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Sonntag, 7. Dezember 2025

Playlist #438 vom 14.12.2025 - SIGUR RÓS, JÓNSI & ALEX SOMERS

So klein die skandinavische Insel mit der dünnsten Besiedlung in Europa auch sein mag, verfügt sie doch über eine äußerst vitale Musikszene. Nicht nur die Sugarcubes und ihre Sängerin Björk sorgten international seit den 1980er und 1990er Jahren international für Furore, auch Acts wie GusGus, Of Monsters and Men, Emilíana Torrini und vor allem Sigur Rós zählen zu den populärsten Vertretern der isländischen Pop-Szene. Darüber hinaus haben Komponisten wie Jóhann Jóhannsson, Atli Örvarsson, Ólafur Arnalds und Sigur-Rós-Frontmann Jónsi in den vergangenen Jahren im Bereich der Neoklassik und Filmmusik auf sich aufmerksam gemacht. In der heutigen Sendung fokussieren wir uns auf die Arbeiten von Jónsi und seinem ehemaligen Partner Alex Somers, die sowohl als Solo-Künstler als auch gemeinsam für originelle Soundtrack- und andere Arbeiten verantwortlich zeichnen.
Sigur Rós (Photo by Hörður Óttarson)

Der seit seiner Geburt auf einem Auge blinde Jón Þór Birgisson alias Jónsi gründete Sigur Rós 1994 zusammen mit dem Bassisten Georg Hólm und dem Schlagzeuger Ágúst Ævar Gunnarsson, wobei der Bandname Jónsis Schwester Sigurrós geschuldet ist, die am Tag der Bandgründung geboren wurde. Das 1997 erschienene Debütalbum „Von“ nahm noch recht viel Zeit in Anspruch und resultierte in einem ebenso düsteren wie naturverbundenen Werk, das noch nicht sehr in sich geschlossen wirkte.
Das änderte sich mit dem 1999 erschienenen Nachfolger „Ágætis byrjun“, das nicht nur stärker strukturiert und instrumentiert daherkam, sondern auch ein Orchester aufbot und introspektive Klänge, orchestrale Wucht, kurze Intermezzi und symphonischen Epen präsentierte.
Mit ihrer sphärisch klingenden, teilweise von melancholischen Melodien geprägten Musik haben sich Sigur Rós stilistisch in den weit interpretierbaren Bereichen Post-Rock, Shoegazing und Ambient eingerichtet, ohne einer Szene oder einem Subgenre zugeordnet werden zu können. Eine Band, die weltweit über 10 Millionen Alben verkauft, ohne einen Hit oder einen Grammy zu haben, und dabei größtenteils auf Isländisch singt – einer Sprache, die von weniger als 400.000 Menschen gesprochen wird –, beschreitet zwangsläufig ganz eigene Wege, wozu vor allem Jónsi Birgissons gestrichene Gitarre und seine geisterhafte Falsett-Stimme beitragen.
2002 erschien das dritte, zunächst namenlose Album der Band. Der Gesang auf dem Album vollzieht sich in einer melodischen, nicht-existenten Fantasie-Sprache, die Sigur Rós vonlenska (dt. Hoffnungsländisch) nannten. Ebenso wie das Album blieben auch die acht Songtitel unbetitelt, später erhielt das auch musikalisch minimalistische und schwerer zugängliche Album wegen der Abbildungen auf dem Cover, die Klammern gleichen, den Namen „( )“.
Ebenfalls 2002 erschien der instrumentale Soundtrack „Hlemmur“ zu einem Film über die Obdachlosen am Busbahnhof Hlemmur in Reykjavik.
2003 verpflichtete Merce Cunningham die Band, für sein Tanzstück „Split Sides“ die Musik zu komponieren. Anfang 2005 schrieben Sigur Rós außerdem ein Stück zur Tanzaufführung des Royal Danish Ballet zu Hans Christian AndersensLittle Match Girl“.
Seither erzeugen Sigur Rós mit sphärischen Klängen eine ganz eigene musikalische Melancholie auf der Bühne, heimsten mit Erfolgsalben wie „Ágætis byrjun“, „( )“ und „Takk…“ (2005), „Hvarf-Heim“ (2007), „Með suð í eyrum við spilum endalaust“ (2008), „Valtari“ (2012) und „Kveikur“ (2013) Gold und Platin ein und waren auch in der vierten Staffel beliebten Serie „Game of Thrones“ mit einem Gastauftritt als Musikanten auf der Hochzeit König Joffrey Baratheons zu sehen.
Abseits ihrer regulären Studio-Alben schufen Sigur Rós hypnotische Musik für altnordische Poesie („Odin’s Raven Magic“, 2020), eine 24-stündige Autofahrt entlang der isländischen Küste („Route One“, 2016) und Ambient-Klangbäder („Liminal Sleep“, 2019).
 
