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Freitag, 14. Dezember 2012

Playlist # 100 vom 16.12.2012 (1) - MITTELERDE Special

Tolkiens heroisches, mehrteiliges Fantasy-Epos „Der Herr der Ringe“ hat sich seit seiner Veröffentlichung in den Jahren 1954 und 1955 zu einem der erfolgreichsten Romane überhaupt und zu einem Klassiker der Fantasy-Literatur entwickelt, das seither viele Nachahmer und Bewunderer gefunden hat. Nicht zuletzt durch Peter Jacksons kongeniale, mit imponierenden siebzehn Oscars bedachte Verfilmung der Trilogie zwischen 2001 und 2003 hat dieser Meilenstein des Fantasy-Genres ein noch größeres Publikum gefunden. Nun legt Peter Jackson nach: Mit „Der Hobbit: Eine unerwartete Reise“ fällt der Startschuss zu einer neuen Trilogie mit der Vorgeschichte zu „Der Herr der Ringe“.

Als Tolkien 1954 den ersten Band von „Der Herr der Ringe“ veröffentlichte, behauptete die Londoner „Sunday Times“, die Welt ließe sich fortan in zwei Arten von Menschen einteilen: „Die, die ‚Der Herr der Ringe‘ gelesen haben, und die, die es noch tun werden.“ Tolkien hatte nicht nur ein Epos erschaffen, das sich mit den klassischen Legenden von Homer oder den nordischen Mythen messen lassen konnte, es war dabei so packend und allgemeingültig geschrieben, dass Leser aller Altersgruppen und Nationalitäten von den Ereignissen in Mittelerde gefesselt wurden.
In „Die Gefährten“ erbt der schüchterne Hobbit Frodo Beutlin einen mächtigen Ring, der es Sauron, dem abgrundtief bösen Herrn von Mordor, erlauben würde, Mittelerde zu beherrschen und ihre Völker zu versklaven. Um dies zu verhindern, müssen Frodo und seine aus Menschen, Hobbits, einem Zauberer, einem Zwerg und einem Elfen zusammengesetzten Gefährten den Ring in die Schicksalsklüfte werfen und im dortigen Feuer, wo Sauron den Ring einst schmiedete, für immer zerstören. Um dorthin zu gelangen, müssen Frodo und seine Freunde den Ring über ganz Mittelerde transportieren und dabei das vom Dunklen Herrn und seinen Armeen von Orks regierte Feindesgebiet durchqueren. Doch die Gefahren während der Reise lauern nicht nur von außen, sondern auch Uneinigkeiten innerhalb der Truppe und der zersetzende Einfluss des Ringes selbst tragen dazu bei, die Mission zu einem schwierigen Unterfangen werden zu lassen.
Mit der Erschaffung der ganz eigenen Welt von Mittelerde lud Tolkien seine Leser ein, in eine weit entfernte fantastische Welt einzutauchen. Dabei ging es auch um zutiefst menschliche Themen. Seit der Veröffentlichung der ersten Paperback-Ausgabe in den USA im Jahre 1965 entwickelte sich der erste Band von „Der Herr der Ringe“ zu einem beispiellosen Bestseller, der jede neue Generation davon zu überzeugen verstand, an die Unendlichkeit der menschlichen Vorstellungskraft zu glauben. Gleichzeitig wurde das Buch zum Symbol der Gegenkultur, die die vorherrschenden Themen von Umweltbewusstsein und Auflehnung gegen die Kräfte der Korruption und Krieg aufgriff und für sich beanspruchte. Tolkiens Trilogie wurde nicht nur zur literarischen Ikone dieser Zeit, sondern begründete sogleich ein ganz neues Unterhaltungsgenre. Fantasy lautete das Zauberwort, unter dessen Banner ein milliardenschwerer Markt für Bücher, Filme, Rollenspiele, Comichefte und Computerspiele entstand.
