Radio ZuSa

Samstag, 15. Februar 2025

Playlist #417 vom 23.02.2025 - MICHELANGELO ANTONIONI (1912-2007)

Zusammen mit Filmemachern wie Roberto Rossellini, Luchino Visconti, Federico Fellini und Vittorio De Sica galt Michelangelo Antonioni als Mitbegründer des italienischen Neorealismus, entwickelte aber sehr schnell einen eigenen Stil, der das Thema der Unmöglichkeit funktionierender Beziehungen gerade im urbanen Umfeld auf visuell eindringliche Weise ästhetisierte und damit zu einem der profiliertesten und einflussreichsten Filmemacher der europäischen Autorenkinos avancierte. Nach Meisterwerken wie „Die mit der Liebe spielen“ (1960), „Die Nacht“ (1961), „Liebe 1962“ (1962) und „Rote Wüste“ (1964) sowie vieldiskutierten Werken wie „Blow Up“ (1966), „Zabriskie Point“ (1970) und „Beruf: Reporter“ (1975) starb Antonioni im Juli 2007 in Rom.
Michelangelo Antonioni wurde am 29. September 1912 als Sohn eines Gutsbesitzers in Ferrara geboren. Er schloss sein Studium an der Universität Bologna als Diplom-Volkswirt ab, arbeitete für kurze Zeit in einer Bank und verfasste Filmkritiken für den Corriere Padano. 1939 ging er nach Rom, „um sein Leben dem Film zu widmen“. Er schrieb für „L’Italia libera“, verfasste erste Entwürfe für Drehbücher und studierte Nahe der Filmstadt Cinecittà studierte am Centro Sperimentale di Cinematografia Filmtechnik. Hier traf Antonioni einige jener Künstler, mit denen er später zusammenarbeiten sollte, darunter Roberto Rossellini. Mit Rossellini arbeitete er 1942 am Script für dessen Film „Un pilota ritorna“ und assistierte bei Marcel Carnés „Die Nacht mit dem Teufel“.
Ebenfalls in Rom schrieb er für die Zeitschrift „Cinema“, eine von Mussolinis Sohn Vittorio herausgegebene, offizielle Filmzeitschrift, wurde aber wegen politischer Differenzen entlassen.
Mit seinen ersten, in den 1940er Jahren entstandenen Kurzfilmen dokumentierte Michelangelo Antonioni noch die armseligen Lebensbedingungen der am Po lebenden Menschen („Gente del Po“) oder die Arbeit von Straßenkehrern in Rom („N. U. – Nettezza urbana“), und obwohl er mit seinen Drehbüchern zu Roberto Rossellinis Frühwerk „Un pilota ritorna“ (1942) und zu Giuseppe De Santis‘ „Caccia tragica“ (Die tragische Jagd, 1947) einen Beitrag zum italienischen Neorealismus leistete, erwies sich sein Langfilmdebüt „Chronik einer Liebe“ (1950) nicht nur als radikale Abkehr von den Motiven des Neorealismus, sondern auch als Hommage an den Film noir.
Antonioni arbeitete mit langen Einstellungen, fing elegant Bilder von Straßen ein und umkreiste die Figuren, ohne ihnen wirklich nahezukommen, so wie sie sich auch emotional nicht wirklich aneinanderbinden können. Mit Massimo Girotti hat Antonioni den Hauptdarsteller aus Viscontis
„Ossessione“ (1943) verpflichten können, der neben dem Film noir aus dem Hollywood der 1940er Jahre eine große Inspiration für Antonionis ersten Langfilm darstellte. Die weibliche Hauptrolle übernahm die damalige Miss Italy Lucia Bosè, die damals zwar noch über keine Schauspielerfahrung verfügte, ihren Part aber überzeugend spielte und anschließend u.a. auch in Antonionis „Die Dame ohne Kamelien“ (1953) und Fellinis „Satyricon“ (1969) zu sehen war.
Antonioni zeichnete ein Portrait Mailands, in deren Urbanität die Menschen verloren wirken, zu keinen echten Gefühlen fähig scheinen und deren Luxus derart oberflächlich bleibt, dass selbst die materialistische, verwöhnte und launenhafte Paola in ihrer Rolle unglücklich bleibt. Erst die Erkenntnis, dass ihr Mann nur dank seiner Rücksichtslosigkeit zu Erfolg und Reichtum gelangte, treibt sie in Guidos Arme. Antonioni schuf hier die Blaupause für seine späteren Werke, wenn er in elegant komponierten Bildern die unvereinbaren Gegensätze in der Liebe zwischen einer wohlhabenden, schönen Frau und einem armen Mann thematisierte. Indem er sich aus den Milieus der Arbeiter und Armen herausbewegte, rief Antonioni allerdings auch viel Kritik hervor.
Nach der dokumentarisch anmutenden Auftragsarbeit „Kinder unserer Zeit“ (1952) kehrte Antonioni mit „Die Dame ohne Kamelien“ (1953) wieder zu seinem bevorzugten Thema zurück: Der Entfremdung des urbanen Menschen von sich selbst und seinen Mitmenschen:
Die junge Verkäuferin Clara (Lucia Bosè) wurde wegen ihres Aussehens für den Film entdeckt. Zum Premierenpublikum gehören auch die Produzenten Ercolino (Gino Cervi) und Gianni (Andrea Cecchi), deren Autoren und ein Regisseur. Zwar halten die Filmschaffenden das seichte Melodram für eher mäßig, attestieren der Hauptdarstellerin aber Sexappeal, das entsprechend eingesetzt werden will.
Unerfahren und naiv wie Clara ist, lässt sie sich von ihrem Produzenten Gianni zu einer Hochzeit mit ihm drängen, worauf der bereits in Arbeit befindliche nächste Film abgebrochen wird: Gianni möchte seine Gattin nunmehr in seriösen Filmen sehen…
Eigentlich wollte Antonioni gern Gina Lollobrigida für die Rolle der Clara verpflichten, doch reagierte sie beleidigt, weil sie glaubte, die Rolle der Protagonistin sei ihrer eigenen nachempfunden, worauf der Filmemacher wieder auf Lucia Bosè zurückgriff, die sich bereits in seinem Debüt in der weiblichen Hauptrolle hervortat. Erneut verkörpert Bosè eine Frau, die aus einfachen Verhältnissen stammt und durch ihr attraktives Äußeres in die Welt der Reichen und Schönen aufsteigt, dort aber nicht glücklich wird. Nachdem ihre Ehe mit dem eitlen Gianni gescheitert ist und Konsul Nardo offenbar nur daran interessiert gewesen war, eine Affäre mit einem Filmsternchen zu genießen, vertraut sie sich schließlich ihrem erfahrenen Schauspielkollegen Lodi (Alain Cuny) an, der ihr raten soll, ob sie tatsächlich eine Karriere als Schauspielerin einschlagen soll. Auch wenn „Die Dame ohne Kamelien“ wie eine Seifenoper ohne große Gefühle daherkommt, gewährt die Anspielung auf die Karriere italienischer Filmdiven wie Gina Lollobrigida und Sophia Loren doch einen Einblick in die italienische Filmproduktion in den 1950er Jahren und beleuchtet die schäbige Seite der römischen Traumfabrik Cinecittà.
Nach seinem Beitrag zur Kurzfilmsammlung „Liebe in der Stadt“ (1953), bei dem sechs Regisseure (darunter Federico Fellini) die Liebe in der Ewigen Stadt thematisierten, feierte Antonioni mit der Verfilmung von Cesare Paveses Roman „Die Freundinnen“ (1955) nicht nur seinen künstlerischen Durchbruch, sondern er konnte sich diesmal hinsichtlich seines Lieblingsthemas, der Entfremdung des mondänen Menschen von sich selbst und seiner Umwelt und sinnentleerten Beschäftigungen, gleich an einem ganzen Haufen unglücklicher Menschen in der Großstadt austoben. Besser als der Filmtitel drückt der Romantitel „Die einsamen Frauen“ die Einsamkeit der Frauen aus, die sich angesichts fehlender emotionaler Bindungen mit oberflächlichen Beschäftigungen und losen Beziehungen beschäftigen. Dabei muss der Filmemacher gar nicht in die Tiefe gehen, die ohnehin nicht vorhanden ist, sondern fast wahllos scheint die Kamera über die ziellos umherschwirrenden Figuren zu kreisen, die sich letztlich nur für sich selbst interessieren und keiner Illusion nachhängen, das Glück in der Liebe zu finden. Allerdings fällt die Inszenierung auch sehr geschwätzig aus, verliert sich in allzu vielen, austauschbaren Schauplätzen, die die innere Leere der Frauen allerdings zusätzlich betonen.
Mit dem 1957 realisierten Drama „Der Schrei“ präsentierte Antonioni ein meisterhaftes Spätwerk des italienischen Neorealismus mit seiner bereits ausgeprägten stilisierten Bildsprache.
Wie schon in seinen Vorgängerwerken „Chronik einer Liebe“ und „Die Dame ohne Kamelien“ beschreibt Antonioni, der zusammen mit Elio Bartolini („Die mit der Liebe spielen“, „Sonnenfinsternis“) und Ennio De Concini („Unter glatter Haut“, „Scheidung auf Italienisch“) auch das Drehbuch verfasst hat, das Zerplatzen einfacher Träume von Glück und Liebe, bleibt aber diesmal bei den einfachen Leuten, die in der tristen Kargheit der Po-Ebene hart für ihren Lebensunterhalt schuften müssen. 
Drei Jahre später lieferte Antonioni mit „Die mit der Liebe spielen“ sein Magnum Opus ab, eine zweieinhalbstündige Tour de Force der Emotionen im topografischen Spannungsfeld zwischen kargen Inseln, tosendem Meer und bedrohlichem Himmel.
