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Sonntag, 13. Mai 2012

Playlist # 85 vom 20.05.2012 - TWICE A MAN Special

Mit Trends hat die schwedische Band Twice A Man noch nie etwas am Hut gehabt. Eher war es bislang immer so gewesen, dass Dan Söderqvist und Karl Gasleben mit ihrer Musik der Zeit immer ein wenig voraus gewesen sind. Seit etlichen Jahren tüfteln die beiden Künstler nun in multimedialen Gefilden, wovon bereits 1995 die CD-ROM-Produktion „A Line Of Moments“ ein frühes wie beeindruckendes Zeugnis ablegte. Zwar haben Twice A Man immer wieder auch konventionellere Alben mit melodiösen Song- und Ambient-Strukturen veröffentlicht, in den letzten Jahren haben sie sich aber zunehmend auf Soundtracks zu Theater-Produktionen und Künstler-Installationen fokussiert. So bietet auch ihr neues Album „Costume Area“ den Soundtrack zu Charles Korolys Installation „Korolys Kostym Drama“ im Stockholmer Dansmuseet.

Twice A Man sind 1981 in Göteborg aus der Band Cosmic Overdose hervorgegangen, die noch von so verschiedenen Einflüssen wie John Lennon, Pink Floyd, Brian Eno, Wire und anderen Acts aus den Gefilden minimalistischer Musik, Punk und New Wave geprägt war. Die „schwedische Antwort auf Human League“ spielte dunklen Electronic-Punk und mixte pulsierende Techno-Riffs mit hochsensibler Elektronik und Rhythm-Sections. Nach dem Beitritt von Keyboarder Jocke Söderqvist folgte die Umbenennung in Twice A Man, mit der auch inhaltliche Veränderungen einhergingen. Sicher waren Künstler wie Fad Gadget, Suicide und Joy Division auch noch bei Twice A Man herauszuhören, doch kamen nun spürbar eigene Elemente hinzu, vor allem die skandinavisch-melancholische Atmosphäre dunkler Winter und die Romantik nordischer Sommer.
„Wir versuchten, ein Publikum außerhalb Schwedens zu erreichen, begannen englisch zu singen und unsere Musik zugänglicher zu machen, ohne nach England hinüberzuschielen. Die schwedische Szene ist sehr klein, es existieren kaum Clubs, in denen man auftreten kann, und so muss man sich zwangsläufig, will man von der Musik leben, nach draußen orientieren.“
Mit den ersten Alben „Music For Girls“ (1982) und „The Sound Of A Goat In A Room“ (1983) experimentierte das Trio, in dem für kurze Zeit Lars Falk die Stelle von Jocke Söderqvist einnahm, mit oft tanzbaren Synthi-Pop-Strukturen, ehe mit „From A Northern Shore“ (1984) die Strukturen gefestigt und konzeptionell verarbeitet wurden.
„Die erste Seite beschäftigt sich mit Gefühlen, die sich um den ‚big bang‘ drehen, Gedanken, wie die Umwelt sich ändert, wie die Verhältnisse der Menschen untereinander sich wandeln und wie eine Gesellschaft nach dem ‚big bang‘ aussehen könnte, Gedanken, die nicht nur von Furcht geprägt sind, sondern auch eine gewisse Schönheit in dieser Angst sehen, denn neue Gedanken und Lebensformen können sich entwickeln“, resümiert Dan Söderqvist.
Nachdem „Slow Swirl“ (1985) in eine ähnliche musikalische Richtung gegangen war, folgte 1986 das überraschend eingängige Werk „Works On Yellow“, welches sich mit den Gefühlen in der postmodernen Welt auseinandersetzte und großartige Hymnen wie „Lapwing Territory“, „Back On Venus“ und „Brave New World“ präsentierte. Doch auf die kommerzielle Schiene ließen sich Twice A Man nicht festlegen. Noch im gleichen Jahr veröffentlichten sie das Konzeptalbum „Aqua Marine Drum“, das sich dem scheinbar friedfertigen, von Tang und Algen tapezierten Leben unter Wasser widmete, nachdem die Band bereits 1984 von der Gesellschaft „Center For Studies Of Whales And Dolphins“ dazu eingeladen wurde, den Song „Waterland“ zu komponieren.
1985 produzierten Twice A Man im Auftrag für das Königlich Schwedische Theater den Soundtrack zu Shakespeares Drama „Macbeth“, das durch die schwedische Theatergruppe „Teater Scharazad“ aufgeführt wurde.
1988 fanden Twice A Man mit ihrem ausgetüftelten Konzeptalbum „Driftwood“ auch außerhalb schwedischer Grenzen ein interessiertes Publikum. Zusammen mit Casper Evensen und dem englischen Künstler Richard Long haben Gasleben und Söderqvist den Versuch unternommen, die natürliche Umgebung des Menschen zu untersuchen, um mit „Sensibilität und Demut“ ein fundiertes Wissen über die Natur zusammenzutragen. Mit dem Ausdruck „Driftwood“ (Treibholz) ist hier die Situation des in der modernen Gesellschaft lebenden Menschen gemeint, der während dieser schnelllebigen Zeit stets auf unterschiedliche, meist medial vermittelte Umgebungen trifft.