Es sollte aber über vierzig Jahre dauern, bis die Filmtechnologie so ausgereift war, den von Tolkien geschaffenen Mythos, die Landschaften und Figuren auf Zelluloid umzusetzen. Peter Jackson gelang es mit einer logistischen Meisterleistung, alle drei Teile parallel innerhalb von zwei Jahren in Neuseeland zu produzieren. Der neuseeländische Filmemacher, der in Werken wie „Heavenly Creatures“ (1994) oder „The Frighteners“ (1996) bewiesen hatte, dass er Träume, Fantasien und Albträume visuell überzeugend zum Leben erwecken konnte, setzte sich mit der Leidenschaft eines wahren Bewunderers von Tolkiens Mittelerde daran, „Der Herr der Ringe“ in seiner ganzen Pracht und vollen Länge auf die Leinwand zu bringen.
„Ich hatte nur ein Ziel vor Augen: Ich wollte das Publikum auf eine glaubhafte und überzeugende Weise in die fantastische Welt von Mittelerde befördern. Ich wollte alle großen Momente des Buchs nehmen und die modernsten Technologien einsetzen, um den Zuschauern Abende im Kino zu schenken, die sie niemals vergessen werden“, war der Anspruch von Peter Jackson, für den der Kampf zwischen Gut und Böse, Natur und Maschinen, Freundschaften und den Mächten der Verderbtheit das zentrale Thema bei der Verfilmung waren. „All die großen Themen der Trilogie werden in ‚Die Gefährten‘ vorgestellt. Am offensichtlichsten ist natürlich der Kampf zwischen Gut und Böse, aber es geht auch darum, wie Freundschaft selbst in einer Zeit des Umsturzes und riesiger Veränderungen überdauert. Diese Themen sollten das Rückgrat unseres Films werden.“ 
Natürlich war sich Jackson bei der Bewältigung des Mammut-Projekts stets bewusst, das Vertrauen von Millionen Tolkien-Fans nicht enttäuschen zu dürfen. Aber auch die Kritiker sollten von der neunstündigen Mischung aus New-Age-Esoterik und Mittelalter-Romantik überzeugt werden. Das Experiment ist geglückt: „Es ist eine Geschichte der Bewährung. Immer neue Erfahrungen und Opfer machen ihren Helden weiser, aber auch trauriger. Ein düsterer Stoff, der das Bedürfnis nach vormoderner Irrationalität und der schicksalhaften Bedeutung des Einzelnen ebenso bedient wie die rationale Sehnsucht nach dem glücklichen Ausgang des eigenen Lebens“, fasst Jürgen Müller in „Filme der 2000er“ zusammen. „Ohne gänzlich moderne Computertechnologie allerdings wäre Jacksons Sieg über die wirkliche Welt undenkbar gewesen. Normalwüchsige Schauspieler wurden auf Hobbit-Größe geschrumpft, eigens entwickelte Programme schufen scheußliche Monster und riesige Heerscharen, die sich in atemberaubenden Pixel-Schlachten gegenseitig zermalmen.“ (Taschen, S. 95)
Ungewöhnlich war auch die Wahl des Komponisten. Howard Shore hat sich bis dato als Hauskomponist des kanadischen Filmemachers David Cronenberg („Videodrome“, „Naked Lunch“, „A History Of Violence“) und zu Serienkiller-Meilensteinen wie Jonathan Demmes „Das Schweigen der Lämmer“, Tarsem Singhs „The Cell“ und David Finchers „Sieben“ als Meister sehr düsterer Kompositionen etabliert. Um sich auf die Arbeit an Peter Jacksons „Herr der Ringe“-Trilogie vorzubereiten, studierte Shore nicht nur die Bücher, sondern machte sich in Neuseeland während der Dreharbeiten ein Bild von der Atmosphäre der Verfilmung.
Am Ende verwendete der Komponist die von Richard Wagner etablierte Leitmotiv-Technik und schrieb für verschiedene Lokalitäten, Völker, Personen und Handlungselemente der Geschichte je eigene Themen, die sich im Fortgang der Geschichte entsprechend verändern. Neben dem Einsatz von eindrucksvollen Chören wartet jeder Soundtrack auch mit je einem von populären Sängerinnen interpretierten Song auf. So ist Enya mit „May It Be“ auf dem Soundtrack-Album von „Die Gefährten“ zu hören, Emiliana Torrini mit „Gollum’s Song“ auf „Die zwei Türme“ und Annie Lennox mit dem Oscar-prämierten „Into The West“ im abschließenden „Die Rückkehr des Königs“.