Mit „Die mit der Liebe spielen“ wechselt Antonioni nicht nur das Milieu und lässt damit endgültig den italienischen Neorealismus hinter sich, sondern perfektioniert erstmals im Breitbildformat auch das Zusammenspiel der emotional ausgehöhlten Figuren mit der Landschaft. Unter schwierigsten Produktionsbedingungen, bei denen die Crew wochenlang auf den Inseln festsaß, das Geld ausging und einige Crewmitglieder wegen ausbleibender Lohnzahlungen vorzeitig das Set verließen, entstand ein etwas überlanges Drama, das wie ein Krimi beginnt, dann aber zunehmend Sandros Sehnsucht nach schönen Frauen thematisiert und damit auch die Leere in seinem Leben. Mit der Affäre, die Sandro mit Annas ebenfalls wankelmütigen Freundin Claudia unterhält, verblasst die Suche nach Anna mit der Zeit und macht ganz der Lust Platz, die sich nicht nur in Sandros Verhalten äußert, sondern besonders eindringlich in einer Straßenszene, als Claudia auf der Straße von unzähligen Männern wie ein Sexobjekt begafft wird. Der Eros spielt auch in der Beziehung zwischen Giulia und dem siebzehnjährigen Künstler Goffredo eine gewichtige Rolle, malt der junge Mann doch nur nackte Frauen, was Giulia schließlich zu einem Tête à tête hinreißen lässt. Antonioni lässt in diesem eher melancholischen als lustvollen Reigen einmal mehr ausdrucksstarke Bilder mehr erzählen als die Figuren, die wie andere Objekte auch den Raum füllen und damit ihre innere Leere zum Ausdruck bringen, gerade im Zusammenspiel mit den kargen Felsen der Insel, dem Tornado, der aus dem Himmel auf das unruhige Meer trifft, und den austauschbaren Straßenszenen.
Nach dem Auf und Ab von Beziehungen, die sich in „Die mit der Liebe spielen“ entwickelt und aufgelöst haben, beschreibt Antonioni in „Die Nacht“ (1961) den Stillstand in einer langjährigen Beziehung, aber auch die Unmöglichkeit, neue sinnerfüllende und leidenschaftliche Beziehungen einzugehen. Aber auch der Tod wird anders behandelt.
Antonioni und seine Co-Autoren Ennio Flaiano („8 ½“, „Das süße Leben“) und Tonino Guerra („Amarcord“, „Blow Up“) beschränken die Handlung auf einen Tag und die darauffolgende Nacht.
Antonioni benutzt vor allem die moderne Architektur in Mailand, eine baufällige Großstadtkulisse mit verlassenen Hinterhöfen und rissigen Mauern, um das triste Innenleben seiner Figuren zu beschreiben, die er wie Objekte in seine streng durchkomponierten Bilder platziert, mit Gittern voneinander trennt, selbst wenn sie miteinander sprechen, und in ihrer Bewegungslosigkeit konstatieren sie letztlich auch die Unfähigkeit, ihre tatsächlichen Gefühle auszuleben.
Wie schon in den beiden Vorgängerfilmen „Die mit der Liebe spielen“ (1960) und „Die Nacht“ (1961) spielt Antonioni auch mit dem Trilogie-Abschluss „Liebe 1962“ meisterhaft mit der Empfindungslosigkeit seiner Figuren, kontrastiert ihre Einsamkeit diesmal nicht mit dem oberflächlichen Treiben auf einer Party wie „Die Nacht“, sondern mit der geschäftigen Hektik an der römischen Börse. Auf den Filmtitel stieß der Regisseur, als er in Florenz eine Sonnenfinsternis filmen wollte und in der Finsternis eine ungewöhnliche Stille wahrnahm, in der er auch vermeinte, dass die Gefühle zum Stillstand gekommen wären. Diese Empfindung kommt auch in „L’eclisse“ zum Ausdruck. Ganze zwei Minuten lang verlieren Riccardo und Vittoria kein Wort aneinander, wenn sie die vergangene Nacht in seiner bedrückend dunklen Wohnung Revue passieren lassen und Vittoria das Ende ihrer Beziehung konstatiert. Die emotionale Leere, die Vittoria empfindet, lässt Antonioni mit der Leere in den Straßen, der erdrückenden Architektur unpersönliche Betonbauten korrespondieren. Monica Vitti bringt ihre Langeweile, Orientierungslosigkeit und Unnahbarkeit großartig zum Ausdruck und stiehlt Alain Delon locker die Schau. Selbst wenn sich Vittoria scheinbar auf eine Liebelei mit dem gefühlskalten, leidenschaftslosen Piero einzulassen scheint, bricht sie seine Annäherungsversuche jäh ab, nachdem sie sich aber ohne sich zu wehren von ihm küssen ließ.
Antonioni bringt einmal mehr seine Einstellung zum Ausdruck, dass die moderne Zivilisation mit ihren unwirtlichen Lebensbedingungen in den Städten jeder menschlichen Beziehung abträglich ist. Das wird vor allem in der langen Schlusssequenz deutlich, wenn die Kamera scheinbar wahllos einsam auf den Straßen stehende Menschen einfängt, mit leerem Blick ins Nichts starrend.
Antonioni-Filme kennen keine Hierarchie zwischen Umwelt und Innenwelt, sie zeigen den Wandel der Gefühle im Wandel der Zeit. In ihnen gibt es keine einfachen, dauernden Beziehungen, weil eine solche Form des Zusammenseins nicht mehr der komplexer werdenden Welt entspricht“, konstatiert Nils Meyer in „Filme der 60er“ (Taschen, S. 140). „Mit ,Liebe 1962‘ und den beiden Vorgängern ,Die mit der Liebe spielen‘ (1960) und ,Die Nacht‘ (1961) hat Antonioni das Kino revolutioniert, vielleicht noch radikaler als die Nouvelle Vague, weil er sich nicht wie die Franzosen auf die Geschichte des Kinos selbst bezieht, sondern eine eigene, eine neue Form des filmischen Erzählens erfunden hat.“
Antonioni hat lange gewartet, bis er in Farbe gefilmt hat, und das hat natürlich seine guten Gründe. In Interviews verkündete der international verehrte Filmemacher immer wieder, dass er den Film bemalen wolle wie eine Leinwand und dabei Farbbeziehungen entwickeln und Gemütszustände formen möchte. Die Geschichte seines nächsten Films „Rote Wüste“ (1964) spielt inmitten der Hochöfen, Silos, Maschinenhallen und Hafenanlagen der Industriestadt Ravenna, und Antonioni benutzt vor allem ausgewaschene Farben, so dass die im Nebel verschwimmenden Industrieanlagen wie in einem Schwarzweiß-Film wirken. 
Monica Vitti, die bereits in Antonionis Trilogie der Entfremdung überzeugend die von ihrer Umwelt irritierten und losgelösten, von Bindungsängsten und Liebessehnsucht gezeichneten Protagonistinnen verkörperte, wirkt auch in „Rote Wüste“ glaubwürdig entrückt von den Befindlichkeiten des modernen Lebens in einer industrialisierten Gesellschaft.  
Michelangelo Antonioni ließ sich für „Blow Up“ (1966) von Julio Cortázars in Paris spielender und 1959 veröffentlichter Erzählung „Las Babas del Diablo“ inspirieren, die wiederum auf einer Geschichte basiert, die der Fotograf Sergio Larrain dem Autor erzählte. Den surrealistischen Charakter der Geschichte über einen französischen Übersetzer und Amateur-Fotografen, der seine Pariser Wohnung verlässt, um auf der Ile Saint-Louis ein Liebespaar unterschiedlichen Alters beobachtet und fotografiert, fängt Antonioni vor allem in grellen Blautönen ein, aber auch die poppigen Kleider, in denen Thomas seine Models fotografiert, tragen zur künstlichen Atmosphäre des Films bei. Einmal mehr drehte Antonioni in einer Großstadt, wobei London die Swinging Sixties mit den Beatles und der damit einhergehenden Mod-Kultur natürlich das lebendige Zentrum jener Zeit gewesen ist. David Hemmings („Barbarella“, „Rosso – Die Farbe des Todes“) verkörpert den im Film namenlosen (Thomas heißt er nur im Drehbuch) Modefotografen als egozentrischen, aber auch coolen Lebemann, der von seinem Job (und den lustlosen Models) recht angeödet ist, aber nichts so recht zu Ende bringt, auch nicht sein ambitioniertes Fotobuch-Projekt, für das er immer neue Ideen entdeckt. Mit dem zufälligen Entdecken eines Mordversuchs hätte sich „Blow Up“ zu einem Krimi entwickeln könnte, wie es später Brian De Palmas von Antonionis Film inspirierter Thriller „Blow Out“ auch tat, doch so wie bei „Die mit der Liebe spielen“ verschwindet auch hier das Opfer. Schnell wird klar, dass es Antonioni nicht um die Aufklärung eines Mordes geht, sondern um verschiedene Arten der Wahrnehmung in einer wieder einmal entfremdeten urbanen Welt, in der der narzisstische Modefotograf nichts empfindet. Affären mit den hübschen Models interessieren ihn nicht, auch wenn sich die Fotosession mit Verushka (Veruschka von Lehndorff) wie eine sexuelle Verführung ausnimmt. Interessant sind die Zitate aus der Popkultur, der Drogenkonsum, der bei der Veränderung der Wahrnehmung eine gewichtige Rolle spielt, die Musik der Yardbirds im Club, die Beliebigkeit sexueller Begegnungen und die schrille Mode, die schnell ihren Reiz verliert.

