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Sonntag, 22. Mai 2011

Playlist # 59 vom 22.05.11 - "THE CROW"-Special

„Creatures kissing in the rain/Shapeless in the dark again/In a hanging garden/Wearing furs and masks.“ 
Diese Zeilen aus dem 82er Song „The Hanging Garden“ von The Cure zählten zu den unzähligen Einflüssen, die der Comic-Zeichner James O‘Barr zu seiner mittlerweile berühmten „The Crow“-Comic-Serie inspiriert haben, die dann mit Brandon Lee genauso erfolgreich wie unglücklich verfilmt wurde. Zu tragischem Ruhm gelangte der Film zunächst durch den mysteriösen Tod des Hauptdarstellers, der ironischer weise einen von den Toten auferstandenen Rockmusiker mimt, der den brutalen Mord an seiner Verlobten rächen muss.
Dass sowohl O‘Barrs Comic-Bücher als auch die ersten beiden „The Crow“-Filme wie bislang kaum ein anderes Kulturgut das Lebensgefühl der Indie-Szene bildlich wie musikalisch zu reflektieren verstanden, ist in erster Linie natürlich den Visionen des Comic-Autors zu verdanken, aber letztlich auch den Produzenten der beiden Filme, die die Comic-Vorlage dem Massenmarkt zugänglich gemacht und dafür gesorgt haben, dass das Lebensgefühl eines bestimmten Teils der Jugendlichen in den 90ern auf transparente Weise in adäquater Atmosphäre manifestiert wurde.
James O’Barr schuf das Konzept von „The Crow“ in den frühen 80er Jahren als Reaktion auf den gewaltsamen Tod seiner Verlobten. Der autodidaktische Künstler, der in der Umgebung von Detroit zum Teil in Heimen und bei Pflegeeltern aufwuchs, fing während seiner Zeit beim Militär an, seine persönliche Tragödie zeichnerisch zu verarbeiten. Zu jener Zeit war er gerade mit der Marineinfanterie in Berlin stationiert, wo er an die Heerestruppen „ausgeliehen“ wurde, um einige Nahkampf-Unterrichtsbücher zu illustrieren:
„Ich meldete mich zum Marineinfanterie-Corps, damit ich aufhören musste zu grübeln und um meinem Leben eine feste Struktur zu geben“, blickte James O’Barr zurück. „Aber ich hatte immer noch so viel Wut und Frustration in mir, die einfach heraus mussten. Also begann ich eines Tages, ‚The Crow‘ zu zeichnen. Als ich mit dem Buch begann, war das für mich eine Art von Therapie. Ich zog es vor, statt eines sinnlosen Aktes der Selbstzerstörung lieber meine Wut auf Papier zu bannen.“
Dabei verarbeitete O’Barr so vielschichtige, düster-atmosphärische Einflüsse von Dichtern wie Edgar Allan Poe, Arthur Rimbaud, George Bataille, Nathaniel Hawthorne und Antonin Artaud ebenso wie dem Film noir, einem zweijährigen Medizinstudium sowie dem Studium klassischer Renaissance-Skulpturen, aber vor allem der Musik, die er Anfang der 80er Jahre in Berlin kennenlernte, nämlich von Bands wie Joy Division, The Cure, Bauhaus, die mit ihrem Outfit auch die Gestalt von Eric Draven prägten, der in der mythischen Geschichte um Liebe, Tod und Rache in „The Crow“ eine Schlacht gegen das Böse führt.
© Copyright by J. O'Barr
Die Körpersprache seines Protagonisten entlieh O’Barr der Punk-Ikone Iggy Pop, die Gesichtszüge dem damaligen Bauhaus-Sänger Peter Murphy, während das weiß geschminkte Gesicht mit den schwarzen Rändern um Mund und Augen auf den KISS-Masken basiert.
Das Comic erzählt die Geschichte von Eric, der in der Halloween-Nacht aus seinem Grab aufersteht, um von mysteriösen Kräften getrieben Rache für die vor genau einem Jahr begangenen brutalen Morde an seiner Verlobten Shelly und ihm selbst zu nehmen.
Bei seiner Mission wird er von einer geheimnisvollen Krähe geführt, die ihn als spiritueller Verbindungsbote zwischen der Welt der Lebenden und dem Reich der Toten zu den Mördern führt.
„Die Krähe, also der Vogel im Film, ist eine Art Begleiter, ein Teil von Erics eigener Persönlichkeit, der ihn in sein Leben zurückgeleitet und ihn daran erinnert, wer er war und was mit ihm geschah“, erklärte Eric-Draven-Darsteller Brandon Lee die Rolle der Krähe im Comic/Film. „Sie hilft ihm, das zu tun, was er tun muss, in einem sehr praktischen Sinn: Sie hilft ihm, Orte und Menschen zu finden, die er finden muss.“
Und deshalb müssen einer nach dem anderen von Top Dollars Gang, die gerade die Nacht des Teufels feiert und vor einem Jahr das brutale Verbrechen an Shelly und Eric begangen hat, für ihre Taten büßen. In einer Kirche kommt es schließlich zum Showdown zwischen Top Dollar, der mit seiner Geliebten Myca Shellys Erics kleine Freundin Sarah und die Krähe in der Gewalt hat, und Eric, der nun feststellen muss, dass auch er verwundbar ist, wenn die Krähe verletzt wird.
Zunächst schien sich kein Verleger für die düstere, von Liebe und Rache gespeiste Geschichte zu interessieren. Nach einigen Absagen verschwand das Manuskript für sieben Jahre in der Schublade, bis sich ein unabhängiger Verlag aus Detroit, Caliber Comics, O‘Barrs Werk annahm. Zwischen 1988 und 1989 erschienen dort vier Folgen von „The Crow“, bis finanzielle Probleme des Verlages ein weiteres Erscheinen der Serie beendeten. Doch O‘Barr, der in dieser Zeit auch für andere Bücher von Caliber Comics die Umschläge illustrierte, konnte „The Crow“ bei Kevin Eastmans Tundra Press unterbringen, wo man aus den Comic-Heften zwei Buchfolgen machte und mit einem dritten Buch mit völlig neuem Material die „Crow“-Saga zu Ende führte.