„Wir bekommen unsere Informationen nicht mehr aus erster Hand, sondern durch die Medien aus zweiter Hand. Wir können nicht mehr auf die reale Welt reagieren. Du siehst dir die Natur nicht mehr direkt an, sondern durch den Fernseher. Wir möchten, dass die Leute wieder direkt auf die reale Umgebung reagieren und nicht ausschließlich den Medien lauschen.“
„Driftwood“ setzt die verschiedenen Einflüsse und kulturellen Umgebungen des Menschen auf ebenso stilistisch vielfältige Weise um, bei der sich verschiedene Songstrukturen abwechseln und ineinander übergehen. Mittendrin tauchen da auch sehr poppige Elemente auf („Crane Dance“, „Yellow Flowers“, „Kestrel Illusion“). Der ruhende Pol, um den sich alles dreht, ist eine Person, die in verschiedene Landschaften involviert ist. Ihre Reaktionen werden aus verschiedenen Blickwinkeln im Song-Rahmen erzählt. Der Titelsong handelt z.B. von einem Strand, an dem alle möglichen Gegenstände angespült wurden: Eine Flasche aus Japan, der Flügel eines Vogels, die Fetzen einer Zeitung – alles Symbole verschiedener Kulturen.
„Da gibt es einen Song auf dem Album, der einfach nur von einem Stein handelt, den man in der Hand hält und betrachtet“, erzählt Dan. „Das heißt, empfänglich zu sein für die kleinen, ursprünglichen Dinge, die nichts mit der modernen Gesellschaft und dem Leben in diesen verrückten Großstädten zu tun haben. Wir neigen dazu, diese einfachen Sachen zu vergessen.“
1988 war auch das Jahr, in dem die ehemaligen Twice-A-Man-Musiker Lars Falk und Jocke Söderqvist mit ihren Solo-Alben auf sich aufmerksam machten. Obwohl ihre Arbeit in der Band markante Spuren im künstlerischen Ausdruck hinterlassen hat, haben beide jeweils sehr eigenständige und persönliche Werke geschaffen. Gemein ist ihnen der perfektionierte Umgang mit der Elektronik und die charismatischen Vocals. Während Lars Falk auf seinem gleichnamigen Debütalbum auch tanzbare Popperlen präsentierte, ist Jocke Söderqvists „Perma Blue“ von der typisch skandinavischen Melancholie geprägt.
Mit ihrem 1990 veröffentlichten Album „The Sound Isn’t Organized Yet“ zeigten sich Twice A Man wieder von ihrer eingängigen und tanzbaren Seite. In dem Titelsong geht es aber weniger um die Unzulänglichkeiten bei der musikalischen Umsetzung von Ideen, sondern um den Identitätsverlust des einzelnen, um das an der Masse orientierte Verhalten und das Misstrauen der Menschen untereinander. Es folgten die beiden Theater-Produktionen „A Midsummernight’s Dream“ (1990) und „Figaro Thorsten Emilia“ (1992) sowie das psychedelisch-trancige Album „Trip“, das 1991 unter dem Bandnamen The Butterfly Effect erschien, ehe mit „Fungus & Sponge“ 1993 wieder ein eher konventionelles Twice-A-Man-Werk das Licht der Welt erblickte.
Karl und Dan bewahrten den Charme der "Trip"-Produktion und knüpften mit dem rhythmisch-hypnotischen Material an das 90er Album "The Sound Isn‘t Organized Yet" an. Danach setzten sich Twice A Man verstärkt mit neuen Medien auseinander, produzierten mit „A Line Of Moments“ eine CD-ROM und wirkten an weiteren Produktionen für Bühne und Film mit. Durch solch zeit- und arbeitsintensiven Projekte werden die Veröffentlichungszyklen deutlich länger.
"Theatermusik zu machen, ist ein langwieriger Prozess, den man in vielerlei Hinsicht gestalten kann", erklärt Dan, der übrigens nicht verwandt mit dem früheren Twice-A-Man-Mitglied Jocke Söderqvist ist, der nach Veröffentlichung seines grandiosen Soloalbums "Perma Blue" (1990) an Filmsounds arbeitet. "Wir haben eben einen Regisseur (Wilhelm Carlsson, Anm.d.A.), mit dem wir gerne zusammenarbeiten. Mittlerweile haben wir an sechs Stücken gearbeitet und einen Ablauf entwickelt, der gut funktioniert. Wenn Carlsson vorhat, ein Stück zu machen, und meint, unsere Musik würde dazu passen, fragt er uns, ob wir Lust dazu hätten. Wir bekommen dann das Manuskript, fangen an, es zu lesen, und versuchen, uns da wirklich hineinzudenken. Danach setzen wir uns mit Wilhelm und anderen an dem Stück Beteiligten zusammen und diskutieren, worum es in der Aufführung vor allem geht, und wie wir zusammenarbeiten wollen, damit die Musik eine Einheit mit dem Stück bildet. Das alles geschieht lange bevor die Schauspieler involviert werden, gut ein halbes Jahr vor der Premiere. Wenn wir damit anfangen, Sounds und atmosphärische Tracks aufzunehmen, schicken wir Wilhelm die Tapes nach Stockholm, worauf er die Musik kommentiert. Da gibt es selten Probleme, weil wir in vielen Dingen ähnlich denken. Nach seinem Okay beginnen wir mit dem eigentlichen Komponieren. Wir benötigen ein halbes Jahr, um uns mit dem Stück vertraut zu machen, geeignete Sounds zu finden und die Musik zu komponieren."
