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Sonntag, 30. August 2009

Playlist # 15 vom 30.08.09 - CLINT MANSELL Special

Der am 7. Januar im britischen Coventry geborene Komponist Clint Mansell begann seine musikalische Karriere als Sänger und Gitarrist bei der Hip-Hop-Rockband Pop Will Eat Itself, ehe er durch seinen Freund, den Regisseur Darren Aronofsky, zur Filmmusik kam. Für dessen Regiedebüt „Pi“ schuf er 1998 einen elektronisch-rockigen Score, der sich perfekt in einen Soundtrack einfügte, den progressive Electro-Acts wie Orbital, Massive Attack, Autechre, Gus Gus und Aphex Twin prägten.

Einen gänzlich anderen musikalischen Ansatz verfolgte Mansell bei Aronofskys nächstem Film, „Requiem For A Dream“, wo er zusammen mit dem renommierten Kronos Quartet einen verstörend düsteren, mittlerweile überaus populären Score produzierte, der als Remix-Album später Künstler wie Paul Oakenfold, Delerium, Psilonaut und A Guy Called Gerald auf den Plan rief. Auch für Aronofskys Fantasy-Liebes-Drama „The Fountain“ arbeitete Mansell im Jahre 2006 mit dem Kronos Quartett zusammen, holte aber zusätzlich die schottischen Experimental-Rocker von Mogwai ins Boot, um einen etwas zugänglicheren, helleren Score einzuspielen. Darüber hinaus arbeitete Mansell an Psycho-Thrillern wie „Mord nach Plan“, „Abandon“ und „Suspect Zero“, an den Horror-Filmen „The Hole“ und „Der eisige Tod“ und auch an romantischen Komödien wie „Liebe ist Nervensache“ und „Vielleicht, vielleicht auch nicht“.

Filmografie
• 1998: Pi
• 2000: Requiem for a Dream
• 2001: The Hole
• 2001: World Traveler
• 2001: Knockaround Guys
• 2002: Mord nach Plan
• 2002: Every Night the Same Thing
• 2002: Sonny
• 2002: Abandon
• 2002: The Hire: Ticker
• 2003: 11:14
• 2004: Suspect Zero
• 2005: Sahara – Abenteuer in der Wüste
• 2005: Liebe ist Nervensache
• 2005: Doom
• 2006: The Fountain
• 2007: Smokin’ Aces
• 2007: Der eisige Tod
• 2008: Vielleicht, vielleicht auch nicht
• 2008: The Wrestler
• 2009: Moon


Playlist
1 Clint Mansell - I Am Sam Bell, Too... (Moon) - 05:07
2 Clint Mansell - We Got The Gun (Pi) - 04:50
3 Clint Mansell - Main Theme (The Hole) - 04:17
4 Clint Mansell - End Titles (Wind Chill) - 04:55
5 Clint Mansell - Lux Aeterna (Requiem For A Dream) - 03:56
6 Clint Mansell - Can You Handle This?(World Traveler) - 03:11
7 Clint Mansell - Surveillance (Smokin' Aces) - 08:04
8 Clint Mansell - Evidence/Session Tape (Suspect Zero) - 04:16
9 Clint Mansell - The Candidate (Definitely, Maybe) - 04:12
10 Clint Mansell - Stay With Me (The Fountain) - 03:38
11 Clint Mansell - Aeternal (Remix by Paul Oakenfold) - 06:52

Montag, 17. August 2009

Richard Band (Teil 1) - "Composer of the Unknown"

Im Booklet zur DOCTOR-MORDRID-CD hat Daniel Schweiger sein Portrait von Richard Band mit "Composer Of The Unknown" betitelt. Betrachtet man die Vielzahl von Richard Bands Soundtrackveröffentlichungen, so entsprechen bereits deren Titel auf vielsagende Weise tatsächlich dieser Beschreibung: Zu seinen Scores zu Filmen wie PUPPET MASTER, DEMONIC TOYS, THE PIT AND THE PENDULUM, THE ALCHEMIST, SHRUNKEN HEADS oder MUTANT trieben Puppen mit dämonischem Eigenleben groteske Spiele, erwachten Dinosaurier-Skelette zu neuem Leben, experimentierten verrückte Wissenschaftler, ließen außerirdische Mächte ihre unsichtbaren Kräfte spielen und wurden sämtliche vorstellbaren Alpträume Wirklichkeit. Obwohl Richard Band in musikalischer Hinsicht zunächst eher dem Rock und Jazz zugeneigt war, verbanden den 1953 geborenen Musiker seine familiären Bindungen schon früh mit dem Film. Sein Vater Albert († 2002) war Filmproduzent und Regisseur (I BURY THE LIVING), sein Bruder Charles leitet Full Moon Entertainment und ist ebenfalls als Regisseur (DOCTOR MORDRID, CRASH AND BURN) tätig. Mitte der 90er hatte ich die Möglichkeit, Richard Band zu interviewen.

Sie haben Ihre musikalische Karriere mit Jazz- und Rock-Kompositionen begonnen. Wie ist Ihr Interesse an der Filmmusik entstanden und wie fanden Sie den Einstieg zu ihr?
Ich war zunächst in Rock und Jazz und dergleichen involviert. Ich bin in Italien aufgewachsen, und mit elf Jahren habe ich eine Flamenco-Show in Spanien gesehen und verliebte mich in die Gitarre. Am nächsten Tag kaufte ich mir eine eigene Gitarre, lernte sie spielen und tourte mit einigen Rock- und Jazz-Bands. Mit 17 Jahren kehrte ich nach Amerika zurück und fing ein Jahr später an, Musik zweieinhalb Jahre zu studieren. Danach fing ich mit Produktionsarbeiten beim Film an, da ich um den Film herum aufgewachsen bin. Mein Vater ist Regisseur, Produzent und Drehbuchautor, und mein Bruder ist ebenfalls Regisseur und Produzent. Ich war also Regieassistent und dann Produktionsmanager, um schließlich auch Filme zu produzieren, aber nach zwei Jahren musste ich feststellen, dass das nicht meine Sache war. Nachdem ich also die Musikschule absolviert und zwei Jahre an Filmen gearbeitet hatte, stellte ich fest, dass ich Filme mochte, aber meine erste Liebe war die Musik. Warum sollte ich also nicht versuchen, Musik für Filme zu machen?
Mein erster Job war eine Zusammenarbeit mit Joel Goldsmith, Jerry Goldsmiths Sohn. Es war für uns beide der erste Score. Von LASERBLAST (1978) an arbeitete ich nur noch an Filmmusik.
Wie sah die Zusammenarbeit mit Joel Goldsmith aus?
Wir co-komponierten LASERBLAST. Joel schrieb einige Cues und ich einige andere. Er hatte nie eine formale Ausbildung, aber er kam aus einer sehr talentierten Familie. Es war eine Verbindung von Ideen und ein total elektronischer Score. Ich denke, das gesamte Budget für den Score betrug 500 Dollar.