Ungefähr zu jener Zeit erwarb der Produzent Jeff Most eine Option auf die Verfilmungsrechte, als der Science-Fiction- und Fantasy-Autor John Shirley ihn auf „The Crow“ aufmerksam machte. Jeff Most war von dieser düsteren Großstadt-Allegorie, die sowohl in der Tradition der Gothic Novels als auch des Film noir stand, sofort begeistert.
„Was mich an dem Helden dieser Story so faszinierte, war, dass es sich hier nicht um den typischen Comic-Helden handelte. Hier haben wir einen Mann, der Gedichte rezitiert und der von Liebe und Zärtlichkeit motiviert ist“, meint Jeff Most. „Er erinnert mich sehr an das Frankenstein-Monster - dieselbe Humanität, die gepaart ist mit einem sehr starken Rachebedürfnis.“
Most fand sich schnell mit dem Produzenten Edward R. Pressman zusammen, der mit David J. Schow und John Shirley zwei erfahrene Fantasy- und Horror-Autoren für das Drehbuch verpflichtete.
Schow hat sich bislang vor allem als Splatterpunk-Autor einen Namen gemacht und die Drehbücher zu „Critters 3“, „Critters 4“, „Leatherface: The Texas Chainsaw Massacre III“ und „Nightmare on Elm Street V“ sowie einige Episoden für „Tales from the Crypt“ verfasst.
John Shirley ist vor allem Fantasy- und Science-Fiction-Lesern ein Begriff, vor allem durch seine Cyberpunk-Trilogie „Eclipse“.
Zunächst unternahmen Shirley und Schow einige Veränderungen an der Geschichte des Comics, um sie für die Leinwand adaptieren zu können.
So machte man aus Eric, dessen Background im Comic nicht explizit erwähnt wird, einen Rockmusiker, der aus der Arbeiterklasse kommt. Schließlich stellte die Musik eine entscheidende Inspirationsquelle für „The Crow“ dar, nachdem James O’Barr während seiner Highschool-Zeit in Detroit tief beeindruckt von KISS, den Stooges, den Ramones und der britischen Punk-Szene worden ist.
„Als ich das erste Mal Ian Curtis und Joy Division hörte, wusste ich sofort, dass ich endlich gefunden hatte, was ich suchte“, erinnert sich O'Barr. „Nichts war heilig; sie würden auf absolut ehrliche Weise über jede Art von Schmerz reden. Ich fühlte mich, als hätte ich einen Partner gefunden, der mich unterstützt. Ich habe endlos ihre Platten gehört, als ich an ‚The Crow‘ arbeitete. Später kamen The Cure hinzu, vor allem mit dem ‚Pornography‘-Album.“
Insofern verwundert es nicht, wenn Eric - dessen Nachname Draven im Film ein direkter Verweis auf Edgar Allan Poe ist, dessen Verse sowohl im Comic als auch im Film zitiert werden - nach Vorbildern aus dieser Szene modelliert wurde. Mit Brandon Lee, der für die Rolle des Eric Draven 15 Pfund abspeckte und Gitarre spielen lernte, hatte Edward Pressman auch bald den idealen Darsteller gefunden.
Der 1963 geborene Sohn des Kung-Fu-Action-Stars Bruce Lee sah in der Rolle des Eric Draven die größte Herausforderung innerhalb seiner Karriere und ging in der visuell überwältigenden Umsetzung der von Musik beseelten Erzählung von Liebe, Tod und Rache völlig auf.
„Es ist eine wunderbare Rolle, eine Rolle, bei der man Risiken eingehen muss“, erzählte Lee in seinem letzten Interview. „Man hat die seltene Gelegenheit, diese Risiken einzugehen, sie bis zum Äußersten auszuleben, weil niemand weiß, wie sich ein Mensch verhält, der von den Toten zurückkommt. Das ist mit das Schönste an der Rolle: Man kann mit vollem Einsatz spielen, weil es keine Regeln dafür gibt, wie sich eine Person verhalten wird, die von den Toten zurückkommt.“
Fasziniert war Brandon Lee vor allem von der Tiefe von Erics Emotionen. Der deutsche Film-Untertitel „Rückkehr aus Rache“ verweist zwar auf die vordergründige Antriebskraft, die Eric von den Toten zurückkehren lässt, und in dem einsamen Kampf gegen die brutale Verbrecher-Gang bleibt Erics Zorn allgegenwärtig, doch die in leuchtendem Rot gefilmten Erinnerungen an die glücklichen Tage mit Shelly demonstrieren auf der anderen Seite die aufrichtige Liebe, die Eric für sie empfand.
„Ein Teil von Eric ist voller Zorn, voller Hass auf das, was ihm angetan wurde. Ich finde es sehr schön, dass alle Wesenszüge der Hauptfigur gleichermaßen zum Tragen kommen“, meinte Lee.