In der Zwischenzeit haben sich Jónsi und der aus Baltimore, Maryland, stammende Künstler und Musiker Alex Somers im Jahr 2003 in Boston kennengelernt. Somers, der unter anderem das Artwork für das Sigur-Rós-Album „Takk…“ kreierte. Somers hatte 2003 mit Scott Alario die kurzlebige Band Parachutes gegründet, um dann 2005 nach Island zu ziehen, wo er mit Jónsi das Projekt Jónsi & Alex gründete. Sie arbeiteten auch an visueller Kunst, die die Grundlage für ihr limitiertes Hardcover-Buch „Riceboy Sleeps“ (2006) bilden sollte. In den Pausen zwischen Jónsis Tourneen und Studioaufnahmen mit Sigur Rós arbeiteten sie weiterhin zu Hause an ihrer Musik und schufen so nach und nach das umfangreiche Werk, das heute das Album „Riceboy Sleeps“ (2009) ausmacht.
2010 veröffentlichte Jónsi sein erstes Solo-Album „Go“, wobei die Single „Around Us“ auf dem Soundtrack von EA Sports’ „FIFA 11“ vertreten gewesen ist. Außerdem steuerte er das Lied „Sticks & Stones“ für den Soundtrack des Films „Drachenzähmen leicht gemacht“ bei sowie die Lieder „Where No One Goes“ und „Together from Afar“ für die beiden Fortsetzungen.
2011 schrieb er den Soundtrack zu Cameron Crowes Kinofilm „Wir kaufen einen Zoo“. 2021 folgte der Soundtrack zu „Tom Clancy’s Gnadenlos“.
Zwischenzeitlich erschien 2020 mit „Shiver“ Jónsis zweites Studioalbum, ein Jahr später mit „Obsidian“ das dritte. Das 2024 veröffentlichte Album „First Light“ war ursprünglich als Teil eines Videospielsoundtracks geplant, weshalb es auch unter anderem über die Musik- und Wellness-Plattform Myndstream veröffentlicht wird.
Jónsi sagt selbst zum Ursprung seines neuen Albums: „Ich schrieb diese Musik in einer Zeit, in der es weltweit zu Unruhen und Ungleichgewichten kam, für ein Videospiel. Ich stellte mir ,First Light’ als eine momentane, fantastische, überdrehte, utopische Welt vor, in der jeder und alles in ewigem Frieden und Harmonie zusammenlebt.“ Weiter sieht er die Musik als etwas Hoffnungsvolles: „Wir entscheiden uns für Schönheit statt Unordnung, für Hoffnung statt Angst, für unsere universellen göttlichen Schutzengel, die über uns wachen und uns alle durch Liebe, Melodie und Musik miteinander verbinden.“
Jónsi & Alex (Photo by Lilja Birgisdóttir)
 
Seit Alex Somers zusammen mit Jónsi 2014 die Musik zur Science-Fiction-Serie „Manh(a)ttan“ komponierte, schrieb er – teilweise unter eigenem Namen – die Musik für Filme wie „Captain Fantastic: Einmal Wildnis und zurück“ (2016), „Honey Boy“ (2019), „Audrey“ (2020), „Fresh“ (2022), „Causeway“ (2022) und „Holland“ (2025) sowie für die Fernsehserien „Branson“, „Under the Bridge“ und „Überkompensation“. Zuletzt schrieb Alex Somers den Soundtrack zum Dokumentarfilm „A Life Illuminated“ und zusammen mit Jónsi zum Film „Rental Family“.
Außerdem erschien 2023 mit „Átta“ das achte Album von Sigur Rós. Nachdem so viel Zeit seit dem vergleichsweise aggressiven Sound des Albums „Kveikur“ vergangen ist, präsentiert sich „Átta“ als Ruhepol nach dem Sturm – fast ohne Schlagzeug und von stiller Schönheit durchdrungen. Die Band wollte „einfach nur minimalistische Drums und eine wirklich sparsame, schwebende und schöne Musik“, sagte Jónsi. „Wir werden älter und zynischer, deshalb wollte ich uns einfach bewegen, damit wir wieder etwas fühlen!“
Georg fügte hinzu: „Dieses Album klingt wie ein Sigur-Rós-Album, ist aber introvertierter als zuvor. Es ist sehr weitläufig mit diesem Streicherklang, aber es blickt mehr nach innen als nach außen.“
Es wurde größtenteils im bandeigenen Sundlaugin-Studio in Island aufgenommen, während das London Contemporary Orchestra in den Abbey Road Studios seinen umfangreichen musikalischen Reichtum beisteuerte. Der Dirigent des Orchesters, Robert Ames, leitete anschließend eine Reihe internationaler Ensembles auf einer aufwendigen Sigur-Rós-Tournee, die sich von der Meltdown-Show auf über zwei Jahre ausdehnte. Kjartan, Robert Ames und seine Frau Maria Huld Markan Sigfúsdóttir (von den langjährigen Sigur-Rós-Kollaborateuren Amiina) schrieben Orchesterarrangements für die Konzerte, darunter Neuinterpretationen alter Favoriten wie – vom minimalistischen Album „( )“ aus dem Jahr 2002 – „Untitled #1 – Vaka“ sowie „Sé lest“ und „Hoppípolla“ von „Takk…“ und „Von“ von ihrem Debütalbum.
Begleitet vom New Yorker Wordless Music Orchestra tourte das Trio im Sommer 2023 achtmal durch Nordamerika. Seitdem wurde es von zahlreichen weiteren Orchestern unterstützt, darunter Symphony+81 in Japan, das Balvig Orchestra in Schweden und Dänemark sowie die Stadtorchester von Sydney, Melbourne, Brisbane und Adelaide auf ihrer Australien-Tournee 2025. Im September 2025 tourten sie erneut durch Europa, unter anderem mit vier Konzerten in der legendären Royal Albert Hall in London, und beendeten ihre Reise gemeinsam mit dem Noordpool Orkest in Amsterdam.
„Es ist schon seltsam, dass ein paar Jungs aus Island, die auf Isländisch und in irgendeiner Fantasiesprache singen, auf der ganzen Welt spielen und so viele Menschen zu ihren Konzerten kommen wollen“, sagte Jónsi. „Es gibt keine Texte oder Geschichten, an denen sich die Leute festhalten können. Es geht vielmehr um die puren Emotionen, die die Menschen durch die Musik erleben.“

