Sonntag, 13. April 2025
Als Iceman in „Top Gun“, als Verkleidungskünstler ohne
Namen in „The Saint“, als Batman in „Batman Forever“ oder als
Frontmann Jim Morrison in Oliver Stones Biopic „The Doors“
hat Hollywood-Star Val Kilmer ebenso seine Spuren hinterlassen wie in Michael
Manns Gangster-Epos „Heat“ oder Ron Howards Fantasy-Klassiker
„Willow“. Am 1. April 2025 verstarb der zuvor bereits an Kehlkopfkrebs
erkrankte Hollywood-Star im Alter von 65 Jahren an den Folgen einer
Lungenentzündung.
Val Edward Kilmer wurde am 31. Dezember 1959 in Los
Angeles als Sohn eines Händlers für Raumfahrtausrüstung sowie
Immobilienentwicklers und einer schwedisch-stämmigen Mutter geboren und besuchte
zunächst die von der neuen religiösen Bewegung „Christian Science“ geführte Berkeley
Hall School bis zur neunten Schulstufe, wechselte dann zunächst an die Chatsworth
High School, an der er zusammen mit Kevin Spacey und Mare
Winningham erste Schauspielerfahrungen sammelte, und später an die Hollywood
Professional School, eine private Schauspielschule für Kinder und
Jugendliche. 1977 begann Kilmer schließlich im Alter von 17 Jahren
sein Studium an der Fakultät für Schauspiel („Drama Division“) der
Juilliard School in New York City, das er 1981 abschloss.
Nachdem er den Orestes in „Electra und Orestes“
gespielt hatte sowie die Titelrollen in „Richard III.“ und „Macbeth“,
fungierte er als Koautor des Theaterstücks „How It All Began“ nach der
gleichnamigen Autobiografie des West-Berliner Linksterroristen Michael
Baumann.
Sein Broadway-Debüt gab er 1983 in „Slab Boys“, wo er
gemeinsam mit Sean Penn und Kevin Bacon auf der Bühne stand, wo
man ihn darüber hinaus in „Heinrich IV., Erster Teil“ von William
Shakespeare wie auch als Hauptdarsteller in „Wie es euch gefällt“ am
Tyrone Guthrie Theatre in Minneapolis sah. Nach weiteren Theaterstücken
gab Kilmer sein Spielfilm-Debüt im Jahr 1984 in der Komödie „Top
Secret!“ von Jim Abrahams und Jerry Zucker, in der er eine
Parodie auf Rock-’n’-Roll-Sänger und im Besonderen Elvis Presley
ablegte. Es folgte die Rolle eines Studenten in der Komödie „Was für ein
Genie“. Der Durchbruch gelang ihm dann 1986 als Kampfpilot Iceman,
der Antagonist von Tom Cruise, in Tony Scotts Blockbuster-Erfolg „Top
Gun“. Anschließend sah man ihn in Ron Howards Fantasy-Epos „Willow“
(1988), in John Dahls Erotik-Thriller „Kill Me Again“ (1989)
und in Michael Apteds True-Crime-Mystery-Western „Halbblut“
(1992).
In Oliver Stones Biopic „The Doors“ (1991) verkörperte
Kilmer die Rock-Legende Jim Morrison und sang alle
Konzert-Sequenzen selbst. Nach Tony Scotts Gangster-Romantik-Thriller „True
Romance“ (1993), Russell Mulcahys Thriller-Drama „Karen McCoy –
Die Katze“ (1993) und dem Western „Tombstone“ (1993), agierte Kilmer
auch als Hauptdarsteller in Joel Schumachers „Batman Forever“ (1995)
in der Rolle des gleichnamigen Comichelden.
Nach den Dreharbeiten zu Michael Manns „Heat“
an der Seite von Robert De Niro und Al Pacino nahm Kilmer John
Frankenheimers „DNA – Die Insel des Dr. Moreau“ (1996) und Stephen
Hopkins‘ Abenteuer-Drama „Der Geist und die Dunkelheit“ (1996) in
Angriff, in denen er beide Male die Hauptrollen spielte.
Nach den Flops mit der Leinwandadaption der Fernsehserie „The
Saint“ (1997), dem romantischen Drama „Auf den ersten Blick“ (1999) und
dem Science-Fiction-Drama „Red Planet“ (2000) wurde es wesentlich
ruhiger um Val Kilmer. Er war entweder in Low-Budget-Produktionen wie „Hard
Cash – Die Killer vom FBI“ (2002) oder „Blind Horizon“ (2003) zu
sehen oder in Nebenrollen größerer Filme. So engagierte ihn unter anderem Ron
Howard für eine Nebenrolle in seinem Westerndrama „The Missing“
(2003), und auch Oliver Stone arbeitete 2004 mit erneut mit Kilmer
in seinem Historienfilm „Alexander“ zusammen, besetzte ihn in einer
Nebenrolle als Filmvater von Hauptdarsteller Colin Farrell. 2004 spielte
er Moses im Musical The Ten Commandments in Los Angeles. 2006 arbeitete
Kilmer zudem ein weiteres Mal mit Tony Scott, mit dem er zu Beginn seiner
Laufbahn schon Top Gun gedreht hatte, zusammen und übernahm eine größere
Rolle in dessen Thriller „Déjà Vu – Wettlauf gegen die Zeit“ (2006), wo
er an der Seite von Hauptdarsteller Denzel Washington agierte.
Val Kilmer stand zunehmend für diverse
Fernsehproduktionen vor der Kamera, darunter „The Man Who Broke 1000 Chains“
und „Gore Vidal’s Billy The Kid“. In den 2000er-Jahren war er zudem
immer häufiger in Direct-to-DVD-Filmen wie „Spartan“ (2004), „Mindhunters“
(2004), „Played – Abgezockt“ (2006) und „Summer Love“ (2006)
sowie Fernsehserien wie „Numb3rs – Die Logik des Verbrechens“, „Entourage“
und „Comanche Moon“ zu sehen. 2008 übernahm er die Synchronisation für K.I.T.T.
in der Neuauflage der Fernsehserie „Knight Rider“.
Val Kilmer und seine Filmkarriere sind Gegenstand der
2021 veröffentlichten Dokumentation „Val“, die von Leo Scott und Tong
Poo verantwortet wurde. Als Grundlage dienten Kilmers eigene
Filmaufnahmen, die er während verschiedener Dreharbeiten anfertigte. Auch sein
Gesundheitszustand wurde thematisiert.
In „Top Gun: Maverick“ (2022), dem Sequel von „Top
Gun“, hat Kilmer einen kurzen Auftritt als Admiral Tom „Iceman“ Kazanski,
der wie Kilmer an Kehlkopfkrebs leidet. Dies war sein letzter Aufritt in
einem Film.
1984: Top Secret!
1985: Junge Schicksale (ABC Afterschool Specials, Fernsehserie, Folge 13x07)
1985: Was für ein Genie (Real Genius)
1986: Mord in der Rue Morgue (The Murders in the Rue Morgue, Fernsehfilm)
1986: Top Gun – Sie fürchten weder Tod noch Teufel (Top Gun)
1987: Escape – Die Flucht (The Man Who Broke 1,000 Chains, Fernsehfilm)
1988: Willow
1989: Billy the Kid: Gejagt bis in den Tod (Billy the Kid, Fernsehfilm)
1989: Kill me again (Kill Me Again)
1991: The Doors
1992: Halbblut (Thunderheart)
1993: True Romance
1993: Karen McCoy – Die Katze (The Real McCoy)
1993: Tombstone
1995: Wings of Courage (Kurzfilm)
1995: Batman Forever
1995: Heat
1996: DNA – Die Insel des Dr. Moreau (The Island of Dr. Moreau)
1996: Der Geist und die Dunkelheit (The Ghost and the Darkness)
1997: The Road of Excess (Dokumentarfilm, Kurzfilm)
1997: The Saint – Der Mann ohne Namen (The Saint)
1997: Dead Girl
1998: Der Prinz von Ägypten (The Prince of Egypt, Zeichentrickfilm, Stimme im Original)
1999: Joe the King
1999: Auf den ersten Blick (At First Sight)
2000: Pollock
2000: Red Planet
2002: The Salton Sea
2002: Hard Cash – Die Killer vom FBI
2003: The Missing
2003: Blind Horizon – Der Feind in mir (Blind Horizon)
2003: Wonderland
2003: Masked and Anonymous
2004: Spartan
2004: Mindhunters
2004: Entourage (Fernsehserie, Folge 1x05)
2004: Trudell
2004: Stateside
2004: Alexander
2005: Champion
2005: Kiss Kiss, Bang Bang
2006: Streets of Philadelphia – Unter Verrätern (10th & Wolf)
2006: Played – Abgezockt (Played)
2006: Summer Love
2006: The Ten Commandments: The Musical
2006: Déjà Vu – Wettlauf gegen die Zeit (Déjà Vu)
2006: Moscow Zero – Eingang zur Hölle (Moscow Zero)
2007: Numbers – Die Logik des Verbrechens (NUMB3RS, Fernsehserie, Folge 4x01)
2007: Comanche Moon
2007: Have Dreams, Will Travel
2008: Columbus Day – Ein Spiel auf Leben und Tod (Columbus Day)
2008: Conspiracy – Die Verschwörung (Conspiracy)
2008: Felon
2008: XIII – Die Verschwörung (XIII)
2008: 2:22
2008–2009: Knight Rider (Fernsehserie, K.I.T.T. im Original)
2009: Bad Lieutenant – Cop ohne Gewissen (Bad Lieutenant: Port of Call New Orleans)
2009: Frozen – Etwas hat überlebt (The Thaw)
2009: Streets of Blood
2009: Double Identity (Fake Identity)
2009: Das Chaos Experiment (The Steam Experiment)
2009: Hardwired
2009: Double Identity – Zur falschen Zeit am falschen Ort (Double Identity)
2010: Bloodworth – Was ist Blut wert? (Bloodworth)
2010: MacGruber
2010: The Traveller – Nobody Will Survive (The Traveler)
2010: Gun
2011: Blood Out
2011: Bulletproof Gangster (Kill the Irishman)
2011: 5 Days of War
2011: Twixt
2012: The First Ride of Wyatt Earp (Wyatt Earp’s Revenge)
2012: Deep in the Heart
2012: Breathless – Immer Ärger mit Dale (Breathless)
2012: 7 Below – Haus der dunklen Seelen (Seven Below)
2013: Riddle – Jede Stadt hat ihr tödliches Geheimnis (Riddle)
2013: Palo Alto
2014: Psych (Fernsehserie, Folge 8x10)
2014: Tom Sawyer und Huckleberry Finn (Tom Sawyer & Huckleberry Finn)
2017: Song to Song
2017: Schneemann (The Snowman)
2017: The Super
2019: Jay and Silent Bob Reboot
2020: Paydirt