„Eric ist ein emotional, körperlich und psychisch zerrissener Mensch. Ich glaube, Erics Mission ist rein und klar. Er ist zurückgekommen, um Gerechtigkeit zu finden.“
Dass ihm bei der Erfüllung dieser Aufgabe alle Mittel recht sind, auch die extrem gewalttätigen, war für Brandon Lee angesichts des qualvollen Todes, den gerade Shelly erleiden musste, nur allzu legitim: „In keinem Film, in dem ich gespielt habe, war, denke ich, Gewalt so gerechtfertigt wie in diesem. Es ist hier nicht notwendig, über Mitleid nachzudenken. Hier geht es um Gerechtigkeit, das sagt mir mein Gefühl, und ich weiß, ich würde in dieser Situation das Gleiche tun. Es gibt etwas, das Eric tun muss, und er ist gezwungen, seinen Schmerz so lange zu überwinden, bis er seine Aufgabe erfüllt hat. In diesem Film geht es um das Gleichgewicht zwischen Gut und Böse. Weil wir nicht wissen, wann wir sterben werden, sehen wir das Leben als unerschöpfliche Quelle“, philosophierte Brandon Lee kurz vor seinem eigenen Tod. „Aber die Dinge geschehen nur wenige Male und dann nie wieder. An wie viele Tage der Kindheit erinnert man sich, die das Leben so stark beeinflusst haben, dass es ohne sie nicht denkbar wäre? Vielleicht vier, fünf oder noch weniger? Wie viele Male sieht man den Vollmond aufgehen? Vielleicht zwanzigmal? Alles ist begrenzt. Das ist die Ansicht, die diese Figur den ganzen Film hindurch vertritt, weil ihr klar ist, wie wunderschön jeder Augenblick ihres Lebens ist.“

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Wie begrenzt die schönen Dinge des Lebens sind, musste Brandon Lee auf tragische Weise kurz darauf am eigenen Leib erfahren. Am 30. März 1993, acht Tage vor Aufnahmeschluss, sollte die Szene gedreht werden, in der Eric Funboy aufsucht, der sich gerade mit Sarahs drogenabhängigen Mutter Darla vergnügt. Als das „Action!“-Kommando von Alex Proyas am Set in den Carolco Studios ertönte, feuert Funboy-Darsteller Michael Massee wie geplant aus seiner Pistole, Kaliber 44, auf Brandon Lee, der daraufhin blutend zusammenbrach. Die Waffe, die nach der Benutzung in einer anderen Szene nicht überprüft wurde, war mit Patronenattrappen geladen, deren Pulverladung zu stark für die kurze Distanz zwischen Ziel und Schütze war und Brandon Lee tödlich verletzte. Zwar kämpften die Ärzte des New Hanover Regional Medical Center 13 Stunden lang um das Leben des 28-jährigen Schauspielers, doch verstarb dieser in den frühen Morgenstunden des 31. März.
Während die Crew schockiert vor der schweren Entscheidung stand, ob der Film beendet werden soll oder nicht, untersuchte der Staatsanwalt von North Carolina, ob die Crew oder die Produktionsfirma Crowvision Inc. Brandon Lees Tod zu verschulden hatte, fand aber keine Beweise dafür.
Derweil nahmen Brandon Lees Mutter Linda Lee Caldwell und seine Verlobte Eliza Hutton der Crew die Entscheidung über die Fortsetzung des Films ab. „Er sprach von der besten Rolle seiner Karriere und setzte große Hoffnungen auf den Film. Die Fertigstellung wäre in seinem Sinne gewesen“, meinte Eliza.
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Durch die Verzögerung waren die Produktionskosten zwar um acht auf 23 Millionen Dollar angestiegen, doch wollte man den Film nun von allen Seiten her unbedingt fertigstellen.
„Alle Beteiligten standen zu ‚The Crow‘ aufgrund der Arbeit, die Lee bereits vollbracht hatte“, meinte der ausführende Produzent Robert Rosen.
„Für uns war es gar keine Frage, dass wir hier eine komplette und bemerkenswert intensive darstellerische Leistung auf Film hatten. Wir wussten - wie schwierig es auch war, ohne ihn die Arbeit wiederaufzunehmen -, dass wir einen immens starken Film erhalten würden.“
Um den Film wie geplant beenden zu können, wurden nicht nur einige Szenen und Dialogpassagen neu geschrieben, um den psychologischen Aspekt, die der Todesfall in den Film brachte, herauszuheben, sondern es musste auch eine Lösung gefunden werden, wie die mit Brandon Lee noch geplanten Szenen realisiert werden konnten.
Die F/X-Firma Dreamquest Images, die ursprünglich insgesamt 44 digitale Effektszenen bearbeiten sollte, stand nun auch noch vor der Herausforderung, den verstorbenen Star wieder zum Leben zu erwecken.
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Da man keinen Darsteller mit einer Latex-Maske von Brandon Lee einsetzen wollte, konzipierte die F/X-Firma das Software-Programm „Image Stabilisation & Tracking“, mit dem Brandons Kopf aus bestimmten Szenen isoliert, im Computer zerlegt und auf dem Gesicht eines vor gleichem Hintergrund gefilmten Doubles wieder zusammengesetzt werden konnte. Außerdem ermöglichte das Programm die Herauslösung eines Schauspielers aus einem Bild, um ihn dann in ein anderes einzusetzen.
Auch die andere Hauptrolle des Films, die Krähe, benötigte einen Special-Effects-Experten. Da manche Szenen mit der Krähe unmöglich mit einer echten, wenn auch dressierten Krähe gedreht werden konnten, konstruierte man ein originalgetreues, batteriebetriebenes Vogel-Modell.
Über die Rolle der Krähe, deren mythologische Geschichte im Nachwort von A.A. Attanasio zum Comic rekapituliert wird, meinte Brandon Lee:
„Die Krähe, also der Vogel im Film, ist eine Art Begleiter, ein Teil von Erics eigener Persönlichkeit, der ihn in sein Leben zurückgeleitet und ihn daran erinnert, wer er war und was mit ihm geschah. Eric ist ein Mensch, der an die Grenzen seiner Fähigkeit der Realitätsbewältigung stößt. Manchmal dreht er gewissermaßen durch, ist er völlig krank. Beinahe schon so, wie man sich Verrückte vorstellt, die Stimmen hören - Stimmen der Vernunft, die ihn leiten, und eher irrationale Stimmen des Gefühls. Ich denke, dass die Krähe die Stimme der Vernunft ist, die ihn leitet. Sie hilft ihm, das zu tun, was er tun muss, in einem sehr praktischen Sinn: Sie hilft ihm, Orte und Menschen zu finden, die er finden muss.“
Mit Alex Proyas hatte man einen zwar noch Hollywood-unerfahrenen, aber für das ästhetische Programm des Films idealen Regisseur gefunden, der sowohl die düstere Atmosphäre als auch die tragende Rolle der Musik adäquat filmisch in Szene zu setzen verstand.