Gibt es irgendwelche Komponisten, die Sie zur Filmmusik geführt haben?
Ich mochte schon immer Jerry Goldsmith. Dann lernte ich verschiedene Komponisten durch meine Großeltern kennen, die in Paris lebten und zum Zweiten Weltkrieg nach Amerika kamen. Sie freundeten sich mit vielen Leuten aus der Kunstszene an, durch die ich wiederum so famose Komponisten wie Miklós Rózsa, Erich W. Korngold und Alex North kennenlernte.
Mein liebster Film und die liebste Musik für mich war jahrelang WEST SIDE STORY von Leonard Bernstein. Das war eine frühe Inspiration für mich. All diese Leute habe ich bewundert. Doch bevor ich mit Rock ´n ´Roll und Jazz und Filmmusik zu tun bekam, hatte ich eine Vorliebe für Klassik, Beethoven. Als ich fünf Jahre alt war, lebte ich für ein Jahr in Paris, und immer wenn ich von der Schule kam, legte ich Beethovens Neunte auf und dirigierte sie am Küchentisch von Anfang bis Ende.

Komponieren Sie einen Score immer noch auf die gleiche Art und Weise wie zu Beginn Ihrer Karriere, oder hat sich im Laufe der Jahre daran etwas geändert?
Die Art, wie ich einen Score komponiere, ist gleich geblieben. Durch das Aufkommen der ganzen Elektronik, der Computer und dergleichen komponiere ich aber nicht mehr am Piano mit Bleistift und Notenpapier, sondern kann durch den Computer weitaus schneller schreiben. Ich setze den Computer stets für meine Zwecke ein, nicht gegen mich.
Viele Komponisten sträuben sich gegen den Gebrauch der Elektronik, weil es irgendwie eine fremdartige Sache ist, aber ich habe mir das elektronische Equipment angeeignet, um es für mich arbeiten zu lassen. Während ich vor einigen Jahren noch froh war, zwei oder drei Minuten am Tag zu schreiben, was ziemlich dem industriellen Standard entsprach, ist es heutzutage nicht schwierig für mich, sechs bis acht Minuten täglich zu schreiben.
Das ist ein Beispiel dafür, wie ich die Elektronik für mich einsetze. Insofern hat sich nur die Art und Weise geändert, wie ich die Technik einsetze, aber der kreative Prozess hat sich nicht geändert. Ich arbeite immer noch mit dem Film an der Hand, schaue ihn mir drei-, vier-, bis zu zehnmal an, ohne auch nur einmal das Keyboard zu berühren oder eine Note zu schreiben, so dass der Film an sich zu mir sprechen kann, ohne dass ich auf ihn einwirke.
Ich schaue ihn mir an und versuche zu ergründen, was er mir erzählt. An diesem Verfahren habe ich nie etwas geändert, weil ich glaube, dass es am besten für mich funktioniert.

Als Sie mit Filmkompositionen anfingen, kam gerade das Synth-Studio-Set-up auf. Während Sie aber mehr mit den typisch elektronischen Sounds eines Synthesizers arbeiten, benutzen viele Komponisten Synthesizer zur Imitation von orchestralen Klängen.
Die Leute wurden wegen finanzieller Beschränkungen in diese Situation gedrängt. Wenn man an einem Major-Film arbeitet und ein Orchester geleistet werden kann, mit dem man die Musik aufnehmen kann, braucht man keinen Synthesizer, um bestimmte Teile des Orchesters zu imitieren. Das ist keine Frage. Was aber passiert ist, ist, dass die Budgets immer weiter heruntergegangen sind und man sich in einer Situation befindet, wo die Filme nicht mehr über die Budgets verfügen, um ein Orchester bezahlen zu können.
Ich möchte also nicht die Leute verurteilen, die auf elektronische Weise ein Orchester simulieren, weil einige es sehr gut machen. Ich habe das ja auch bis zu einem gewissen Grad getan. Aber ich bevorzuge, die Elektronik mit dem Orchester zu verbinden. Die Notwendigkeit, das zu tun, ist aus Budgetbeschränkungen entstanden. In meinem Fall gab es viele Situationen, wo das Budget zu niedrig war, um ein volles Orchester zu bekommen, aber nicht so niedrig, um nicht wenigstens Teile davon zu bekommen. Dadurch war ich also gezwungen, Teile des Orchesters mit elektronischem Equipment zu verbinden, was auch sehr gut funktioniert. Die ganze Elektronik, das Sampling usw. hat sich so weit entwickelt, dass man sehr gut ein Orchester imitieren kann. Allerdings kann man mit dem Synthesizer nicht exakt den Sound eines Orchesters simulieren. Das ist eine Tatsache. Man kann einem Orchester sehr nahe kommen, wird aber nie den gleichen Sound erreichen. Wenn man dagegen bestimmte Teile des Orchesters mit bestimmten Electronics verbindet, kann man das Orchester simulieren, ohne einen Unterschied festzustellen, weil ein Teil der Musik vom Orchester eingespielt wurde.
Natürlich ist die ideale Situation diejenige, bei der man für einen orchestralen Score ein Orchester zur Verfügung hat. Aber leider erlaubt dies das Budget oft nicht. In meinem Fall hatte ich gelegentlich die Möglichkeit, mit einem vollen Orchester zu arbeiten, fügte aber elektronische Sounds hinzu, die nichts mit dem Orchester zu tun hatten, wo ich sie also nicht benutzte, um Violinen, Celli oder Woodwinds zu imitieren, sondern um speziell elektronische Sounds zu erzeugen. Aber bei anderen Gelegenheiten habe ich elektronische Geräte eingesetzt, um Teile des Orchesters zu simulieren, beispielsweise einige Percussions oder Streicher. Gerade Low-Budget-Produktionen erfordern es, mit dem notwendigen Übel zu leben.



Auf welche Weise verbinden Sie gewöhnlich elektronisches Instrumentarium mit dem Orchester?
Wenn ich einen Score schreibe, ist er zu 99% von orchestraler Konzeption. Was ich in vielen Fällen mache, wenn ich Synthesizer benutzen muss, aber etwas vom Orchester habe, setze ich die Synthesizer für einige der unteren und mittleren Streicher ein, also beispielsweise für die Celli oder das Kontrabass, aber auch für Percussions, weil die Elektronics besonders dafür geeignet sind, und vielleicht ein oder zwei Woodwinds. Wenn ich das aufgenommen habe, nehme ich ein kleines Orchester, also zwölf bis achtzehn Violinen, zwei bis vier Woodwinds, drei oder vier French Horns, zwei Posaunen, zwei Tubas und einige Trompeten. Ich nehme also ein 25- bis 32-köpfiges Orchester auf, das ich auf die vorbereiteten elektronischen Tracks lege. So verbinde ich gewöhnlich Electronics mit Orchester, wenn ich mit beiden Komponenten arbeite.

