Richard Band (Teil 1) - "Composer of the Unknown"
Im Booklet zur DOCTOR-MORDRID-CD hat Daniel Schweiger sein Portrait von Richard Band mit "Composer Of The Unknown" betitelt. Betrachtet man die Vielzahl von Richard Bands Soundtrackveröffentlichungen, so entsprechen bereits deren Titel auf vielsagende Weise tatsächlich dieser Beschreibung: Zu seinen Scores zu Filmen wie PUPPET MASTER, DEMONIC TOYS, THE PIT AND THE PENDULUM, THE ALCHEMIST, SHRUNKEN HEADS oder MUTANT trieben Puppen mit dämonischem Eigenleben groteske Spiele, erwachten Dinosaurier-Skelette zu neuem Leben, experimentierten verrückte Wissenschaftler, ließen außerirdische Mächte ihre unsichtbaren Kräfte spielen und wurden sämtliche vorstellbaren Alpträume Wirklichkeit. Obwohl Richard Band in musikalischer Hinsicht zunächst eher dem Rock und Jazz zugeneigt war, verbanden den 1953 geborenen Musiker seine familiären Bindungen schon früh mit dem Film. Sein Vater Albert († 2002) war Filmproduzent und Regisseur (I BURY THE LIVING), sein Bruder Charles leitet Full Moon Entertainment und ist ebenfalls als Regisseur (DOCTOR MORDRID, CRASH AND BURN) tätig. Mitte der 90er hatte ich die Möglichkeit, Richard Band zu interviewen.
Ich war zunächst in Rock und Jazz und dergleichen involviert. Ich bin in Italien aufgewachsen, und mit elf Jahren habe ich eine Flamenco-Show in Spanien gesehen und verliebte mich in die Gitarre. Am nächsten Tag kaufte ich mir eine eigene Gitarre, lernte sie spielen und tourte mit einigen Rock- und Jazz-Bands. Mit 17 Jahren kehrte ich nach Amerika zurück und fing ein Jahr später an, Musik zweieinhalb Jahre zu studieren. Danach fing ich mit Produktionsarbeiten beim Film an, da ich um den Film herum aufgewachsen bin. Mein Vater ist Regisseur, Produzent und Drehbuchautor, und mein Bruder ist ebenfalls Regisseur und Produzent. Ich war also Regieassistent und dann Produktionsmanager, um schließlich auch Filme zu produzieren, aber nach zwei Jahren musste ich feststellen, dass das nicht meine Sache war. Nachdem ich also die Musikschule absolviert und zwei Jahre an Filmen gearbeitet hatte, stellte ich fest, dass ich Filme mochte, aber meine erste Liebe war die Musik. Warum sollte ich also nicht versuchen, Musik für Filme zu machen?
Mein erster Job war eine Zusammenarbeit mit Joel Goldsmith, Jerry Goldsmiths Sohn. Es war für uns beide der erste Score. Von LASERBLAST (1978) an arbeitete ich nur noch an Filmmusik.
Wie sah die Zusammenarbeit mit Joel Goldsmith aus?
Wir co-komponierten LASERBLAST. Joel schrieb einige Cues und ich einige andere. Er hatte nie eine formale Ausbildung, aber er kam aus einer sehr talentierten Familie. Es war eine Verbindung von Ideen und ein total elektronischer Score. Ich denke, das gesamte Budget für den Score betrug 500 Dollar.
Gibt es irgendwelche Komponisten, die Sie zur Filmmusik geführt haben?
Ich mochte schon immer Jerry Goldsmith. Dann lernte ich verschiedene Komponisten durch meine Großeltern kennen, die in Paris lebten und zum Zweiten Weltkrieg nach Amerika kamen. Sie freundeten sich mit vielen Leuten aus der Kunstszene an, durch die ich wiederum so famose Komponisten wie Miklós Rózsa, Erich W. Korngold und Alex North kennenlernte.
Mein liebster Film und die liebste Musik für mich war jahrelang WEST SIDE STORY von Leonard Bernstein. Das war eine frühe Inspiration für mich. All diese Leute habe ich bewundert. Doch bevor ich mit Rock ´n ´Roll und Jazz und Filmmusik zu tun bekam, hatte ich eine Vorliebe für Klassik, Beethoven. Als ich fünf Jahre alt war, lebte ich für ein Jahr in Paris, und immer wenn ich von der Schule kam, legte ich Beethovens Neunte auf und dirigierte sie am Küchentisch von Anfang bis Ende.
Komponieren Sie einen Score immer noch auf die gleiche Art und Weise wie zu Beginn Ihrer Karriere, oder hat sich im Laufe der Jahre daran etwas geändert?
Die Art, wie ich einen Score komponiere, ist gleich geblieben. Durch das Aufkommen der ganzen Elektronik, der Computer und dergleichen komponiere ich aber nicht mehr am Piano mit Bleistift und Notenpapier, sondern kann durch den Computer weitaus schneller schreiben. Ich setze den Computer stets für meine Zwecke ein, nicht gegen mich.
Viele Komponisten sträuben sich gegen den Gebrauch der Elektronik, weil es irgendwie eine fremdartige Sache ist, aber ich habe mir das elektronische Equipment angeeignet, um es für mich arbeiten zu lassen. Während ich vor einigen Jahren noch froh war, zwei oder drei Minuten am Tag zu schreiben, was ziemlich dem industriellen Standard entsprach, ist es heutzutage nicht schwierig für mich, sechs bis acht Minuten täglich zu schreiben.