„Die Musik ist praktisch ein weiterer Darsteller im Film“, erklärt Jeff Most. „Uns war klar, dass die Musik zweierlei Aufgaben zu erfüllen hatte. Sie musste die Story vorantreiben und den Stil und die Stimmung des Comics transportieren, während er filmisch umgesetzt wurde.“
Alex Proyas schien deshalb der geeignete Mann für diese Aufgabe zu sein, weil der australische Musikvideo- und Werbefilmer bereits mit so hochkarätigen Künstlern wie INXS, Sting, Fleetwood Mac, Steve Winwood, Joe Jackson und Mike Oldfield zusammengearbeitet und Werbespots für Swatch, Nissan, Kleenex, American Express, Nike und Coca Cola gedreht hat.
1992 wurde er sowohl in Sydney als auch in London mit dem Best Commercial Director Award ausgezeichnet.
Er verstand es, sowohl die düstere, post-apokalyptische Großstadt-Atmosphäre des Comics als auch die ungewöhnlich herausragende Rolle der Musik auf eine einzigartige Weise zu visualisieren.
„Der Comic ist in schwarz-weiß und er spielt auch in einer schwarz-weißen Welt des Guten und des Bösen“, erklärt der Regisseur. „Wir haben dem Film diese Qualität durch die Art der Ausleuchtung gegeben und dadurch, dass wir nur sehr selektiv und spezifisch mit Farben gearbeitet haben. Wir verwenden keine Blau- oder Grüntöne, was dem Film einen dunklen und expressionistischen Look gibt. Das ist ein sehr aggressiver Stil, dem die Rockmusik Tempo verleiht. Ich wollte dieses rohe Gefühl frenetischer Energie, das aus der Rockmusik stammt, die wir auf unserem Soundtrack haben.“
Ein Film, dessen Inspiration größtenteils auf dem alternativen Düsterrock von Bands wie The Cure und Joy Division zurückzuführen sind und dessen visueller Stil eben darauf zugeschnitten sein soll, muss natürlich den musikalischen Aspekt auf besondere Weise hervorheben. Mit einem simplen Underscoring, als dem musikalischen Untermalen der filmischen Handlung, das oftmals kaum bewusst wahrgenommen wird, konnte es bei „The Crow“ nicht getan sein. Auch begnügte man sich nicht mit der üblichen Praxis, einen Sampler mit bekannten Titeln zusammenzustellen, um ihn im Zuge des Filmerfolgs gut verkaufen zu können.
Was den Part der instrumentalen Filmmusik angeht, engagierte man mit Graeme Revell einen Komponisten, der zum einen mit seiner früheren Post-Industrial-Band SPK in der alternativen Musikszene groß geworden ist, bis er mit der Filmmusik zu Phillip Noyce‘ 89er Psychothriller „Dead Calm“ die Aufmerksamkeit von Hollywoods Top-Agenten für Filmkomponisten, Richard Kraft, erweckte. Zum anderen zählt er in Hollywood zu der jüngeren Garde von Komponisten, die mit recht eigenwilligen, unkonventionellen Methoden für neue Töne in der Filmmusik sorgen. Revell komponierte für „The Crow“ einen ungewöhnlich ethnisch geprägten und percussionkräftigen Score, der auch viel mit dem Einsatz unterschiedlicher Stimmen arbeitet.
"Bevor der Unfall mit Brandon Lee passierte, sah ich die Zukunft nicht als post-apokalyptisches Desaster. Ich glaube nicht, dass wir uns das so vorgestellt haben, noch betrachtete ich es als modernes und sauberes japanisches Unternehmens-Ballungsgebiet, was die Kehrseite der Zukunftsvision zu sein scheint, die die meisten Science-Fiction-Filme propagieren. Ich sah die Zukunft als exotische Misch-Kultur, die die Informationsrevolution jedem ins Haus und in jedermanns Psyche bringt. Als ich erfuhr, dass der Film in Detroit spielen sollte, meinte ich, okay, aber das ist kein Grund, um nicht mit Hardcore-Rap anzukommen. Denn die Zukunft in Detroit ist wie die Zukunft vieler Orte auf dieser Welt und deshalb eine Mixtur aus vielen Einflüssen. Das ist meine musikalische Vision von dem, was die Zukunft bringen wird. Als ich dann anfing, mit Djivan Gasparyan zu arbeiten, der das armenische Duduk spielte, klang es ein wenig zu ethnisch, also verband ich das Duduk mit Stimmen, was ein neues Instrument ergab. Man konnte nicht mehr bestimmen, was man genau hörte und wo man sich geographisch befand. Danach spielte ich mit barocken Elementen, mit einem Kinderchor.
Ich glaube, dass dadurch nicht nur die ganze Welt zusammengekommen ist, sondern auch die Gegenwart, Vergangenheit und Zukunft. Der Grund, warum wir so auf barocke Musik ansprechen, liegt auch am Erfolg der Chormusik, ganz unabhängig von Religion und Rasse, was die Leute immer noch gern hören.“
Wenn man nicht gerade Revells atemberaubende Musik im Film zu vernehmen ist, treiben die Songs von Nine Inch Nails (mit dem grandiosen Joy-Division-Cover „Dead Souls“), The Cure mit dem wütend pulsierenden „Burn“ oder die auch im Film präsenten Acts My Life With The Thrill Kill Kult („After The Flesh“) und Medicine („Time Baby III“) die Handlung voran und untermalen gleichzeitig Erics Emotionen im Kampf gegen das Böse, unterstreichen aber auch die Atmosphäre der großstädtischen Schauplätze des Films.
Schließlich hat Graeme Revell den balladesken End-Titles-Song „It Can’t Rain All The Time“ für Jane Siberry geschrieben, der das - wenn man es so nennen mag - Happy End musikalisch beschließt, als Eric nach erfolgreicher Mission auf den Friedhof zurückkehrt, um ein letztes Mal Abschied von Shelly zu nehmen, die ihm noch einmal als Vision erscheint.
