth) - 05:13 
11. Panu Aaltio - Invention (The Potato Venture) - 02:30 
12. Panu Aaltio - Homemade Flight (Finders of the Lost Yacht) - 03:34 
13. Diego Navarro - Dos: Main Theme (Dos) - 03:35 
14. Frédéric Vercheval - Pourquoi pas? (The Pact) - 04:55 
15. Christophe Beck - Reunited (Free Guy) - 03:23 
16. Matthew Herbert - An Ending (Port Authority) - 03:45 
17. Sherri Chung - Lost and Found Family (Kung Fu - Season 1) - 04:51 
18. Hans Zimmer - Paul's Dream (The Dune Sketchbook) - 07:03 
19. James Newton Howard - Petal Negotiations (Jungle Cruise) - 03:44 
20. Trevor Jones - Coming to Tokyo (To Tokyo) - 04:42 
21. Steven Price - Memories That Shape Us (Sweet Girl) - 04:18 
22. Zbigniew Preisner - End Credits (Man of God) - 04:54 
23. Dwight Gustafson - The Clinic is Closed (Beyond the Night) - 04:07 
24. Dwight Gustafson - Title Music (The Printing) - 04:39 
25. Alex Heffes - Family In Paradise (The Arctic: Our Last Great Wilderness) - 03:28 
26. Mychael Danna - Akim (Stillwater) - 02:48 
27. Mychael Danna & Jessica Rose Weiss - Score Suite (Cinderella) - 06:37

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