„Der Film ist ein Kunstwerk. Meisterhaft in der Behandlung der Farbe, in der Führung der Handlung, vor allem aber im Erfassen der Londoner Jugend, der Popjugend mit Minirock und Marihuana und Beat, mit einer neuartigen Unbefangenheit und Unbelastetheit“, befand die Frankfurter Allgemeine Zeitung.

Nach dem künstlerischen wie kommerziellen Erfolg von Michelangelo Antonionis erster MGM-Produktion „Blow Up“ (1966) liefen die Dinge für seinen ersten in den USA gedrehten Film „Zabriskie Point“ (1970) alles andere als rund. Mit sieben Millionen US-Dollar an Produktionskosten verschlang Antonionis neues Werk nicht nur das Fünffache des Budgets von „Blow Up“, es entwickelte sich auch zu einem veritablen Flop, was nicht besonders überrascht, wenn man bedenkt, dass der italienische Autorenfilmer hier gegen alles schießt, was Amerika ausmacht. Dabei überzeugt „Zabriskie Point“ wie schon sein Vorgänger als ästhetisch perfekt inszeniertes Dokument einer spannenden Zeit, diesmal der Hippie-Bewegung.
Als Antonioni seinen Film „Blow Up“ in den USA vorstellte, fiel ihm ein Zeitungsartikel in die Hände, in dem über einen jungen Mann berichtet wurde, der ein Kleinflugzeug gestohlen hatte und beim Versuch, es in Phoenix (Arizona) zurückzugeben, erschossen worden war. Der Vorfall inspirierte den Regisseur zu einem Drehbuch-Entwurf, der von Sam Shepard, Franco Rossetti, Tonino Guerra und der britischen Autorin Clare Peploe, der späteren Ehefrau von Bernardo Bertolucci, weiterentwickelt wurde. Nach Art des cinéma vérité fangen Antonioni und sein Kameramann Alfio Contini („Verliebt in scharfe Kurven“, „Der Nachtportier“) zunächst eine hitzige Debatte zwischen schwarzen und weißen StudentInnen ein und die Polizeibrutalität in Zusammenhang mit Demonstrationen. Auf der anderen Seite wird mit Daria eine junge, attraktive Frau vorgestellt, die sich von der Lebensweise der Hippies verabschiedet und sich dazu entschieden hat, einem geregelten Job bei einem Unternehmen anzunehmen, der Luxuswohnungen in abgeschiedenen Gegenden baut. Die Lebenswelten des alternativen und des bürgerlichen Lebensstils prallen im landschaftlich atemberaubenden Death Valley zusammen, wenn Mark und Daria die Zivilisation und ein Stück weit ihr Leben hinter sich lassen und sich auf eine leidenschaftliche Affäre einlassen, wobei Antonioni Schauspieler des in New York ansässigen Open Theatre den akrobatisch verspielten Liebesakt im Sand vervielfachte und damit den Einfluss der Drogen mitschwingen ließ. Im Vergleich zu dem hektischen Auftakt mit den Studentenunruhen in Los Angeles wirken die Cinemascope-Aufnahmen am Zabriskie Point berauschend schön. Zu den psychedelischen Klängen von Pink Floyd, Grateful Dead, Jerry Garcia und Kaleidoscope wird hier ein Lebensentwurf skizziert, der zum Scheitern verurteilt wird. Wenn Daria am Ende davon träumt, dass die Luxusvilla in der Wüste, wo ihr Chef gerade sein nächstes großes Projekt eintüten will, in die Luft gesprengt wird, geht damit auch das Ende einer Ära einher, die mit der Wahl Richard Nixons zum US-Präsidenten manifestiert wurde.
Auch wenn Michelangelo Antonionis „Zabriskie Point“ (1970) MGM einen enormen finanziellen Verlust bescherte, ließ das Studio den italienischen Ausnahmeregisseur den vereinbarten dritten Film,(„Blow Up“, 1966, war der erste innerhalb des MGM-Deals) drehen, allerdings einen anderen als vom Filmemacher vorgeschlagen. Statt ein Projekt namens „Tecnicamente Dolce (Technically Sweet)“ zu verwirklichen, das im Amazonas-Gebiet spielen sollte, adaptierte Antonioni erstmals einen fremden Stoff, eine Geschichte von Mark Peploe, dem Bruder von Antonionis Lebensgefährtin aus den 1960ern, Claire Peploe.
Dass Hollywood-Star Jack Nicholson für die Hauptrolle gewonnen werden konnte, erwies sich als Glücksgriff, nachdem „Zabrikie Point“ unter der Verwendung von Laiendarstellern gelitten hatte, die zwar hübsch anzusehen waren, aber ihren Rollen keine Tiefe verleihen konnten. „Beruf: Reporter“, im Original gefälliger „The Passenger“ betitelt, handelt einmal mehr von einer existentiellen Krise. Wie bei Antonioni üblich, treten die Figuren ohne Vorgeschichte in die Handlung ein. Der Zuschauer erfährt nicht, warum David Locke seines Lebens so überdrüssig ist, und auch von seiner Gefährtin erfahren wir nur, dass sie Architektur-Studentin ist. Maria Schneider ist zuvor durch Bertoluccis „Der letzte Tango in Paris“ bekannt geworden und wäre auch in einer Liebesszene mit Jack Nicholson zu sehen gewesen, wäre diese nicht hinausgeschnitten worden. Doch auch wenn das Setting die Form eines (Spionage-)Thrillers anzunehmen scheint, geht es Antonioni doch nicht um die Waffengeschäfte, in die der Reporter auf einmal involviert ist. Vielmehr handelt der Film vom Tod. Erst Robertsons Ableben ermöglicht David Lockes ersehnten Identitätstausch, und der Kreis schließt sich in einer der berühmtesten Schlussszene der Filmgeschichte: In einer einzigen langen, sieben Minuten langen Kamerafahrt, die mit einer 30 Meter hohen Krankonstruktion realisiert wurde, schwenkt die Kamera von Lockes Hotelbett durch das vergitterte Fenster auf die Plaza und nach den Ereignissen dort zurück in Lockes Zimmer. Antonioni findet in der Abbildung der kargen Wüste immer wieder eindrucksvolle Bilder und symbolträchtige Farben, um eine philosophische Meditation über Identität und Tod zu vollenden, die übrigens wie bei Antonioni üblich, mit sehr wenig Musik auskam.

„Ich war schon immer gegen den traditionellen musikalischen Kommentar, die einschläfernde Funktion, die man ihm üblicherweise zuteilt. Es ist diese Vorstellung von Bildern zur Musik, als ob man ein Opernlibretto schriebe, die ich nicht mag. Was ich ablehne, ist diese Weigerung, der Stille ihren Raum zu geben, diesen Drang, das, was man für Leere hält, unbedingt zu füllen“, wird Antonioni in „Michelangelo Antonioni. Sämtliche Filme“ (Hg. Seymour Chatman, Paul Duncan, Taschen Verlag, S. 149) zitiert.

Nicht nur das Publikum war überrascht, dass Michelangelo Antonioni fünf Jahre nach seinem großartigen Hollywood-Einstand mit „Beruf: Reporter“ (1975) ausgerechnet mit seinem ersten Kostümfilm zurückkehrte, sondern diesen auch für das Fernsehen produzierte. Auch Antonioni selbst bezeichnet die Umstände des Entstehens von „Das Geheimnis von Oberwald“ (1980) als Rätsel. Am einfachsten scheint die Erklärung, dass der Film auf Drängen von Monica Vitti entstanden ist, die Antonioni als Regisseur bei der Theaterproduktion von John van Drutens „I Am a Camera“ in den 1950er Jahren kennengelernt hatte und mit der er in den 1960er Jahren seine berühmte Tetralogie der Entfremdung („Die mit der Liebe spielen“, „Die Nacht“, „Liebe 1962“, „Rote Wüste“) realisierte.
Mit „Das Geheimnis von Oberwald“ adaptierte Antonioni Jean Cocteaus Stück „L‘Aigle à deux têtes“ (1946), das entfernt auf der Geschichte Ludwigs II. von Bayern und der Kaiserin Elisabeth von Österreich basiert und das Cocteau zu einer neuen Geschichte formte, der Antonioni aber zusammen mit seinem Co-Autor Tonino Guerra den historischen Kontext entzog. Geblieben ist ein ungewöhnlich dialoglastiges Kostümdrama, das Antonioni die Gelegenheit bot, mit elektronischen Kameras und Magnetbändern zu experimentieren, so dass er die Farben vor Ort mischen konnte. Ungewöhnlich erscheint vor allem der Gebrauch von extremen Farbfiltern, so dass die Burgmauern im Sturm grün erscheinen, der intrigante Graf und seine unmittelbare Umgebung blau eingefärbt wird und die Wiesen und Bäume am Tag in grell leuchtenden Gelb- und Grüntönen erstrahlen. Gewohnt souverän agiert Antonionis Muse Monica Vitti als lustwandelnde, halb trauernde, halb desillusionierte Regentin, die durch den Anarchisten Sebastian neuen Lebensmut schöpft. Das Ganze wird von klassischen Klängen untermalt, die Richard Strauss („Eine Alpensinfonie“, „Tod und Verklärung“, „Don Quijote“), Johannes Brahms („Sinfonie Nr. 1“) und Arnold Schönberg („Verklärte Nacht“) beigesteuert haben.
Nach diesem überraschend dialoglastigen, auf einem Stück von Jean Cocteau beruhenden Kostümdrama kehrte Antonioni 1982 mit „Identifikation einer Frau“ wieder mehr zu seinen ursprünglichen Themen zurück.
Michelangelo Antonioni thematisiert in „Identifikation einer Frau“ einmal mehr die Unmöglichkeit echter menschlicher Beziehungen, drückt dies aber im Gegensatz zu seiner Tetralogie der Entfremdung mehr in Worten als in Bildern aus, obwohl die Verwendung von ausdruckskräftigen Rot- und Blaufarben in leuchtendem Technicolor auf Antonionis symbolischer Farbdramaturgie hinweist, die er bereits in seinem ersten Farbfilm „Rote Wüste“ perfekt inszeniert hatte.
Zu den für Antonioni ungewöhnlich vielen Dialogen gesellt sich auch ein umfangreicher Soundtrack, was insofern überrascht, als Antonioni immer betont hat, auf traditionelle musikalische Kommentare in seinen Filmen verzichten zu wollen. Hier gesellen sich zum elektronischen Score des ehemaligen Ultravox-Frontmanns John Foxx noch Stücke von Tangerine Dream („Tangram“, „Ricochet“), Peter Baumann, Brian Eno, Orchestral Manoeuvres in the Dark, Japan, XTC und Gianna Nannini hinzu.
Durch einen Schlaganfall, den Michelangelo Antonioni 1985 erlitt, verlor der Filmemacher weitgehend sein Sprachvermögen und war rechtsseitig gelähmt. Dennoch konnte er zehn Jahre später mit dem Episoden-Drama „Jenseits der Wolken“ einen weiteren Film realisieren, der auf seinem eigenen Erzählband „Bowling am Tiber” basierte und wobei ihm Wim Wenders nicht nur als Unterstützung beiseite stand, sondern auch die Rahmenhandlung inszenierte.
Auch wenn mit Wim Wenders („Paris, Texas“, „Himmel über Berlin“) ein renommierter Filmemacher über die Produktion wachte und selbst die Rahmenhandlung um den Regisseur auf der Suche nach Ideen für einen neuen Film inszenierte, trägt „Jenseits der Wolken“ doch eindeutig Antonionis Handschrift. Das liegt vor allem daran, dass das Drehbuch für die einzelnen Episoden recht genau den zugrundeliegenden Geschichten aus Antonionis Erzählband „Bowling am Tiber” folgte. Einmal mehr geht es um das (Nicht-)Zustandekommen von Beziehungen und Trennungen, es geht um überhöhte Erwartungen, enttäuschte Hoffnungen und Verlustängste, um Begehren und dem Verzicht sinnlicher Erfahrungen. Durch die episodenhafte Struktur kommen wir den einzelnen, oft namenlosen Figuren nie wirklich nahe, und so wirken die Geschichten wie reine Gedankenspiele des Filmemachers, inspiriert von den jeweiligen (stets verregneten oder regennassen) Schauplätzen in Ferrara, Portofino, Paris und Aix-en-Provence. Erwähnenswert ist die illustre Riege an Stars, die allerdings kaum die Möglichkeit finden, ihren Figuren Profil zu verleihen, und der Soundtrack mit Stücken von Van Morrison, Passengers (einem Projekt von Brian Eno und Mitgliedern der irischen Rockband U2) und Piano-Klängen von Wim Wenders‘ Komponisten Laurent Petitgand.
Nachdem Michelangelo Antonioni mit „Jenseits der Wolken“ (1995) einige Geschichten seines Erzählbandes „Bowling am Tiber“ verfilmt hatte, bekam der armenische, überwiegend in Frankreich arbeitende Produzent Stéphane Tchalgadjieff die Idee, eine Trilogie rund um den „Eros“, um Liebe und Begehren, zu realisieren, wobei neben Antonioni noch zwei Regisseure verpflichtet werden sollten, die Antonioni künstlerisch nahestanden. Neben Wong Kar-Wai („In the Mood for Love“, „2046“) sollte zunächst Pedro Almodóvar („Volver“, „Alles über meine Mutter“) das Trio abrunden, doch musste er wegen des Starts der Produktion seines eigenen Films „Schlechte Erziehung“ dann passen. Als Ersatz wurde Steven Soderbergh („The Limey“, „Ocean’s Eleven“) verpflichtet, der vor allem aus dem Grund zusagte, seinen Namen auf einem Poster mit Antonioni zu sehen.
Am 30. Juli 2007 verstarb Antonioni im Alter von 94 Jahren in Rom - am gleichen Tag wie sein nicht minder legendärer Regie-Kollege Ingmar Bergman.