Natürlich kann man auf der einen Seite über das filmische Endprodukt meinen, es sei nur „eine dünnblutige Grufti-Variante simpler ‚Ein Mann sieht rot‘-Vergeltungsplots“ (Cinema 8/94), denn in der Tat wirken die Figuren im Film stereotypisch und eindimensional, sind entweder eindeutig gut oder böse. Doch in visueller Hinsicht zählt die Verfilmung von James O‘Barrs Kult-Comic zu den besten Realumsetzungen solcher Vorlagen, verstand es Proyas doch vorzüglich, die trostlose, in Regen und Dunkelheit getauchte Atmosphäre des postapokalyptischen Detroit auf finstere Weise in Szene zu setzen und der Inspirationsquelle Musik die Bedeutung zukommen zu lassen, die die Geschichte so geprägt hat. Letztlich sind es die visuell überwältigenden dunklen Farbgebungen, die atemlose Schnittfolge und die brillante Musik sowohl von Graeme Revell als auch den Vertretern der Underground-Rock-Szene, die einem im Gedächtnis bleiben und weniger die kaum differenzierten schauspielerischen Leistungen und das eher schwache Drehbuch.
Dank der außergewöhnlichen Atmosphäre des Films - und wohl auch wegen Brandon Lees tragischen Tod - entwickelte sich der Gothic-Fantasy- und Action-Film zu einem Überraschungshit, der weltweit mehr als 100 Millionen Dollar einspielte.
Trotz Brandon Lees Tod stand es außer Frage, dass es eine Fortsetzung der ohnehin als Trilogie geplanten „Crow“-Saga geben würde. Obwohl die Geschichte von Eric Draven sowohl im Comic als auch im Film abgeschlossen war, ließ die Comic-Vorlage keinen Zweifel daran, dass der Geist der Krähe auch weiterhin ihren Einfluss auf ruhelose Seelen ausüben würde.
In vielerlei Hinsicht blieben die Produzenten Ed Pressman und Jeff Most dem Konzept des ersten „Crow“-Films treu: Mit Tim Pope engagierte man wieder einen Hollywood-Neuling als Regisseur, der aber aufgrund seiner langjährigen Zusammenarbeit mit The Cure (für die er 32 Clips und den Konzertfilm „Live In Orange“ drehte), aber auch mit Acts wie Soft Cell, The The, Iggy Pop, The Psychedelic Furs, Neil Young und Paul Mc Cartney noch besser dafür geeignet erschien, James O‘Barrs Visionen auf der Leinwand gerecht zu werden.
Alex Mc Dowell besorgte als Production Designer wieder eine abgrundtief düstere Gothic-Kulisse, während Graeme Revell einen noch mystischeren, kraftvolleren und größtenteils choralen und äußerst rhythmischen wie ethnischen Score komponierte, aber auch zusammen mit Jeff Most und seinem Freund, Real-World-Label-Chef George Acogny, den Rock-Sampler produzierte.
Mit Vincent Perez, der Regisseur Tim Pope durch seine Darstellung in „Die Bartholomäusnacht“ aufgefallen war, hatte man einen Schauspieler gefunden, der in der Rolle des neuen Helden Ashe Corven zwar Eric Draven verblüffend ähnlich sieht, aber einen ganz anderen Charakter darstellt. Für Vincent Perez bedeutete das nichtsdestotrotz, sich zunächst mit dem auseinanderzusetzen, was in Sachen „The Crow“ bislang produziert worden ist.
„Die Art, wie ich damit umgegangen bin, umfasste viele verschiedene Stufen. Am Ende war es so, dass ich mich glücklich schätzte, dass Brandon Lee und James O’Barr so etwas in Gang gesetzt haben“, verriet mir der Charakterdarsteller in Hamburg beim Interview. „James O‘Barr verlor seine Freundin und brauchte Jahre, um sich von diesem Verlust zu erholen. Man schlug ihm vor, das Comic zu verfilmen, und auch Brandon Lee, der ein guter Freund von ihm war, starb bei den Dreharbeiten, so dass die Tatsache, dass ein weiterer ‚Crow‘-Film gemacht werden sollte, für ihn sehr schwer zu verdauen war. Aber je länger wir an dem Film arbeiteten, um so mehr schienen sich die negativen Assoziationen aufzulösen, weil uns bewusst geworden ist, dass James O‘Barr und Brandon Lee etwas ganz besonderes geschaffen haben. Die ‚Crow‘-Filme bedeuten eine Art des Respekts für das, was James O‘Barr initiiert hat. Die Idee, die hinter seinen Comics steht, ist die, dass jeder die Krähe sein kann. Wenn man seine Comic-Bücher liest, kann man beobachten, dass jede Geschichte einen anderen Stil aufweist.“
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So wurde der Schauplatz der neuen Geschichte von Detroit nach Los Angeles verlegt, wo der Mechaniker Ashe und sein Sohn Danny zufällig Zeugen eines Mordes werden, worauf sie von den skrupellosen Killern des Drogenbarons Judah umgebracht und ins Wasser geworfen werden. Sarah, das kleine Mädchen aus dem ersten Film, ist nun eine erwachsene Frau und wird Zeuge von Ashes Wiederauferstehung. Wieder begleitet die Krähe eine ruhelose Seele bei ihrem Weg zurück zu den Lebenden. Durch sie realisiert Ashe, warum er zurückgekehrt ist.
„Ashe hat seinen Sohn verloren und war mit ihm im Limbus (Vorhölle als Aufenthaltsort u.a. ungetauft gestorbener Kinder, Anm. d. Verf.) gefangen. Beide starben und erlitten gewaltige Pein“, erklärte Vincent Perez. „Ashe musste den Limbus verlassen und die Reise antreten, um Rache zu üben, das Ritual durchzuführen, damit die ruhelosen Seelen um ihn herum Ruhe geben, die ebenso Opfer waren wie er und sein Sohn.