So weist "Figaro" im Vergleich zu früheren Theaterarbeiten einen weitaus ausgeprägteren Orchestersound auf. Obwohl sich Streicher- und Bläserklänge geradezu betörend in die Gehörgänge bohren, wurde "Figaro" nur mit elektronischem Equipment eingespielt. "‘Figaro‘ unterscheidet sich etwas von den früheren Arbeiten, die nur mit Synthesizern eingespielt worden sind, weil es sich hierbei um eine Komödie handelt", erzählt Dan. "Wir versuchten, einen neuen Weg zu finden, Musik zu machen. ‚Figaro‘ klingt mehr nach gewöhnlichen, nach akustischen Instrumenten. Wenn die Leute diese Musik hören, können sie sich vorstellen, dass wirkliche Musiker die Musik eingespielt haben, weil es der Realität sehr nahe kommt. Deshalb haben wir es ‚Nine Pieces For Virtual Orchestra‘ genannt. Wir denken aber darüber nach, einige Parts aus der Musik herauszunehmen und sie von Musikern einspielen zu lassen, um zu sehen, was mit den Sounds passiert."
Mit ihrem Album "Instru Mental" (1995) präsentierte das Duo zum einen eine Mixed-Mode-CD, dessen Audio-Teil seine soundtrackartigen Arbeiten für Film, CD-ROM und eine Dance-Performance aus den Jahren 1990 bis 1995 zusammenfasst. Als Mitglieder der Multi-Media-Formation Garfish Group haben Karl Gasleben und Dan Söderqvist mit der CD-ROM "A Line Of Moments" (Indigo) aber auch eine der zu jener Zeit fortschrittlichsten Produktionen des damals recht jungen Mediums hergestellt. "Was uns am meisten an dem Multi-Media-Gedanken fasziniert, ist die Frage, was Musik in verschiedenen Konzepten bedeuten kann. Das haben wir zuerst mit unserer Arbeit fürs Theater ausprobiert und dann auch für uns selbst mit der Multi-Media-Performance zu ‚Driftwood‘, was mehr ein Theaterstück als ein gewöhnliches Konzert war", erklärt Dan.
"Wir haben dann sehr lange für Theaterproduktionen gearbeitet und festgestellt, dass wir weit mehr tun können, dass wir die Grenzen weiter ausdehnen können. Deshalb haben wir in den letzten Jahren auch für Filme und Dance-Performances gearbeitet und schließlich an einer CD-ROM. Wir versuchen, verschiedene Möglichkeiten auszuprobieren, wie Musik mit visuellen Dingen zusammenarbeiten kann." 
Nachdem bereits die Live-Performance zu "Fungus & Sponge" mit Projektionen von computergenerierten Bildern und Tanzeinlagen multimediale Dimensionen angenommen hatte, sollte die 1994 von Twice A Man gegründete und aus Musikern, Grafikern, Programmierern, Designern und Photographen bestehende Garfish Group das Konzept in rein digitale Formen transformieren. Erstes Resultat dieser Bemühungen war die sowohl für Windows als auch für Mac konzipierte CD-ROM "A Line Of Moments", die den User auf faszinierende Weise durch 3-D-Landschaften der ganz besonderen Art führt. Inspiriert sowohl von den Weiten der skandinavischen Landschaften als auch von M.C. Eschers verzwickten Labyrinthen, führt die Reise durch abstrakte Cyber-Winterlandschaften, futuristische Gittergerüste, kühle Unterwasserwelten und Fabrikgelände.
"Nach dem Album ‚Fungus & Sponge‘ gingen wir im Mai 1994 auf Deutschland-Tournee. Zu dem Zeitpunkt haben wir bereits mit der CD-ROM-Produktion begonnen, d.h. mit Ideen und Konzepten innerhalb einer Gruppe, die versuchte, diese Dinge auszuarbeiten. Es war die Zeit, als die Peter-Gabriel-CD-ROM auf den Markt kam, und das war eine Sache, die uns sehr interessierte. Wir wollten Leute einladen, die Computergrafiken um Twice-A-Man-Songs herum erstellten, aber das führte zu einem Punkt, wo sich die Grafiken verselbständigten und wir letztlich die meiste Musik im Nachhinein hinzufügten, also wie ein Soundtrack zu bewegten Bildern. Es nahm gut ein Jahr in Anspruch, all die Sachen zu programmieren. Wir waren zusammen elf Leute, die daran arbeiteten, aber niemand machte das als Vollzeit-Job, sondern in seiner Freizeit. Es braucht mittlerweile etwas mehr Zeit, um verschiedene Dinge zu einem Konzept zu vereinen, aber wir haben viel durch unsere Arbeit an Filmen und Theaterstücken gelernt, was die Methode von Multi-Media-Produktionen angeht. Insofern wissen wir nicht immer, was als nächstes kommt, weil wir viele Experimente anstellen." Das trifft auch auf die Mixed-Mode-CD "Instru Mental" zu, bei der nach dem CD-ROM-Track acht instrumentale Tracks folgen, die Twice A Man zwischen 1990 und 1995 komponiert haben.