Ihr Name wird vor allem mit Low-Budget-Horror- und -Science-Fiction-Filmen in Verbindung gebracht. Besitzen Sie eine persönliche Vorliebe für diese Art von Stoffen?
Ich bin bekannt für Low-Budget-Horror- und -Science-Fiction-Filme, aber das ist so, weil ich das jahrelang gemacht habe. Doch in den letzten vier oder fünf Jahren habe ich nicht einen solchen Film mehr gemacht. Was die Leute nicht von mir kennen, sind die Sachen, die ich bevorzuge, nämlich Kinderfilme, Komödien, Disney-ähnliche Filme, weil ich für die anderen Sachen bekannt bin. Deshalb habe ich mich vier Jahre lang von solchen Dingen ferngehalten, so dass die Leute vielleicht auch die anderen Sachen wahrnehmen, die ich gemacht habe. Das ist auch ein Grund dafür, warum ich die Promo-CD herausgebracht habe, weil da viel Musik drauf ist, die die Leute noch nie gehört haben und nicht dem Horror-Genre angehören.

Richard Band (Teil 2) - Zur Etablierung von musikalischen Themen

Wie arbeiten Sie in der Regel mit den Regisseuren zusammen? Haben die Filmemacher gewöhnlich klare Vorstellungen von der Musik, die sie für ihre Filme haben wollen?
Nicht jeder Regisseur ist die kreative Kraft. Manchmal ist es der Produzent oder der ausführende Produzent. Manchmal ist es der Regisseur. Und manchmal wissen die Regisseure nicht, was sie wollen. Gelegentlich haben sie genaue Vorstellungen, wissen sie aber nicht auszudrücken. Ein Beispiel für einen Regisseur, der sich gut verständlich machen kann und mit dem ich oft zusammenarbeite, ist Stuart Gordon. Wir machten RE-ANIMATOR, FROM BEYOND, FORTRESS und viele andere Filme zusammen, wobei wir eine gute Beziehung über die Jahre entwickelten. Ich habe gerade vor zwei Wochen einen Film mit ihm beendet (CASTLE FREAK), was ganz interessant war, weil es der erste Horrorfilm nach vier Jahren gewesen ist, in denen ich nicht wie früher Genre-Filme wie Horror oder Science Fiction gemacht habe, sondern Kinderfilme, Komödien und anderes.

Wegen Stuart bin ich aber zum Horrorfilm zurückgekehrt. Die Art, wie ich den Score produziert habe, war insofern einzigartig, weil ich wegen des geringen Budgets kein Orchester über die elektronische Musik legte, sondern nur ein Streichquartett. Es hat Spaß gemacht, dieses Quartett mit Synthesizern und Percussion zu verbinden.
Um aber auf den Regisseur zurückzukommen: Ich habe mit Stuart viele Jahre lang zusammengearbeitet und kenne ihn ziemlich gut. Auch wenn er nicht sehr gut in musikalischen Termini kommuniziert, kann er sehr gut erläutern, wie eine spezielle Szene sein soll. Aber letztlich überlässt er die musikalischen Belange mir.
Einige Regisseure unterlegen ihre Filme mit anderer Musik, um mir eine Vorstellung zu vermitteln, was sie für ihren Film haben möchten. Aber das ist etwas, womit ich nicht gern arbeite, weil jeder, der in den Film involviert ist, sich an die Musik gewöhnt, die vorübergehend in dem Film eingesetzt worden ist. Oftmals ist es nicht die richtige Musik, oder ein Low-Budget-Film wird mit Musik von einem 100-köpfigen Orchester unterlegt, wogegen das Budget gerade mal einen Mundharmonika-Spieler erlaubt. Das kann schwierig werden.
Es sind aber nicht immer die Regisseure, die die kreativen Ideen haben. Ich habe auch schon mit Produzenten wie Igo Kantor gut kollaboriert, die ihren Stoff gut kennen und sich mit der Musik für ihren Film auseinandersetzen. Ich kann am besten dann arbeiten, wenn die Kommunikation gut funktioniert und ich anschließend allein an der Musik arbeiten kann.

Im Booklet zu THE PIT AND THE PENDULUM schrieb Stuart Gordon über den Konflikt zwischen der Musik und den Sound Effects. Wie gehen Sie mit dem Problem um?
Ich versuche, damit so gut wie möglich umzugehen. Es ist ein Kampf, der gewöhnlich verloren wird. Wenn man zum Schluss Sound Effects, Dialog und Musik abmischt, tritt in den meisten Fällen die Musik hinter den Sound Effects zurück. Das liegt in der Natur der Sache. Man muss sich darauf vorbereiten, dass vieles von der Musik, die man geschrieben hat, von Sound Effects geschluckt wird. Es ist selten geworden, dass die Leute der Musik den Vorzug vor den Sound Effects geben. Hier kommt einem wieder die Technologie zu Hilfe.
Mit dem Aufkommen von Dolby Stereo und Digital Stereo, die man auch zuhause einsetzen kann, sind die Dinge besser geworden, weil man Sound Effects, Dialog und Musik separat abmischen kann, so dass sie über verschiedene Lautsprecher gehen. Die Zukunftsperspektiven sind besser, weil man Sound Effects, Musik und Dialog wahrnehmen kann, ohne dass eine Komponente die anderen beiden zu sehr ausschaltet, aber generell steht die Musik an letzter Stelle.