Ich denke, es geht um Reinheit und nicht darum, Leute umzubringen. Es geht darum, Dingen gegenüberzutreten, darum, sterben zu können. Man muss in gewisser Weise seinen Sünden entgegentreten. Ashe muss herausfinden, ob die Leute in der Welt, in die er eintritt, lebende Menschen sind oder Geister wie er selbst. Er hat Angst davor, den Tod zu akzeptieren ebenso wie der von Iggy Pop gespielte Curve Angst vor Gott hat. Deshalb hält Ashe eine Art Messe für ihn ab, als Curve stirbt, lebt ihm eine Münze in den Mund und erzählt ihm die Geschichte über den Fluss Styx. So etwas haben wir für jede Rolle gemacht, was ich sehr interessant fand.“
Letztlich führt Ashe das gleiche Ritual durch, das schon Eric Draven im ersten Film hinter sich bringen musste, um seine Seele zur Ruhe kommen lassen zu können. Er spürt mit Hilfe der Krähe Judahs Gang auf - darunter eben auch Iggy Pop, der bereits im ersten Film den Part von Funboy übernehmen sollte, wegen bevorstehender Plattenaufnahmen aber nicht konnte - und bringt einen nach dem anderen um, bis er sich inmitten der Feierlichkeiten zum „Tag der Toten“ dem sadistischen Drogenbaron stellen muss, in dessen Händen sich sowohl Sarah als auch die Krähe befinden.
Obwohl der Charakter von Ashe das gleiche Schicksal wie Eric Draven teilt und den gleichen Weg zu Erlösung beschreiten muss, ging Vincent Perez sehr ambitioniert an seine Rolle heran.
„Ich hatte die Idee, Ashe als eine Art Mischung zwischen Hamlet und Jim Morrisson darzustellen, und zwar wegen der Reflexionen über den Tod, über das Reale und Irreale. Ist das, wie ich lebe, real oder entspringt es meiner Imagination. Deshalb geht Ashe zurück in die Garage, um nachzusehen, ob sein Sohn wirklich tot ist. Aber selbst als er sich davon überzeugt hat, wirkt alles so unwirklich. Ich fand diesen Kampf, den Ashe mit sich selbst austrug, sehr interessant. Auf der anderen Seite lag Jim Morrisson wegen der Anziehungskraft des Todes, der Ruhe des Todes, dem Wunsch, den Tod zu küssen, nahe, wegen des Wunsches, die Zunge tief in den Mund des Todes zu stecken, was für die sexuelle Anziehungskraft des Todes steht“, erläuterte Vincent Perez im Interview. „Ich denke, der ganze Film handelt vom Leben nach dem Tod. Die ruhelosen Seelen versuchen einen Weg zu finden, zur Ruhe zu kommen. Ich denke, dass alle Rollen in dem Film Seelen sind. Die ganze Stadt ist voller Seelen. Das ist eine Idee, die ich sehr mag. Zunächst war Sarah die Führerin von Ashe, dann wurde Ashe der Führer all dieser Opfer und zum Schluss führt einer den anderen zu diesem Ort des Friedens. Am Ende geht Sarah zu Gott, vor dem sie zunächst Angst hatte, und er geht zu seinem Sohn zurück.“
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Den Vorwurf, dass „The Crow: City Of Angels“ nur die Geschichte des ersten Films auf andere Weise erzählt und keine eigentlich neuen Ideen zu präsentieren hat, ließ Perez nicht gelten.
„Ich kann wirklich nicht verstehen, wie die Leute auf die Idee kommen können, dass die Filme einander ähnlich sein sollen. Wenn man sich die Comic-Bücher anschaut, sind da zwanzig, dreißig verschiedene ‚Crow‘-Geschichten drin. Dabei geht es um ein Ritual. Und jeder Darsteller muss dieses Ritual durchführen. Aber jede Person erlebt dieses Ritual auf andere Weise, redet anders, bewegt sich in andere Richtungen und auch in einer anderen Welt. Die Welt des ersten Films war regnerisch und nass, diese ist gelblich und die meiste Zeit trocken.“
Auch Jeff Most beschwörte den eigenständigen Charakter des neuen Films: „Diesmal ist die Geschichte nicht in Detroit, sondern in einem düsteren, unheimlich anmutenden Teil von Downtown L.A. angesiedelt - einem fast schon ätherisch anmutenden Ort, der den perfekten Raum bildet für die Trauer und die Schwierigkeiten, die Ashe überwinden muss. Und er ist ein Held von geradezu klassischem Format; wir haben nicht einfach nur Eric durch eine andere Person ersetzt. Ashe besitzt eine weitaus größere emotionale Tiefe. Diese zu zeigen, dazu gibt ihm eine verbotene Liebe Gelegenheit - nämlich die Liebe zwischen einer Person aus Fleisch und Blut und einer, die definitiv nicht von dieser Welt ist.“
Schließlich lenkte auch Drehbuchautor David Goyer von den extrem gewalttätigen Elementen des Films ab. Eigentlich hatte er beabsichtigt, die Beziehung zwischen Ashe und Sarah in den Vordergrund zu stellen.
„Viele Leute befürchteten, dass wir eine Art ‚Ein Mann sieht rot‘-Version aus ‚The Crow‘ machen würden. Ich denke, sie werden angenehm überrascht sein, denn im Kern handelt es sich um eine tragische Liebesgeschichte“, meinte Goyer, der die Zitate von Edgar Allan Poe aus dem ersten Film durch Hinweise auf Motive aus der griechischen Mythologie, Dantes „Inferno“ und aus dem Symbolismus ersetzte. Die Essenz von O’Barrs Comic-Vorlage - wahre Liebe ist stärker als der Tod - wurde nicht nur durch die innige Beziehung zwischen Ashe und seinem Sohn, sondern auch zwischen ihm und Sarah mit in den zweiten Film transportiert.
„Ashe ist in gewissem Sinne ein Rächer wider Willen. Es erschien logisch, mit Sarah eine Frau zurückzubringen, die schon einmal mit der Krähe in Verbindung stand, um Ashe bei seinem spirituellen Übergang zu begleiten.“
Tim Pope oblag es nun, zum einen die Atmosphäre, die den ersten Film auszeichnete, nicht nur wieder herzustellen, sondern sogar noch zu intensivieren: zum anderen kam es darauf an, den neuen Film mit einer eigenständigen Handschrift zu versehen.
