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Donnerstag, 19. November 2020

Playlist #306 vom 22.11.2020 - ROY BUDD Special

Neben John Barry zählt Roy Budd vielleicht zu den bekanntesten britischen Filmkomponisten. Auch wenn der zeitweilige Ehemann von Caterina Valente längst nicht so produktiv wie Barry gewesen ist und bereits im Alter von 46 Jahren verstarb, machte er sich einen Namen als Jazz-Pianist und wurde durch seinen Score zu „Get Carter“ (1971) mit Michael Caine in der Hauptrolle weltberühmt. In der heutigen Sendung präsentiere ich nicht nur Auszüge aus seinen bekannten Soundtracks zu „Die Wildgänse kommen“, „The Final Option“, „Das Wiegenlied vom Totschlag“ und „Die schwarze Windmühle“, sondern auch Tracks aus seinen Bossa-Nova- und Jazz-Alben. 

Der am 14. März 1947 in London geborene Roy Budd hörte bereits im Alter von drei Jahren Jazz im Radio und begann bereits ein Jahr darauf, Klavier nach Gehör zu spielen und Melodien aus dem Radio nachzuspielen. Als Fünfjähriger lernte Budd mit Winifried Atwell einen seiner Lieblingspianisten kennen, der erstaunt über Roy Budds Rhythmusempfinden war. Selbst der amerikanische Pianist Liberace hatte von dem Wunderkind gehört und ihn eingeladen, mit seinen Eltern eine seiner Shows zu besuchen. Im Alter von acht Jahren konnte Budd bereits die Wurlitzer-Orgel spielen, zwei Jahre darauf war der Junge auch im britischen Fernsehen ein vertrautes Gesicht. Er spielte sogar im Londoner Palladium vor der königlichen Familie. 
„Ich weiß nicht, woher die Musik kommt“, erklärte Budd in einem Interview. „Wenn ich eine Melodie höre, setze ich mich ans Piano und die Musik fließt einfach aus meinen Fingern.“ 
In seinen frühen Teenager-Jahren entdeckte Roy Budd den Jazz für sich. Er gründete das Roy Budd Trio und begann im Alter von fünfzehn Jahren, professionell zu spielen und Preise als bester Jazz-Pianist einzuheimsen. Er spielte in den bekanntesten Orten auf der Welt und war regelmäßig im Radio und Fernsehen zu hören. Mit sechzehn Jahren gründete er das Roy Budd Quartet, zu dem der Drummer David May, Graham Jones oder Steve Clark am Bass und Pete Smith an der Gitarre zählten. Nebenbei lief aber auch sein Trio immer noch sehr erfolgreich. Mit neuem Line-up (Chris Karan an den Drums, Pete Morgan am Bass) widmete sich das Roy Budd Trio vor allem der brasilianischen Musik und spielte über vierzig Jahre lang erfolgreich zusammen. Budd engagierte mit Doug Stanley einen Agenten und wurde der Hauspianist im „Bull’s Head“ in Barnes, wo er Songwriter Jack Fishman kennenlernte. Dieser nutzte seine guten Kontakte zu MCA, um Budd einen Dreijahres-Vertrag zu sichern. Doch nach seiner Debütsingle „Birth of the Budd“ im Jahre 1965 machte MCA von einer Ausstiegs-Klausel Gebrauch, was dem erfolgsverwöhnten Budd aber nicht lange nachhing. Er wechselte zu Pye und veröffentlichte dort seine ersten Alben „Pick Yourself Up!!!“ (1967), „Roy Budd Is The Sound Of Music“ (1967), „Roy Budd at Newport“ (1968), „Lean On Roy Budd“ (1969) und „Budd ‘N‘ Bossa“ (1970). 