2021: The Birthday Cake
2021: Val (Dokumentarfilm)
2022: Top Gun: Maverick
01. Hans Zimmer & Lorne Balfe - Time To Let Go (Top Gun: Maverick) - 04:44
02. Harold Faltermeyer - Top Gun Theme (Top Gun) - 04:44
03. Maurice Jarre - Happy Ending (Top Secret!) - 02:57
04. James Horner - This Land Is Not For Sale / End Titles (Thunderheart) - 08:24
05. James Horner - Elora Danan (Willow) - 09:50
06. Hans Zimmer - You're So Cool / Main Title (True Romance) - 02:28
07. Brad Fiedel - Off To Brazil (The Real McCoy) - 02:37
08. Bruce Broughton - A Family (Tombstone) - 02:05
09. Elliot Goldenthal - Finale (Heat) - 03:11
10. Elliot Goldenthal - Memory Repressed / Love (Batman Forever) - 02:36
11. Hans Zimmer - Setis Reprimand (The Prince of Egypt) - 04:43
12. Jerry Goldsmith - First Time (The Ghost and the Darkness) - 04:02
13. Gary Chang - The Serum (The Island of Dr. Moreau) - 02:38
14. Graeme Revell - Alone (Red Planet) - 02:13
15. Graeme Revell - Main Title (The Saint) - 06:27
16. Mark Isham - You Don't See Me (At First Sight) - 03:38
17. Mark Isham - Looking For Clues / Daryl Story (Bad Lieutenant: Port of Call New Orleans) - 04:16
18. Jeff Beal - Unfinished (Pollock) - 04:08
19. Thomas Newman - One Red Hair (The Salton Sea) - 05:12
20. James Horner - Lilly's Fate In These Hands (The Missing) - 06:43
21. Tuomas Kantelinen - Mindhunters Theme II (Mindhunters) - 03:00
22. Vangelis - Gardens Of Delight (Alexander) - 05:23
23. John Ottman - Surveillance Lesson (Kiss Kiss Bang Bang) - 03:22
24. Brian Tyler - Affirmations (Standing Up) - 03:45
25. Marco Beltrami - Main Titles (The Snowman) - 03:29
26. The Doors - The End (The Doors) - 11:43
Dienstag, 1. April 2025
Playlist #420 vom 06.04.2025 - Neuheiten 2025 (2)
Es scheint eine zunehmend beliebtere Praxis zu sein,
Höhepunkte im Schaffen populärer Komponisten in Zusammenstellungen neuer
Arrangements zu präsentieren. So hat Sony Classical nach „The World of Hans
Zimmer – A New Dimension“ nun einen zweiten Teil mit Arbeiten von Hans
Zimmer in neuen Aufnahmen als Doppel-CD veröffentlicht, und auch die
Deutsche Grammophon legt mit „Anthology – The Paris Concerts“ ein
Doppel-Album mit Live-Aufnahmen der bekanntesten Arbeiten von Howard Shore
vor. Ansonsten gibt es in der heutigen Neuheiten-Sendung wieder einen
unterhaltsamen Mix aus elektronischen und Orchesterklängen mit Chören und exotischen
Instrumenten zu hören. Komponisten wie Alexandre Desplat, Dominic Lewis,
Jeff Russo, Volker Bertelmann, Jeff Beal, Paul Leonard-Morgan, Lorne Balfe
und viele andere haben nicht nur neue Musik zu Serien wie „The Wheel of
Time“ und „A Thousand Blows“ kreiert, sondern auch zu etlichen neuen
Streaming- und Kinofilmen.
Nach Serien wie „Star Trek: Discovery“, „Star Trek: Picard“
und „Star Trek: Strange New Worlds“ kommt nun mit „Star Trek: Sektion
31“mal wieder ein „Star Trek“-Film ins Kino, der 23 Jahre nach „Star
Trek: Nemesis“ der erste „Star Trek“-Film ist, der in der Zeitlinie der
ursprünglichen Serien und Filme spielt.
Der Actionfilm mit Michelle Yeoh in der Hauptrolle
ist ein Spin-off der Fernsehserie „Star Trek: Discovery“ und sollte
ursprünglich die Pilotfolge einer neuen Serie werden. Yeoh spielt in dem Film,
wie zuvor in der Serie, die ehemalige Imperatorin aus dem Spiegeluniversum,
Philippa Georgiou. Sie schließt sich der titelgebenden geheimen Abteilung
„Sektion 31“ der Sternenflotte an, welche die Mission hat, die Vereinigte
Föderation der Planeten zu schützen. Die Musik dazu steuerte wie bereits zu den
vorangegangenen „Star Trek“-Serien Jeff Russo bei.
Ein Wiedersehen gibt es auch mit dem Abenteuerklassiker „Der
Graf von Monte Christo“, den „Die drei Musketiere“-Autor Alexandre
Dumas 1846 veröffentlicht hat. Das dreistündige Epos von Matthieu
Delaporte und Alexandre De La Patellière erzählt von dem jungen
Seefahrer Edmond Dantès (Pierre Niney), der im Jahr 1815 nach langem
Suchen endlich und endgültig das Glück gefunden zu haben scheint. Nicht nur
wird er zum Kapitän eines Schiffs befördert, sondern es steht auch die
langersehnte Heirat mit seiner großen Liebe Mercédès (Anaïs Demoustier)
an. Doch platzen seine Träume von einem Moment auf den anderen, als Edmond von
seinen Rivalen beschuldigt wird, Verbindungen zum abgesetzten Kaiser Napoleon
zu haben. Ohne stichhaltige Beweise wird der Bezichtigte kurzerhand verhaftet
und auf der Gefängnisinsel Chateau d’If in einen finsteren Kerker geworfen.
Mithilfe seines Zellennachbarn Abbé Faria (Pierfrancesco Favino) gelingt
ihm 14 Jahre später schließlich die waghalsige Flucht von der Insel, woraufhin
er sich auf einen ausgeklügelten Rachefeldzug gegen all diejenigen begibt, die
ihn damals durch falsche Anschuldigungen aus seinem Leben gerissen haben...
Den orchestralen Score komponierte Oscar-Gewinner Volker
Bertelmann, der bereits mit seinen Engagements zu Produktionen wie „Der
Name der Rose“, „War Sailor“ und „Im Westen nichts Neues“
Erfahrungen mit historischen Stoffen sammeln konnte.
„The Commoner“ von Vibeke Idsøe erzählt die
Geschichte zweier junger, sehr verliebter Menschen, die neun Jahre lang warten
mussten, um zu erfahren, ob sie ihr Leben miteinander teilen können. Das größte
Hindernis war die norwegische Verfassung, die besagt, dass der König das letzte
Wort darüber hat, wen der Kronprinz heiraten darf.
„Die Musik musste die Liebe, die Last der königlichen Pflicht, die Frustrationen, die öffentliche Angst und Wut darüber, dass diese Affäre die Monarchie gefährden könnte, und schließlich den endgültigen Sieg widerspiegeln. Da wir uns in einem königlichen Umfeld befinden, erschien es uns naheliegend, Hörner und Streicher als Hauptelemente der Partitur zu verwenden. Aber sowohl ich als auch die Regisseurin Vibeke Idsøe wollten die Geschichte zeitgenössisch erzählen, daher habe ich auch Synthesizer und Elektronik eingesetzt, mehr als ich es sonst tue“, erzählt Komponist Gaute Storaas von der Arbeit an der Musik, die auch einige Jazz-Einlagen bereithält.
Die Literaturverfilmung „The Safe House“ durch den
Schweizer Filmemacher Lionel Baier erzählt von einem neunjährigen
Jungen, dessen Eltern an den 1968er-Protesten in Paris teilnehmen, während er
bei seinen Großeltern und Onkeln zurückbleibt. Inmitten der turbulenten
Atmosphäre der Zeit nimmt das alltägliche Leben in der Wohnung seinen Lauf,
geprägt von exzentrischen Gewohnheiten und lebhaften Diskussionen. Die Ankunft
eines illustren Gastes bringt jedoch eine spürbare Veränderung mit sich. Die
Dynamik innerhalb der Familie verschiebt sich, Allianzen werden auf die Probe
gestellt, und der Junge erlebt hautnah, wie persönliche und gesellschaftliche
Umbrüche miteinander verflochten sind.
„Der Film balanciert stets zwischen schräg/seltsam und wahrhaftig/ernst. Nachdem wir verschiedene musikalische Ansätze ausprobiert hatten, die immer wieder neue Ideen für eine straffere Schnittführung lieferten, endeten wir mit rasanten Drum-Grooves, ergänzt durch jazzige Solisten. An vielen Stellen genügten sehr reduzierte musikalische Texturen, gespielt von verschiedenen Live-Instrumenten. Um das schnelle Tempo von Schnitt und Dialog zu verstärken, nahmen wir verschiedene organische, stimmungsvolle Jazz-Drum-Grooves auf“, erzählen die drei Komponisten Diego Baldenweg, Nora Baldenweg und Lionel Baldenweg. „Für die intimeren Momente suchten wir nach Möglichkeiten, den Protagonisten so nahe wie möglich zu sein. Statt auf Elektronik oder ein komplettes Orchester zu setzen, entschieden wir uns, hauptsächlich mit Blasinstrumenten zu arbeiten, und baten die Musiker, mit den Bewegungen der Protagonisten musikalisch zu atmen. Basierend auf unseren musikalischen Arrangements und Noten baten wir um Interpretationen und lockere Improvisationen mit Trompete, Flöte, Bassflöte, Okarina, Klarinette, Bassklarinette, Kontrabass und Klavier. Die Verbindung der lebendigen, groovigen Drums mit den intimen, organischen Blasinstrumenten, gekleidet in warmen Vintage-Plattenhall, verlieh dieser Filmmusik eine fesselnde 70er-Jahre-Vibe.“Mit „The World of Hans Zimmer – A New Dimension: Part II“ präsentiert Sony Classical die Fortsetzung der Compilation mit neu eingespielten Arrangements von Hans Zimmers bekanntesten Arbeiten, darunter Suiten aus den Scores zu „Man of Steel“, „Driving Miss Daisy“, „Dune II“, „The Lion King“, „Interstellar“, „No Time to Die“, „Sherlock Holmes“, „Inception“, „Gladiator“ und „Power of One“.