'The Crow: City Of Angels‘ ist aufgrund der Art und Geschichte des Films einer der am schwierigsten zu realisierenden Nachfolgefilme überhaupt“, gestand der erfahrene Musikvideo-Regisseur. „Als ich an Bord kam, jagte mir zunächst der Gedanke Angst ein, die Sache weiterzuspinnen. Schließlich war der erste Film ein großer Erfolg gewesen, der Hauptdarsteller aber nicht mehr am Leben.“
Deshalb bemühte sich Pope mehr darum, den neuen Protagonisten tiefer auszuloten und sein Tun transparenter zu machen. „Was ich mit dem Film vor allem versuchte zu erforschen, war das Paradoxon von Ashes Charakter. Er ist eigentlich tot, erwacht jedoch zu neuem Leben, um ein paar Leute zu killen und sich dann für immer schlafenzulegen. Ich würde den Job nicht wollen, aber Ashe hat keine Wahl - er muss irgendwie mit dieser Situation klarkommen, die ihm in seinem Innersten schwer zu schaffen macht. Außerdem fand ich es wichtig, die Idee, dass Liebe über den Tod hinaus existieren kann, noch genauer zu ergründen. Denn dies ist der entscheidende Weg, um die Hauptfigur und deren Handlungsweisen wirklich zu begreifen.“
Auch in visueller Hinsicht bemühten sich Tim Pope und Alex McDowell um eine Abgrenzung vom ersten „The Crow“-Film, tauchten die Filmszenerie in ein gelbliches Natrium-Licht, das speziell bei schwarzweißen Modeaufnahmen verwendet wird.
„Der erste Film roch nach Erde“, beschrieb der Regisseur, „was aus dem Umstand resultierte, dass Eric aus dem Grab gestiegen kam. Mein Film riecht nach Wasser und Nebel - tatsächlich ist Wasser im Film die entscheidende Metapher. Wir waren schwer angetan von der Idee, dass das, was unter der Oberfläche zu sehen ist, lediglich ein Reflex dessen ist, was sich über der Oberfläche befindet. Wir schufen eine Stadt, die eingeschlossen ist von einem Fluss und die man deshalb nur über eine Brücke erreicht. Der Fluss ist unser Styx, und Brücken sind die Verbindung zwischen Leben und Tod.“
Allerdings zählen weder die symbolischen Elemente noch die im Grunde genommen bereits in „The Crow“ erzählte Geschichte zu den Stärken des Films - es ist einmal mehr die mächtige visuelle, höchst intensiv und beklemmend wirkende Schaueratmosphäre in Verbindung mit einem krachenden Rock-Soundtrack, der durch Graeme Revells symphonischen, choralgewaltigen Score kongenial ergänzt wird.
Nachdem sich der Rock-Sampler zum ersten Film weltweit mehr als 2,7 millionenmal verkauft hatte, sollte das Song-Album zu „The Crow: City Of Angels“ ebenfalls eine „Background-Story zum Film“ (Tim Pope) liefern.
Jeff Most, George Acogny und Graeme Revell haben dafür wieder ein breites Spektrum an zumeist extra für den Film aufgenommene Songs zusammengestellt, die die Genres College Rock, Alternative Metal, Rap, Blues Rock und Techno Rock abdecken. Das britische Erfolgsquartett Bush spielte eine schleppende Coverversion von New Orders „In A Lonely Place“ ein, Hole verpassten dem Stevie-Nicks-Song „Gold Dust Woman“ eine aggressive Note, und die Metal/Funk-Formation White Zombie nahm sich KC & The Sunshine Bands Klassiker „I’m Your Boogie Man“ an. PJ Harvey, Pet, NY Loose, Iggy Pop, Filter, Korn, Deftones, Linda Perry und andere teilweise hierzulande noch unbekannte Acts komplettieren den 74-minütigen, aufwendig gestalteten Soundtrack, der wie Graeme Revells Score bei Hollywood Records erschienen ist.
Auf dem Score-Album befindet sich auch die schöne Ballade „Believe In Angels“, die Revell mit Heather Nova geschrieben hat.
"Der erste Soundtrack repräsentierte noch die 80er Gothic-Welt, der neue Sampler ist rauer, den 90ern angepasst“, erläuterte Revell mir das Konzept des Samplers. „Die einzigen beiden Gruppen, die ich erneut auf dem Soundtrack hätte haben wollen - obwohl die meisten der Gruppen des ersten Samplers auch auf den zweiten wollten, doch wir mussten anders an den zweiten Sampler herangehen, damit es nicht wie ein ausbeutendes Sequel wirkt -, waren The Cure, und ich habe Bush gefragt, ob sie den Joy-Division-Song ‚In A Lonely Place‘ covern wollten. Das haben sie auch gemacht, es ist einer meiner Lieblingssongs. The Cure sandten einen Song ein, aber der schien nicht recht zu passen. Wir haben eine Menge anderer Bands, die wirklich merkwürdig sind.
Als es darum ging zu überlegen, welche Musik zu dem Film passen würde, hatten wir nicht nur das Skript zu berücksichtigen, sondern den Film als kulturelles Phänomen zu betrachten, zum Teil wegen Brandon Lees Tod, aber auch wegen des Rock'n'Roll-Soundtracks. Die Erwartungen des Publikums sind an etwas gebunden, was man nur als den ‚Cool‘-Faktor des Films bezeichnen kann. Abgesehen von den dramatischen Erfordernissen, die die Musik zu erfüllen hat, muss man sie dem Publikum auf eine Weise präsentieren, dass es sie cool findet. 
Man muss bestimmte Entscheidungen treffen. Als wir damit begannen, den Rock'n'Roll-Soundtrack zusammenzustellen, den ich produziere, konnten die Anwälte und Produzenten nicht verstehen, dass wir mit einer Liste von Gruppen ankamen, von denen sie noch nie etwas gehört haben. Z.B. verkauft eine Gruppe wie Korn, was eine der neuen amerikanischen Bands ist, 400.000 Platten, aber niemand kennt sie, weil es eine neue Art von Independent-Band ist, die durchs College-Radio verbreitet wird.