Die ersten drei, recht repetitiven Stücke "Cube", "Insect Factory" und "Path Tunnel" sind der zuvor erwähnten CD-ROM entnommen und zeigen, dass die Möglichkeiten, Musik in einer CD-ROM unterzubringen, noch etwas begrenzt sind. "Die CD-ROM ist ein relativ junges Medium und wir wissen noch nicht recht, wie man damit umgeht. Die Programme entwickeln sich ständig weiter, so dass man zwar sagen kann, dass die Möglichkeiten zur Zeit begrenzt sind, aber ich denke nicht, dass es zu einem späteren Zeitpunkt auch noch so sein wird", glaubte Dan damals. "Wir sehen das Medium als große Herausforderung. Zum jetzigen Zeitpunkt ist man noch gezwungen, viele Loops zu benutzen, weil man mit der CD-ROM noch nicht das musikalisch machen kann wie mit einer Audio-CD, da man von einem CD-ROM-Laufwerk nicht so viele Informationen pro Sekunde lesen kann, wenn gleichzeitig Animationen, Grafiken und Musik abgerufen werden. Deshalb waren wir gezwungen, die Musik auf einem niedrigeren Level zu konzipieren."
Erst sieben Jahre später legten die beiden sympathischen Schweden mit „Agricultural Beauty“ (2002) wieder ein reguläres Album vor, das mit fernöstlichen, überwiegend einschmeichelnd ruhigen und oft mit akustischen Instrumenten verzierten Klängen überrascht, nachdem allerdings auch das 93er Album „Fungus & Sponge“ erste Verweise auf fernöstliche Traditionen laut wurden.
Doch in den sieben veröffentlichungsfreien Jahren sind Twice A Man nicht untätig gewesen. So haben sie 1999 fürs Radio drei Geschichten von Edgar Allan Poe vertont und ein Jahr später das interaktive Projekt „Epipsychidion“ initiiert, das auf dem gleichnamigen, 1821 von P. B. Shelley verfassten Gedicht beruhend, dem Benutzer des Computer-Programms ermöglichte, aus den Wortfragmenten, Bildern aus der Entomology Ambient Library und Twice A Mans komponierten Klängen eigene Kunst zu kreieren. Es folgten Arbeiten fürs Kinderfernsehen und das Projekt „Transit“, bei dem Twice A Man mit sechs Künstlern aus Indien, USA, Holland, Deutschland, England und Finnland zusammenarbeiteten.
Die Idee für das neue Album resultierte aus der Bekanntschaft zum Inder Zac, der 1988 das Lichtdesign für Twice A Mans „Driftwood“-Tour besorgte. Karl besuchte Zac einige Male in Indien, wo sie eine Audio- und Videodokumentation produzierten, woraus wiederum ein Radioprogramm gestaltet werden sollte. Zac schrieb mit seiner Frau Anjum Hassan schließlich die Texte. „Wir haben versucht, Atmosphären auf den Sounds basierend zu kreieren, die Zac und Karl in Indien aufgenommen haben“, erläutert Karl, der selbst nie in Indien gewesen ist, den Produktionsprozess. „Für mich als Sänger war es großartig, mit Zacs und Anjums Texten zu arbeiten, weil sie so authentisch, manchmal sogar dokumentarisch sind. Das war eine große Herausforderung. Ich glaube nicht, dass es überwiegend um spirituelle Aspekte geht, sondern um Eindrücke vom Chaos, von der indischen Landschaft, um die vielen Stimmen, die Touristenfalle und Zacs und Anjums inneren Stimmen. Wir integrierten George Harrisons Song ‚Within You Without You‘, den ich sehr politisch finde. Dieser Song war 1967 mein erster Kontakt zur indischen Kultur.“
2008 meldeten sich Twice A Man mit „Clouds“ zurück, ein Album, das teilweise an die indischen Klänge der letzten Werke anknüpfte, sich aber insgesamt wieder experimenteller und aufgeschlossener präsentierte, ehe sie mit „Icicles“ 2010 wieder zu ihren Ursprüngen zurückkehrten, indem sie über die skandinavischen Landschaften meditierten.
Nun kreierten Twice A Man die Musik zu einer Installation des schwedischen Künstlers und Kostümdesigners Charles Koroly, mit dem die Band seit vielen Jahren an verschiedenen Projekten zusammengearbeitet hat, meist an Theaterstücken, aber auch an Radiospielen und Ausstellungen. Als das Stockholmer Tanzmuseum Koroly einlud, eine Installation mit seinen Kostümen zu machen, wurden Twice A Man mit der musikalischen Untermalung beauftragt.
„Es war aufregend, Ambient-Musik zu kreieren, durch die man sich bewegen kann. Und die Installation mit all den Kostümen wurde wunderschön und war sehr inspirierend“, beschreibt Karl Gasleben die Arbeit an dem Projekt. Er analysiert auch den Unterschied der Arbeit an einem zweckgebundenen Projekt und einem regulären Song-Album. „Bei der Arbeit an der Musik für Filme und Installationen kommt das Konzept von jemand anderem und wir sind nur Teil eines größeren Teams, aber oftmals entwickeln sich kleine Stücke aus der Theatermusik zu einem Stück auf einem Album oder zu etwas anderem.“
Momentan arbeiten Twice A Man an einer neuen Aufführung von Shakespeares „A Midsummer Night’s Dream", die am 19. Juli ihre Premiere feiert, allerdings mit neuem Regisseur und anderem Blickwinkel. Außerdem sind ein neues Ambient-Album und Konzerte mit anderen Musikern geplant.