„Es gibt viele schreckliche Dinge, die man über Hollywood sagen kann, und alle davon sind wahr, aber die eine Sache, die man Hollywood nicht absprechen kann, ist, dass es wohl mehr orchestrale Musik in Auftrag gibt als jede andere Institution und so jeden Tag dafür sorgt, sowohl orchestrale Musik als auch die Orchester an sich am Leben zu erhalten“, schwärmt Hans Zimmer im ausführlichen Booklet zur neuen Album-Veröffentlichung zu den Möglichkeiten, seine Musik mit einem Orchester aufnehmen zu können. „Den Stolz, den ich angesichts dieses Konzerts empfinde, bezieht sich darauf, es mit euch zu teilen, nicht so sehr meine Musik, aber die Meisterschaft und Menschlichkeit der Musiker*innen. Ohne sie würde es nur Stille geben, und es ist eine Ehre, diese Stille mit der Exzellenz, Fähigkeit und Seele eines Orchesters zu durchbrechen.“
Entstanden ist „The World of Hans Zimmer – A New
Dimension: Part II“ zudem mit einem herausragenden Ensemble von
Solist*Innen, darunter die Sänger*Innen Lebo M, Lisa Gerrard, Gan-ya Ben-gur
Akselrod und Nokukhanya Dlamini, der Multi-Holzbläser Pedro
Eustache, Bassist Juan García-Herreros, Gitarrist Alexios Anest,
Pianistin Eliane Correa, Cellistin Mariko Muranaka, Violinistin Rusanda
Panfili sowie die Percussionisten Aleksandra Šuklar, Luis Ribeiro
und Lucy Landymore. Diese spielen gemeinsam mit dem Odessa Orchestra
& Friends und dem Nairobi Chamber Choir unter der Leitung von
Dirigent Gavin Greenaway.
Ähnlich imposant ist die „Anthology – The Paris Concerts“
von Howard Shore ausgefallen, die die Deutsche Grammophon ebenfalls als
Doppel-CD im Digipak mit ausführlichem Booklet veröffentlicht hat. Die Musik
wurde 2023 im Rahmen des „Week-End Howard Shore“ von Radio France vom Gelblabel
mitgeschnitten, ein mitreißendes Klangerlebnis unterschiedlichster Stile und
Jahrzehnte mit Highlights seiner bekannten Soundtracks, darunter „The Fly“,
„Naked Lunch“, „Ed Wood“, „Crash“, „Eastern Promises“ und natürlich „The
Lord of the Rings“ oder „The Hobbit“, aber auch das zart verspielte
Catania für Klavier solo. Das Orchestre Philharmonique de Radio France
unter Leitung von Ludwig Wicki und Bastien Stil spielt die
Orchesterwerke, Le Balcon unter Mike Schäperclaus die
Kammermusik.
Playlist:
01. Jeff Russo - Philippa Returns (Star Trek: Section 31) - 03:1602. Volker Bertelmann - There Is No Time (The Count of Monte Christo) - 04:44
03. Dominic Lewis - Desert Details (Love Hurts) - 04:16
04. Dominic Lewis - Coat Check (Dope Thief) - 04:59
05. Not A Robot - Moonlight (Jade) - 04:24
06. Emilie Levienaise-Farrouch - I'm In Teheran (The Agency) - 03:41
07. Alexandre Desplat - There Was Another Man (Lee) - 06:21
08. Erez Koskas - Stop The Truck (The World Will Tremble) - 03:22
09. Volker Bertelmann - Family Members (Delicious) - 03:11
10. Alan Silvestri - The Dr. With the Glasses (The Electric State) - 04:25
11. Federico Jusid - Indigo Jeremy Sends His Regards (A Thousand Blows: Season 1) - 04:01
12. Paul Leonard-Morgan - Cielo Drive (Chaos: The Manson Murders) - 03:58
13. Paul Leonard-Morgan - Seoul Apartment (Inheritance) - 03:37
14. Steven Price - Forgive Me (Los Frikis) - 02:32
15. Lorne Balfe - Bring the Dawn (The Wheel of Time: Season 3) - 04:20
16. Lorne Balfe & Andrew Kawczynski - Last Known Residence (Novocaine) - 03:55
17. Trent Reznor & Atticus Ross - The Shivering World (The Gorge) - 04:16
18. David Holmes - She's Not Selling She's Buying (Black Bag) - 03:01
19. David Fleming - Circus (The Alto Knights) - 03:04
20. Jeff Russo - Hard Truth (Zero Day) - 03:47
21. Gaute Storaas - Dagny's Lament (The Commoner) - 05:16
22. Jeff Beal - Finding Her Voice (Rule Breakers) - 03:01
23. Zack Ryan - Presence (Presence) - 02:01
24. Diego Baldenweg, Lionel Baldenweg & Nora Baldenweg - Revolution (La cache) - 03:30
25. Dominik Scherrer - Farewell, Sister (Miss Austen) - 03:32
26. Dustin O'Halloran - Memory Box (Bridget Jones: Mad About the Boy) - 03:09
27. Hans Zimmer - Dune II Suite: Part 2 (A New Dimension - Part II) - 04:27
28. Howard Shore - Esther Khan [Paris Suite] (Anthology - The Paris Concerts) - 03:32
29. Marcelo Zarvos - Late Night Call (Good American Family) - 03:16
30. Paul Leonard-Morgan - Please Come Home (Last Breath) - 08:13
Sonntag, 16. März 2025
Playlist #419 vom 23.03.2025 - WILL PATTON Special
Will Patton zählt fraglos zu den vielseitigsten
Schauspielern in Hollywood, ist während seiner langen Karriere oft neben Kevin
Costner („Postman“, „Yellowstone“, „Horizon: Eine amerikanische Saga“)
vor der Kamera zu sehen gewesen und machte in preisgekrönten Dramen wie „Silkwood“,
„Ein Aufstand alter Männer“, „Everybody Wins“ und „Die Geschichte vom Spitfire Grill“
eine ebenso überzeugende Figur wie in Thrillern („Der Klient“, „No Way Out“,
„Copykill“, „The November Man“) oder Horror-Schockern („The Mothman
Prophecies“, „Halloween“).
Er ist nicht nur aus populären Fernsehserien wie
„Outer Range“, „Falling Skies“ „Silo“ und „Yellowstone“ bekannt,
sondern fühlt sich auch auf Theaterbühnen zuhause und spricht seit 1986 mit
wachsendem Erfolg Hörbücher von Autoren wie Stephen King, James Lee Burke,
Annie Proulx, Al Gore, Jack Kerouac oder William Faulkner ein.
William Rankin Patton wurde am 14. Juni 1954 in
Charleston, South Carolina, als ältester von drei Kindern geboren und wuchs auf
einer Farm auf, wo seine Eltern ein Pflegeheim für schwer erziehbare Teenager
führten. Den Sinn für die Schauspielerei hat er seinem Vater zu verdanken, der
Stücke schrieb und als Schauspiel- und Regielehrer tätig war. Patton
studierte an der North Carolina School of the Arts und am Actors
Studio Schauspielerei. Seine erste größere Rolle hatte er 1982 in der
Fernsehserie „Ryan’s Hope“.
Nach kleineren Rollen in Filmen wie „Silkwood“
(1983), „Susan … verzweifelt gesucht“
und „Die Zeit nach Mitternacht“
(beide 1985) hatte Patton seine erste größere Rolle in Roger
Donaldsons Thriller „No Way Out“, seiner ersten Zusammenarbeit mit Kevin
Costner. 1997 war er in der Rolle des General Bethlehem in „Postman“
(1997) erneut als Gegenspieler von Costner zu sehen. Er
porträtierte Trainer Bill Yoast in „Gegen jede Regel“ (2000) und
FBI-Agent Melvin Purvis in dem 1991 für das Fernsehen gedrehten Film „Dillinger“.
Spätere Produktionen, an denen er beteiligt war, sind „Der
Klient“ (1994), „Copycat“ (1995), „The Spitfire Grill“
(1996), „Verlockende Falle“ (1999), Michael Bays „Armageddon –
Das jüngste Gericht“ (1998), „Nur noch 60 Sekunden“ (2000), „Die
Mothman Prophezeiungen“ (2002), „The Punisher“ (2004), „Die
vierte Art“ (2009), „Brooklyn‘s Finest“ (2010), „Minari“
(2020) und „The Forever Purge“ (2021) oder Rollen in den Fernsehserien „Numbers
– Die Logik des Verbrechens“ und „24“. Darüber hinaus ist Patton
regelmäßig am Theater tätig. Er erhielt zwei Obie Awards als Bester
Schauspieler für seine Darstellungen in Sam Shepards „Fool for
Love“ und in dem Stück „What Did He See?“ von Richard Foreman.
Von 2011 bis 2015 war er in der Rolle des Captain Weaver in der
Science-Fiction-Serie „Falling Skies“ zu sehen.
Weitere Bekanntheit erreichte er durch die Hauptrolle des
Officers Frank Hawkins, die er von 2018 bis 2022 in allen drei Filmen der von David
Gordon Green inszenierten Trilogie der „Halloween“-Filmreihe
spielte. Zuletzt stand Patton erneut mit Kevin Costner vor der
Kamera, um an dessen Realisierung des ultimativen Western mitzuwirken. Die
ersten beiden der insgesamt vier Teile von „Horizon: Eine amerikanische
Saga“ sind bereits zu sehen.