Das ist großartig, etwas, das in Europa um 1980 herum passierte. Diese Wahl muss man ebenso treffen wie die, z.B. ein Action-Thema zu schreiben. Es gibt vielleicht zwanzig verschiedene Wege, ein Action-Thema zu komponieren, aber nur einen für einen Film wie ‚The Crow‘, weil man berücksichtigen muss, wie das Publikum aussieht und was es hören möchte. Es geht eben nicht nur darum, den Film als 90-minütiges Werk an sich zu betrachten, sondern man verbindet ihn mit allen anderen Filmen, die man bisher gesehen hat."
Ob die „Crow“-Saga tatsächlich noch in die dritte Runde geht, war lange Zeit fraglich, denn der zweite Film erfüllte kaum die Erwartungen seiner Produzenten. Vincent Perez stand jedenfalls nicht mehr für ein weiteres Sequel zur Verfügung. „Ich glaube jeder ‚Crow‘-Film benötigt einen neuen Darsteller. Man muss die Idee der Comic-Bücher respektieren, denn da spielt in jeder Geschichte eine andere Person“, meinte Vincent Perez. „Vielleicht sollte man für einen weiteren Film eine Frau nehmen.“
Zunächst ging „The Crow“ aber auf dem Fernsehbildschirm in Serie. In „The Crow – Stairway To Heaven“ versuchte Martial-Arts-Action-Star Mark Dacascos („Crying Freeman“) 1998 in 22 Folgen als Eric Draven ein Gleichgewicht zwischen Gut und Böse auf der Erde herzustellen.
Zwar erschien im Jahre 2000 mit „The Crow: Salvation“ ein weiteres Sequel im Spielfilmformat, wurde aber gleich direkt auf Video veröffentlicht, hierzulande unter dem Titel „The Crow III – Tödliche Erlösung“. Unter der Regie von Bharat Nalluri stand im dritten „Crow“-Films Alex Frederic Corvis (Eric Mabius), der irrtümlicherweise wegen Mordes an seiner Freundin Lauren auf dem elektrischen Stuhl schmoren muss. Wie aus den früheren „Crow“-Filmen bekannt, kehrt auch Alex aus dem Reich der Toten zurück, um den Mord aufzuklären und die wahren Schuldigen zu bestrafen, wobei er feststellen muss, dass es die Mörder mittlerweile auch auf Laurens Schwester Erin (Kirsten Dunst) abgesehen haben. Auch wenn der Film selbst in Videotheken ein Schattendasein fristete, gaben sich die Filmemacher bei den Soundtracks wieder große Mühe. Als Komponisten konnte man immerhin Marco Beltrami verpflichten, der später auch mit „The Crow“-Regisseur Alex Proyas an „I, Robot“ und „Knowing“ zusammenarbeitete. Und auf dem Rock-Sampler waren Top-Acts wie Filter, Stabbing Westward, Kid Rock, Danzig, Rob Zombie, Tricky, Monster Magnet, Hole und andere vereint.
Mit „The Crow: Wicked Prayer“ wurde 2005 ein weiterer Versuch gestartet, der düsteren Saga um Liebe, Tod und Rache neues Leben einzuhauchen.
Als während eines grausamen satanistischen Rituals Jimmy Cuervo (Edward Furlong) und seine Freundin Lily getötet werden, kehrt Jimmy noch vor Vollendung des Rituals mithilfe der Macht der Krähe aus dem Reich der Toten zurück und will Rache für den Tod seiner Geliebten und zudem verhindern, dass der Anführer der satanischen Biker-Bande nach dem Ritual unsterblich wird … Trotz prominenter Darsteller wie David „Angel“ Boreanaz, Tara Reid und Dennis Hopper bleibt „The Crow: Wicked Prayer“ durch seine platte Story und die holprige Inszenierung das mit Abstand schwächste Sequel in der „The Crow“-Reihe.
So hat man mittlerweile auch auf die Veröffentlichung eines Soundtracks verzichtet. Der Score von Video-Spiel-Komponist Jamie Christopherson („Spider-Man: Web Of Shadows“, „Lost Planet: Extreme Condition“, „The Golden Compass“) ist nur als Promo erhältlich.
Doch damit ist das „The Crow“-Kapitel längst nicht beendet. Wie zuvor bei „Halloween“, „Freitag, der 13.“, „Texas Chainsaw Massacre“, „The Hills Have Eyes“ oder „A Nightmare On Elm Street“ wird nun auch „The Crow“ wahrscheinlich 2013 als Remake auf der Leinwand zu sehen sein ...

Filmographie:
1994 – „The Crow“
1996 – „The Crow: City Of Angels“
1998 – “The Crow: Stairway To Heaven” (TV-Serie, 22 Folgen)
2000 – “The Crow: Salvation”
2005 - "The Crow: Wicked Prayer"
2013 (?) – “The Crow” (Remake)

Playlist:
 
1 Graeme Revell - Birth Of The Legend (The Crow - Score) - 06:16
2 The Cure - Burn (The Crow - Soundtrack) - 06:39
3 Bush - In A Lonely Place (The Crow: City Of Angels - Soundtrack) - 06:01
4 Linda Perry feat. Grace Slick - Knock Me Out (The Crow: City Of Angels - Soundtrack) - 06:51
5 Graeme Revell - The Campanile (The Crow: City Of Angels - Score) - 04:10
6 Graeme Revell - The Crow Descends (The Crow - Score) - 02:30
7 Marco Beltrami - Alex Corvis' Execution (The Crow: Salvation - Score) - 04:05
8 Tricky - Antihistamine (The Crow: Salvation - Soundtrack) - 04:39
9 Peter Manning - Telling A Story (The Crow: Stairway To Heaven) - 03:04
10 Michael Hoenig - Track 31 (The Crow: Stairway To Heaven) - 02:50
11 Jamie Christopherson - Wedding Chapel (The Crow: Wedding Chapel) - 03:05

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