Filmografie

1943–47: Menschen am Po (Gente del Po, Kurzfilm)
1948: Straßenreinigung (N. U. – Nettezza urbana, Kurzfilm)
1949: L’amorosa menzogna (Kurzfilm)
1949: Aberglauben (Superstizione, Kurzfilm)
1949: Sette canne un vestito (Kurzfilm)
1950: La funivia del Faloria (Kurzfilm)
1950: La villa dei mostri (Kurzfilm)
1950: Chronik einer Liebe (Cronaca di un amore)
1953: Kinder unserer Zeit (I vinti)
1953: Die große Rolle (La signora senza camelie)
1953: Liebe in der Stadt (L’amore in città, Episode Tentato suicidio)
1955: Die Freundinnen (Le amiche)
1957: Der Schrei (Il grido)
1960: Die mit der Liebe spielen (L’avventura)
1961: Die Nacht (La notte)
1962: Liebe 1962 (L’eclisse)
1964: Die rote Wüste (Il deserto rosso)
1965: Drei Gesichter einer Frau (I tre volti, Episode Die Probeaufnahme)
1966: Blow Up (Blowup)
1970: Zabriskie Point
1972: Antonionis China (Chung Kuo Cina) (Dokumentarfilm)
1975: Beruf: Reporter (Professione: reporter)
1980: Das Geheimnis von Oberwald (Il mistero di Oberwald)
1982: Identifikation einer Frau (Identificazione di una donna)
1989: 12 registi per 12 città (Episode Rom)
1995: Jenseits der Wolken (Al di là delle nuvole)
1995: Ritorno a Lisca Bianca (Kurzfilm)
2004: Lo sguardo di Michelangelo (Kurzfilm)
2004: Eros (Episode Il filo pericoloso delle cose)

Playlist:
01. Herbie Hancock - The Naked Camera (Blow-Up) - 03:25 
02. Giovanni Fusco - Seq. 4 (Le amiche) - 05:01 
03. Giovanni Fusco - Tema attesa 4 (L'avventura) - 03:18 
04. Giovanni Fusco - L'eclisse Slow Vers. (L'eclisse) - 02:47 
05. Giovanni Fusco - Il surf della luna 3 (Il deserto rosso) - 03:01 
06. Giorgio Gaslini - Lettura della lettera (La notte) - 04:08 
07. Giovanni Fusco - Non lo saprai mai (Il grido) - 02:46 
08. Herbie Hancock - Jane's Theme (Blow-Up) - 05:05 
09. Pink Floyd - Love Scene Improvisation 6 (Zabriskie Point) - 06:43 
10. Passengers - Your Blue Room (Al di là delle nuvole) - 05:27 
11. Giovanni Fusco - Eclisse Twist (L'eclisse) - 02:50 
12. Giorgio Gaslini - Ballo di Lidia (La notte) - 03:06 
13. Ivan Vandor - End Credits (The Passenger) - 02:35 
14. Giovanni Fusco - Valzer 2 (L'avventura) - 03:02 
15. Giovanni Fusco - Il surf della luna 4 (Il deserto rosso) - 03:09 
16. Giorgio Gaslini - Voci dal fiume (La notte) - 05:57 
17. Giovanni Fusco - Commento (Il grido) - 02:14 
18. John Fahey - Dance of Death (Zabriskie Point) - 02:41 
19. Pink Floyd - Unknown Song (Zabriskie Point) - 06:00 
20. Giovanni Fusco - Titoli 5 (L'avventura) - 03:10 
21. Passengers - Beach Sequence (Al di là delle nuvole) - 03:34 
22. Japan - Sons of Pioneers (Identificazione di una donna) - 07:09 
23. Herbie Hancock - The Kiss (Blow-Up) - 04:16 
24. Peter Baumann - This Day (Identificazione di una donna) - 05:11 
25. Jerry Garcia - Love Scene Improvisation 2 (Zabriskie Point) - 08:00 
26. Tangerine Dream - Tangram - Set 1 [excerpt] (Identificazione di una donna) - 10:01

Samstag, 1. Februar 2025

Playlist #416 vom 09.02.2025 - Neuheiten 2025 (1)

In der neune Netflix-Doku-Serie „Our Ocean“ fungiert niemand Geringeres als der ehemalige US-Präsident Barack Obama als Erzähler. Er entführt die Zuschauer auf eine 75.000 Meilen lange Kreuzfahrt über und unter die Wasseroberfläche der fünf Weltmeere. Dem Pazifik, dem Indischen Ozean, dem Atlantik, dem Arktischen Ozean und dem Südlichen Ozean ist jeweils eine Folge gewidmet, wobei die Serie modernste Forschung und neu entwickelte Unterwasserfilmtechnologie einsetzt, um neben beliebten Tieren wie Delfinen und Meeresschildkröten auch andere Meeresbewohner und Naturphänomene zu zeigen, die noch nie zuvor mit der Kamera eingefangen wurden. Neben der Titelmusik von Harry Gregson-Williams bekommt ihr in dieser Sendung neue Soundtracks auch von seinem Bruder Rupert Gregson-Williams, Siddhartha Khosla, Rachel Portman, Steven Price, Hanan Townshend, Antonio Pinto u.v.a. zu hören.
In der britischen Mini-Serie „The Crow Girl“ von Charles Martin und Rebecca Rycroft untersuchen die beiden Ermittler DCI Jeanette Kilburn (Eve Myles) und DI Lou Stanley (Dougray Scott) den Tod mehrerer junger Männer in einer Kleinstadt. Um den Täter zu fassen, ziehen sie die angesehene Psychotherapeutin Dr. Sophia Craven (Katherine Kelly) hinzu. Was als komplexer Mordfall beginnt, entwickelt sich zu einer schockierenden Reise in eine dunkle Welt aus illegalen Fight Clubs, skrupellosen Morden und tief verwurzeltem Missbrauch, der Jahrzehnte zurückreicht. Die Musik dazu stammt vom jungen britischen Komponisten Adam Price („Curfew“, „Apartment 7A“), der bereits mit Lorne Balfe an „Mission: Impossible – Dead Reckoning“ zusammengearbeitet hat.
„Das Lesen von Erik Axl Sunds Roman ‚The Crow Girl‘ gab mir eine zusätzliche Gelegenheit, musikalisch zu experimentieren, bevor ich mich mit irgendeinem Aspekt der Serie selbst beschäftigte. Das Thema ‚Verlust der Unschuld‘ tauchte früh auf und ich habe es musikalisch erkundet. Wir begannen, die Stimme zu verwenden; die unmittelbarste, roheste Art, wie wir uns ausdrücken können“, rekapituliert Price seine Arbeit an „The Crow Girl“. „Die Regisseure Charles und Rebecca betonten, wie wichtig es sei, diesen emotionalen Kern in der Musik einzufangen und gleichzeitig in der brutalen, kompromisslosen Welt von ‚The Crow Girl‘ verwurzelt zu bleiben. Und natürlich war da Slash. Sein ikonischer Gitarrensound hob den Soundtrack auf Höhen, die wir uns nie hätten vorstellen können. Man hört seinen unverwechselbaren, rauen Sound schon in der ersten Einstellung – ein erdiger, absteigender Gitarren-Slide, der die Bilder widerspiegelt; ein irgendwie musikalischer tiefer Tauchgang in die Abgründe der Hölle.“
Gleich zwei neue Arbeiten gibt es von Steven Price („Gravity“, „Fury“) zu hören. Für den Netflix-Film „Joy“ schrieb er eine einfühlsame, mit Streichern und Piano instrumentierte Musik, die die wahre Geschichte der Entwicklung zur künstlichen Befruchtung erzählt.
Im Jahr 1968 bewirbt sich die junge Krankenschwester und Embryologin Jean Purdy (Thomasin McKenzie) um eine Assistenzstelle in einem Labor der Cambridge-Universität. Dort arbeiten der Physiologe Dr. Robert Edwards (James Norton) und der Gynäkologe Patrick Steptoe (Bill Nighy) an einem Verfahren, das kinderlosen Paaren ihre Nachwuchswünsche erfüllen soll. Als Details über ihre Forschung in einem Labor nahe Manchester an die Öffentlichkeit dringen, weht dem Trio jedoch ein scharfer Wind ins Gesicht. Denn viele Menschen halten die Zeugung eines Kindes außerhalb des Mutterleibs für verbrecherisch und unchristlich. Als ihnen dann auch noch die Fördergelder gestrichen werden, setzen Steptoe, Edwards und Purdy ihre Hoffnungen vor allem auf eine Gruppe kinderloser Frauen, die sich bereit erklären, ihre Körper der Wissenschaft zur Verfügung zu stellen. Am Ende wird 1978 das erste Retortenbaby Louise Joy Brown geboren werden.
Weitaus wuchtiger geht es in dem ebenfalls historischen Kriegsdrama „William Tell“ zu, das Price mit großem Orchester vertont hat, wobei Streicher und Percussions eine prominente Rolle einnehmen. Der von Nick Hamm („The Hole“, „Godsend“) inszenierte Film spielt im 14. Jahrhundert, in den letzten Tagen des Heiligen Römischen Reiches, als die europäischen Nationen heftig um die Vorherrschaft kämpfen und die ehrgeizigen Österreicher, die nach mehr Land streben, in die Schweiz eindringen, sieht sich Wilhelm Tell (Claes Bang), ein ehemals friedlicher Jäger, zum Handeln gezwungen, als seine Familie und sein Heimatland durch den unterdrückerischen österreichischen König und seine rücksichtslosen Kriegsherren bedroht werden. An der Spitze seiner Landsleute beginnt Tell eine mutige Rebellion, um ihre Freiheit zu verteidigen und sich gegen die tyrannischen Mächte zu stellen, die sie unterjochen wollen.
„Young Hearts“ erzählt die Geschichte des jungen Elias, der Gefühle für seinen neuen Nachbarn Alexander entwickelt und feststellt, dass er sich zum ersten Mal verliebt.