Filmographie:
1979: Minus Zero
1981: Tod auf dem Campus (Kent State, Fernsehfilm)
1982: Ryan’s Hope (Fernsehserie, 2 Episoden)
1983: Variety
1983: King Blank
1983: Silkwood
1984–1985: Search for Tomorrow (Fernsehserie, 34 Episoden)
1985: Susan … verzweifelt gesucht (Desperately Seeking Susan)
1985: Die Zeit nach Mitternacht (After Hours)
1985: The Beniker Gang
1987: No Way Out – Es gibt kein Zurück (No Way Out)
1987: Ein Aufstand alter Männer (A Gathering of Old Men)
1988: Stars and Bars – Der ganz normale amerikanische Wahnsinn (Stars and Bars)
1988: Wildfire
1989: Signs of Life
1990: Everybody Wins
1991: Dillinger – Staatsfeind Nr. 1 (Dillinger, Fernsehfilm)
1991: Dunkle Erleuchtung (The Rapture)
1993: Romeo Is Bleeding
1993: The Paint Job
1994: Tod in Bangkok (Natural Causes)
1994: Der Klient (The Client)
1994: Puppet Masters – Bedrohung aus dem All (The Puppet Masters)
1995: Copykill (Copycat)
1995–1997: VR.5 (Fernsehserie, 5 Episoden)
1996: Fled – Flucht nach Plan (Fled)
1996: Die Geschichte vom Spitfire Grill (The Spitfire Grill)
1997: Postman (The Postman)
1997: Die Abbotts – Wenn Hass die Liebe tötet (Inventing the Abbotts)
1998: Armageddon – Das jüngste Gericht (Armageddon)
1999: Breakfast of Champions – Frühstück für Helden (Breakfast of Champions)
1999: Verlockende Falle (Entrapment)
2000: Nur noch 60 Sekunden (Gone in Sixty Seconds)
2000: Gegen jede Regel (Remember the Titans)
2001–2003: The Agency – Im Fadenkreuz der C.I.A. (The Agency, Fernsehserie, 45 Episoden)
2002: Die Mothman Prophezeiungen (The Mothman Prophecies)
2004: The Punisher
2004: The Last Ride (Fernsehfilm)
2005: Into the West – In den Westen (Into the West, Fernseh-Mehrteiler)
2006: Road House 2
2006–2007: Numbers – Die Logik des Verbrechens (Numb3rs, Fernsehserie, 4 Episoden)
2007: Code Name: The Cleaner
2007: Ein mutiger Weg (A Mighty Heart)
2008: Das Mädchen mit dem Diamantohrring (The Loss of a Teardrop Diamond)
2008: American Violet
2008: Wendy and Lucy
2009: 24 (Fernsehserie, 5 Episoden)
2009: Die vierte Art (The Fourth Kind)
2009: The Canyon
2010: Gesetz der Straße – Brooklyn’s Finest (Brooklyn’s Finest)
2010: Auf dem Weg nach Oregon (Meek’s Cutoff)
2011: Knucklehead – Ein bärenstarker Tollpatsch (Knucklehead)
2011–2015: Falling Skies (Fernsehserie, 52 Episoden)
2012: The Girl
2014: The November Man
2016: Good Wife (The Good Wife, Fernsehserie, 4 Episoden)
2016: American Honey
2017: Sergeant Rex – Nicht ohne meinen Hund (Megan Leavey)
2018: Halloween
2019: Radioflash
2019: Swamp Thing (Fernsehserie, 10 Episoden)
2019: Blood on My Name (Blood on Her Name)
2020: Minari – Wo wir Wurzeln schlagen (Minari)
2020: Yellowstone (Fernsehserie, 10 Episoden)
2021: The Forever Purge
2021: Halloween Kills
2022–2024: Outer Range (Fernsehserie)
2022: Halloween Ends
2023: Silo (Fernsehserie, 4 Episoden)
2023: Janet Planet
2024: Horizon: An American Saga
Playlist:
01. Maurice Jarre - Main Title (No Way Out) - 04:5002. Georges Delerue - Largo (Silkwood) - 03:13
03. Thomas Newman - Leave Atlantic City (Desperately Seaking Susan) - 02:33
04. Thomas Newman - In Jail (The Rapture) - 03:30
05. Howard Shore - 6 AM (After Hours) - 03:16
06. Mark Isham - Empty Chambers / Romeo Is Dreaming (Romeo Is Bleeding) - 06:52
07. Christopher Young - Lay Me Down (Copycat) - 04:52
08. Christopher Young - Thank God (Entrapment) - 04:04
09. Graeme Revell - Main Title (Fled) - 02:30
10. James Newton Howard - General Bethlehem (The Postman) - 06:55
11. Mark Isham - Sympathy and Acknoledgement (Everybody Wins) - 08:19
12. Michael Kamen - Doug and Pam (Inventing the Abbotts) - 05:37
13. Howard Shore - I Know Where the Body's Buried (The Client) - 03:40
14. Trevor Rabin & Harry Gregson-Williams - Leaving (Armageddon) - 02:31
15. Trevor Rabin - The Field (Remember the Titans) - 03:33
16. John Debney - White Eyes of the Changing World (Horizon) - 03:42
17. Brian Tyler & Breton Vivian - The Hill (Yellowstone - Season 4) - 03:14
18. Geoff Zanelli - Jacob and Thunder Heart Woman (Into the West) - 03:41
19. Marco Beltrami - Natalia (The November Man) - 03:51
20. Atli Örvarsson - Dr. Nichols (SILO - Season 1) - 03:46
21. Atli Örvarsson - Flight To Nome (The Fouth Kind) - 03:07
22. Marcelo Zarvos - Sal's Dilemma (Brooklyn's Finest) - 03:41
23. Danny Bensi & Saunder Jurriaans - Good Luck Cowboy (Outer Range) - 02:32
24. John Carpenter, Cody Carpenter & Daniel Davies - Halloween Triumphant (Halloween) - 07:28
25. tomandandy - Movement 1 (The Mothman Prophecies) - 08:04
26. James Horner - …Care of the Spitfire Grill (The Spitfire Grill) - 09:53
Sonntag, 2. März 2025
Playlist #418 vom 09.03.2025 - TAK FUJIMOTO Special
Seit seiner ersten Arbeit für einen Kinofilm, Terrence
Malicks Klassiker „Badlands – Zerschossene Träume“ (1973) hat sich Tak
Fujimoto als einer der versiertesten Kameramänner in Hollywood etabliert
und ist vor allem durch seine langjährige Zusammenarbeit mit Regisseuren wie Jonathan
Demme („Das Schweigen der Lämmer“, „Philadelphia“) und M. Night
Shyamalan („Signs“, „The Happening“) prominent geworden.
Takashi Fujimoto ist am 12. Juli 1939 in San
Diego als Sohn japanischer Eltern geboren und machte 1957 seinen Abschluss an
der San Dieguito High School. Anschließend studierte er an der University
of California in Berkeley und an der London Film School, bevor
Fujimoto als Kameraassistent für die Firma des Kollegen Haskell Wexler, Dove
Films, Werbefilme drehte.
Seine erste Arbeit als Kameramann legte er mit der
Musikdokumentation „Chicago Blues“ (1970) vor, die Musiker wie Dick Gregory,
Buddy Guy und Muddy Waters portraitierte. Zusammen mit Steven
Larner und Brian Probyn war Fujimoto für die Bildgestaltung bei Terrence
Malicks Regiedebüt „Badlands – Zerschossene Träume“ (1973)
verantwortlich. Es folgte eine Reihe von Low-Budget-Exploitation-Filmen für Roger
Corman, darunter „Frankensteins Todesrennen“ und „Cannonball“. Nachdem
er weitere Erfahrungen als Second Unit Cinematographer für den ersten „Star
Wars“-Film „Episode IV – Eine neue Hoffnung“ (1977) sammeln konnte,
entstanden längere Arbeitsbeziehungen zu aufstrebenden Filmemachern.
Mit Jonathan
Demme arbeitete Fujimoto beginnend mit „Caged Heat“ (1974) an
insgesamt elf Filmen, darunter an Klassikern wie „Das Schweigen der Lämmer“
(1991) und „Philadelphia“ (1993) sowie „Menschenkind“ (1998), „Die
Wahrheit über Charlie“ (2002) und „Der Manchurian Kandidat“ (2004).
Weitere Zusammenarbeiten ergaben sich mit Howard Deutsch („Pretty in
Pink“, „Der dritte Frühling“, „Helden aus der zweiten Reihe“) und vor allem
mit M. Night Shyamalan („The Sixth Sense“, „Signs“, „The Happening“).
Zu seinen letzten Arbeiten zählen der Horror-Thriller „Devil – Fahrstuhl
zur Hölle“ (2010), eine Folge der Serie „A Gifted Man“ (2011) und Marc Turtletaubs
komödiantisches Drama „Gods Behaving Badly“ (2013), bevor sich Fujimoto zur
Ruhe setzte. Seit 1997 gehört er der American Society of Cinematographers an.
Für „Das Schweigen der Lämmer“ wurde Fujimoto
1992 für einen ASC Award nominiert. Eine Nominierung für
den BAFTA Award erhielt er 2000 für seine Arbeit an „The
Sixth Sense“.
Filmographie:
1970: Chicago Blues (Dokumentation) 1973: Badlands – Zerschossene Träume (Badlands)
1974: Das Zuchthaus der verlorenen Mädchen (Caged Heat)
1974: Black Deals (Bootleggers)
1975: Frankensteins Todesrennen (Death Race 2000)
1976: Das Monster von London (Dr. Black, Mr. Hyde)
1976: Cannonball (Cannonball!)
1977: Chatterbox!
1977: Star Wars (Second Unit Photography)
1977: Almo’s Man (Fernsehfilm)
1977: Georgia Road – Die Unschlagbaren (Bad Georgia Road)
1978: Du wirst noch an mich denken (Remember My Name)
1978: Der schwarze Sheriff (Lawman Without a Gun, Fernsehfilm)
1978: Stony Island
1979: Some Kind of Miracle (Fernsehfilm)
1979: Tödliche Umarmung (Last Embrace)
1980: Blast – Wo die Büffel röhren (Where the Buffalo Roam)
1980: Melvin und Howard (Melvin and Howard)
1980: Der Grenzwolf (Borderline)
1982: Scheidungskriege (Divorce Wars, Fernsehfilm)
1983: … und wenn der letzte Reifen platzt (Heart Like a Wheel)
1984: The Seduction of Gina (Fernsehfilm)
1984: Swing Shift – Liebe auf Zeit (Swing Shift)
1985: MacGyver (Fernsehserie, eine Folge)
1985: Blackout – Bestie in Schwarz (Fernsehfilm)
1986: Pretty in Pink
1986: Ferris macht blau (Ferris Bueller's Day Off)
1986: Gefährliche Freundin (Something Wild)
1987: Final Night – Die letzte Nacht (Backfire)
1988: Die Mafiosi-Braut (Married to the Mob)
1988: Sweethearts Dance – Liebe ist mehr als nur ein Wort (Sweet Hearts Dance)
1988: Cocoon II – Die Rückkehr (Cocoon II: The Return)
1990: Miami Blues
1991: Das Schweigen der Lämmer (The Silence of the Lambs)
1991: Zwischen Liebe und Haß (Crooked Hearts)
1992: Fäuste – Du musst um Dein Recht kämpfen (Gladiator)
1992: Singles – Gemeinsam einsam (Singles)
1992: Die Nacht von Soho (Night and the City)
1993: Philadelphia
1995: Teufel in Blau (Devil in a Blue Dress)
1995: Der dritte Frühling – Freunde, Feinde, Fisch & Frauen (Grumpier Old Men)
1996: That Thing You Do!