Diskographie:
1982: Music for Girls
1983: The Sound OF A Goat In A Room
1984: From a Northern Shore 1985: Slow Swirl
1986: Works on Yellow
1986: MacBeth
1987: Aqua Marine Drum
1988: Collection of Stones (Selected Works 82-87)
1988: Driftwood
1990: The Sound Isn't Organized Yet
1990: A Midsummernight's Dream
1992: Figaro Thorsten Emilia
1993: Fungus & Sponge
1995: A Line Of Moments (CD-ROM)
1995: Instru Mental
2002: Agricultural Beauty
2008: Clouds
2010: Icicles
2012: Costume Area
Playlist:
1 Twice A Man - Excerpt (Costume Area) - 07:30
2 Twice A Man - Tribal Ways (Slow Swirl) - 06:45
3 Twice A Man - Thread (Music For Girls) - 04:00
4 Twice A Man - Lapwing Territory (Works On Yellow) - 04:17
5 Twice A Man - Plan F (Slow Swirl) - 04:00
6 Twice A Man - The Crown (Macbeth) - 04:24
7 Twice A Man - Seduction In Church (Emilia) - 03:05
8 Twice A Man - Lady Macbeth (Macbeth) - 04:05
9 Twice A Man - The Sun And The Moon (A Midsummernight's Dream) - 05:33
10 Twice A Man - Warmusic (Macbeth) - 03:38
11 Twice A Man - Orion Nebula (OBAFGKM) - 07:33
12 Twice A Man - The Dance Of Oberon And Titania (A Midsummernight's Dream) - 03:12
13 Twice A Man - Eastern Seaboard (Instru Mental) - 07:50
14 Twice A Man - South Of India (Kula World) - 03:59
15 Twice A Man - Driftwood (Driftwood) - 04:51
16 The Butterfly Effect - People Without Gravity (Trip) - 04:57
17 Twice A Man - Being In Light (Fungus & Sponge) - 06:18
18 Twice A Man - Blue Evening (Agricultural Beauty) - 03:50
19 Twice A Man - Senegal (The Sound Isn't Organized Yet) - 03:41
20 Twice A Man - Tranquil Moonlit Lake (Icicles) - 05:29
21 Twice A Man - Skylark (Clouds) - 04:17
22 Twice A Man - Ocean (Instru Mental) - 07:02
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Dienstag, 1. Mai 2012

Playlist # 84 vom 06.05.2012 - ROBERT RODRIGUEZ Special

Der US-amerikanische Regisseur Robert Rodriguez hat sich mit seiner aus „El Mariachi“ (1992), „Desperado“ (1995) und „Irgendwann in Mexico“ (2002) bestehenden „Mexico“-Trilogie ebenso wie sein Freund und Kollege Quentin Tarantino („Reservoir Dogs“, „Pulp Fiction“) als Erneuerer des sogenannten „Grindhouse“-Kinos etabliert und mit dieser mexikanischen Antwort auf Sergio Leones legendärer „Dollar“-Trilogie ebenso als einzigartiger Filmemacher etabliert. Dabei sah es zunächst so aus, als würden seine schlechten Noten im Grundstudium an der University of Texas eine Karriere beim Film verhindern. Doch der Gewinn eines lokalen Filmfestivals, an dem Rodriguez mit einem kurzen Videofilm teilnahm, ermöglichte ihm die nachträgliche Aufnahme für das Filmstudium.

Schon mit seinem ersten auf 16mm gedrehten Kurzfilm „Bedhead“ konnte er 1991 etliche Filmpreise abräumen, noch im gleichen Jahr ließ er mit „El Mariachi“ seinen ersten, ebenfalls auf 16mm gedrehten Langfilm folgen. Wie er in seinem Buch „Rebell Without A Crew: Or How A 23-Year-Old Filmmaker With 7.000 $ Became A Hollywood Player” ausführlich über die Entstehung des Films beschrieb, lieh er sich die Kamera, verpflichtete Freunde und Bekannte als Schauspieler und kam so mit einem minimalen Budget von 7000 Dollar aus, von denen er sich 3000 Dollar als Teilnehmer bei Medikamenten-Tests verdient hatte. Außerdem fungierte er als Drehbuchautor, Cutter, Produzent, Komponist und Regisseur in Personalunion.
Entsprechend trashig wirkt der Film um einen Mariachi, der einer Verwechslung zum Opfer fällt und für einen Killer gehalten wird, auch im Look, doch sind sich die Kritiker einig, dass hier ein äußerst vielversprechender Regisseur seine Visitenkarte abgegeben hat.
