Mit einer Mischung aus Musiken zu Naturdokumentationen,
Streaming-Serien, romantischen Dramen, Science-Fiction-Komödien, Biopics,
Action-Thrillern und modernen Western-Stoffen bietet die heutige Sendung einen
bunten Querschnitt über neue Soundtrack-Veröffentlichungen. Zu den populärsten
Vertretern zählen diesmal Howard Shore mit einer neuen Arbeit für David
Cronenberg, Thomas Newman mit einer Komposition für die Ballett-Version
des Literaturklassikers „Of Mice And Men“, Volker Bertelmann mit
seiner Musik zum Spionage-Thriller „The Amateur“ und Brian Tyler
mit dem Soundtrack zur abschließenden zweiten Staffel des „Yellowstone“-Spin-offs
„1923“.
Der britische Oscar-Gewinner
Steven Price („Gravity“)
hat seit seiner ersten Zusammenarbeit mit
David Attenborough an der Doku-Mini-Serie
„Die Jagd – Auf Leben und Tod“ (2015) eine ganze Reihe von
Naturdokumentationen vertont, so den von
Natalie Portman vorgetragenen Disney-Film
„Dolphin Reef“ (2018),
David Attenboroughs „Unser Planet“ (2019-2023)
und Hugh Pearsons „
Blue Whales: Return of the Giants“ (2023).
Mit dem Kinofilm „Ozean mit David Attenborough“ fängt
das Regietrio Colin Butfield, Toby Nowlan und Keith Scholey die
Fähigkeit des britischen Naturforschers und Dokumentarfilmers ein, nicht nur wissenschaftliche
Erkenntnisse einem breiten Publikum klar zu vermitteln, sondern auch mit einer
spürbaren Leidenschaft für das Thema Anreize zu vermitteln, sorgsamer mit der
Natur umzugehen.
Attenborough erklärt, was man unter Tiefseebergen versteht
und wie sie einst entstanden sind. Der Film zeigt uns eine Welt in einem
empfindlichen Gleichgewicht und präsentiert deutliche Hinweis zur Notwendigkeit
des Klimaschutzes, wenn er die Zerstörung der Natur durch den Menschen
thematisiert, beispielsweise durch schädliche Fischereimethoden. Zugleich
zeichnet er aber kein durchweg düsteres Bild, sondern vermittelt eine
hoffnungsvolle Perspektive, wenn wir nur unser Verhalten ändern und auf die
Umwelt hören. Steven Price untermalt die eindrucksvollen Bilder vom
Meeresgrund und Korallenriffen mit melodischen und einfühlsamen Klängen.

Bereits beim 2022 realisierten „Crimes Of The Future“,
seinem Beitrag zum Wettbewerb der Filmfestspiele in Cannes, war der kanadische
Regie-Exzentriker David Cronenberg stolze 79 Jahre alt, nun legt er mit „The
Shrouds“ seinen wohl – nach eigener Aussage – letzten Film vor, mit dem Cronenberg
die jahrelange Trauerarbeit nach dem Tod seiner Frau, der 2017 verstorbenen
Filmeditorin Carolyn Zeifman, zu einem Mystery-Drama verarbeitet hat.
Vincent Cassel verkörpert in dem Film Cronenbergs
Alter Ego Karsh, der seine Frau Becca (Diane Krueger) an Krebs verloren
hat. Das Bedürfnis, ihr ins Grab zu folgen, sie beim weiteren Zerfall ihres
Körpers nicht allein zu lassen, sei der Anlass gewesen für sein
Hightech-Friedhof-Projekt. Gräber, in denen die Körper der Verstorbenen in
Nanotech-Leichentücher eingewickelt bestattet werden. Das Material scannt
den Körper in Echtzeit und liefert via App jederzeit hochauflösend gerenderte
3D-Modelle der Leichen. Karsh findet Trost in dieser virtuell-realen Nähe, und
er hofft, dass es auch anderen so gehen möge. Cronenbergs langjähriger Hauskomponist
Howard Shore („Die Fliege“, „Naked Lunch“) kreierte dazu zumeist
melancholische, fast schon elegische Klänge.Der bereits 2023 produzierte Dokumentarfilm „UnBroken“
von Beth Lane erzählt vom Schicksal der Tochter eines
Holocaust-Überlebenden, die die außergewöhnliche Geschichte der Flucht ihrer
Mutter und sechs Geschwister aus Nazi-Deutschland entdeckt.
