FxM Film Meets Music auf dem 33. Braunschweig International Film Festival
Das Braunschweig International Film Festival ist nicht nur das älteste Filmfestival Niedersachsens, das mittlerweile über 27.000 Besucher – darunter gut dreihundert Fachbesucher wie Regisseure, Schauspieler, Produzenten, Komponisten und Journalisten - anzieht, sondern bietet seit 2002 auch den besonderen Schwerpunkt auf die Filmmusik. So waren in den vergangenen Jahren Komponisten wie Craig Armstrong, Shigeru Umebayashi, Michael Nyman, Jean-Michel Bernard, In The Nursery, Don Davis, Jan A.P. Kaczmarek, Marcel Barsotti oder Irmin Schmidt zu Gast, um entweder Live-to-Film ihren Soundtrack zu präsentieren beziehungsweise im Rahmen von Portraitkonzerten einen Querschnitt ihrer Arbeiten vorzustellen und darüber zu sprechen.
Nachdem in der Vergangenheit bereits Oscar-Preisträger Ludovic Bource („The Artist“), Alfonso di Vilallonga („Blancanieves“), Don Davis („The Matrix“) und im vergangenen Jahr Yati Durant (zu Sergej Eisensteins Stummfilmklassiker „Panzerkreuzer Potemkin“) mit dem Staatsorchester Braunschweig „live to projection“ ihre Kompositionen vorgestellt haben, wird das diesjährige, mittlerweile 33. Braunschweig International Film Festival (19. – 24. November 2019) mit Michael Nymans Partitur zum dreifach Oscar-prämierten Meisterwerk „Das Piano“ von Jane Campion aus dem Jahre 1993 eröffnet.
Im Mittelpunkt des diesjährigen Filmmusikprogramms steht der Kölner Komponist, Bandleader und Keyboarder Helmut Zerlett, der für sein Lebenswerk mit dem Filmpreis „Weiße Löwe“ ausgezeichnet wird. Nach seiner musikalischen Ausbildung an der elektronischen und Kirchenorgel arbeitete er ab 1974 mit den Can-Musikern Jaki Liebezeit und Holger Czukay sowie mit David Sylvian zusammen und nahm 1983 mit Joachim Witt das Album „Märchenblau“ auf. Zerlett gehörte von 1987 bis 2005 der Studioband von Marius Müller-Westernhagen an und stand mit ihm auch auf der Bühne. Von 1995 bis 2003 war er musikalischer Leiter, Sidekick und Bandleader bei der „Harald Schmidt Show“, dann bei „Frei Schnauze“ und „Schmidt & Pocher“.
Seine erste Filmmusik komponierte er mit Sheldon Ancel 1984 für den Kurzfilm „The Last Trip to Harrisburg“ mit Udo Kier und Rainer Werner Fassbinder. Neben seinen unzähligen Engagements für Fernsehserien wie „Der Clown“, „Die Kanzlei“ und „Utta Danella“ komponierte er die Filmmusik u.a. für „Neues vom WiXXer“, „Jerry Cotton“, „Das Haus der Krokodile“, „Die Vampirschwestern“, „Der Vorname“ und „Kalte Füße“. In der Reihe „FxM Film Meets Music“ wird nicht nur eine Retrospektive von sieben Filmen, zu denen Zerlett die Musik komponiert hat (u.a. für den noch nicht ausgestrahlten „Tatort – Die Guten und die Bösen“ mit Hannelore Elsner in ihrer letzten Rolle) gezeigt, darüber hinaus findet am Freitag, 22.11., auf der Probebühne ½ des Staatstheaters Braunschweig ein Portraitkonzert statt, bei dem das Staatsorchester Braunschweig unter der Leitung von Christopher Lichtenstein sowie die „Akademix“ unter der Leitung von Helmut Zerlett 70 Minuten Musik aus seiner Filmmusikkarriere präsentiert.
„Von klein auf war ich ein Fan von Filmmusik, von der ,Spiel mir das Lied vom Tod‘-Musik von Ennio Morricone oder vom ,Star Trek‘-Soundtrack wurde ich regelrecht angefixt. Als ich mir dann Anfang der 80er Jahre die sehr subtile Musik der Filme von Rainer Werner Fassbinder genauer anhörte, stellte ich fest, dass das eine Art der Filmmusik ist, die auch ich mit meinen musikalischen Mitteln schaffen könnte“, berichtet Zerlett im Interview mit Florian Allgayer für W&V über seinen Einstieg in die Filmmusik. „Ich bin nicht sehr gut darin, Dinge nachzuspielen oder zu reproduzieren. Ich bin, ehrlich gesagt, kein besonders guter Musiker. Also habe ich aus der Not eine Tugend gemacht und einfach selbst Stücke komponiert, die ich dann auch spielen konnte. Einer meiner musikalischen Mentoren war der Anfang letzten Jahres verstorbene legendäre Kölner Schlagzeuger Jaki Liebezeit. Er sagte mir mal: Wichtig beim Musik machen ist nicht das Spielen, sondern das Zuhören. Und das lässt sich übertragen aufs Filmemachen: Selbstverständlich ist es wichtig, auf die Dialoge der Schauspieler zu hören, aber am wichtigsten ist das Zuschauen.“Erstmals präsentiert das BIFF mit „Stories: The Path of Destinies“ ein interaktives Videospielkonzert – Live-to-Game bei dem das Staatsorchester von Rodrigo Lopez Klingenfuss geleitet wird. Das Konzert ist eine Kooperation mit Soundtrack-Cologne und dem Next Level – Festival for Games. Außerdem gibt es das Stummfilmkonzert „The Home Maker“ der französischen Elektro-Popgruppe The Penelopes und im Wolfsburger Sharoun Theater das von Helmut Imig dirigierte Deutsche Filmorchester Babelsberg zu hören, die das Stummfilmkonzert „Ausgerechnet Wolkenkratzer!“ mit Harold Lloyd aufführen. Elektronische Musik steht auch bei der Edgar-Allan-Poe Hommage „Silent Poe“ von Jakob Gardemann und Christoph Seelinger sowie beim Filmkonzert „Wellenvorm & Patrick Müller“ auf dem Programm.
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