Stuart Gordon machte bei THE PIT AND THE PENDULUM auf die widerstrebenden Gefühle des Grand Inquisitors aufmerksam. War das für Sie der Ausgangspunkt bei der Komposition der Filmmusik?
Es gab verschiedene Elemente, von denen keines einzeln betrachtet werden kann, sondern die alle miteinander verwoben sind. Der erste und wichtigste Ausgangspunkt für THE PIT AND THE PENDULUM war die zeitliche und örtliche Positionierung im Spanien des 16. Jahrhunderts. Diese Komponente verband sich mit der Tatsache, dass es auch um eine Kirche ging. Da waren also der religiöse Aspekt des Inquisitors und die ihn umgebende Kirche und der Umstand, dass die Geschichte im Spanien des 16. Jahrhunderts spielte. Der nächste Aspekt war der Konflikt des Inquisitors zwischen seinem kirchlichen Glauben und seinem sexuellen Verlangen nach diesem Mädchen Maria.
Richard Band und Lance Henriksen bei den Dreharbeiten zu THE PIT AND THE PENDULUM
Die choralen Arrangements bei THE PIT AND THE PENDULUM wurden oft mit der OMEN-Trilogie von Goldsmith verglichen. Haben Sie Goldsmiths Chöre im Hinterkopf gehabt, als Sie die Chorpassagen für THE PIT AND THE PENDULUM schrieben?
Ich habe mich nicht auf Goldsmiths OMEN-Trilogie berufen, und ich denke, das ist auch kein fairer Vergleich. Ich glaube, sie sind sehr verschieden. Auf der anderen Seite wird chorale Musik im Film fast immer mit der OMEN-Trilogie verglichen, weil sie dafür berühmt ist. Zu jener Zeit war der Choreinsatz auch sehr einzigartig. Aber als das OMEN erschien, verglich man die Musik mit CARMINA BURANA, genauso wie man Teile von THE PIT AND THE PENDULUM mit CARMINA BURANA verglich. Man kann natürlich immer Vergleiche anstellen, aber letztlich ist es ein spezieller choraler Stil. Da ich italienisch spreche und Latein gelernt habe, sind die ganzen choralen Worte in THE PIT AND THE PENDULUM in Latein gesungen, Lyrics, die ich in Latein geschrieben habe.
Der Score zu RE-ANIMATOR ist wegen seiner Referenz gegenüber Herrmanns PSYCHO-Score bekannt. Haben Sie sich auf Herrmanns Score bezogen, um die Parallelität in der Psyche von Herbert West und Norman Bates aufzuzeigen, oder wollten Sie damit auch Ihre Bewunderung für Bernard Herrmann ausdrücken?
Es war eine bewusste Entscheidung, Herrmanns PSYCHO-Score zu verwenden, und zwar als Scherz, weil der Film mit abgehackten Köpfen und spritzendem Blut wirklich schrecklich gewesen ist. Meine Idee war, Spaß aus dem Horror zu machen. Ich wollte es dem Publikum ermöglichen, sich den Horror anzusehen, indem es auch darüber lachen konnte. Meine erste Überlegung war, welche Musik in der Filmgeschichte für den wahren Horror, die wahre Spannung steht. Eine davon war natürlich Bernard Herrmanns PSYCHO, weil sie jeder kennt.
Es war also zunächst eine bewusste Entscheidung, Herrmanns Musik zu adaptieren, sie aber mit meinen eigenen Themen zu kombinieren, die auf jeden Fall in Herrmanns Stil geschrieben werden sollten, so dass jeder es bemerken würde, was offensichtlich funktionierte. Außerdem wollte ich den Wahnsinn von Herbert West mit dem Wahnsinn von Anthony Perkins´ Rolle in PSYCHO gleichsetzen.
Die anschließende Kontroverse entzündete sich an der Überzeugung, dass ich Herrmanns Musik kopierte, was wirklich nicht der Fall war. Tatsächlich war es als Versuch gedacht, musikalischen Humor zu erzeugen, was die meisten Leute nicht nur verstanden, sondern auch gemocht haben. In den Credits des Films stand eigentlich ein Satz, der ungefähr lautete: "with greatful acknowledgments and apologies to Bernhard Herrmann", aber er erschien nicht, was mich ärgerte, weil es schließlich darum ging, Bernard Herrmanns Musik auch zu würdigen.

Ein weitaus schwerwiegenderes Problem hinsichtlich des Bezugs auf die Musik anderer ist das Temptracking. Wie setzen Sie sich damit auseinander?
Viele Regisseure benutzen Temp Tracks für ihre Filme, und zwar aus unterschiedlichen Gründen. Manchmal dient es dem Produzenten, dem Verkauf ans Ausland, bevor der Film fertig ist, aber es ist eine schreckliche Praxis, weil die Regisseure, Produzenten und jeder, der in den Film involviert ist, sich an die vorübergehende Musik gewöhnt. Was dann passiert, ist, dass die Leute sagen: "Nun, diese Musik passt uns sehr gut. Können Sie uns auch so eine Musik schreiben?" Es kann z.B. vorkommen, dass jemand einen Science-Fiction-Film dreht und ihn mit der STAR-WARS-Musik von John Williams unterlegt. Dann fragt man mich, ob ich so eine Musik machen könnte, die mit einem 100köpfigen Orchester eingespielt wurde, während auf der anderen Seite ein Budget von 4,50 Dollar vorhanden ist. Aber in kreativer Hinsicht ist diese Situation noch viel schlimmer, weil sich die Regisseure und Produzenten so an die Temp Tracks gewöhnt haben, selbst wenn sie nicht zu dem Film passen, dass sie von dem Komponisten verlangen, etwas ähnliches zu schreiben.
Insofern kämpft man als Komponist zwei Schlachten. Man versucht einerseits, mit Themen anzukommen, die für den Film geeignet sind, andererseits versucht man, die Filmemacher davon zu überzeugen, dass die Musik, die man selbst komponiert, besser für ihre Filme funktioniert als die Temp Tracks. In vielen Fällen wird aber eine Musik für den Film geschrieben, die der ähnlich ist, mit der der Film vorübergehend unterlegt wurde.
Es ist eine schreckliche Lage, die immer schlimmer wird. Die beste Situation ist natürlich die, wenn man mit einem Film ohne Musik konfrontiert wird, wenn man also mit frischen Ideen ankommen kann und nicht mit den Regisseuren und Produzenten kämpfen muss.
Im Booklet zu THE ARRIVAL erwähnten Sie, dass Komponisten im Horror-Genre selten die Möglichkeit haben, melodisch zu sein, aber ich denke, dass Sie zusammen mit Christopher Young ein Beispiel für das Gegenteil sind, dass die Faszination von Filmen wie HELLRAISER auch auf das Einfangen des Publikums mit eindringlichen Melodien beruht.
In der Geschichte der Horror- und Science-Fiction-Filme passierten in den letzten dreißig Jahren interessante Dinge. Vor dreißig Jahren und davor gab es Genre-Filme, deren Musik auf Melodien basierte. In den späten 50er, 60er bis Mitte der 70er Jahre wurde Musik wie ein Sound Effect behandelt, wurde total atonal, ambient. Ich hielt das für keine gute Idee, weil die Notwendigkeit einer Melodie wichtig für die emotionale Teilnahme am Film ist. Ein Thema oder Motiv oder auch beides sind die emotionalen Verbindungen, mit denen sich die Zuschauer in den Film hineinversetzen können. Man muss das Publikum mit etwas einfangen. Die beste Methode, das zu tun, ist die Verwendung von Themen und/oder Motiven, kleinen Dingen, die für das Publikum wahrnehmbar sind.
Wenn man zu Beginn des Films ein Thema etabliert, das später wieder auftaucht, erinnert sich der Zuschauer an das Thema, wenn nicht bewusst, so doch unbewusst. Und der Zuschauer versteht beispielsweise, warum diese Charaktere dieses Thema hat. Wenn man also die Charaktere eines Films oder Teile des Films mit Themen besetzt, bindet man auf emotionale Weise den Zuschauer an den Film. Wenn das nicht passiert, verliert der Film an Aussagekraft. Ich war von früh an ein starker Anhänger dieser Theorie, und es gibt bei mir eigentlich keinen Score ohne ein vorherrschendes Thema in irgendeiner Art.