Schließlich wandte sich seine Aufmerksamkeit der Filmmusik zu. 1970 vertonte er mit Ralph Nelsons kontroversen Western „Soldier Blue“ seinen ersten Score. 
„Der Regisseur von ,Soldier Blue‘ wollte einen britischen Komponisten. Als ich den Regisseur traf, war ich zugegebenermaßen nervös. Ich nahm ein langes Tape mit meiner Musik auf. Ich spielte sie auf dem Piano und nahm sie auf, aber ich erzählte dem Regisseur nicht, dass einige Musik nicht von mir war. Ich habe sie eigentlich von Leuten wie Jerry Goldsmith, Jerry Fielding, John Barry, Dimitri Tiomkin und Max Steiner genommen. Es klang wie ,Great Movie Music Volume 1, 2 und 3“, erzählt Roy Budd im Interview mit "Movie Music International". „Natürlich nahm ich nicht die Hauptthemen oder etwas, das eventuell erkannt hätte werden können, sondern einfach Sachen, die ich auf den Soundtracks gehört, selbst auf dem Piano gespielt und auf Tape aufgenommen habe. Ich erzählte dem Regisseur, dass all die Musik, die er gehört habe, von mir sei, und er war sehr beeindruckt. Das musste er ja auch, denn wenn er mich ablehnte, hätte er die Hälfte der Filmkomponisten in der Welt abgelehnt. Der Rest ist Geschichte – ich bekam den Job.“ 
Ein Jahr später folgte die Musik zu Mike Hodges‘ Gangsterfilm „Get Carter“ mit Michael Caine und Britt Ekland in den Hauptrollen. Da das Budget für den Soundtrack nur 450 £ betrug, spielte Budd den Score nur mit drei Musikern ein. Auch wenn der Film damals kein kommerzieller Erfolg war, wurden andere Filmemacher zunehmend auf Roy Budd aufmerksam. So entstanden die Score zu „Flight of the Doves“ (1971), „Fear is the Key“ (1972), „Kidnapped“ (1972) und „The Stone Killer“ (1974) In den nachfolgenden Jahren versuchte Budd, seine Tätigkeit als Bandleader und Filmkomponist unter einen Hut zu bekommen, doch nahm die Arbeit an Soundtracks immer mehr seiner Zeit in Anspruch. 
So schrieb er die Musik zu Ken Hughes‘ Thriller „The Internecine Project“ mit James Coburn und Lee Grant in den Hauptrollen, wobei Budd für die Aufnahmen mit seiner vertrauten Rhythmus-Sektion mit Drummer Chris Karan und Bassist Peter Morgan sowie dem Tenor-Saxophonisten Tubby Hayes und dem National Philharmonic Orchestra arbeitete. Insgesamt schrieb Budd für über 50 Filme die Musik, die mittlerweile fast allesamt auf CD erhältlich sind. So ist die Musik zu „Soldier Blue“ 1999 zusammen mit den Scores zu „Catlow“ und „Zeppelin“ (beide 1971) von Cinephile ebenso veröffentlicht worden wie die Scores zu „Foxbat“ (1977), „The Internecine Project“ (1974) und „Something to Hide“ auf einer CD, während die Scores zu „Get Carter“, „Flight oft he Doves“, „Kidnapped“, „Sinbad and the Eye oft he Tiger“, „The Wild Geese“, „The Black Windmill“, „The Stone Killer“, „The Marseille Contract“, „Mama Dracula“, „Paper Tiger“, „Diamonds“, „The Sea Wolves“ und „Tomorrow Never Comes“ jeweils ihre eigene Veröffentlichung bekommen haben. 
Bevor Roy Budd am 7. August 1993 im Alter von nur 46 Jahren an den Folgen eines Schlaganfalls starb, vollendete er mit der Neuvertonung des Stummfilms „Das Phantom der Oper“ (1925) noch ein Herzensprojekt. 
„Ich habe den Score aufgenommen und warte gespannt darauf, ob es eine CD davon geben wird. Ich habe 82 Minuten Musik für diesen Auftrag geschrieben, und zwar mehr oder weniger durchgehend. Es war eine total andere Erfahrung für mich – ich bin es gewohnt, zu all den Explosionen und auch zum Dialog eines Films Musik zu komponieren, also erfüllte sich ein Traum für mich, als ich mich darum nicht kümmern musste“, verriet Budd in einem seiner letzten Interviews. „Fast neunzig Minuten Musik zu schreiben war etwas entmutigend und auch ermüdend, aber der Film inspirierte mich, und es schien mir, dass es mir letztlich doch leicht fallen würde.“ 
Allerdings sollte Budd die Premiere am 21. September 1993 im „Barbican“ und auch die CD-Veröffentlichung, die bis 2014 auf sich warten ließ, nicht mehr erleben. Mit Roy Budd verlor die Musikwelt einen ihrer talentiertesten Vertreter.