„Ich wollte mit der Musik zu ,UnBroken‘ die
Unzuverlässigkeit der Erinnerung und die Nostalgie für eine Zeit
heraufbeschwören, die es vielleicht nie gegeben hat. Es ist eine Geschichte von
Familie, Hoffnung und Stabilität, die auf einem Fundament aus Tragödie und
Verlust aufbaut. Menschen, die sich über einen verwerflichen Zeitgeist erheben
und Wege finden, einander zu helfen; das Erbe, das diese einfachen moralischen
Handlungen hinterlassen können“, erklärt Komponist Jonathan Snipes. „Folglich
sollte sich die Musik wie ein Echo aus der Vergangenheit anfühlen, das sich
vorwärtsbewegt, näher zu uns, durch die Zeit, beginnend in den Wurzeln von
Schmerz und Trauer, aber Schönheit und Geborgenheit hinterlässt, wenn sie den
Hörer erreicht. Dafür habe ich viel alte Aufnahmetechnik verwendet:
Tonbandgeräte, Delays, Federhall, Aufnahmen von Vinyl-Knistern, Rauschen und
andere Unvollkommenheiten der Aufnahmemedien der Vergangenheit. Das ist vielleicht
eine zu offensichtliche Metapher für den Verfall von Erinnerungen, aber
manchmal ist es ratsam, offensichtlich zu sein. Wir sollten kein Blatt vor den
Mund nehmen, wenn wir über die Schrecken der jüdischen Erfahrung im Deutschland
der 1930er Jahre sprechen. Besonders heute.“

Der Oscar-nominierte und Grammy-prämierte Komponist Thomas
Newman („Die Verurteilten“, „American Beauty“, „Skyfall“)
präsentiert mit dem Album „Of Mice And Men“ seine erste eigene
Ballettmusik, inspiriert von John Steinbecks klassischem Roman „Von
Mäusen und Menschen“ und komponiert für die von Kritikern gefeierte
Produktion des Joffrey Ballet im Jahr 2022, choreografiert von Cathy
Marston. Newmans Musik thematisiert Einsamkeit und den Wunsch nach einem
neuen Leben, selbst angesichts unglaublicher Härten. Dabei verwendet Newman
viele akustische Instrumente, die bereits seine besten Scores aus früheren
Jahren wie „Grüne Tomaten“, „Rendezvous mit Joe Black“ und „The Green
Mile“ ausgezeichnet haben.
In Chris Readings Science-Fiction-Komödie „Time Travel Is
Dangerous“ betreiben die besten Freundinnen Ruth und Megan in Muswell Hill
einen Vintage-Laden. Als sie auf eine Zeitmaschine stoßen, begeben sie sich auf
Reisen in die Vergangenheit, um ihren Laden aufzufüllen – ohne zu ahnen,
welchen irreparablen Schaden sie dem Universum zufügen.
„Angesichts des Genre-Mashups war das Schreiben der Musik
für diesen Film eigentlich eine zweiteilige Aufgabe: Die erste Hälfte der
erklärenden Mockumentary zu vertonen, als wäre es eine normale
Fernsehdokumentation – im Grunde eine Art ,Bibliotheksmusik‘, bei der ich mich
nicht auf bestimmte Beats oder Momente konzentrieren musste. Und die Musik für
einen Film über Zeitreisen zu schreiben, ist meiner Meinung nach in vielerlei
Hinsicht der Traum eines Filmkomponisten – es bietet die Möglichkeit, sich wie
ein Chamäleon zu verhalten und alle möglichen Musikgenres zu vermitteln,
während Ruth und Megan durch die verschiedenen Epochen reisen“, schwärmt Simon
Porter über die Arbeit an dem Soundtrack. „In diesem Fall umfasst das das
Mittelalter, den amerikanischen Bürgerkrieg, die amerikanische Grenze, den Funk
der 70er und die 80er. Synthwave/heulender Gitarren, 90er-Jahre-New-Jack-Swing,
bis hin zur Gegenwart, wo der Film die Protagonisten in der Gegenwart einholt
und eher zu einer traditionellen orchestralen Filmmusik wird, mit hier und da
etwas Retro-80er-Würze.“
Cyrille Aufort („Splice“, „A Royal Affair“)
vertonte mit
„A Dangerous Friendship“ Alain Tasmas Historiendrama-Serie
über eine lebhafte Herzogin, die sich mit der schüchternen Königin von
Frankreich anfreundet. Sie möchte die Königin wieder mit dem distanzierten
König vereinen, indem sie die nüchterne Atmosphäre des Königshauses mit
Heiterkeit bereichert und damit am Hof für Kontroversen sorgt.
„,A Dangerous Friendship‘ ist ein lebendiges Porträt
zweier Frauen – Marie de Rohan und Anna von Österreich, Königin von Frankreich
–, die eine starke und komplexe Freundschaft verbindet. Vor dem reichen
historischen Hintergrund des Frankreichs des 17. Jahrhunderts erzählt die Fernsehserie
eine Geschichte von Hofintrigen, geheimen Verschwörungen, persönlichem Ehrgeiz
und unerbittlichen Machtkämpfen – ein Universum, in dem Loyalität auf die Probe
gestellt wird, Geheimnisse als Währung gelten und Gefahr oft hinter einem
Lächeln lauert“, beschreibt Cyrille Aufort. „Die Filmmusik spielt eine
entscheidende Rolle bei der Vermittlung der Tiefe und Nuancen dieser Welt.