Richard Band (Teil 3) - Big Band, Fantasy & Abenteuer

Für den Score zu SHRUNKEN HEADS schrieb Danny Elfman den MAIN TITLE. Haben Sie auch beim Score in irgendeiner Weise mit ihm zusammengearbeitet?
Wir arbeiteten ein wenig zusammen. Da wir vielbeschäftigt waren, hatten wir nicht viel Zeit, um zusammenzuarbeiten, aber wir nahmen alles zusammen auf und tauschten unsere Ideen aus, beurteilten die Arbeit des anderen. Die Art, wie allerdings der MAIN TITLE in dem Film eingesetzt wurde, unterschied sich von derjenigen, wie ich ihn sonst einsetze. Bei mir hat der Main Title immer ein spezielles Thema gehabt. Ich denke, SHRUNKEN HEADS hat einen sehr guten MAIN TITLE, aber es hat kein ausgeprägtes Thema, dafür aber ein Gefühl, das seltsam und bizarr anmutet. In dem Film wurden die Themen allerdings später eingeführt, nicht durch den MAIN TITLE, sondern durch die Themen, die ich geschrieben habe. Aber die Art, wie wir zusammengearbeitet haben, war für diesen Film geeignet und hat gut funktioniert.


Woher kam die Idee mit dem Big-Band-Sound?
Die Idee mit der Big Band kam von mir. Rick und ich sahen eine Prämisse des Films in der urbanen Umgebung, in der er spielte. Wenn man die lokalen Begebenheiten mit der Tatsache verbindet, dass es um eine kleine Gang und einen Outsider geht, der nicht in der Gang ist, und um eine Liebesgeschichte zwischen dem Outsider und einem Mädchen, das einst der Gang angehörte, wird man eine Ähnlichkeit zur WEST SIDE STORY entdecken. So dachten wir beide, dass es eine witzige Referenz ist, auf diese Weise der WEST SIDE STORY zu huldigen.
Außerdem passte eine der Hauptfiguren, der Führer der Gang, mit seinem Gangsterimage gut zum Big-Band-Sound.

Einige Titel Ihrer Promo-CD zeigten mir ein anderes Gesicht Ihrer Musik, so wie die abenteuerlichen Klänge von METALSTORM, der epische Fantasy Score zu DRAGONWORLD, die ethnische und exotische Musik zu GHOSTWARRIOR, der wunderschön gesungene TROLL-Score, die witzige Musik zu REMOTE, um nur einige zu nennen. Sind Sie nicht auch etwas enttäuscht, dass diese Scores nicht auf CD erhältlich sind?
Natürlich bin ich enttäuscht, dass diese Sachen nicht auf CD erschienen sind, aber es ist aus finanziellen Gründen verboten. Es würde zu teuer sein. Vielleicht werde ich in der Lage sein, DRAGONWORLD herauszubringen und einiges von PREHYSTERIA, aber ich habe das Gefühl, dass es noch sehr lange dauern könnte. Es besteht ein großes Interesse, Scores wie METALSTORM oder GHOSTWARRIOR zu veröffentlichen, aber letzterer wurde mit dem Royal Philharmonic Orchestra aufgenommen, METALSTORM mit einem großen Orchester hier. Ich hoffe, dass ich sie vielleicht in Zukunft veröffentlichen kann, weil sie zu meinen Lieblingsscores gehören. Ein anderer wichtiger Grund, sie zu veröffentlichen, ist der, dass viele Leute gar nicht wissen, dass ich solche Musik geschrieben habe. Aber METALSTORM und GHOSTWARRIOR habe ich auch vor so vielen Jahren gemacht, dass ich sie remixen müsste. Das würde auch viel kosten, wenn auch nicht so viel wie die Re-Use-Fees.

An was arbeiten Sie zurzeit und was können Sie über Ihre Zukunftspläne sagen?
Ich mache gerade die Musik für das CD-ROM-Spiel zu CASPER. Außerdem mache ich einige Cartoons für Disney. Ich hoffe, ich kann Stuarts nächsten Film machen, SPACE TRUCKERS, ein Science-Fiction-Film mit einem Budget von 30 Millionen Dollar, den er gerade in Irland dreht. Das würde mir vielleicht helfen, einige größere Filme machen zu können. Zum anderen hoffe ich, einen Film für den Produzenten Igo Kantor zu machen, mit dem ich in der Vergangenheit schon öfter zusammengearbeitet habe und der ebenfalls einen Science-Fiction-Film macht. Ich werde auch einige Low-Budget-Sachen machen. In diesem Geschäft ist es wichtig, dass man ständig arbeitet, egal an was. Das Ziel ist natürlich, dass ich in Zukunft größere und bessere Filme bekomme.

Filmographie:
1978 - Auditions
1978 - Laserblast
1980 - Dr. Heckyl and Mr. Hype
1980 - The Day Time Ended
1981 - The Best of Sex and Violence
1981 - Lunch Wagon
1982 - Parasite
1982 - Time Walker
1983 - Filmgore (V)
1983 - The House on Sorority Row
1983 - Metalstorm: The Destruction of Jared-Syn
1984 - Ragewar
1984 - The Alchemist
1984 - Night Shadows
1985 - Ghoulies
1985 - Zone Troopers
1985 - Re-Animator
1986 - Troll
1986 - TerrorVision
1986 - Ghost Warrior
1986 - From Beyond
1987 - The Caller
1988 - Prison
1989 - Arena
1989 - Puppetmaster (V)
1990 - Bride of Re-Animator
1990 - Shadowzone
1990 - Crash and Burn (V)
1990 - Initiation: Silent Night, Deadly Night 4 (V)
1991 - Puppet Master II (V)
1991 - The Arrival
1991 - The Pit and the Pendulum (V)
1991 - Puppet Master III: Toulon's Revenge (V)
1992 - The Resurrected
1992 - Demonic Toys (V)
1992 - Doctor Mordrid
1992 - Trancers III (V)
1993 - Conquest of the New World (VG)
1993 - Prehysteria!
1993 - Remote (V)
1993 - Dollman vs. Demonic Toys (V)
1993 - Puppet Master 4 (V)
1994 - Dragonworld
1994 - Puppet Master 5: The Final Chapter (V)
1994 - Shrunken Heads
1995 - Josh Kirby... Time Warrior: Chapter 1, Planet of the Dino-Knights (V)
1995 - Castle Freak
1995 - Magic Island (V)
1995 - Zarkorr! The Invader
1996 - Josh Kirby... Time Warrior: Chapter 5, Journey to the Magic Cavern (V)
1996 - Robo Warriors
1996 - Head of the Family
1997 - Hideous!
1997 - Descent to Undermountain (VG)
2000 - Invictus (VG)
2001 - My Horrible Year! (TV)
2003 - The Silvergleam Whistle
2003 - "Modern Marvels" (1 Episode)
2007 - The Raven (TV) (unerwähnt)
2005-2007 - "Masters of Horror" (3 Episoden)
2007 - Nympha
2008 - Fortune Teller (V)
2009 - Safe Haven: The Warsaw Zoo