Diskografie/Filmografie (Auswahl):

Sigur Rós:
1997: Von
1998: Von Brigði = Recycle Bin (Remix-Album)
1999: Ágætis Byrjun
2002: ( )
2003: Hlemmur (Soundtrack)
2005: Takk…
2007: Hvarf – Heim
2008: Með Suð Í Eyrum Við Spilum Endalaust
2011: Inni (Live-Album)
2012: Valtari
2013: Kveikur
2017: Route One
2019: Liminal Sleep
2023: Átta
 
Jónsi:
2010: Go
2011: We Bought A Zoo (Soundtrack)
2018: The Feeling of Going (Soundtrack)
2020: Shiver
2021: Tom Clancy’s Without Remorse (Soundtrack)
2021: Obsidian
2024: First Light
2025: The Long Melody (Soundtrack)
 
Alex Somers:
2016: Captain Fantastic: Einmal Wildnis und zurück
2016: Dawson City: Frozen Time (Soundtrack)
2017: Black Mirror – Hang the DJ (Soundtrack)
2018: Hale County, Tag für Tag (Hale County This Morning, This Evening, Soundtrack)
2019: Honey Boy (Soundtrack)
2020: Twelve (Soundtrack)
2020: Here We Are: Notes For Living On Planet Earth (Soundtrack)
2020: Audrey (Soundtrack)
2021: Together Together (Soundtrack)
2021: Siblings
2021: Siblings 2
2022: Fresh (Soundtrack)
2022: Causeway (Soundtrack)
2022: Branson (Soundtrack zur Miniserie)
2024: Under the Bridge (Soundtrack zur Miniserie)
2024: Nickel Boys (Alex Somers & Scott Alario, Soundtrack)
2025: Holland (Soundtrack)
2025: Überkompensation (Overcompensating, TV-Serie)
2025: A Life Illuminated (Soundtrack zum Dokumentarfilm)
 
Jónsi & Alex:
2009: Riceboy Sleeps
2015: Aloha: Die Chance auf Glück (Aloha, Soundtrack)
2016: Manh(a)ttan (Soundtrack)
2019: Lost And Found
2025: Rental Family (Soundtrack)
Playlist:
01. Alex Somers & Jónsi - Found Family (Rental Family) - 03:16 
02. Sigur Rós - Von (Von) - 05:12
03. Sigur Rós - Bíum Bíum Bambaló (Angels of the Universe) - 06:53 
04. Alex Somers & Jónsi - Chapter One [excerpt] (All Animals) - 11:15 
05. Jónsi & Alex Somers - Stokkseyri (Riceboy Sleeps) - 07:10 
06. Alex Somers - Fortress (Captain Fantastic) - 04:37 
07. Jónsi - We Bought A Zoo (We Bought A Zoo) - 04:22 
08. Jónsi & Alex Somers - Moving Plates [Liminal Remix] (Liminal) - 03:06 
09. Alex Somers & Jónsi - Chapter Three [Alex Somers Remix] (Liminal 2) - 04:47 
10. Jónsi & Alex Somers - Hundslappadrifa (Lost & Found) - 06:09 
11. Jónsi & Alex Somers - There's Something I Need to Tell You (Manh(a)ttan) - 03:26 
12. Alex Somers - A Good Day (Honey Boy) - 03:05 
13. Alex Somers - Fell In Love With Her (Audrey) - 04:13 
14. Jónsi - Aftermath (Tom Clancy's Without Remorse) - 03:23 
15. Alex Somers - Into Place (Here We Are) - 04:13 
16. Alex Somers - Breakthrough (Holland) - 03:49 
17. Jónsi - Undercurrent (First Light) - 04:14 
18. Alex Somers - Color Memory (Nickel Boys) - 05:48 
19. Alex Somers - Lose Control (Overcompensating) - 04:08 
20. Alex Somers - Left the Sea (Fresh) - 03:32 
21. Alex Somers - Wake Up (Causeway) - 03:34 
22. Alex Somers - Kimblings (Siblings) - 06:11 
23. Jónsi - Hedione (Obsidian) - 12:40

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