„Wir haben es geschafft, das Gefühl einer viel größeren Produktion mit einem relativ kleinen Ensemble und auf intelligente Weise nachzubilden: Das Fagott, das Ma’at-Streichquartett und das Klavier rufen die Nostalgie hervor, die Regisseur Anthony Schatteman suchte. Diese Streicher wurden auch in mehreren Schichten aufgenommen, sodass der Effekt einer wunderschönen ,Wolke‘ aus Musik entsteht. Aber auch andere einfallsreiche Techniken wie ungewöhnliche Metriken, die Konzentration auf Farben statt auf Themen sorgen dafür, dass man mit einem kleinen Ensemble ein großartiges Gefühl erzeugen kann, was wiederum zu der Herzerwärmung beiträgt, die der Film ausstrahlen möchte“, beschreibt Ruben de Gheselle die Arbeit an der eindringlichen Musik zu „Young Hearts“.

In dem Animationsfilm „Mariposas negras“ wird die Geschichte der drei Frauen Tanit, Valeria and Shaila erzählt, die aus verschiedenen Teilen der Welt kommen, aber ganz unmittelbar mit den Folgen des Klimawandels konfrontiert werden, als sie wegen der Erderwärmung alles verlieren und gezwungen werden, ihre Heimat zu verlassen, um zu überleben. Der spanische Komponist Diego Navarro setzte für seine Musik eine Vielzahl von ethnischen Instrumenten und weibliche Stimmen ein.
„Ich war fasziniert von der Idee, durch meine Musik drei Realitäten zu erzählen, die so hart und tief sind wie die unserer Protagonisten. Es ist Musik mit einem intimen Ansatz, mit einer tiefen emotionalen Note aufgrund der transzendenten Botschaft, die der Film dem Publikum vermittelt. Außer mir, der Klavier und Keyboard spielt, sind die restlichen Hauptmusiker der Musikproduktion Frauen, als klare Anspielung auf die Geschichte“, erklärt Navarro. „Auf der Grundlage eines Streichquartetts, der Stimme unserer Solistin Aborá Cel im Hauptthema und vieler anderer ethnischer Stimmen aus der afrikanischen und indischen Folklore habe ich in dieser Partitur auch mit verschiedenen charakteristischen Instrumenten aus der Karibik, Afrika und Indien gearbeitet. Das Klavier, die elektronische Programmierung und eine kraftvolle Perkussionssektion waren unerlässlich, um eine der persönlichsten und intimsten Partituren zu schaffen, die ich je geschrieben habe.“
Playlist:
01. Harry Gregson-Williams - Series Opener (Our Oceans) - 03:04 
02. Rupert Gregson-Williams - To Libya (Lockerbie - A Search For Truth) - 04:21 
03. Adam Price - Loss (The Crow Girl) - 04:17 
04. Steven Price - 67481 Lesley Brown (Joy) - 03:34 
05. Siddhartha Khosla - Where Love Grows (No Good Deed) - 04:34 
06. Siddhartha Khosla - Preparations (Paradise) - 04:03 
07. Austin Wintory - Oria's Legacy (Eternal Strands) - 03:58 
08. Debbie Wiseman - New Found Lands (Wolf Hall - The Mirror and the Light) - 03:59 
09. Timothy Williams - Journey to Bethlehem (Mary)  - 03:47 
10. Antonio Pinto - Sorry (Flight Risk) - 03:29 
11. Rachel Portman - Forgive Me (The Return) - 03:59 
12. Evgueni Galperine & Sacha Galperine - Calypso (Kraven - The Hunter) - 04:30 
13. Explosions in the Sky - A Melancholy (American Primeval) - 04:06 
14. Daniel Blumberg - Library (The Brutalist) - 03:26 
15. Trent Reznor & Atticus Ross - Pure Love (Queer) - 04:34 
16. Steven Price - Let Us Believe Again (William Tell) - 06:31 
17. H. Scott Salinas - End Credits (Elevation) - 04:59 
18. Hanan Townshend - Final Judgement (Between Borders) - 04:39 
19. Ruben de Gheselle - Running Away (Young Hearts) - 02:46 
20. Raphaël Dargent - Sky Awakening (Lightfall) - 02:46 
21. Raphaël Dargent - Borealapelta (Why Dinosaurs?) - 02:29 
22. Christopher Lennertz - The Bakers (Back In Action) - 03:17 
23. Rob - Night Pool (Par Amour) - 03:09 
24. Atli Örvarsson - Long Beach (On Call) - 03:22 
25. Bear McCreary - What Awaits Us in Paradise (Outlander - Season 7) - 04:37 
26. Diego Navarro - Tema principal (Mariposas Negras) - 04:49 
27. Andrew Lockington - Sutherland (Lioness - Season 2) - 04:09
28. Blanck Mass - The Wonder (The Rig - Season 2) - 06:49 
29. Mick Giacchino - Paradise Lost and Finale (Star Wars: Skeleton Crew) - 04:31 
30. Benjamin Wallfisch - Wolf Man (Wolf Man) - 08:11

Samstag, 18. Januar 2025

Playlist #415 vom 26.01.2025 - DAVID LYNCH (1946-2025) Special

Mit außergewöhnlichen, verschiedene Filmgenres miteinander verbindenden Werken wie „Eraserhead“, „Der Elefantenmensch“, „Blue Velvet“, „Lost Highway“, „Mulholland Drive“ und natürlich der wegweisenden Fernsehserie „Twin Peaks“ avancierte David Lynch zu einem der meistverehrten und einflussreichsten Filmemacher. Aber auch als Schauspieler, Maler, Fotograf, Komponist und zuletzt auch Möbeldesigner hinterließ der vielseitige Künstler seine Spuren. Nun starb der vierfach Oscar-nominierte und 2019 mit einem Ehrenoscar für sein Lebenswerk ausgezeichnete Lynch am 15. Januar 2025 im Alter von 78 Jahren. In der heutigen Sendung zum Gedenken an diesen vielschichtigen Künstler gibt es nicht nur die Musik zu seinen Kinofilmen und der großartigen Serie „Twin Peaks“ zu hören, sondern auch Auszüge aus seinen Soloarbeiten und Kollaborationen mit Künstlern wie Dean Hurley, Jocelyn Montgomery, Chrystabell, John Neff und Marek Zebrowski