Sonntag, 16. August 2009

Brad Fiedel - Technologie und Menschlichkeit

Die beiden „Terminator“-Filme und „True Lies“ haben nicht nur Regisseur James Cameron und Action-Star Arnold Schwarzenegger groß rauskommen lassen. Gerade die apokalyptischen Maschinenklänge der „Terminator“-Scores haben auch den damals umtriebigen Brad Fiedel, der am 10. März 1951 in New York geboren wurde, für eine kurze Zeit populär gemacht. Vor allem in den späten 80ern und frühen 90ern waren Fiedels meist elektronisch arrangierte Scores in Thrillern und Dramen wie „Blink“, „The Big Easy“, „Angeklagt“ , „Tödliche Nähe“, „Blue Steel“ oder Wes Cravens „Die Schlange im Regenbogen“ zu hören.

„Ich habe schon viele verschiedene Sachen gemacht, aber wegen der Popularität der ‚Terminator‘-Scores bin ich als Synthesizer-Komponist bekannt geworden. Dabei habe ich mit mehr akustischen Instrumenten und Orchestern begonnen; das war zu der Zeit, als die Synthesizer gerade entwickelt wurden, und ich verfolgte den Fortschritt vom monophonen zum polyphonen Synthesizer. Ich spielte dann Synthesizer in der Band von Daryl Hall & John Oates, aber vor allem interessierte ich mich für die Musik an sich. Der Synthesizer war nur ein Instrument unter anderen, und ich kombinierte Synthesizer-Sounds mit akustischen Instrumenten. Sowohl der Bruce-Willis-Film ‚Tödliche Nähe‘ als auch ‚True Lies‘ wurden mit einem vollen Orchester eingespielt, wobei ich Synthesizer ebenso einsetzte wie sinfonische Sounds.“
Dass in Fiedels Brust von jeher zwei (musikalische) Herzen schlagen, liegt daran, dass er bereits in frühen Jahren der Musik, mit der er aufwuchs, zwiespältige Gefühle entgegenbrachte.
Sein Vater, ein Pianist, war sein erster Lehrer, doch obwohl Fiedel bereits mit sieben Jahren Mozart-Sonaten spielen konnte, rebellierte er gegen die klassische Musik und wandte sich dem Rock´n´Roll zu. Das klassische Erbe seiner musikalischen Erziehung blieb aber in ihm wach, und so begann sich Fiedel für Filmmusik zu interessieren, studierte bei Sanford Gold Keyboard-Harmonie und orchestrierte Ende der 70er, Anfang der 80er bereits die meisten seiner Sachen selbst.
„Bis in meine frühen 20er hinein schrieb ich Songs, spielte in Clubs und ging mit Hall & Oates auf Tour. Während der Tour drehte ein Freund von mir einen Film und fragte mich, ob ich Lust hätte, die Musik dazu zu schreiben. Ich hatte also eine gute Möglichkeit, zwischen Rock’n‘Roll und Filmmusik zu vergleichen, und ich stellte fest, dass ich das Schreiben einer Filmmusik weitaus mehr genoss als in einer Rockband zu spielen und von Hotel zu Hotel zu ziehen. Ich genoss auch die Freiheit gegenüber dem Druck, in einer Rockband in einem bestimmten Stil zu spielen.
Ich hatte eine Menge musikalischer Ideen, die darüber hinausgingen, kommerzielle Songs fürs Radio zu spielen, Teil des Musikgeschäfts zu sein. Filmmusik erlaubt es einem, ganz verschiedene Sachen zu machen. Einmal habe ich einen ganz experimentellen Synth-Score geschrieben und meine eigene Stimme benutzt, einen Monat später habe ich einen klassischen Orchesterscore geschrieben. Mir gefällt die musikalische Vielfalt in der Filmmusik und das Leben an überwiegend einem Ort.“
Nach seinem Umzug nach L.A. Anfang der 80er arbeitete sich Fiedel ziemlich schnell nach oben. Bereits mit den Scores zu den beiden „Fright Night“-Horrorkomödien erregte er Aufmerksamkeit, ehe er mit seinem elften Kinofilm „Terminator“ (1984) den endgültigen Durchbruch schaffte.
„Bevor wir ‚Terminator‘ gemacht haben, war ich ziemlich unbekannt in L.A. In New York habe ich einige Kinofilme gemacht, während ich in L.A. mehr an Fernsehprojekten beteiligt war. Ich hatte zu jener Zeit eine Agentin, die sich sehr für mich einsetzte. Sie hatte eine Liste von anstehenden Projekten vorliegen, auf der auch `Terminator´ von Jim Cameron aufgeführt war, der damals noch recht unbekannt war. Meine Agentin schickte Jim ein Tape von meinen Arbeiten, und irgendwann meldete er sich bei mir und meinte, dass die Musik ihm gefallen würde. Er kam dann mit dem Produzenten von `Terminator´ zu mir ins Studio, wo er mir den Film zeigte und ich ihm mehr Musik vorspielte. Ich glaube, sie haben sich in dem Moment für mich entschieden, als sie zum Ende des Films merkten, wie aufregend ich ihn fand, wobei ich meine Gedanken laut ausgesprochen hatte.“
Die Zusammenarbeit schien James Cameron zumindest so gut gefallen zu haben, dass er Fiedel auch für die 91er Fortsetzung des Science-Fiction-Special-Effects-Spektakels „Terminator II“ und den 94er humorvollen Action-Thriller „True Lies“ engagierte.
„Die Art und Weise, wie Jim und ich über mehrere Filme hinweg arbeiteten, variierte von Film zu Film, verlief überwiegend sehr spontan und hing auch mit der Entwicklung der Technologie zusammen, die jeweils verfügbar war. Selbst wenn ich einen akustisch-orchestralen Score, wie `True Lies´ größtenteils einer ist, mache, ist Technologie stets ein wichtiger Bestandteil meiner Arbeit; nicht nur bei reinen Synth-Scores wie `Terminator II', den ich komplett in meinem Studio eingespielt habe, sondern weil die Technologie mir erlaubt, ihm meine Ideen zu demonstrieren, und zwar auf eine sehr effiziente Weise. Ich kann schließlich auch Computer und Sampler benutzen. Als ich das Hauptthema für `True Lies´ im Kopf hatte, konnte ich es ihm bereits Stunden später vorspielen, und zwar mit Hilfe des Computers - voll orchestriert.
Für unsere Beziehung ist es sehr wichtig, dass ich ihm schon sehr früh meine Ideen präsentieren kann, so dass ich für den Fall, dass er damit nicht zufrieden ist, die Gelegenheit habe, darauf zu reagieren. Wenn mir die Technologie nicht zur Verfügung stehen würde, wäre ich sicher weitaus konservativer.
Wenn er ein Stück erst hören würde, wenn ich es mit einem 106köpfigen Orchester, das unheimlich viel Geld pro Minute kostet, eingespielt hätte, würde ich Jahre für die Musik brauchen. Ich denke, er mag die Art, wie ich meine Musik arrangiere, und die Art,wir zusammenarbeiten, gibt ihm ein Gefühl der Sicherheit, weil er nicht nervös zu werden braucht. Ich nehme keine Musik auf, die ihm nicht gefällt, weil wir sie Schritt für Schritt ausarbeiten. Er verfolgt ständig die musikalische Entwicklung und hat jederzeit die Gelegenheit, seine Ideen einzubringen.“