Regisseur Alain Tasma wollte die Musik nicht nur als Begleitung, sondern
als eigenständige erzählerische Kraft, die das Publikum durch die komplexen
Stimmungen und wechselnden Töne der Geschichte führt. Die Partitur musste sich
fließend zwischen verschiedenen Musikgenres bewegen, von Barockmusik mit Viola
da Gamba, Laute und Barockvioline bis hin zu den schwülen, spannungsgeladenen
Klängen eines erotischen und giftigen Thrillers. Während die Erzählung düsterer
wird und die emotionalen Einsätze im Finale steigen, verändert sich die Musik.
Sie wird moderner, sinnlicher und gefährlicher – ein Spiegelbild der
verführerischen und tückischen Elemente der Geschichte. Dissonante Texturen,
langsame Rhythmen und geheimnisvolle Harmonien erzeugen die Atmosphäre eines
düster-verführerischen Thrillers, durchzogen von Spannung und psychologischer
Spannung.“
Der schwedische Filmemacher Lasse Hallström ist durch
Literaturverfilmungen wie „Chocolat“, „Gottes Werk und Teufels Beitrag“ und
„Schiffsmeldungen“ bekannt geworden. Mit der Verfilmung von Ragnar
Jónassons Roman „The Darkness“ präsentiert Hallström sein
Seriendebüt geben. Die Hauptrolle in der sechsteiligen britischen Miniserie spielt
Lena Olin, mit der der schwedische Regisseur bereits bei seinen
Kinofilmen „Chocolat“ und „Hilma“ zusammengearbeitet hat und die eine
Kommissarin spielt, die in einer Mordserie ermittelt und sich dabei mir ihren
eigenen Traumata konfrontiert sieht. Vor dem Hintergrund einer drohenden
Frühpensionierung muss sie den Killer finden, auch wenn es für sie Lebensgefahr
bedeutet. Die düstere, atmosphärische Musik steuerte der Isländer Atli
Örvarsson in Zusammenarbeit mit Kjartan Hólm und Sin Fang bei.
Playlist:
01. Steven Price - A Truly Wild Ocean (Ocean With David Attenborough) - 03:24
02. Howard Shore - For All Eternity (The Shrouds) - 05:04
03. Ben Bartlett - Tender (Vera: The Final Seasons) - 04:21
04. Ludwig Göransson - Clarksdale Love (Sinners) - 03:22
05. Jonathan Snipes - Time to Go (UnBroken) - 04:47
06. Theodosia Roussos - Love Sours Turns to Flowers (Lilies Not For Me) - 03:08
07. Marcelo Zarvos - The Letter (Nonnas) - 04:54
08. Samuel Sim - Make Him Listen (A Cruel Love: The Ruth Ellis Story) - 06:56
09. Thomas Newman - Crooks (Of Mice And Men) - 04:52
10. Simon Porter - Ralph's Workshop (Time Travel Is Dangerous) - 02:23
11. Johan Söderqvist - Two Daughters (Six Jours) - 03:26
12. Benjamin Wallfisch - Trigger Point (Until Dawn) - 03:15
13. Martin Phipps & Dan Jeffries - Epilogue (Suspect: The Shooting of Jean Charles De Menezes) - 04:25
14. Cyrille Aufort - Let Him Live (A Dangerous Friendship) - 03:08
15. Jay Wadley & Trevor Gureckis - One More Summer (The Friend) - 02:48
16. Jeff Cardoni - Great Wide Open (Ransom Canyon) - 03:10
17. Brian Tyler & Breton Vivian - Teonna And Pete (1923 - Season 2) - 03:45
18. Mark Orton - Henry Is Gone (On Swift Horses) - 03:27
19. Christopher Tyng - Lifeline (Suits LA) - 04:58
20. Volker Bertelmann - Missing Sarah (The Amateur) - 03:52
21. Pierre-Henri Wicomb - I Know You (Breathing In) - 03:42
22. Armand Amar - Elle le suit (Moon Le Panda) - 03:53
23. Atli Örvarsson, Kjartan Hólm & Sin Fang - Flashbacks Again (The Darkness) - 02:28
24. Pinar Toprak - Intimate Conversations (Lonely Planet) - 03:03
25. Diego Baldenweg, Lionel Baldenweg & Nora Baldenweg - Departure (Home Is The Ocean) - 02:50
26. Antonio Pinto - The Children (2073) - 07:21
27. Steve Matthew Carter - I Can't Protect You (Gazer) - 04:21
28. Tyler Bates & Travis Bacon - Sins Of The Bondsman (The Bondsman) - 02:45
29. Bryce Dessner - Juárez (The Accountant 2) - 10:43
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