Obwohl Peter Jackson bei seinem nächsten gigantischen Filmprojekt mit der Arbeit von Howard Shore nicht zufrieden war und „King Kong“ von James Newton Howard vertonen ließ, kehrte Shore bei „Der Hobbit“ wieder zu Peter Jacksons Team zurück. Mit „Der Hobbit“ werden die Ereignisse rekapituliert, die gut sechzig Jahre vor „Der Herr der Ringe“ ihren Anfang nahmen: Der angesehene Hobbit Bilbo Beutlin wird von dem großen Zauberer Gandalf gebeten, den Zwergen zu helfen, ihre Heimat Erebor gegen den Drachen Smaug zu verteidigen. Die von dem legendären Krieger Thorin Eichenschild angeführte Truppe aus Zwergen unternimmt eine gefährliche Reise durch Orkhöhlen und dunkle Wälder bis zum Hort des Drachen. Dabei begegnet Bilbo in den Goblin-Tunneln einem Wesen, das sein Leben für immer verändern wird: Gollum besitzt nämlich den einen Ring, der über das Schicksal von Mittelerde entscheiden wird …
Bei der Kritik fiel der erste Teil der „Hobbit“-Trilogie weitgehend durch. Hart ins Gericht gingen sie nicht nur mit der neuen HFR-Technik, die den Bildern jegliche Unschärfe und Magie zu rauben scheint, sondern auch mit der Inszenierung an sich:
‘Der Hobbit‘ ist die eindringliche Demonstration, dass man die gerade aufkommende HFR-Technik am besten gleich wieder einstampfen sollte. Dank digitaler HFR-Optik verkommt Mittelerde zur visuellen Seifenoper und an einigen Stellen hat man tatsächlich das Gefühl, dass man hier die Kulissen einer Schulaufführung sieht, so wie hier die Künstlichkeit ins Schaufenster gestellt wird. Da es Peter Jackson auch nicht gelingt, auf erzählerischer Ebene das Ruder herumzureißen, sollte man die Erwartungshaltung deutlich absenken. Dank Slapstickoverkill und Homevideooptik kommt kaum Stimmung auf und durch die Ausdehnung der Geschichte auf drei Filme, ist das Erzähltempo auch etwas schleppend. Aus der Sicht eines wohlwollenden ‚Herr der Ringe‘-Fans, kann man sich ‚Der Hobbit‘ durchaus als nettes Abenteuer für Zwischendurch ansehen, da es erlaubt, etwas mehr Zeit in Mittelerde zu verbringen - aber die Probleme des Films kann man eigentlich kaum übersehen. Und man sollte sich bloß kein packendes Epos a lá ‚Der Herr der Ringe‘ erwarten“, resümiert Michael Föls beispielsweise auf filmering.at
Über jeden Zweifel erhaben ist dagegen einmal mehr Howard Shores berauschend schöne Musik, die ohnehin schon mal als Doppel-CD erscheint und als Limited Edition sogar sechs Bonustracks, sieben erweiterte Tracks und ein reich bebildertes Booklet bereithält.
Playlist:
1 Howard Shore - My Dear Frodo (The Hobbit: An Unexpected Journey) - 08:03
2 Howard Shore - The Prophecy (The Lord of the Rings: The Fellowship of the Ring) - 03:55
3 Howard Shore - The Leave Taking (The Lord of the Rings: The Two Towers) - 03:41
4 Howard Shore - Lothlorien (The Lord of the Rings: The Fellowship of the Ring) - 04:33
5 Howard Shore - Radagast The Brown (The Hobbit: An Unexpected Journey) - 06:40
6 Enya - May It Be (The Lord of the Rings: The Fellowship of the Ring) - 04:16
7 Emiliana Torrini - Gollum's Song (The Lord of the Rings: The Two Towers) - 05:50
8 Annie Lennox - Into The West (The Lord of the Rings: The Return of the King) - 05:47
9 Howard Shore - Samwise The Brave (The Lord of the Rings: The Two Towers) - 03:45
10 Howard Shore - The Return Of The King (The Lord of the Rings: The Return of the King) - 10:17

Soundtrack Adventures with the Lord of the Rings and the Hobbit at Radio ZuSa by Dirk Hoffmann on Mixcloud

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