1997: Tausend Morgen (A Thousand Acres)
1998: Menschenkind (Beloved)
1999: The Sixth Sense
2000: Helden aus der zweiten Reihe (The Replacements)
2002: Signs – Zeichen (Signs)
2002: The Truth About Charlie
2004: The Final Cut – Dein Tod ist erst der Anfang (The Final Cut)
2004: Der Manchurian Kandidat (The Manchurian Candidate)
2007: Enttarnt – Verrat auf höchster Ebene (Breach)
2008: Der große Buck Howard (The Great Buck Howard)
2008: John Adams – Freiheit für Amerika (John Adams) (Miniserie, vier Folgen)
2008: The Happening
2010: Devil – Fahrstuhl zur Hölle (Devil)
2011: A Gifted Man (TV-Serie, 1 Folge)
2013: Gods Behaving Badly
Playlist:
01. Richard Hartley - A Dollar An Acre (A Thousand Acres) - 03:23
02. John Williams - Princess Leia's Theme (Star Wars: A New Hope) - 04:28
03. James Horner - Returning Home (Cocoon: The Return) - 06:08
04. Howard Shore - Main Title (The Silence of the Lambs) - 05:06
05. Rachel Portman - You Your Best Thing (Beloved) - 03:11
06. Rachel Portman - "I Am the Enemy, Major Marco" (The Manchurian Candidate) - 03:45
07. Howard Shore - Senior Associate Andrew Beckett (Philadelphia) - 03:18
08. James Newton Howard - Good Night, Malcolm (The Sixth Sense) - 04:44
09. James Newton Howard - Throwing a Stone (Signs) - 05:47
10. James Newton Howard - Be With You (The Happening) - 03:42
11. Mychael Danna - Dangerous World (Breach) - 04:37
12. Brian Tyler - The Final Cut Main Title (The Final Cut) - 03:55
13. Rachel Portman - Lola Is Killed (The Truth About Charlie) - 03:06
14. Elmer Bernstein - End Credits (Devil In A Blue Dress) - 03:01
15. Paul Chihara - Love In the Afternoon (Death Race 2000) - 03:08
16. Jerry Goldsmith - Romano's Dead (Gladiator) - 03:26
17. Richard Hartley - Main Title (A Thousand Acres) - 04:58
18. Jean-Michel Jarre - Ethnicolor (Something Wild) - 11:39
19. Brian Tyler - Eye Touch (The Final Cut) - 03:06
20. Mychael Danna - The Arrest (Breach) - 03:16
21. Howard Shore - Lecter in Memphis (The Silence of the Lambs) - 05:44
22. James Horner - Joe's Gift (Cocoon: The Return) - 08:07
23. Alan Silvestri - Happily Ever After (Grumpier Old Men) - 04:14
24. John Debney - Martel Crossed (The Replacements) - 04:02
25. Jasper Van't Hof - Pili-Pili (Something Wild) - 14:59
Samstag, 15. Februar 2025
Playlist #417 vom 23.02.2025 - MICHELANGELO ANTONIONI (1912-2007)
Zusammen mit Filmemachern wie Roberto Rossellini, Luchino
Visconti, Federico Fellini und Vittorio De Sica galt Michelangelo
Antonioni als Mitbegründer des italienischen Neorealismus, entwickelte aber
sehr schnell einen eigenen Stil, der das Thema der Unmöglichkeit
funktionierender Beziehungen gerade im urbanen Umfeld auf visuell eindringliche
Weise ästhetisierte und damit zu einem der profiliertesten und
einflussreichsten Filmemacher der europäischen Autorenkinos avancierte. Nach
Meisterwerken wie „Die mit der Liebe spielen“ (1960), „Die Nacht“
(1961), „Liebe 1962“ (1962) und „Rote Wüste“ (1964) sowie
vieldiskutierten Werken wie „Blow Up“ (1966), „Zabriskie Point“
(1970) und „Beruf: Reporter“ (1975) starb Antonioni im Juli 2007
in Rom.
Michelangelo Antonioni wurde am 29. September 1912 als
Sohn eines Gutsbesitzers in Ferrara geboren. Er schloss sein Studium an der
Universität Bologna als Diplom-Volkswirt ab, arbeitete für kurze Zeit in einer
Bank und verfasste Filmkritiken für den Corriere Padano. 1939 ging er
nach Rom, „um sein Leben dem Film zu widmen“. Er schrieb für „L’Italia
libera“, verfasste erste Entwürfe für Drehbücher und studierte Nahe der
Filmstadt Cinecittà studierte am Centro Sperimentale di Cinematografia
Filmtechnik. Hier traf Antonioni einige jener Künstler, mit denen er
später zusammenarbeiten sollte, darunter Roberto Rossellini. Mit Rossellini
arbeitete er 1942 am Script für dessen Film „Un pilota ritorna“ und
assistierte bei Marcel Carnés „Die Nacht mit dem Teufel“.
Ebenfalls in Rom schrieb er für die Zeitschrift „Cinema“,
eine von Mussolinis Sohn Vittorio herausgegebene, offizielle
Filmzeitschrift, wurde aber wegen politischer Differenzen entlassen.
Mit seinen ersten, in den 1940er Jahren entstandenen
Kurzfilmen dokumentierte Michelangelo Antonioni noch die armseligen
Lebensbedingungen der am Po lebenden Menschen („Gente del Po“) oder die
Arbeit von Straßenkehrern in Rom („N. U. – Nettezza urbana“), und obwohl
er mit seinen Drehbüchern zu Roberto Rossellinis Frühwerk „Un pilota
ritorna“ (1942) und zu Giuseppe De Santis‘ „Caccia tragica“
(Die tragische Jagd, 1947) einen Beitrag zum italienischen Neorealismus
leistete, erwies sich sein Langfilmdebüt „Chronik einer Liebe“ (1950)
nicht nur als radikale Abkehr von den Motiven des Neorealismus, sondern auch
als Hommage an den Film noir.
Antonioni arbeitete mit langen Einstellungen, fing
elegant Bilder von Straßen ein und umkreiste die Figuren, ohne ihnen wirklich
nahezukommen, so wie sie sich auch emotional nicht wirklich aneinanderbinden
können. Mit Massimo Girotti hat Antonioni den Hauptdarsteller aus
Viscontis
„Ossessione“ (1943) verpflichten können, der neben
dem Film noir aus dem Hollywood der 1940er Jahre eine große Inspiration für
Antonionis ersten Langfilm darstellte. Die weibliche Hauptrolle übernahm die
damalige Miss Italy Lucia Bosè, die damals zwar noch über keine
Schauspielerfahrung verfügte, ihren Part aber überzeugend spielte und
anschließend u.a. auch in Antonionis „Die Dame ohne Kamelien“
(1953) und Fellinis „Satyricon“ (1969) zu sehen war.
Antonioni zeichnete ein Portrait Mailands, in deren
Urbanität die Menschen verloren wirken, zu keinen echten Gefühlen fähig
scheinen und deren Luxus derart oberflächlich bleibt, dass selbst die
materialistische, verwöhnte und launenhafte Paola in ihrer Rolle unglücklich
bleibt. Erst die Erkenntnis, dass ihr Mann nur dank seiner Rücksichtslosigkeit
zu Erfolg und Reichtum gelangte, treibt sie in Guidos Arme. Antonioni
schuf hier die Blaupause für seine späteren Werke, wenn er in elegant
komponierten Bildern die unvereinbaren Gegensätze in der Liebe zwischen einer
wohlhabenden, schönen Frau und einem armen Mann thematisierte. Indem er sich
aus den Milieus der Arbeiter und Armen herausbewegte, rief Antonioni
allerdings auch viel Kritik hervor.
Nach der dokumentarisch anmutenden Auftragsarbeit „Kinder
unserer Zeit“ (1952) kehrte Antonioni mit „Die Dame ohne
Kamelien“ (1953) wieder zu seinem bevorzugten Thema zurück: Der Entfremdung
des urbanen Menschen von sich selbst und seinen Mitmenschen:
Die junge Verkäuferin Clara (Lucia Bosè) wurde wegen
ihres Aussehens für den Film entdeckt. Zum Premierenpublikum gehören auch die
Produzenten Ercolino (Gino Cervi) und Gianni (Andrea Cecchi),
deren Autoren und ein Regisseur. Zwar halten die Filmschaffenden das seichte
Melodram für eher mäßig, attestieren der Hauptdarstellerin aber Sexappeal, das entsprechend
eingesetzt werden will.
Unerfahren und naiv wie Clara ist, lässt sie sich von ihrem
Produzenten Gianni zu einer Hochzeit mit ihm drängen, worauf der bereits in
Arbeit befindliche nächste Film abgebrochen wird: Gianni möchte seine Gattin
nunmehr in seriösen Filmen sehen…
Eigentlich wollte Antonioni gern Gina Lollobrigida
für die Rolle der Clara verpflichten, doch reagierte sie beleidigt, weil sie
glaubte, die Rolle der Protagonistin sei ihrer eigenen nachempfunden, worauf
der Filmemacher wieder auf Lucia Bosè zurückgriff, die sich bereits in
seinem Debüt in der weiblichen Hauptrolle hervortat. Erneut verkörpert Bosè
eine Frau, die aus einfachen Verhältnissen stammt und durch ihr attraktives
Äußeres in die Welt der Reichen und Schönen aufsteigt, dort aber nicht
glücklich wird. Nachdem ihre Ehe mit dem eitlen Gianni gescheitert ist und
Konsul Nardo offenbar nur daran interessiert gewesen war, eine Affäre mit einem
Filmsternchen zu genießen, vertraut sie sich schließlich ihrem erfahrenen
Schauspielkollegen Lodi (Alain Cuny) an, der ihr raten soll, ob sie
tatsächlich eine Karriere als Schauspielerin einschlagen soll. Auch wenn „Die
Dame ohne Kamelien“ wie eine Seifenoper ohne große Gefühle daherkommt,
gewährt die Anspielung auf die Karriere italienischer Filmdiven wie Gina
Lollobrigida und Sophia Loren doch einen Einblick in die
italienische Filmproduktion in den 1950er Jahren und beleuchtet die schäbige
Seite der römischen Traumfabrik Cinecittà.