Rodriguez zeigt hier erstmals, welche Talente er besitzt. Sowohl rasant als auch lustig kommt sein Erstlingswerk daher und wurde mit Recht von Columbia aufgekauft. Insgesamt handelt es sich bei ‚El Mariachi‘ um einen unverbrauchten, gut inszenierten und spaßigen Film. Sicherlich gibt es viele kleine Produktionsfehler und der Look besticht nicht durch seine Professionalität, doch umso mehr erfreut die Stimmung. Die Story lebt von dem Mafiaambiente in der mexikanischen Kleinstadt und der großartigen Kulisse, den coolen Einfällen von Rodriguez, die oft aus der Not entstanden, aber dennoch seine Kreativität und Stilsicherheit beweisen“, befindet Christian Eggert auf filmstarts.de. Zwar versuchte Rodriguez zunächst erfolglos, seinen in Ciudad Acuña gedrehten Film an spanischsprachige Videoverleiher in den USA an den Mann zu bringen, doch dann fand er in Columbia Pictures ein Studio, das ihm zunächst eine Kinoverwertung von „El Mariachi“, dann eine Art Remake/Sequel finanzierte, nachdem Rodriguez mit seinem Debüt 1993 beim Sundance Film Festival den Preis des Publikums erhalten hatte.
Mit „Desperado“ konnte Rodriguez dann zeigen, wie seine Ideen mit einem adäquaten Budget so richtig zünden können. Mit einer prominenten Besetzung, in der Antonio Banderas und Salma Hayek knisternde Erotik auf die Leinwand bringen, und Gastauftritten von Steve Buscemi und Quentin Tarantino, die für herzhafte Lacher sorgen, bietet „Desperado“ ein Action-Feuerwerk mit viel Blei, Blut, Explosionen, coolen Sprüchen und nackter Haut.
‘Desperado‘ lässt sein Publikum in Erinnerungen schwelgen. Erinnerungen an Sam Peckinpahs dreckige Männerfilme, an die blutigen Pistolenballetts John Woos und an Sergio Leones Spaghettiwestern. Jedem Atemzug merkt man diese prägenden Einflüsse an. Ebenso ist jeder Szene abzulesen, dass Robert Rodriguez seine Hausaufgaben erledigt hat. Mit verwegenen Kamerawinkeln und stilvollen Schnitten sorgt dieser vor allem in den zahlreichen Actionszenen für eine feurig-dynamische Inszenierung. Immer wieder lässt der Mariachi hitzige Explosionen hinter sich und kämpft sich durch wahre Scharen an Widersachern. Der Gewaltpegel wird wie in den Filmen Peckinpahs hoch gehalten. Mehrfach muss sich der Mariachi seine Wunden von der bezaubernden Bibliothekarin Carolina (Salma Hayek) nähen lassen. Für seine Gegenüber kommt hingegen jede Hilfe zu spät. Jedoch muss man Rodriguez trotz des exzessiven Waffeneinsatzes zugestehen, dass er die blutigen Auseinandersetzungen stets mit einem leichten Augenzwinkern inszeniert“, urteilt Jens Hamp auf filmstarts.de
Bevor sich Rodriguez aber an den Abschluss seiner Mexican-Western-Trilogie machte, inszenierte er 1996 mit „From Dusk Till Dawn“ einen überdrehten Vampir-Splatter-Horror-Spaß, bei dem Tarantino diesmal sogar die Hauptrolle übernahm.
Rodriguez und Autor Quentin ‚Pulp Fiction‘ Tarantino werden ihrem Ruf als Hollywoods talentierteste Bösewichter gerecht und tun, was sie sollen, nämlich Verbotenes im Rahmen des Erlaubten. Aber dann überqueren die Geckos mit Papa Fuller samt Tochter und Sohn als Geiseln die mexikanische Grenze, und fortan leisten sich Rodriguez und Tarantino all das, was im Kino nicht mal die bad guys mehr dürfen. Sie spicken die Dialoge mit sämtlichen zensurverdächtigen Four-letter-words (unbedingt die Originalfassung anschauen!). Sie demolieren ein gutes Dutzend amerikanischer Heiligtümer: Vietnam, Jurassic Park, Baseball und das Kruzifix, um nur die wichtigsten zu nennen. Und sie wechseln, exakt zur Halbzeit, unwiderruflich das Genre: Der Gangsterfilm mutiert zum Horror-Splattermovie. Die Geckos und die Fullers landen im ‚Titty Twister‘, einer Truckerund Biker-Bar, die sich als aztekische Vampir-Hölle entpuppt. Ein Alptraum, dem nur entrinnt, wer genug Gruselfilme gesehen hat, um zu wissen, was gegen Blutsauger hilft“, heißt es in der Rhein-Zeitung.
Dem Horror-Genre blieb Rodriguez auch mit seinem nächsten Film „The Faculty – Trau keinem Lehrer“ treu, doch statt des üblichen Teenie-Splatter-Horrors präsentierte der Filmemacher eine durchgeknallte Mixtur aus dem Teenie-Drama „Breakfast Club“ und dem Alien-Horror „Invasion der Körperfresser“.
„Das Kult-Duo Robert Rodriguez und Kevin Williamson, Autor von ‚Scream‘, schuf einen durchaus subtilen, intelligenten Horrorfilm, der nicht nur technisch makellose Schockeffekte vorführt, sondern auch den Alptraum der Pubertät trefflich persifliert. Neben Stars wie Salma Hayek (‚Wild Wild West‘), Famke Janssen (‚GoldenEye‘) oder Robert Patrick (‚Terminator 2‘) überzeugt auch das junge Darsteller-Ensemble um Elijah Wood (‚Deep Impact‘) restlos. Ein von einem trendigen Crossover-Soundtrack (Garbage, Rage Against The Machine) angetriebener, effektiver Schauer-Thriller“, schrieb die VideoWoche dazu.