Diskographie/Filmographie: 
1967: Roy Budd is the Sound of Music 
1967: Pick Yourself Up!!! 
1968: Roy Budd at Newport 
1969: Lead On Roy Budd 
1970: Budd ‘N‘ Bossa 
1970: Das Wiegenlied vom Totschlag (Soldier Blue) 
1971: Zeppelin – Das fliegende Schiff (Zeppelin) 
1971: Catlow – Leben ums Verrecken (Catlow) 
1971: Jack rechnet ab (Get Carter) 
1971: Entführt (Kidnapped) 
1971: Der Ruf der Freiheit (Flight of the Doves) 
1971: Die herrlichen sieben Todsünden (The Magnificent Seven Deadly Sins) 
1971: Extremes (Dokumentation) 
1972: Harold und die Stripperin (Steptoe & Son) 
1972: Das Carey Komplott (The Carey Treatment) 
1972: Amok (Something to Hide) 
1972: The Man Who Came to Dinner (Fernsehfilm) 
1972: Angst ist der Schlüssel (Fear is the Key) 
1973: Sie reiten wieder (Steptoe and Son Ride Again) 
1973: Ein Mann geht über Leichen (The Stone Killer) 
1973: Man at the Top 
1974: Korkusuzlar 
1974: Die schwarze Windmühle (The Black Windmill) 
1974: Fluchtpunkt Marseille (The Marseille Contract) 
1974: Der schwarze Panther (The Internecine Project) 
1975: Papier Tiger (Paper Tiger) 
1975: Der Diamanten-Clou (Diamonds) 
1977: Willkommen in der blutigen Stadt (Welcome to Blood City) 
1977: Sindbad und das Auge des Tigers (Sinbad and the Eye of the Tiger) 
1977: Operation Foxbat (Foxbat) 
1978: Morgen gibt es kein Erwachen (Tomorrow Never Comes) 
1978: Die Wildgänse kommen (The Wild Geese) 
1978-1980: The Sandbaggers (TV-Serie) 
1980: Die Seewölfe kommen (The Sea Wolves) 
1980: Das fehlende Glied (La chaînon manquant) 
1980: Mama Dracula 
1982: Das Kommando (Who Dares Wins) 
1984: Squaring the Circle (Fernsehfilm) 
1985: Wildgänse 2 (Wild Geese II) 
1986: Field of Honor 
1987: Der große Knall (Le Big Bang) 
1993: Das Phantom der Oper (The Phantom of the Opera, 1925)
Playlist:
1. Roy Budd - Goodbye Carter (Get Carter) - 03:43 
2. Roy Budd - Desifinado (Budd 'n' Bossa) - 04:12 
3. Roy Budd - Kiowa Country (Soldier Blue) - 03:41 
4. Roy Budd - Catlow's Theme (Catlow) - 02:27 
5. Roy Budd - Envy, Greed and Gluttony (The Magnificent Seven Deadly Sins) - 02:50 
6. Roy Budd - Louisiana Ferry (Fear is the Key) - 04:20 
7. Roy Budd - Blues (The Carey Treatment) - 04:45 
8. Roy Budd - Bedtime (Man at the Top) - 03:58 
9. Roy Budd - Down Uptown (The Stone Killer) - 03:54 
10. Roy Budd - No Co-operation (The Black Windmill) - 03:02 
11. Roy Budd - Somebody's Going to Have to Kill Him (The Internecine Project) - 03:38 
12. Roy Budd - House Mix [MC/M17] (The Marseille Contract) - 04:22 
13. Roy Budd - Who Dares Wins (The Final Option) - 03:24 
14. Roy Budd - Solitary Confinement (Wild Geese II) - 03:47 
15. Roy Budd - Cluny's Cave (Kidnapped) - 03:13 
16. Roy Budd - Crown Jewels (Diamonds) - 04:04 
17. Roy Budd - Main Theme Remix (Paper Tiger) - 03:42 
18. Roy Budd - Death in the Shower (The Internecine Project) - 03:37 
19. Roy Budd - Preparing (Sinbad and the Eye of the Tiger) - 03:57 
20. Roy Budd - Dance with Death (The Wild Geese) - 03:56 
21. Roy Budd - Main Title [instrumental] (Tomorrow Never Comes) - 03:41 
22. Roy Budd - The Professor and Nancy (Mama Dracula) - 03:19 
23. Roy Budd - Main Theme (Zeppelin) - 02:15 
24. Roy Budd - Mister Funker (Foxbat) - 05:08 
25. Roy Budd - Warsaw Concerto (The Sea Wolves) - 03:41 
26. Roy Budd - End Titles (Field of Honor) - 03:27 
27. Roy Budd - Concerto For Harry (Something to Hide) - 08:58 
28. Roy Budd - Sex Photo (The Carey Treatment) - 03:41 
29. Roy Budd - On the Roof of the Opera (The Phantom of the Opera) - 09:01

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