David Lynch © by Josh Telles
Der am 20. Januar 1946 in Missoula, Montana, als Sohn eines Agrarwissenschaftlers und einer Sprachlehrerin geborene David Keith Lynch wuchs mit seinen jüngeren Geschwistern John und Martha in kleinen Orten in Washington, North Carolina und Idaho auf und erlebte nach eigenen Angaben wohl eine unbeschwerte Kindheit.
Der engagierte Pfadfinder liebte das Leben in der Kleinstadt, Filme wie „Glut unter der Asche“ (1957) und die Filmmusiken von Henry Mancini („The Pink Panther“, „Wait Until Dark“). 1960 ließen sich die Eltern endgültig in Alexandria in Virginia nieder. Der 14-jährige Lynch wurde als Schüler der Francis C. Hammond High School Pfadfinder (Eagle Scout) und entwickelte nebenher bleibende Begeisterung für die Malerei. 
Trotz seines bayerischen Onkels, der als Maler in München tätig war, sah er darin jedoch keine aussichtsreiche Zukunft. Der Vater seines Schulfreunds Toby Bushnell Keeler brachte ihn schließlich auf andere Gedanken: Der professionelle Maler bot Lynch und dessen Freund Jack Fisk einen Raum in seinem Studio in Georgetown zur Untermiete an. Die beiden nahmen an und konnten ihrer Kreativität somit freien Lauf lassen. Während dieser Zeit pendelte Lynch am Wochenende nach Washington D.C., wo er Kurse an der Corcoran School of Art besuchte. Es sollte schließlich ein Buch sein, auf das ihn Bushnell Keeler aufmerksam gemacht hatte und das Lynch den Traum vom Künstlerdasein leben ließ: „The Art Spirit“ von Robert Henri
1964 schrieb sich David Lynch nach seinem Highschool-Abschluss an der Boston Museum School für ein Kunststudium ein. Es folgte ein Studium an der Pennsylvania Academy of Fine Arts (1965-1967), die Heirat mit seiner Kommilitonin Margret „Peggy“ Reavey (1967) und ein Jahr später die Geburt der Tochter Jennifer Chambers Lynch, die später selbst Filme drehen sollte („Boxing Helena“).
Aus Platzmangel zog die Familie in ein Haus, das Lynch für 3.500 US-Dollar erworben hatte, das jedoch äußerst heruntergekommen war und in einer sehr armen Wohngegend lag. Lynch wurde mit der Zeit bewusst, dass der Malerei zwei wichtige Elemente fehlten, nach denen er sich insgeheim sehnte: Bewegung und Ton. 
Zusammen mit seiner Familie und seinen Freunden Alan Splet und Jack Fisk zog er 1970 nach Los Angeles um, wo seine künstlerische Karriere Fahrt aufnahm. Während seines Studiums drehte Lynch mit „Six Figures Getting Sick“ (1967) seinen ersten, einminütigen Kurzfilm, auf den 1968 das vierminütige „The Alphabet“ folgte, einer Kombination von Trick- und Realfilm, in der Lynchs Frau Peggy eine Frau spielt, die die Buchstaben des Alphabets verschluckt und schließlich einen Schwall von Blut auf ein jungfräulich weißes Bett erbricht.
Nachdem 1969 seine Bilder als Maler in der Paley Library Galerie in Philadelphia ausgestellt wurden, begann Lynch einen Kurs am Center for Advanced Film Studies und drehte dort seinen nächsten Kurzfilm „The Grandmother“. Nach seiner erfolgreichen Aufnahme am American Film Institute (AFI) bekam Lynch für sein nächstes Projekt ein Budget von 10.000 US-Dollar zur Verfügung. Zum Filmteam gehörten der Sounddesigner Alan Splet, Produktionsleiterin Doreen G. Small und Kameramann Herbert Cardwell. Um Musik, Dekor, Szenenbild und Schnitt wollte sich Lynch selbst kümmern. 
Als 1972 mit den Dreharbeiten begonnen wurde, rechnete das Filmteam noch mit rund sechs Wochen, doch die Arbeit zog sich auch nach einem Jahr weiter hin. Nachdem Kameramann Cardwell aus finanziellen Gründen nach neun Monaten die Produktion verlassen musste, wurde er durch Frederick Elmes ersetzt. Als das Geld vom AFI aufgebraucht war, stellte man Lynch zwar weiterhin die technischen Mittel zur Verfügung, doch Lynch musste sich selbst um die weitere Finanzierung der Dreharbeiten. Lynch geriet daraufhin in tiefe Verzweiflung. 
Nach einjähriger Drehpause konnte die Produktion im Mai 1974 fortgesetzt werden, als es Lynch gelang, sich Geld von Freunden und Familie zu borgen. Als Lynch und Splet von dem AFI schließlich vor die Tür gesetzt wurden, richteten sie sich daraufhin ein Tonstudio in einer Garage ein, wo von Sommer 1975 bis Frühling 1976 am Ton und Soundtrack zu „Eraserhead“ gearbeitet wurde. „Eraserhead“ hatte schließlich 1977 Premiere und es dauerte nicht lange, bevor sich die albtraumhafte Story mit Jack Nance in der Hauptrolle zum veritablen Kultfilm entwickelte. „Eraserhead“ wurde maßgeblich von seinem Lebensgefühl geprägt, in armen Wohngegenden und ständiger Angst leben zu müssen.
Motiviert durch seine neue Frau Mary Fisk, reichte Lynch seinen Film bei dem Los Angeles Film Festival Filmex ein. Dort wurde „Eraserhead“ am 19. März 1977 in einer 108-minütigen Fassung uraufgeführt, die Lynch im Nachhinein auf 89 Minuten kürzte. Noch im selben Jahr im Herbst wurde der Film im Cinema Village in New York City aufgeführt. Nach einem beschwerlichen Start wurde „Eraserhead“ zu einem Mitternachts-Underground-Geheimtipp und lief bis 1982 in 17 US-amerikanischen Städten mit einer Anzahl von 32 Kopien. 
Die Rezensionen fielen überwiegend positiv aus und sahen in „Eraserhead“ einen „künstlerisch ambitionierte[n] Film“, der in der Tradition des europäischen Autorenkinos stehe und dem Surrealismus und Expressionismus nahe komme. Der Film bedeutete Lynchs künstlerischen Durchbruch und gilt heute als Kultfilm. 
Als Stuart Cornfeld, der von „Eraserhead“ begeistert war, geeignete Projekte für die von Mel Brooks neugegründete Produktionsfirma Brooksfilms suchte und auf das Drehbuch „The Elephant Man“ von Christopher De Vore und Eric Bergren stieß, schlug er Lynch vor, die Geschichte zu verfilmen, wovon Lynch sehr angetan war: 
„Dieser Stoff schien mir nicht nur als zweiter Film nach ,Eraserhead‘ ideal zu sein, sondern auch als Gelegenheit, im Mainstream Fuß zu fassen, ohne sofort größere Kompromisse machen zu müssen“. 
Die Dreharbeiten fanden von 1979 bis 1980 in den Lee-International-Studios in Wembley, London, mit einem Budget von 5 Millionen US-Dollar statt. Gefilmt wurde in Schwarzweiß und CinemaScope. 
„Der Elefantenmensch“ (1980) basiert auf der realen Geschichte von Joseph Merrick, der von Geburt an unter schweren Deformationen seines Körpers litt, die seine Gestalt und sein Gesicht völlig entstellten. Der Film feierte am 3. Oktober 1980 in New York City seine Weltpremiere und spielte allein in den USA mit 26 Millionen US-Dollar mehr als das Fünffache der Produktionskosten wieder ein. 
1981 wurde „Der Elefantenmensch“ für acht Oscars nominiert. Lynch galt folglich als eines der „vielversprechendsten neuen Talente des Hollywood-Establishments“. Anschließend wurde Lynch sowohl von George Lucas für „Die Rückkehr der Jedi-Ritter“ als auch von Dino De Laurentiis für eine Adaption des Science-Fiction Romans „Dune“ von Frank Herbert umworben, wofür sich Lynch entschied. 
Die Dreharbeiten begannen am 30. März 1983 und endeten Anfang Januar 1984. Für Lynch wurde „Der Wüstenplanet“ der erste Spielfilm in Farbe. Die Kosten für den zunächst dreieinhalb Stunden langen Science-Fiction-Film beliefen sich auf 52 Millionen US-Dollar, doch die Produzenten forderten Lynch auf, den Film auf etwa zwei Stunden zusammen zu schneiden: 
„Ich hatte ‚Dune‘ nicht im Griff. Ich machte den Film für die Produzenten, nicht für mich selbst. Deshalb ist das Recht auf den Final Cut so wichtig. Nur eine Person kann der Filter für das Ganze sein.“ Damals wurde „Dune“ von Kritikern weitgehend verrissen, seinen Ruf als Ausnahmeregisseur hatte Lynch so gut wie verloren. Damit stand auch die für Januar 1985 geplante Vorproduktion von „Blue Velvet“ auf der Kippe. Dino De Laurentiis ermöglichte ihm schließlich doch die Realisierung von „Blue Velvet“, nicht zuletzt, weil er in dem Drehbuch, das Lynch bereits drei Jahre zuvor geschrieben hatte, die Gelegenheit witterte, an dem Publikumserfolg von ebenso existentiell tiefsinnigen Filmen wie „The Outsider“ (1983) oder „Rumble Fish“ (1983) von Francis Ford Coppola anzuknüpfen. Er schlug Lynch vor, dessen Gehalt und Budget zu kürzen. Im Gegenzug überließe er ihm die künstlerische Kontrolle. Lynch akzeptierte und bekam so die ihm wichtige künstlerische Freiheit, das Recht auf den Endschnitt und die Zusage, dass sich die Produzenten nicht mehr einmischen würden. 
In „Blue Velvet“ spielt „Dune“-Star Kyle MacLachlan den jungen Collegestudenten Jeffrey Beaumont, der in der idyllischen Kleinstadt Lumberton ein abgetrenntes Ohr auf dem Rasen findet. Zusammen mit der adretten Polizistentochter Sandy (Laura Dern) begibt sich Jeffrey auf die Spurensuche und trifft auf die mysteriöse Nachtclubsängerin Dorothy (Isabella Rossellini) und den drogensüchtigen Sadisten Frank (Dennis Hopper).
,Blue Velvet‘ führt unter die Oberfläche einer amerikanischen Kleinstadt, aber es ist auch eine Reise ins Unterbewusstsein oder an einen Ort, wo man mit Dingen konfrontiert wird, denen man sich normalerweise nicht stellt. Einer der Tonleute meinte, der Film sei wie eine Mischung aus Norman Rockwell und Hieronymus Bosch. Die Reise führt so tief hinunter, wie es nur geht, und dann wieder hinauf an die Oberfläche“, gibt Lynch nicht nur seine Interpretation von „Blue Velvet“, sondern quasi von fast all seinen Filmen. 
„Blue Velvet“ war zugleich der Beginn der äußerst fruchtbaren, weit über das normale Regisseur-Komponisten-Arbeitsverhältnis hinausgehenden Zusammenarbeit zwischen David Lynch und dem 1937 geborenen Angelo Badalamenti, der erst über einige Umwege zur Filmmusik kam. 
David Lynch beschrieb die Zusammenarbeit mit seinem Hauskomponisten einmal so: „Angelo Badalamenti hat mich mit der Welt der Musik vertraut gemacht. Er schreibt die Musik und ich die Texte. Wir unterhalten uns über die Atmosphäre, die Worte beeinflussen die Melodie und umgekehrt. Das zählt zu den glücklichsten Erfahrungen, die ich in meinem Leben gemacht habe. Es war, als bliebe die Zeit stehen. All diese Tätigkeiten - das Schreiben des Drehbuchs, die Regie, die Musik - hängen für mich zusammen, und jede davon liefert mir Ideen für die anderen. Aus der Arbeit an der Musik ziehe ich Inspiration für die Regie.“
Neben seinen Arbeiten am Film hatte er viel gemalt und gezeichnet. Bei den Dreharbeiten zu „Blue Velvet“ hatte er (Isabella Rossellini) kennengelernt, mit der er bis 1990 zusammen blieb. Sie mochte seine Bilder und gab den Anstoß für einige Ausstellungen zu Lynchs Werken: Zwischen 1987 und 1989 wurden dessen Gemälde in verschiedenen US-amerikanischen Galerien ausgestellt. Außerdem gestaltete Lynch 1987 die Statuette für den Rossellini Award und gab ab 1983 jede Woche einmal den Comic-Strip „The Angriest Dog in the World“ im Los Angeles Reader und anderen Zeitungen heraus. 
Darüber hinaus übernahm Lynch eine Nebenrolle als Liebhaber der von Rossellini verkörperten Hauptrolle in „Zelly and Me“ (1988) von Tina Rathborne
1986 lernten sich David Lynch und Mark Frost kennen und entwickelten nach einigen verworfenen Ideen zu einer Soap Opera, in der ein Mord die Grundlage für die ganze Geschichte bilden sollte. Handlungsort sollte eine Kleinstadt im Norden der USA sein, die laut einer Karte, die Frost zeichnete, zwischen zwei Bergen lag, so dass das Projekt den Namen „Twin Peaks“ bekam. Nach drei Monaten fruchtbarer Diskussion schrieben Lynch und Frost das Drehbuch für den Pilotfilm innerhalb von 10 Tagen. Der Fernsehsender ABC zeigte sich bereit, den Pilotfilm zu finanzieren, und ließ dabei den Schöpfern den nötigen Freiraum. Mit der 1989 begonnenen Fernsehserie entstand auch die erfolgreichste Zusammenarbeit zwischen David Lynch und Angelo Badalamenti
„David beschrieb die Stimmungen für ‚Twin Peaks‘: ‚Wir sind in den dunklen Wäldern, der Wind weht sehr mild, und außerhalb des Waldes hat das wunderschöne junge Mädchen eine Vision, und die Dunkelheit wandelt sich zu einer betörenden Melodie, die einen Höhepunkt erreicht, abschwillt und wieder in den dunklen Wäldern verschwindet.‘ Allein mit dieser Beschreibung setzte ich mich ans Keyboard, während David neben mir saß, und ich spielte ihm die ganze Einführung und das ‚Laura Palmer Theme‘ vor, Note für Note, allein auf seinen Worten basierend", erinnert sich Badalamenti, der seine Ausführungen stets mit einigen netten Anekdoten zu schmücken versteht. „Er sprach sehr langsam und weich, was eine Inspiration für mich war, und ich verstand, um was für eine Welt es sich handelte. Als David es hörte, meinte er, das wäre es. Ich hätte gerade eines der wichtigsten Themen für die ganze Serie komponiert. Das war der Grundstein für unsere Beziehung, dass wir uns einander verstanden. Ich war in der Lage, die Musik zu schreiben, die seinen Visionen entsprach.“