Überraschend familienfreundlich, gewaltfrei und überaus erfolgreich erwiesen sich 2001, 2002 und 2003 die drei „Spy Kids“-Filme, in denen Rodriguez Kinder einen Crashkurs im Agenten-Einmaleins absolvieren und gegen allerlei Bösewichter die Welt retten lässt. Für den Filmfreak läuterten diese Family-Entertainment-Werke den Start der digitalen Ära ein, denn fortan drehte er alle Filme auf dem HDCAM-System.
Richtig großes Kino präsentierte Rodriguez allerdings erst wieder mit „Sin City“, einer auf mehreren Ebenen angelegten, der düsteren Comic-Vorlage von Frank Miller allen Respekt erweisenden Gewaltorgie in Schweiß-Weiß-Rot. Bis in die Nebenrollen hinein großartig besetzt handelt „Sin City“ von mehreren Versuchen der Guten, das Böse in Schach zu halten – mit wechselhaftem Erfolg. Da schnappt sich der Polizist Hartigan (Bruce Willis) einen Tag vor seiner Pensionierung den mordenden Kinderschänder Roark jr. (Nick Stahl) und schießt ihn nieder, handelt sich aber so den Zorn seines korrupten Partners Bob (Michael Madsen) und Senator Roark (Powers Boothe) ein. Währenddessen findet der entstellte Muskelprotz Marv (Mickey Rourke) nach einer Liebesnacht mit der hübschen Goldie (Jamie King) seine Geliebte ermordet in seinem Bett wieder und macht sich auf die Suche nach den Verantwortlichen, die ihn auf die abgelegene Farm des durchgeknallten Kevin (Elijah Wood) führt. Und Dwight (Clive Owen) will die von Gail (Rosario Dawson) angeführten Mädchen in Old Town – die Kellnerin Shellie (Brittany Murphy), die Prostituierte Becky (Alexis Bledel) und die Schwertkämpferin Miho (Devon Aoki) – vor dem Gangster Jack (Benicio Del Toro) und schließlich vor den Cops beschützen, nachdem Jack ins Gras beißen musste und als Cop enttarnt wurde. Rodriguez bleibt in der Verfilmung der Comic-Vorlage gerade bei der Inszenierung ganz nah am Original, so dass “Sin City” wie ein lebendig gewordener Comic wirkt und geschickt verschiedene symbolträchtige Farben in das düstere Schwarz-Weiß-Panorama einstreut.
Für Frank Mehring (Film-Dienst) ist „Sin City“ ein „postmoderner Mix aus Straßenkreuzern der 1950er-Jahre und zeitgenössischen Mercedes oder Ferraris, aus Femmes fatales der klassischen Tonfilm-Ära und fetischistischen Dominas der britischen Punkszene, aus Samurai-Schwertern und hochmodernen Handfeuerwaffen kennzeichnen das Filmgebilde als Rhapsodie der entfesselten Fantasie. So entsteht mit Mitteln der digitalen Videoproduktion ein großer Kinofilm, der die Grenzen zwischen Pulp, Pop und Pop Art verwischt. Das Ergebnis zeugt von Mut, Eigenständigkeit und dem Willen, Erzählstrukturen jenseits der Konventionen auszutesten. Mit seiner Transferleistung vom Comic zum Film avanciert Rodriguez quasi zum Roy Lichtenstein der Filmkunst."
Und Andreas Borcholte fasst in seiner Rezension auf Spiegel Online zusammen:
Frank Millers Exzesse aus spritzenden Blutfontänen und abgerissenen, manchmal abgenagten Gliedern finden sich originalgetreu auf der Leinwand wieder. Erträglich wird dies nur durch die völlige Abstraktion: Das Blut fließt in strahlendem Weiß, Kugeln durchdringen Körper ohne Effekt. Die Helden müssen sich immer wieder aufraffen, dürfen nicht sterben, bis ihre Mission erfüllt und Erlösung in Sicht ist. So kompromisslos und virtuos wurde Gewalt im amerikanischen Kino schon lange nicht mehr inszeniert. Rodriguez, der sich mit Bleigewitter-Opern wie ‚From Dusk till Dawn‘ und ‚Desperado‘ einen Namen gemacht hat, zieht eine Linie von Sam Peckinpah (‚Getaway‘) über Martin Scorsese bis zu seinem Vorbild Tarantino, der auch eine Szene in ‚Sin City‘ drehen durfte. So ist ‚Sin City‘ in seiner episodischen Struktur, seiner bis ins Absurde stilisierten Gewalt und seinem haarsträubendem Humor ‚Pulp Fiction‘ in Vollendung - ein grandioses Stilexperiment von Cineasten für Cineasten. Alles, ob Action, Horror oder Gewalt, hat hier nur einen einzigen Zweck: sich selbst zu zelebrieren. Echter Schmerz, spürbares Leid finden sich nur in jenen vereinzelten Farbtupfern wieder: Manchmal dürfen die harten Kerle auch rotes Blut vergießen. Kein Subtext und keine Moral verbergen sich unter dieser ebenso brillanten wie oberflächlichen Inszenierung. Alles ist eins zu eins an ‚Sin City‘: die Botschaft ist das Bild.“ 
Und wie bei den „Spy Kids“-Filmen teilt sich Rodriguez die Komponisten-Credits mit zwei vertrauten Namen: John Debney („Predators“) und Graeme Revell („From Dusk Till Dawn“). Die beiden Sequels zu „Sin City“ sollen nun ab 2012 auf der Leinwand zu sehen sein. Die Wartezeit verkürzte Rodriguez bis dahin mit dem Double-Feature „Grindhouse“, das er mit seinem Busenfreund Tarantino realisierte.