Immerhin vergingen gut sieben Jahre bis zur Fortsetzung von „Terminator“. Nachdem der 84er Film noch den Charme einer Low-Budget-Produktion hatte und mit einem Mono-Score ausgestattet war, sprengte das Serial mit einem Budget von 100 Millionen Dollar alle Rekorde. Arnold kämpfte diesmal für die gute Sache und verlegt sein Robot-Treiben aus der Zukunft in die Gegenwart, und Brad Fiedel lieferte einen Soundtrack, dessen bombastischen Arrangements den minimalistisch inszenierten Score des 84er Werkes klanggewaltig übertönte.
„Zwischen dem ersten `Terminator´-Film und dem zweiten bestand eine sehr lange Pause. In der Zwischenzeit hat sich die Technologie etwas verändert, ich habe verschiedene Filme wie `The Big Easy´ und `Angeklagt´ gemacht, genauso wie sich James Cameron weiterentwickelt hat. Der zweite Film war auch ganz anders als der erste. Viele Fans vom ersten Film hatten Probleme mit dem zweiten, weil sie das Ende des ersten Film sehr mochten.
Der zweite Film war viel größer, normaler in dem Sinn, dass mehr menschliche Emotionen eine Rolle spielten. Ein Kind spielt eine wichtige Rolle, der Terminator ist ein positiver Charakter. Ich war sehr neugierig, als ich das Skript las, weil ich wusste, dass das Skript und der Score des ersten Teils viele Fans hatten. Deshalb wollte ich dem alten Material neue Kraft verleihen. Als Jim und ich das erste Mal darüber sprachen, meinte er, er wollte nichts vom ersten Score verwenden, ausgenommen die Grundmelodie. Der Score zum zweiten Film unterscheidet sich sehr stark vom ersten, der noch sehr elektronisch klang und viele Sequenzen benutzt, weil ich den mechanischen Charakter des Terminator betonen wollte, das Element des Unzerstörbaren. Der zweite Score weist eigentlich nur zum Anfang und zum Ende die Melodie auf, auf die zwischenzeitlich manchmal verwiesen wird, aber ansonsten ist er vielfältiger, komplexer. Musikalisch ist dabei eine Entwicklung zu beobachten, die auf meine eigene Entwicklung zurückgeht, ebenso wie auf die Erhältlichkeit und die Möglichkeiten der Technologie, des Samplings und des Arbeitens. Als ich den ersten `Terminator´ machte, gab es nicht mal ein Midi-Interface. Ich musste alle Sequenzen und Drummaschinen per Hand programmieren, was eine schwierige Angelegenheit war. Beim zweiten Film war die Technologie so ausgereift, wie ich sie mir vorstellte.
Ursprünglich wollten Jim und ich für den zweiten Score sogar ein Orchester benutzen, und manche Tracks waren dazu bestimmt, später orchestriert zu werden, aber wir standen unter Zeitdruck, so dass das entfallen musste.“
Überhaupt hält Brad Fiedel große Stücke auf den Action-Spezialisten James Cameron. Es scheint, dass sich hier zwei gleichgesinnte Seelen gefunden haben, die ihre Faszination für die Entwicklung der Technologie gemeinsam ausleben und dabei einander in ihren Bemühungen, diese Faszination auf künstlerische Weise auszuleben, unterstützen können.
„Wenn Regisseure einen Film in Angriff nehmen, geben sie meistens vorher Interviews und erzählen, welch großartige Ideen sie haben, wie toll der Film wird, aber man wundert sich sehr oft, dass im Film nichts davon zu sehen ist. Schon sehr früh habe ich bei der Zusammenarbeit mit Jim gemerkt, dass er einer der wenigen ist, der eine Vorstellung vom Film hatte, bevor er zu den größeren Fragen wie Technologie, Menschlichkeit überging. Er zählt zu den wenigen Regisseuren, die sehr detaillierte Ideen zu der Geschichte und den Bildern haben und sie auch im Film umsetzen können. Das hat mich sehr beeindruckt. Ich denke, er ist sehr kreativ, was die eigene Vorstellungskraft, die Benutzung der Technologie und die filmische Umsetzung dessen angeht, was er zu tun beabsichtigt. Obwohl seine Filme voller Action und technischer Raffinessen sind, geht es doch um menschliche Belange, um das Verhältnis zwischen Mensch und Maschinen, die Benutzung der Technologie durch den Menschen. Gerade in `True Lies´ stehen zwischenmenschliche Beziehungen, Arbeit und Familie im Vordergrund.“
Doch auch mit anderen Regisseuren hat Fiedel öfter zusammengearbeitet, mit Roger Young beispielsweise an drei TV-Produktionen, mit George Schaefer an deren sogar fünf, mit Jonathan Kaplan („Angeklagt“), Wes Craven („Die Schlange im Regenbogen“), Jim McBride („The Big Easy“) und Rowdy Harrington („Tödliche Nähe“) arbeitete er jeweils an zwei Projekten.
„Ich habe ganz unterschiedliche Erfahrungen mit allen Regisseuren gemacht, mit denen ich bislang zusammengearbeitet habe. Man muss sehr flexibel sein, und manchen Regisseuren muss man auf intellektuelle Weise erklären, was man musikalisch zu tun beabsichtigt. Das ist manchmal gar nicht so leicht, weil meine Musik auf eher organische, nicht-intellektuelle Weise entsteht.
Ich muss in der Lage sein, auf intellektuelle Weise zu erklären, warum die Musik zu einer bestimmten Szene passt. Andere Regisseure vertrauen ihren Instinkten, und wenn man diese trifft, sind sie sofort beigeistert. Wiederum andere Regisseure kommen zu mir, zeigen mir ihren Film und sagen zu mir, dass dieser Film eine ganz bestimmte Musik braucht, was ich dafür vorschlagen würde. Mittlerweile ist dieses Verfahren sehr verbreitet, aber ich war einer der ersten Komponisten, der in der Lage gewesen ist, sehr früh meine Ideen vorzustellen, und zwar in einer Version, die dem Endergebnis ziemlich nahe war.
In der Regel spiele ich ihnen etwas aus meiner - wie ich es nenne - Bibel vor, also verschiedene Melodien, Main und End Titles, das musikalische Vokabular, das für den Film angebracht wäre. Später arbeite ich das etwas aus, schreibe Melodien, versehe sie mit bestimmten Rhythmen und Percussionsounds, und wenn ich mich nach ein oder zwei Tagen oder ein bis zwei Wochen wieder mit den Leuten treffe, die oft ein Jahr lang oder länger an dem Film gearbeitet haben, ist es sehr aufregend für mich, wenn sie sagen: `Jetzt ist es ein Film. Das ist die richtige Musik.´“
Dass Brad Fiedel trotz steigender Popularität nicht ausschließlich für Kinofilme die Musik schreibt, sondern sich auch immer noch für Fernsehproduktionen engagiert, mag überraschen, doch stehen dem Komponisten hier noch ganz andere Ausdrucksmöglichkeiten zur Verfügung.
„Dass ich mehr Fernsehproduktionen gemacht habe, liegt daran, dass sie sehr schnell gehen und ich davon sehr viele in einem Jahr machen kann, während Kinoprojekte heutzutage sehr viel Zeit in Anspruch nehmen. Ich mache immer noch einige Kabelfernsehfilme, weil es mitunter ein sehr interessantes Medium ist, weil es die Möglichkeit bietet, an interessanten Themen zu arbeiten, die man in einem Kinofim nicht unterbringen kann. Amerikanische Filmemacher haben große Probleme damit, Filme fürs Kino zu drehen, wenn sie damit keinen Kassenschlager landen können. Insofern können bestimmte Projekte nur fürs Kabelfernsehen realisiert werden. Ich suche mir weiterhin ein breites Spektrum zu bewahren. Und wenn es sich um eine interessante Story, um gute Schauspieler oder einen guten Regisseur handelt, dann mache ich das, weil ich dazu nicht viel Zeit benötige und nebenbei trotzdem an Kinofilmen arbeiten kann.“
Bei der Auswahl seiner Filme achtet Brad Fiedel indes darauf, dass er nicht Gefahr läuft, in die Action-Ecke abgelegt zu werden, auch wenn er damit manchmal unpopuläre Entscheidungen treffen mag.
„Ich achte sehr darauf zu versuchen, mich zu verändern bei dem, was ich tue. Natürlich wird man durch die Scores zu Filmen bekannt, die sehr erfolgreich waren, aber ich lege großen Wert darauf, verschiedene Sachen zu machen. Man kann auch zu sehr Gefahr laufen, sich ständig selbst zu kopieren, wenn man ausschließlich an Actionfilmen arbeitet. Ich wäre froh, wenn ich mehr Angebote für gefühlvolle Filme bekäme, deshalb arbeite ich gern an bestimmten Fernsehprojekten, denn ich denke, für einen Künstler ist es wichtig, seinen Horizont zu erweitern.“
 Filmographie:
1983: Mord im falschen Bezirk (Murder in Coweta County)
1984: Terminator (The Terminator)
1985: Die rabenschwarze Nacht – Fright Night (Fright Night)
1985: American Eiskrem (Fraternity Vacation)
1986: Holt Harry raus (Let's Get Harry)
1986: Young Streetfighters (The Brotherhood of Justice)
1987: The Big Easy – Der große Leichtsinn (The Big Easy)
1988: Angeklagt (The Accused)
1988: Die Schlange im Regenbogen (Serpent And The Rainbow)
1989: Das dreckige Spiel (True Believer)
1990: Blue Steel
1991: Terminator 2 – Tag der Abrechnung (Terminator 2: Judgment Day)
1992: Fäuste – Du musst um Dein Recht kämpfen (Gladiator)
1993: Karen McCoy – Die Katze
1993: Tödliche Nähe (Striking Distance)
1994: Blink – Tödliche Augenblicke (Blink)
1994: True Lies – Wahre Lügen (True Lies)
1995: Vernetzt – Johnny Mnemonic (Johnny Mnemonic)
1996: Rasputin