Einen wichtigen Beitrag zur erneut hypnotischen, überwiegend sphärisch-elektronischen Musik lieferte einmal mehr Julee Cruise, die die von Badalamenti (Musik) und Lynch (Text) geschriebenen Songs „The Nightingale", „Into The Night“, „Falling“, „The World Spins“ und „Rockin‘ Back Inside My Heart“ interpretierte, die in der Kultserie zum Einsatz kamen und vom Julee-Cruise-Album "Floating Into The Night" stammten, das Badalamenti und Lynch für die Sängerin schrieben und produzierten. Doch im Gegensatz zur häufigen Praxis, Songs im Film einzusetzen, um das Soundtrackalbum besser verkaufen zu können, das wiederum für den Film wirbt, haben Songs in David Lynchs Filmen eine ganz eindeutige dramaturgische Funktion. 
„Die Musik hat immer einen Bezug zu der Unschuld in solchen Szenen. Sie arbeitet immer gegen das, was eigentlich tatsächlich passiert“, erklärt Badalamenti. „Insofern spielt sie eine enorm wichtige Rolle. Ich denke, wir beide, David und ich, arbeiten musikalisch gern gegen das, was zu sehen ist. Das beste Beispiel dafür ist eine Szene in 'Twin Peaks', wo in einer ziemlich schäbigen Roadhouse-Bar, in der mit Whisky, Drogen und Prostitution gehandelt wird, ein Mädchen mit wundervoller, sanfter, langsamer Stimme den Song 'The World Spins' singt. Bei all den Konflikten, der Gewalt und der Rohheit ist diese Musik der totale Gegensatz zu dem, was gerade vorgeht. Für mich ist das sehr aussagekräftig, weil es die Gegensätze, die Positionen deutlich macht.“
Im September 1989 wurde der dreieinhalb Millionen US-Dollar teure Pilotfilm auf dem Filmfestival in Telluride in Colorado offiziell uraufgeführt. Als am 8. April 1990 der Film schließlich im US-amerikanischen Fernsehen ausgestrahlt wurde, wurde klar, dass man einen Hit gelandet hatte: 35 Millionen Zuschauer verfolgten den Pilotfilm, was einem Anteil von 33 Prozent entsprach. Nach diesem anfänglichen Hoch wurden Mark Frost und David Lynch vom Sender ABC im Mai 1990 mit der Produktion einer weiteren Staffel bestehend aus einem zweiten Pilotfilm und zwölf Folgen beauftragt. Doch nach der Enthüllung des Mörders in Episode 16 sanken die Zuschauerzahlen drastisch und die Serie wurde nach Ende der zweiten Staffel 1991 eingestellt. 
David Lynch verfilmte zuvor Barry Giffords Roman „Wild at Heart: Die Geschichte von Sailor und Lula” zwar als klassisches Roadmovie, aber auch als Hommage an die Rebellenfilme der 50er Jahre und eine Verbeugung vor dem Klassiker „Der Zauberer von Oz“. Die leidenschaftliche Beziehung, die ihre Tochter Lula (Laura Dern) mit dem gerade aus dem Knast entlassenen Sailor (Nicolas Cage) unterhält, ist der aufbrausenden Marietta (Diane Ladd) ein so großer Dorn im Auge, dass sie gleich zwei Killer auf Sailor ansetzt. Dieser flüchtet mit seiner Geliebten in ihrem 65er Thunderbird quer durch Amerikas hitzeflimmernden Süden, wobei sie sich immer wieder ihren sexuellen Begierden widmen und Sailor sich zu einem Banküberfall mit fatalen Folgen überreden lässt. Als sie schließlich in dem kleinen Kaff Big Tuna in Texas landen, führt sie Sailors ehemalige Geliebte Perdita (Isabella Rossellini) geradewegs in die Hände von Mariettas Killer. David Lynch surreal anmutendes Splatter-Fantasy-Roadmovie fesselt durch seine tollen Darsteller, ein radikales Sounddesign, grandiose Bilder und einen energiegeladenen Soundtrack. 
Nach den Flops der beiden Fernsehproduktionen „On the Air – Voll auf Sendung“ (1992) zusammen mit Mark Frost und „Hotel Room“ (1993) gemeinsam mit dem Schriftsteller Barry Gifford, feierte Lynch seine Rückkehr ins Kino Ende der Neunziger mit zwei Filmen, wie sie unterschiedlicher nicht sein könnten - zunächst mit „Lost Highway“ (1997), mit dem der Ausnahmeregisseur „die Linearität der Zeit, die Eindeutigkeit des dreidimensionalen Raumes, die logischen Kategorien der Modalität, Kausalität und Identität“ (Jürgen Felix und Andreas Rauscher in „Filmregisseure“, Reclam, 3. Auflage, S. 468) auflöste. Der eifersüchtige Fred (Bill Pullman) verdächtigt seine Frau Renee (Patrica Arquette) des Ehebruchs, da wird er auch schon unter dem Verdacht verhaftet, sie bestialisch ermordet zu haben. Als er im Gefängnis auf die Vollstreckung des Todesurteils wartet, verwandelt er sich auf mysteriöse Weise in Pete Dayton...
Voller Gegensätze ist auch der Soundtrack zu David Lynchs nächstem Film Lost Highway, der wie bei Wild at Heart (1990) speziell vom Regisseur ausgesuchte Songs und Teile des Instrumental-Scores von Angelo Badalamenti verbindet. Da gibt David Bowie zum Anfang und zum Ende zwei editierte Versionen von "I'm Deranged" zum besten, rocken Rammstein ("Rammstein", "Heirate mich"), Marilyn Manson ("Apple Of Sodom", "I Put A Spell On You") und Nine Inch Nails ("Perfect Drug") heftigst ab, während die Smashing Pumpkins mit dem säuselnden "Eye" einen ebenso sanften Gegenpol dazu bilden wie Barry Adamson mit seinen bluesigen Themen und eben Angelo Badalamenti mit seinen teils jazzigen ("Red Bats With Teeth"), teils sphärischen Synthi-Cues ("Police"). Dass der Soundtrack dennoch eine geschlossene Einheit bildet, liegt auch daran, dass die Stücke allesamt nahtlos ineinander übergehen, dass der Hörer/Zuschauer im Kino durch die verschiedenen emotionalen Dimensionen der erzählten Geschichte geführt wird.
David Lynch hat eine sehr enge Beziehung zur Musik und setzt die dementsprechend sehr bewusst in seinen Filmen ein. "Ich bin über die Malerei zum Film gekommen, und ich glaube, man kann sagen, dass ich über die Tongestaltung zur Musik gekommen bin. Als Maler hatte ich immer bestimmte Töne im Kopf, um mir die Stimmung für ein Bild vorzustellen", meint David Lynch, der viele der Musikstücke in seinen Filmen schon vor Drehbeginn aussucht. 
"Irgendwann möchte ich gerne so gut wie alle schon vorher ausgesucht haben, denn häufig schickt mir der Tonmann beim Drehen die Musik durch die Kopfhörer, und zwar so, dass ich als einziger gleichzeitig die Schauspieler ihre Dialoge sprechen hören und der Musik lauschen kann. Dann kann ich kontrollieren, ob die Stimmung der Dialoge mit der Musik übereinstimmt. Selbst bei Szenen, in denen nichts gesprochen wird, kann man sich, indem man der Musik zuhört, davon überzeugen, ob die Sache funktioniert oder nicht."
Was David Lynchs Filme bis dahin überwiegend auszeichnete, ist die unkonventionelle Erzählweise, das Spiel mit unbewussten Ängsten und nicht ausgelebten Wünschen, mit Visionen und Voyeurismus, mit fremden Welten und Metamorphosen, die seine oft gespaltenen, unbehausten Protagonisten durchmachen müssen.
Mit seinem nachfolgenden Film „The Straight Story“ (1999)überraschte Lynch einmal mehr, verzichtete auf vertrackte Bilderrätsel und präsentierte ein ruhig dahinfließendes Roadmovie, in dem der pensionierte Farmer Alvin Straight (Richard Farnsworth) sich mit seinem Sitzrasenmäher auf den langen Weg von Iowa nach Wisconsin macht, um sich mit seinem kranken Bruder Lyle auszusöhnen. Der störrische Mann verfügt nämlich nicht mehr über das beste Sehvermögen, und seine leicht zurückgebliebene Tochter (Sissy Spacek) kann ihn auch nicht fahren. Unterwegs hat er genügend Zeit, nette Menschen und skurrile Typen kennenzulernen und über das Leben zu sinnieren. „The Straight Story“ ist in vielerlei Hinsicht ein ungewöhnlicher Lynch-Film, mit einer kontinuierlichen Geschichte, klarer Aussage und freundlichen Gesten. Angelo Badalamenti komponierte zu diesem fast schon spirituellen Roadmovie einen wundervollen lyrischen Score, der die warmherzigen Emotionen, die Altersweisheit, die Landschaftspanoramen und die ruhige Inszenierung kongenial musikalisch untermalen.
In der Tradition seiner sensationell spannenden und seltsamen Klassiker Blue Velvet und Twin Peaks kehrte David Lynch mit „Mulholland Drive“ zur Atmosphäre von Wahnwitz und Geheimnissen unter der glatten Oberfläche des Alltags zurück. Der geheimnisvolle Thriller beginnt mit einer geheimnisvollen Schönheit, die sich Rita (Laura Elena Harring) nennt und nach einem grauenvollen Unfall das Gedächtnis verloren hat. Zufällig kommt ihr die freundliche wie naive Betty Elms (Naomi Watts) zu Hilfe, die gerade aus Kanada eingeflogen ist, um nichts weniger als ein Star zu werden. Doch während das Schicksal die beiden offenbar so ungleichen Frauen immer intimer zusammenschweißt und sie auf der Suche nach der Vergangenheit immer tiefer in den Untergrund der Gegenwart eintauchen, wird auch anderen der Boden der Realität unter den Füßen weggerissen. Ein fatalistischer Albträumer und ein mangelhaft begabter Auftragskiller werden ebenso den Weg der Frauen kreuzen wie ein Erfolgsregisseur (Justin Theroux), dessen fantastisches Leben von seinen bizarren Finanziers binnen Stunden zerstört wird. Die Antwort aller Rätsel mag ein bedrohlicher Mann im Hintergrund kennen, der sich nur "Cowboy" (Monty Montgomery) nennt - doch vielleicht laufen die Fäden des Netzes auch bei dem Auftraggeber im Rollstuhl zusammen, der als einziger Macht über schwarze Monstren und blaue Schlüssel zu verbotenen Räumen und Träumen zu besitzen scheint. Doch wo immer sich im Crescendo der Suspense die Wahrheit verbirgt - sie ist nicht von dieser Welt, möglicherweise... 
Sein nächster Kinofilm „Inland Empire“ präsentierte sich als Lynch-typisches Mystery-Drama in der Tradition von „Lost Highway“ und „Mulholland Drive“. Laura Dern, die für Lynch schon in „Blue Velvet“ und „Wild at Heart“ vor der Kamera stand, spielt darin die Schauspielerin Nikki Grace, die für den Regisseur Kingsley Stewart endlich wieder eine Hauptrolle übernehmen kann. Allerdings handelt es sich bei dem geplanten Film „On High In Blue Tomorrows“ nicht um ein Originaldrehbuch, sondern um ein Remake eines nie fertig gestellten Films. Die Dreharbeiten fanden im polnischen Lodz und in Los Angeles statt. Auch die Musik spielt eine zentrale Rolle im Film. Lynch wollte eine ähnliche Wirkung erzielen wie bei Godfrey Reggios Koyaanisqatsi”, eine treibende Verbindung zwischen Bild und Musik, die – nicht wie sonst Angelo BadalamentiDavid Lynch selbst komponierte. Es war quasi der Startschuss für sein eigenes Label David Lynch Music Company, die mittlerweile im Zentrum seiner Website steht.
„Das Kino von David Lynch beginnt dort, wo der gesunde Menschenverstand endet. Aber es bleibt auf ihn angewiesen. Lynch inszeniert vernünftig und verrückt zugleich. Er stürzt den Zuschauer in eine Welt voller unlösbarer Rätsel und unkontrollierbarer Energie. Und doch rechnet er mit einem Betrachter, der sich auf diese Welt einen Reim zu machen versucht; der verstehen möchte; der dem Geheimnis auf die Spur kommen will. Womöglich wird dieser Betrachter nie an sein Ziel kommen. Er wird sich im Dunkel verlieren, er wird aus der Kurve getragen, er bleibt unvermittelt stehen, wie hypnotisiert, und kostet den Schwindel aus“, beschreibt M. Worthmann in der Zeit. „Irgendwann wird er merken, dass er an des Rätsels Lösung kaum heranreicht – und dass er dem Geheimnis trotzdem sehr nahe gekommen ist. Denn sein unstillbares Verlangen selbst ist der Treibstoff des Lynchschen Kinos. Dem unvergleichlichen Glühen der Bilder, der immer wieder langsam sich in die Szene hineinsaugenden Kamera entspricht der Wunsch des Zuschauers, einmal bis in die entscheidende, innerste Wunderkammer des Films vorstoßen zu können. Diese Wunderkammer aber ist sein eigener Kopf.“
Nach diesem digitalen Filmexperiment konzentrierte sich Lynch wieder mehr aufs Malen und die Kreation von Möbeln, drehte wieder einige Kurzfilme und widmete sich der Musik. Nach dem Soundtrack zu „Inland Empire“ veröffentlichte er die beiden Alben „Crazy Clown Time“ (2011) und „The Big Dream“ (2013), bevor er doch noch die Möglichkeit bekam, eine dritte und letzte Staffel von „Twin Peaks“ zu inszenieren. Zuletzt veröffentlichte er zusammen mit der Sängerin/Musikerin Chrysta Bell das Album „Cellophane Memories“
Bemerkenswert war Lynchs Auftritt in Steven Spielbergs teilweise autobiografischen Drama „Die Fabelmans“, in dem er in einer Nebenrolle den Regisseur John Ford verkörpert. 