Nach seinem Beitrag zur Kurzfilmsammlung „Liebe in der
Stadt“ (1953), bei dem sechs Regisseure (darunter Federico Fellini) die
Liebe in der Ewigen Stadt thematisierten, feierte Antonioni mit der
Verfilmung von Cesare Paveses Roman „Die Freundinnen“ (1955)
nicht nur seinen künstlerischen Durchbruch, sondern er konnte sich diesmal
hinsichtlich seines Lieblingsthemas, der Entfremdung des mondänen Menschen von
sich selbst und seiner Umwelt und sinnentleerten Beschäftigungen, gleich an
einem ganzen Haufen unglücklicher Menschen in der Großstadt austoben. Besser
als der Filmtitel drückt der Romantitel „Die einsamen Frauen“ die
Einsamkeit der Frauen aus, die sich angesichts fehlender emotionaler Bindungen
mit oberflächlichen Beschäftigungen und losen Beziehungen beschäftigen. Dabei
muss der Filmemacher gar nicht in die Tiefe gehen, die ohnehin nicht vorhanden
ist, sondern fast wahllos scheint die Kamera über die ziellos umherschwirrenden
Figuren zu kreisen, die sich letztlich nur für sich selbst interessieren und keiner
Illusion nachhängen, das Glück in der Liebe zu finden. Allerdings fällt die
Inszenierung auch sehr geschwätzig aus, verliert sich in allzu vielen,
austauschbaren Schauplätzen, die die innere Leere der Frauen allerdings
zusätzlich betonen.
Mit dem 1957 realisierten Drama „Der Schrei“
präsentierte Antonioni ein meisterhaftes Spätwerk des italienischen Neorealismus mit seiner bereits ausgeprägten stilisierten Bildsprache.
Wie schon in seinen Vorgängerwerken „Chronik einer Liebe“
und „Die Dame ohne Kamelien“ beschreibt Antonioni, der zusammen
mit Elio Bartolini („Die mit der Liebe spielen“, „Sonnenfinsternis“)
und Ennio De Concini („Unter glatter Haut“, „Scheidung auf
Italienisch“) auch das Drehbuch verfasst hat, das Zerplatzen einfacher
Träume von Glück und Liebe, bleibt aber diesmal bei den einfachen Leuten, die
in der tristen Kargheit der Po-Ebene hart für ihren Lebensunterhalt schuften
müssen.
Drei Jahre später lieferte Antonioni mit „Die mit der Liebe
spielen“ sein Magnum Opus ab, eine zweieinhalbstündige Tour de Force der
Emotionen im topografischen Spannungsfeld zwischen kargen Inseln, tosendem Meer
und bedrohlichem Himmel.
Mit „Die mit der Liebe spielen“ wechselt Antonioni
nicht nur das Milieu und lässt damit endgültig den italienischen Neorealismus
hinter sich, sondern perfektioniert erstmals im Breitbildformat auch das
Zusammenspiel der emotional ausgehöhlten Figuren mit der Landschaft. Unter
schwierigsten Produktionsbedingungen, bei denen die Crew wochenlang auf den
Inseln festsaß, das Geld ausging und einige Crewmitglieder wegen ausbleibender
Lohnzahlungen vorzeitig das Set verließen, entstand ein etwas überlanges Drama,
das wie ein Krimi beginnt, dann aber zunehmend Sandros Sehnsucht nach schönen
Frauen thematisiert und damit auch die Leere in seinem Leben. Mit der Affäre,
die Sandro mit Annas ebenfalls wankelmütigen Freundin Claudia unterhält,
verblasst die Suche nach Anna mit der Zeit und macht ganz der Lust Platz, die
sich nicht nur in Sandros Verhalten äußert, sondern besonders eindringlich in
einer Straßenszene, als Claudia auf der Straße von unzähligen Männern wie ein
Sexobjekt begafft wird. Der Eros spielt auch in der Beziehung zwischen Giulia
und dem siebzehnjährigen Künstler Goffredo eine gewichtige Rolle, malt der
junge Mann doch nur nackte Frauen, was Giulia schließlich zu einem Tête à tête
hinreißen lässt. Antonioni lässt in diesem eher melancholischen als
lustvollen Reigen einmal mehr ausdrucksstarke Bilder mehr erzählen als die
Figuren, die wie andere Objekte auch den Raum füllen und damit ihre innere
Leere zum Ausdruck bringen, gerade im Zusammenspiel mit den kargen Felsen der
Insel, dem Tornado, der aus dem Himmel auf das unruhige Meer trifft, und den
austauschbaren Straßenszenen.
Nach dem Auf und Ab von Beziehungen, die sich in „Die mit
der Liebe spielen“ entwickelt und aufgelöst haben, beschreibt Antonioni
in „Die Nacht“ (1961) den Stillstand in einer langjährigen Beziehung,
aber auch die Unmöglichkeit, neue sinnerfüllende und leidenschaftliche
Beziehungen einzugehen. Aber auch der Tod wird anders behandelt.
Antonioni und seine Co-Autoren Ennio Flaiano („8
½“, „Das süße Leben“) und Tonino Guerra („Amarcord“, „Blow Up“)
beschränken die Handlung auf einen Tag und die darauffolgende Nacht.
Antonioni benutzt vor allem die moderne Architektur
in Mailand, eine baufällige Großstadtkulisse mit verlassenen Hinterhöfen und
rissigen Mauern, um das triste Innenleben seiner Figuren zu beschreiben, die er
wie Objekte in seine streng durchkomponierten Bilder platziert, mit Gittern
voneinander trennt, selbst wenn sie miteinander sprechen, und in ihrer
Bewegungslosigkeit konstatieren sie letztlich auch die Unfähigkeit, ihre
tatsächlichen Gefühle auszuleben.
Wie schon in den beiden Vorgängerfilmen „Die mit der
Liebe spielen“ (1960) und „Die Nacht“ (1961) spielt Antonioni
auch mit dem Trilogie-Abschluss „Liebe 1962“ meisterhaft mit der
Empfindungslosigkeit seiner Figuren, kontrastiert ihre Einsamkeit diesmal nicht
mit dem oberflächlichen Treiben auf einer Party wie „Die Nacht“, sondern
mit der geschäftigen Hektik an der römischen Börse. Auf den Filmtitel stieß der
Regisseur, als er in Florenz eine Sonnenfinsternis filmen wollte und in der
Finsternis eine ungewöhnliche Stille wahrnahm, in der er auch vermeinte, dass
die Gefühle zum Stillstand gekommen wären. Diese Empfindung kommt auch in „L’eclisse“
zum Ausdruck. Ganze zwei Minuten lang verlieren Riccardo und Vittoria kein Wort
aneinander, wenn sie die vergangene Nacht in seiner bedrückend dunklen Wohnung
Revue passieren lassen und Vittoria das Ende ihrer Beziehung konstatiert. Die
emotionale Leere, die Vittoria empfindet, lässt Antonioni mit der Leere
in den Straßen, der erdrückenden Architektur unpersönliche Betonbauten
korrespondieren. Monica Vitti bringt ihre Langeweile,
Orientierungslosigkeit und Unnahbarkeit großartig zum Ausdruck und stiehlt Alain
Delon locker die Schau. Selbst wenn sich Vittoria scheinbar auf eine
Liebelei mit dem gefühlskalten, leidenschaftslosen Piero einzulassen scheint,
bricht sie seine Annäherungsversuche jäh ab, nachdem sie sich aber ohne sich zu
wehren von ihm küssen ließ.
Antonioni bringt einmal mehr seine Einstellung zum
Ausdruck, dass die moderne Zivilisation mit ihren unwirtlichen
Lebensbedingungen in den Städten jeder menschlichen Beziehung abträglich ist.
Das wird vor allem in der langen Schlusssequenz deutlich, wenn die Kamera
scheinbar wahllos einsam auf den Straßen stehende Menschen einfängt, mit leerem
Blick ins Nichts starrend.
„Antonioni-Filme kennen keine Hierarchie zwischen
Umwelt und Innenwelt, sie zeigen den Wandel der Gefühle im Wandel der Zeit. In
ihnen gibt es keine einfachen, dauernden Beziehungen, weil eine solche Form des
Zusammenseins nicht mehr der komplexer werdenden Welt entspricht“, konstatiert
Nils Meyer in „Filme der 60er“ (Taschen, S. 140). „Mit ,Liebe 1962‘
und den beiden Vorgängern ,Die mit der Liebe spielen‘ (1960) und ,Die
Nacht‘ (1961) hat Antonioni das Kino revolutioniert, vielleicht noch
radikaler als die Nouvelle Vague, weil er sich nicht wie die Franzosen auf die
Geschichte des Kinos selbst bezieht, sondern eine eigene, eine neue Form des
filmischen Erzählens erfunden hat.“
Antonioni hat lange gewartet, bis er in Farbe
gefilmt hat, und das hat natürlich seine guten Gründe. In Interviews verkündete
der international verehrte Filmemacher immer wieder, dass er den Film bemalen
wolle wie eine Leinwand und dabei Farbbeziehungen entwickeln und Gemütszustände
formen möchte. Die Geschichte seines nächsten Films „Rote Wüste“ (1964)
spielt inmitten der Hochöfen, Silos, Maschinenhallen und Hafenanlagen der
Industriestadt Ravenna, und Antonioni benutzt vor allem ausgewaschene
Farben, so dass die im Nebel verschwimmenden Industrieanlagen wie in einem
Schwarzweiß-Film wirken.
Monica Vitti, die bereits in Antonionis Trilogie
der Entfremdung überzeugend die von ihrer Umwelt irritierten und losgelösten,
von Bindungsängsten und Liebessehnsucht gezeichneten Protagonistinnen
verkörperte, wirkt auch in „Rote Wüste“ glaubwürdig entrückt
von den Befindlichkeiten des modernen Lebens in einer industrialisierten
Gesellschaft.