Playlist # 14 vom 16.08.09 - Not Score, but Songs ...


1 Peace Orchestra - Who Am I? (Animatrix) - 05:58
2 Rae And Christian - Ready To Roll (The Hole) - 05:01
3 Orbital - Beached (The Beach) - 06:45
4 Clinic - Come Into Our Room (CSI: Crime Scene Investigation) - 03:44
5 The Cure - More Than This (The X-Files: The Album) - 05:10
6 Dreadzone - A Dream Within A Dream (The Saint) - 06:10
7 Massive Attack - Angel (Best Laid Plans) - 06:17
8 Emiliana Torrini - To Be Free (The Dancer) - 03:22
9 Björk - All Is Full Of Love (Stigmata) - 04:45
10 Lamb - Gorecki (I Still Know What You Did Last Summer) - 06:30

Sonntag, 2. August 2009

Playlist # 13 vom 02.08.09


1 Jeff Rona - The Bus Home/The Cave (Traffic -TV Series) - 06:07
2 Cliff Martinez - JustShoot Him (Traffic) - 03:06
3 Mark Isham - Flames (L.A. Crash) - 07:56
4 Mark Isham - Interleaving (Crash – TV Series) - 05:58
5 James Newton Howard - Heist, Pt. 1 (The Lookout) - 04:35
6 James Newton Howard - Zuwanie Arrival At UN (The Interpreter) - 06:00
7 Thomas Newman - Main Title (Red Corner) - 03:18
8 Graeme Revell - Journey To Columbia (Collateral Damage) - 04:27
9 Alan Silvestri - End Credits (Identity) - 03:35
10 Alan Silvestri - Forbidden Fruit (What Lies Beneath) - 05:31
11 Christopher Young - Big Sky (BAT-21) - 05:05

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