Das ist ein Beispiel dafür, wie ich die Elektronik für mich einsetze. Insofern hat sich nur die Art und Weise geändert, wie ich die Technik einsetze, aber der kreative Prozess hat sich nicht geändert. Ich arbeite immer noch mit dem Film an der Hand, schaue ihn mir drei-, vier-, bis zu zehnmal an, ohne auch nur einmal das Keyboard zu berühren oder eine Note zu schreiben, so dass der Film an sich zu mir sprechen kann, ohne dass ich auf ihn einwirke.
Ich schaue ihn mir an und versuche zu ergründen, was er mir erzählt. An diesem Verfahren habe ich nie etwas geändert, weil ich glaube, dass es am besten für mich funktioniert.
Als Sie mit Filmkompositionen anfingen, kam gerade das Synth-Studio-Set-up auf. Während Sie aber mehr mit den typisch elektronischen Sounds eines Synthesizers arbeiten, benutzen viele Komponisten Synthesizer zur Imitation von orchestralen Klängen.
Die Leute wurden wegen finanzieller Beschränkungen in diese Situation gedrängt. Wenn man an einem Major-Film arbeitet und ein Orchester geleistet werden kann, mit dem man die Musik aufnehmen kann, braucht man keinen Synthesizer, um bestimmte Teile des Orchesters zu imitieren. Das ist keine Frage. Was aber passiert ist, ist, dass die Budgets immer weiter heruntergegangen sind und man sich in einer Situation befindet, wo die Filme nicht mehr über die Budgets verfügen, um ein Orchester bezahlen zu können.
Ich möchte also nicht die Leute verurteilen, die auf elektronische Weise ein Orchester simulieren, weil einige es sehr gut machen. Ich habe das ja auch bis zu einem gewissen Grad getan. Aber ich bevorzuge, die Elektronik mit dem Orchester zu verbinden. Die Notwendigkeit, das zu tun, ist aus Budgetbeschränkungen entstanden. In meinem Fall gab es viele Situationen, wo das Budget zu niedrig war, um ein volles Orchester zu bekommen, aber nicht so niedrig, um nicht wenigstens Teile davon zu bekommen. Dadurch war ich also gezwungen, Teile des Orchesters mit elektronischem Equipment zu verbinden, was auch sehr gut funktioniert. Die ganze Elektronik, das Sampling usw. hat sich so weit entwickelt, dass man sehr gut ein Orchester imitieren kann. Allerdings kann man mit dem Synthesizer nicht exakt den Sound eines Orchesters simulieren. Das ist eine Tatsache. Man kann einem Orchester sehr nahe kommen, wird aber nie den gleichen Sound erreichen. Wenn man dagegen bestimmte Teile des Orchesters mit bestimmten Electronics verbindet, kann man das Orchester simulieren, ohne einen Unterschied festzustellen, weil ein Teil der Musik vom Orchester eingespielt wurde.
Natürlich ist die ideale Situation diejenige, bei der man für einen orchestralen Score ein Orchester zur Verfügung hat. Aber leider erlaubt dies das Budget oft nicht. In meinem Fall hatte ich gelegentlich die Möglichkeit, mit einem vollen Orchester zu arbeiten, fügte aber elektronische Sounds hinzu, die nichts mit dem Orchester zu tun hatten, wo ich sie also nicht benutzte, um Violinen, Celli oder Woodwinds zu imitieren, sondern um speziell elektronische Sounds zu erzeugen. Aber bei anderen Gelegenheiten habe ich elektronische Geräte eingesetzt, um Teile des Orchesters zu simulieren, beispielsweise einige Percussions oder Streicher. Gerade Low-Budget-Produktionen erfordern es, mit dem notwendigen Übel zu leben.
Auf welche Weise verbinden Sie gewöhnlich elektronisches Instrumentarium mit dem Orchester?
Wenn ich einen Score schreibe, ist er zu 99% von orchestraler Konzeption. Was ich in vielen Fällen mache, wenn ich Synthesizer benutzen muss, aber etwas vom Orchester habe, setze ich die Synthesizer für einige der unteren und mittleren Streicher ein, also beispielsweise für die Celli oder das Kontrabass, aber auch für Percussions, weil die Elektronics besonders dafür geeignet sind, und vielleicht ein oder zwei Woodwinds. Wenn ich das aufgenommen habe, nehme ich ein kleines Orchester, also zwölf bis achtzehn Violinen, zwei bis vier Woodwinds, drei oder vier French Horns, zwei Posaunen, zwei Tubas und einige Trompeten. Ich nehme also ein 25- bis 32-köpfiges Orchester auf, das ich auf die vorbereiteten elektronischen Tracks lege. So verbinde ich gewöhnlich Electronics mit Orchester, wenn ich mit beiden Komponenten arbeite.
Ihr Name wird vor allem mit Low-Budget-Horror- und -Science-Fiction-Filmen in Verbindung gebracht. Besitzen Sie eine persönliche Vorliebe für diese Art von Stoffen?
Ich bin bekannt für Low-Budget-Horror- und -Science-Fiction-Filme, aber das ist so, weil ich das jahrelang gemacht habe. Doch in den letzten vier oder fünf Jahren habe ich nicht einen solchen Film mehr gemacht. Was die Leute nicht von mir kennen, sind die Sachen, die ich bevorzuge, nämlich Kinderfilme, Komödien, Disney-ähnliche Filme, weil ich für die anderen Sachen bekannt bin. Deshalb habe ich mich vier Jahre lang von solchen Dingen ferngehalten, so dass die Leute vielleicht auch die anderen Sachen wahrnehmen, die ich gemacht habe. Das ist auch ein Grund dafür, warum ich die Promo-CD herausgebracht habe, weil da viel Musik drauf ist, die die Leute noch nie gehört haben und nicht dem Horror-Genre angehören.
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