Michelangelo Antonioni ließ sich für „Blow Up“
(1966) von Julio Cortázars in Paris spielender und 1959 veröffentlichter
Erzählung „Las Babas del Diablo“ inspirieren, die wiederum auf einer
Geschichte basiert, die der Fotograf Sergio Larrain dem Autor erzählte.
Den surrealistischen Charakter der Geschichte über einen französischen
Übersetzer und Amateur-Fotografen, der seine Pariser Wohnung verlässt, um auf
der Ile Saint-Louis ein Liebespaar unterschiedlichen Alters beobachtet und
fotografiert, fängt Antonioni vor allem in grellen Blautönen ein, aber
auch die poppigen Kleider, in denen Thomas seine Models fotografiert, tragen
zur künstlichen Atmosphäre des Films bei. Einmal mehr drehte Antonioni
in einer Großstadt, wobei London die Swinging Sixties mit den Beatles
und der damit einhergehenden Mod-Kultur natürlich das lebendige Zentrum jener
Zeit gewesen ist. David Hemmings („Barbarella“, „Rosso – Die Farbe
des Todes“) verkörpert den im Film namenlosen (Thomas heißt er nur im
Drehbuch) Modefotografen als egozentrischen, aber auch coolen Lebemann, der von
seinem Job (und den lustlosen Models) recht angeödet ist, aber nichts so recht
zu Ende bringt, auch nicht sein ambitioniertes Fotobuch-Projekt, für das er
immer neue Ideen entdeckt. Mit dem zufälligen Entdecken eines Mordversuchs
hätte sich „Blow Up“ zu einem Krimi entwickeln könnte, wie es später Brian
De Palmas von Antonionis Film inspirierter Thriller „Blow Out“
auch tat, doch so wie bei „Die mit der Liebe spielen“ verschwindet auch
hier das Opfer. Schnell wird klar, dass es Antonioni nicht um die
Aufklärung eines Mordes geht, sondern um verschiedene Arten der Wahrnehmung in
einer wieder einmal entfremdeten urbanen Welt, in der der narzisstische
Modefotograf nichts empfindet. Affären mit den hübschen Models interessieren
ihn nicht, auch wenn sich die Fotosession mit Verushka (Veruschka von
Lehndorff) wie eine sexuelle Verführung ausnimmt. Interessant sind die
Zitate aus der Popkultur, der Drogenkonsum, der bei der Veränderung der
Wahrnehmung eine gewichtige Rolle spielt, die Musik der Yardbirds im
Club, die Beliebigkeit sexueller Begegnungen und die schrille Mode, die schnell
ihren Reiz verliert.
„Der Film ist ein Kunstwerk. Meisterhaft in der Behandlung der Farbe, in der Führung der Handlung, vor allem aber im Erfassen der Londoner Jugend, der Popjugend mit Minirock und Marihuana und Beat, mit einer neuartigen Unbefangenheit und Unbelastetheit“, befand die Frankfurter Allgemeine Zeitung.
Nach dem künstlerischen wie kommerziellen Erfolg von Michelangelo
Antonionis erster MGM-Produktion „Blow Up“ (1966) liefen die Dinge
für seinen ersten in den USA gedrehten Film „Zabriskie Point“ (1970)
alles andere als rund. Mit sieben Millionen US-Dollar an Produktionskosten
verschlang Antonionis neues Werk nicht nur das Fünffache des Budgets von
„Blow Up“, es entwickelte sich auch zu einem veritablen Flop, was nicht
besonders überrascht, wenn man bedenkt, dass der italienische Autorenfilmer
hier gegen alles schießt, was Amerika ausmacht. Dabei überzeugt „Zabriskie
Point“ wie schon sein Vorgänger als ästhetisch perfekt inszeniertes
Dokument einer spannenden Zeit, diesmal der Hippie-Bewegung.
Als Antonioni seinen Film „Blow Up“ in den USA
vorstellte, fiel ihm ein Zeitungsartikel in die Hände, in dem über einen jungen
Mann berichtet wurde, der ein Kleinflugzeug gestohlen hatte und beim Versuch,
es in Phoenix (Arizona) zurückzugeben, erschossen worden war. Der Vorfall
inspirierte den Regisseur zu einem Drehbuch-Entwurf, der von Sam Shepard,
Franco Rossetti, Tonino Guerra und der britischen Autorin Clare Peploe,
der späteren Ehefrau von Bernardo Bertolucci, weiterentwickelt wurde. Nach
Art des cinéma vérité fangen Antonioni und sein Kameramann Alfio
Contini („Verliebt in scharfe Kurven“, „Der Nachtportier“) zunächst
eine hitzige Debatte zwischen schwarzen und weißen StudentInnen ein und die
Polizeibrutalität in Zusammenhang mit Demonstrationen. Auf der anderen Seite
wird mit Daria eine junge, attraktive Frau vorgestellt, die sich von der
Lebensweise der Hippies verabschiedet und sich dazu entschieden hat, einem
geregelten Job bei einem Unternehmen anzunehmen, der Luxuswohnungen in
abgeschiedenen Gegenden baut. Die Lebenswelten des alternativen und des
bürgerlichen Lebensstils prallen im landschaftlich atemberaubenden Death Valley
zusammen, wenn Mark und Daria die Zivilisation und ein Stück weit ihr Leben
hinter sich lassen und sich auf eine leidenschaftliche Affäre einlassen, wobei Antonioni
Schauspieler des in New York ansässigen Open Theatre den akrobatisch
verspielten Liebesakt im Sand vervielfachte und damit den Einfluss der Drogen
mitschwingen ließ. Im Vergleich zu dem hektischen Auftakt mit den Studentenunruhen
in Los Angeles wirken die Cinemascope-Aufnahmen am Zabriskie Point berauschend
schön. Zu den psychedelischen Klängen von Pink Floyd, Grateful Dead, Jerry
Garcia und Kaleidoscope wird hier ein Lebensentwurf skizziert, der
zum Scheitern verurteilt wird. Wenn Daria am Ende davon träumt, dass die
Luxusvilla in der Wüste, wo ihr Chef gerade sein nächstes großes Projekt
eintüten will, in die Luft gesprengt wird, geht damit auch das Ende einer Ära
einher, die mit der Wahl Richard Nixons zum US-Präsidenten manifestiert
wurde.
Auch wenn Michelangelo Antonionis „Zabriskie
Point“ (1970) MGM einen enormen finanziellen Verlust bescherte, ließ das
Studio den italienischen Ausnahmeregisseur den vereinbarten dritten Film,(„Blow
Up“, 1966, war der erste innerhalb des MGM-Deals) drehen, allerdings einen
anderen als vom Filmemacher vorgeschlagen. Statt ein Projekt namens „Tecnicamente
Dolce (Technically Sweet)“ zu verwirklichen, das im Amazonas-Gebiet spielen
sollte, adaptierte Antonioni erstmals einen fremden Stoff, eine Geschichte von Mark
Peploe, dem Bruder von Antonionis Lebensgefährtin aus den 1960ern, Claire
Peploe.
Dass Hollywood-Star Jack Nicholson für die Hauptrolle
gewonnen werden konnte, erwies sich als Glücksgriff, nachdem „Zabrikie
Point“ unter der Verwendung von Laiendarstellern gelitten hatte, die zwar
hübsch anzusehen waren, aber ihren Rollen keine Tiefe verleihen konnten. „Beruf:
Reporter“, im Original gefälliger „The Passenger“ betitelt, handelt
einmal mehr von einer existentiellen Krise. Wie bei Antonioni üblich,
treten die Figuren ohne Vorgeschichte in die Handlung ein. Der Zuschauer
erfährt nicht, warum David Locke seines Lebens so überdrüssig ist, und auch von
seiner Gefährtin erfahren wir nur, dass sie Architektur-Studentin ist. Maria
Schneider ist zuvor durch Bertoluccis „Der letzte Tango in Paris“
bekannt geworden und wäre auch in einer Liebesszene mit Jack Nicholson
zu sehen gewesen, wäre diese nicht hinausgeschnitten worden. Doch auch wenn das
Setting die Form eines (Spionage-)Thrillers anzunehmen scheint, geht es Antonioni
doch nicht um die Waffengeschäfte, in die der Reporter auf einmal involviert
ist. Vielmehr handelt der Film vom Tod. Erst Robertsons Ableben ermöglicht
David Lockes ersehnten Identitätstausch, und der Kreis schließt sich in einer
der berühmtesten Schlussszene der Filmgeschichte: In einer einzigen langen,
sieben Minuten langen Kamerafahrt, die mit einer 30 Meter hohen
Krankonstruktion realisiert wurde, schwenkt die Kamera von Lockes Hotelbett
durch das vergitterte Fenster auf die Plaza und nach den Ereignissen dort
zurück in Lockes Zimmer. Antonioni findet in der Abbildung der kargen
Wüste immer wieder eindrucksvolle Bilder und symbolträchtige Farben, um eine
philosophische Meditation über Identität und Tod zu vollenden, die übrigens wie
bei Antonioni üblich, mit sehr wenig Musik auskam.
„Ich war schon immer gegen den traditionellen musikalischen Kommentar, die einschläfernde Funktion, die man ihm üblicherweise zuteilt. Es ist diese Vorstellung von Bildern zur Musik, als ob man ein Opernlibretto schriebe, die ich nicht mag. Was ich ablehne, ist diese Weigerung, der Stille ihren Raum zu geben, diesen Drang, das, was man für Leere hält, unbedingt zu füllen“, wird Antonioni in „Michelangelo Antonioni. Sämtliche Filme“ (Hg. Seymour Chatman, Paul Duncan, Taschen Verlag, S. 149) zitiert.
Nicht nur das Publikum war überrascht, dass Michelangelo
Antonioni fünf Jahre nach seinem großartigen Hollywood-Einstand mit „Beruf:
Reporter“ (1975) ausgerechnet mit seinem ersten Kostümfilm zurückkehrte,
sondern diesen auch für das Fernsehen produzierte. Auch Antonioni selbst
bezeichnet die Umstände des Entstehens von „Das Geheimnis von Oberwald“
(1980) als Rätsel. Am einfachsten scheint die Erklärung, dass der Film auf
Drängen von Monica Vitti entstanden ist, die Antonioni als
Regisseur bei der Theaterproduktion von John van Drutens „I Am a Camera“ in den
1950er Jahren kennengelernt hatte und mit der er in den 1960er Jahren seine
berühmte Tetralogie der Entfremdung („Die mit der Liebe spielen“, „Die
Nacht“, „Liebe 1962“, „Rote Wüste“) realisierte.