Filmographie: 

1967 – Six Figures Getting Sick (Kurzfilm) 
1970 – The Grandmother (Kurzfilm) 
1974 – The Amputee (Kurzfilm) 
1977 – Eraserhead 
1980 – Der Elefantenmensch (The Elephant Man) 
1984 – Der Wüstenplante (Dune) 
1986 – Blue Velvet 
1988 – Zelly & Me (Darsteller)
1988 – The Cowboy and the Frenchman (Kurzfilm) 
1990 – Industrial Symphony No. 1: The Dream of the Brokenhearted
1990 – Wild at Heart 
1990 – American Chronicles (TV-Serie) 
1990-2017 – Twin Peaks (TV-Serie) 
1992 – Twin Peaks – Der Film (Twin Peaks – Fire Walk With Me) 
1992 – On the Air (TV-Serie) 
1993 – Hotel Room (TV-Serie) 
1994 – Nadja (Produzent & Darsteller) 
1997 – Lost Highway 
1999 – Eine wahre Geschichte – The Straight Story (The Straight Story) 
2001 – Mulholland Drive 
2002 – Rabbits (Kurzfilm) 
2002 – DumbLand (Kurzfilm) 
2002 – Darkened Room (Kurzfilm) 
2006 – Inland Empire 
2007 – Absurda (Kurzfilm) 
2007 – Boat (Kurzfilm) 
2007 – Bug Crawls (Kurzfilm) 
2007 – More Things That Happened (Kurzfilm) 
2008 – Unter Kontrolle (Surveillance, Produzent) 
2009 – Ein fürsorglicher Sohn (My Son, My Son, What Have Ye Done, Produzent) 
2010 – Dream #7 (Kurzfilm) 
2010 – Lady Blue Shanghai (Kurzfilm) 
2015 – Pozar (FIre) (Kurzfilm) 
2017 – What Did Jack Do? (Kurzfilm) 
2017 – Lucky (Darsteller) 
2018 – Ant Head (Kurzfilm) 
2020 – The Story of a Small Bug (Kurzfilm) 
2020 – The Spider and the Bee (Kurzfilm) 
2022 – Die Fabelmans (The Fabelmans, Darsteller) 
2024 – We’ll Deliver ´em (Kurzfilm) 

Diskographie: 

1998: Lux Vivens (gemeinsam mit Jocelyn Montgomery
2001: BlueBob (gemeinsam mit John Neff
2007: The Air is on Fire: Soundscape 
2008: Polish Night Music (gemeinsam mit Mark Zebrowski
2011: This Train (gemeinsam mit Chrysta Bell
2011: Crazy Clown Time 
2013: The Big Dream 
2024: Cellophane Memories (gemeinsam mit Chrysta Bell)

Playlist: 


01. Angelo Badalamenti - Twin Peaks Theme (Twin Peaks) - 05:06 
02. David Lynch & Alan R. Splet - Pete's Boogie (Eraserhead) - 03:58 
03. John Morris - Recapitulation (The Elephant Man) - 05:36 
04. Angelo Badalamenti - Mysteries of Love (Blue Velvet) - 04:13 
05. Bluebob - Blue Horse (BlueBOB) - 07:22 
06. David Lynch & Dean Hurley - Imaginary Girl (Ghost of Love) - 04:14 
07. Angelo Badalamenti - Audrey's Dance (Twin Peaks) - 05:17 
08. Brian Eno - Prophecy Theme (Dune) - 04:21 
09. Toto - Desert Theme (Dune) - 05:31 
10. Barry Adamson - Mr. Eddy's Theme 1 (Lost Highway) - 03:31 
11. Angelo Badalamenti - Ending/Love Theme (Mulholland Drive) - 05:40 
12. Agnes Obel - Fuel to Fire [David Lynch Remix] (Aventine) - 04:31 
13. Jocelyn Montgomery & David Lynch - Lux Vivens (Lux Vivens) - 08:22 
14. Angelo Badalamenti - The Bookhouse Boys (Twin Peaks) - 05:13 
15. Angelo Badalamenti - Montage (The Straight Story) - 07:24 
16. David Lynch - I Want You (The Big Dream) - 03:47 
17. David Lynch - I Know (Good Day Today) - 04:06 
18. David Lynch - Walkin' on the Sky (Inland Empire) - 04:05 
19. Angelo Badalamenti - Cool Cat Walk (Wild at Heart) - 03:26 
20. Angelo Badalamenti - The Pine Float (Twin Peaks - Fire Walk With Me) - 04:03 
21. Johnny Jewel - Windswept [Reprise] (Twin Peaks) - 03:53 
22. Chrystabell & David Lynch - With Small Animals (Cellophane Memories) - 03:19 
23. David Lynch & Marek Zebrowski - Night - City Back Street (Polish Night Music) - 13:29

  © Blogger template Brooklyn by Ourblogtemplates.com 2008

Back to TOP