Mit „Das Geheimnis von Oberwald“ adaptierte Antonioni
Jean Cocteaus Stück „L‘Aigle à deux têtes“ (1946), das entfernt auf
der Geschichte Ludwigs II. von Bayern und der Kaiserin Elisabeth von
Österreich basiert und das Cocteau zu einer neuen Geschichte formte, der Antonioni
aber zusammen mit seinem Co-Autor Tonino Guerra den historischen
Kontext entzog. Geblieben ist ein ungewöhnlich dialoglastiges Kostümdrama, das Antonioni
die Gelegenheit bot, mit elektronischen Kameras und Magnetbändern zu
experimentieren, so dass er die Farben vor Ort mischen konnte. Ungewöhnlich
erscheint vor allem der Gebrauch von extremen Farbfiltern, so dass die
Burgmauern im Sturm grün erscheinen, der intrigante Graf und seine unmittelbare
Umgebung blau eingefärbt wird und die Wiesen und Bäume am Tag in grell
leuchtenden Gelb- und Grüntönen erstrahlen. Gewohnt souverän agiert Antonionis
Muse Monica Vitti als lustwandelnde, halb trauernde, halb
desillusionierte Regentin, die durch den Anarchisten Sebastian neuen Lebensmut
schöpft. Das Ganze wird von klassischen Klängen untermalt, die Richard
Strauss („Eine Alpensinfonie“, „Tod und Verklärung“, „Don Quijote“), Johannes
Brahms („Sinfonie Nr. 1“) und Arnold Schönberg („Verklärte Nacht“)
beigesteuert haben.
Nach diesem überraschend dialoglastigen, auf einem Stück von
Jean Cocteau beruhenden Kostümdrama kehrte Antonioni 1982 mit „Identifikation
einer Frau“ wieder mehr zu seinen ursprünglichen Themen zurück.
Michelangelo Antonioni thematisiert in „Identifikation
einer Frau“ einmal mehr die Unmöglichkeit echter menschlicher Beziehungen,
drückt dies aber im Gegensatz zu seiner Tetralogie der Entfremdung mehr in
Worten als in Bildern aus, obwohl die Verwendung von ausdruckskräftigen Rot-
und Blaufarben in leuchtendem Technicolor auf Antonionis symbolischer
Farbdramaturgie hinweist, die er bereits in seinem ersten Farbfilm „Rote
Wüste“ perfekt inszeniert hatte.
Zu den für Antonioni ungewöhnlich vielen Dialogen
gesellt sich auch ein umfangreicher Soundtrack, was insofern überrascht, als
Antonioni immer betont hat, auf traditionelle musikalische Kommentare in seinen
Filmen verzichten zu wollen. Hier gesellen sich zum elektronischen Score des
ehemaligen Ultravox-Frontmanns John Foxx noch Stücke von Tangerine
Dream („Tangram“, „Ricochet“), Peter Baumann, Brian Eno, Orchestral
Manoeuvres in the Dark, Japan, XTC und Gianna Nannini hinzu.
Durch einen Schlaganfall, den Michelangelo Antonioni
1985 erlitt, verlor der Filmemacher weitgehend sein Sprachvermögen und war
rechtsseitig gelähmt. Dennoch konnte er zehn Jahre später mit dem
Episoden-Drama „Jenseits der Wolken“ einen weiteren Film realisieren,
der auf seinem eigenen Erzählband „Bowling am Tiber” basierte und wobei
ihm Wim Wenders nicht nur als Unterstützung beiseite stand, sondern auch die
Rahmenhandlung inszenierte.
Auch wenn mit Wim Wenders („Paris, Texas“, „Himmel
über Berlin“) ein renommierter Filmemacher über die Produktion wachte und
selbst die Rahmenhandlung um den Regisseur auf der Suche nach Ideen für einen
neuen Film inszenierte, trägt „Jenseits der Wolken“ doch eindeutig Antonionis
Handschrift. Das liegt vor allem daran, dass das Drehbuch für die einzelnen
Episoden recht genau den zugrundeliegenden Geschichten aus Antonionis
Erzählband „Bowling am Tiber” folgte. Einmal mehr geht es um das
(Nicht-)Zustandekommen von Beziehungen und Trennungen, es geht um überhöhte
Erwartungen, enttäuschte Hoffnungen und Verlustängste, um Begehren und dem
Verzicht sinnlicher Erfahrungen. Durch die episodenhafte Struktur kommen wir
den einzelnen, oft namenlosen Figuren nie wirklich nahe, und so wirken die
Geschichten wie reine Gedankenspiele des Filmemachers, inspiriert von den
jeweiligen (stets verregneten oder regennassen) Schauplätzen in Ferrara,
Portofino, Paris und Aix-en-Provence. Erwähnenswert ist die illustre Riege an
Stars, die allerdings kaum die Möglichkeit finden, ihren Figuren Profil zu
verleihen, und der Soundtrack mit Stücken von Van Morrison, Passengers
(einem Projekt von Brian Eno und Mitgliedern der irischen Rockband U2)
und Piano-Klängen von Wim Wenders‘ Komponisten Laurent Petitgand.
Nachdem Michelangelo Antonioni mit „Jenseits der
Wolken“ (1995) einige Geschichten seines Erzählbandes „Bowling am Tiber“
verfilmt hatte, bekam der armenische, überwiegend in Frankreich arbeitende
Produzent Stéphane Tchalgadjieff die Idee, eine Trilogie rund um den „Eros“,
um Liebe und Begehren, zu realisieren, wobei neben Antonioni noch zwei
Regisseure verpflichtet werden sollten, die Antonioni künstlerisch
nahestanden. Neben Wong Kar-Wai („In the Mood for Love“, „2046“)
sollte zunächst Pedro Almodóvar („Volver“, „Alles über meine Mutter“)
das Trio abrunden, doch musste er wegen des Starts der Produktion seines
eigenen Films „Schlechte Erziehung“ dann passen. Als Ersatz wurde Steven
Soderbergh („The Limey“, „Ocean’s Eleven“) verpflichtet, der vor
allem aus dem Grund zusagte, seinen Namen auf einem Poster mit Antonioni
zu sehen.
Am 30. Juli 2007 verstarb Antonioni im Alter von 94
Jahren in Rom - am gleichen Tag wie sein nicht minder legendärer Regie-Kollege Ingmar
Bergman.
Filmografie
1943–47: Menschen am Po (Gente del Po, Kurzfilm)
1948: Straßenreinigung (N. U. – Nettezza urbana, Kurzfilm)
1949: L’amorosa menzogna (Kurzfilm)
1949: Aberglauben (Superstizione, Kurzfilm)
1949: Sette canne un vestito (Kurzfilm)
1950: La funivia del Faloria (Kurzfilm)
1950: La villa dei mostri (Kurzfilm)
1950: Chronik einer Liebe (Cronaca di un amore)
1953: Kinder unserer Zeit (I vinti)
1953: Die große Rolle (La signora senza camelie)
1953: Liebe in der Stadt (L’amore in città, Episode Tentato
suicidio)
1955: Die Freundinnen (Le amiche)
1957: Der Schrei (Il grido)
1960: Die mit der Liebe spielen (L’avventura)
1961: Die Nacht (La notte)
1962: Liebe 1962 (L’eclisse)
1964: Die rote Wüste (Il deserto rosso)
1965: Drei Gesichter einer Frau (I tre volti, Episode
Die Probeaufnahme)
1966: Blow Up (Blowup)
1970: Zabriskie Point
1972: Antonionis China (Chung Kuo Cina)
(Dokumentarfilm)
1975: Beruf: Reporter (Professione: reporter)
1980: Das Geheimnis von Oberwald (Il mistero di Oberwald)
1982: Identifikation einer Frau (Identificazione di una
donna)
1989: 12 registi per 12 città (Episode Rom)
1995: Jenseits der Wolken (Al di là delle nuvole)
1995: Ritorno a Lisca Bianca (Kurzfilm)
2004: Lo sguardo di Michelangelo (Kurzfilm)
2004: Eros (Episode Il filo pericoloso delle cose)
Playlist:
02. Giovanni Fusco - Seq. 4 (Le amiche) - 05:01
03. Giovanni Fusco - Tema attesa 4 (L'avventura) - 03:18
04. Giovanni Fusco - L'eclisse Slow Vers. (L'eclisse) - 02:47
05. Giovanni Fusco - Il surf della luna 3 (Il deserto rosso) - 03:01
06. Giorgio Gaslini - Lettura della lettera (La notte) - 04:08
07. Giovanni Fusco - Non lo saprai mai (Il grido) - 02:46
08. Herbie Hancock - Jane's Theme (Blow-Up) - 05:05
09. Pink Floyd - Love Scene Improvisation 6 (Zabriskie Point) - 06:43
10. Passengers - Your Blue Room (Al di là delle nuvole) - 05:27
11. Giovanni Fusco - Eclisse Twist (L'eclisse) - 02:50
12. Giorgio Gaslini - Ballo di Lidia (La notte) - 03:06
13. Ivan Vandor - End Credits (The Passenger) - 02:35
14. Giovanni Fusco - Valzer 2 (L'avventura) - 03:02
15. Giovanni Fusco - Il surf della luna 4 (Il deserto rosso) - 03:09
16. Giorgio Gaslini - Voci dal fiume (La notte) - 05:57
17. Giovanni Fusco - Commento (Il grido) - 02:14
18. John Fahey - Dance of Death (Zabriskie Point) - 02:41
19. Pink Floyd - Unknown Song (Zabriskie Point) - 06:00
20. Giovanni Fusco - Titoli 5 (L'avventura) - 03:10
21. Passengers - Beach Sequence (Al di là delle nuvole) - 03:34
22. Japan - Sons of Pioneers (Identificazione di una donna) - 07:09
23. Herbie Hancock - The Kiss (Blow-Up) - 04:16
24. Peter Baumann - This Day (Identificazione di una donna) - 05:11
25. Jerry Garcia - Love Scene Improvisation 2 (Zabriskie Point) - 08:00
26. Tangerine Dream - Tangram - Set 1 [excerpt] (Identificazione di una donna) - 10:01
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