Unter Grindhouses verstand man vor allem während der späten 60er und frühen 70er in den USA Kinos, die billig produzierte Filme für Erwachsene aus unterschiedlichen Genres zeigten und den Zuschauern für den Preis einer Kinokarte gleich zwei Filme präsentierten. In dieser Tradition inszenierte das Duo Rodriguez/Tarantino die Grindhouse-Neuauflage als dreistündigen Trip in die cineastische Vergangenheit, stilecht unterbrochen von Trailern zu fiktiven Horror- und Exploitation-Produktionen. Neben Tarantinos genialen „Death Proof“ fällt Rodriguez‘ „Planet Terror“ etwas ab, aber wie die zeitweilige Rodriguez-Verlobte Rose McGowan mit ihrer Maschinengewehr-Beinprothese mit ihrer Crew gegen Zombies vorgeht, macht schon Laune.

„Nicht nur Fans der Splatter-Orgie 'From Dusk till Dawn' dürften Rodriguez’ Ideenreichtum (MG-Prothese) und dessen organischer Mix aus alten und neuen Story-Elementen goutieren. So vermischt er in 'Planet Terror' moderne Bedrohungsszenarien wie die gerade von der US-Regierung geschürte Angst vor chemischen und biologischen Waffen (Irakkrieg?) mit Zitaten an die Zombie-Klassiker eines Lucio Fulci und George A. Romero. Die bewusst überzeichnete Action mit ihren nicht weniger grotesken Gore-Einlagen erlaubt einem kaum eine Atempause. Greg Nicotero – der neue Star unter den Make up-Künstlern und ein enger Freund des legendären hier in einer Gastrolle anzutreffenden Tom Savini – lässt genüsslich das Blut über die Leinwand spritzen, Schädel spalten, und Gedärme herausreißen, alles aber mit einem unübersehbaren Augenzwinkern“, kommentiert Marcus Wessel auf programmkino.de.
Mit seinem Film „Machete“ kehrte Robert Rodriguez wieder zu einem typisch mexikanischen Thema zurück. War es in seiner „Mexico“-Trilogie noch der Kampf eines Mariachis gegen skrupellose Gangsterbosse, geht es in „Machete“ um die rigide Einwanderungspolitik der USA und das Leiden der mexikanischen Immigranten. Nachdem Drogenboss Torrez (Steven Seagal) Machetes (Danny Trejo) Frau vor seinen Augen brutal getötet hatte, hängte der Bundesagent seinen Job an den Nagel und hält sich drei Jahre später mit Gelegenheitsarbeiten an der mexikanisch-amerikanischen Grenze über Wasser. Da kommt ihm der Auftrag des resoluten Geschäftsmannes Booth (Jeff Fahey) gerade recht, für 150.000 Dollar den strikt gegen Immigranten vorgehenden Senator McLaughlin (Robert De Niro) auszuschalten. Erst zum Zeitpunkt des Attentats merkt Machete, dass er hereingelegt worden ist und nun von den Behörden als Attentäter gesucht wird. Doch mit der Hilfe von „She" (Michelle Rodriguez), die ein gigantisches Netzwerk von mexikanischen Einwanderern aufgebaut hat, und der Bundesagentin Sartana (Jessica Alba), die ihren Sinn für Gerechtigkeit entdeckt, macht sich Machete auf einen blutigen Rachefeldzug … Mit „Machete“ liefert Robert Rodriguez seinem Publikum genau das, was es erwartet, nämlich ein Festival aus enthaupteten, erschossenen und verstümmelten Leichen, coolen Sprüchen und wohlgeformten Titten. Und mit Hackfresse Danny Trejo („From Dusk Till Dawn“, „Heat“) hat Rodriguez auch den perfekten Racheengel gefunden, der mit seiner bevorzugten Waffe alles niedermetzelt, was sich ihm auf dem Weg zu seiner Genugtuung querstellt. Michelle Rodriguez („Planet Terror“) und Jessica Alba („The Eye“) sorgen für die nötigen weiblichen Reize. Bemerkenswert sind aber vor allem die weiteren männlichen Haupt- und Nebenrollen besetzt – sowohl Robert De Niro als ultra-rechter Politiker als auch Steven Seagal in seiner ungewohnten Rolle als Bösewicht sorgen für amüsante Szenen, ohne dabei glänzen zu können. Das gilt auch für Lindsay Lohan („Freaky Friday“), die als drogensüchtige Tochter des undurchsichtigen Senator-Beraters gleich in mehrere Rollen schlüpft und auch ordentlich nackte Haut zeigen darf. Bei dem ganzen Gemetzel tritt die eigentlich Story fast in den Hintergrund, aber sie wird doch konsequent genug erzählt, um sie nicht aus den Augen zu verlieren. Aber es macht vor allem einfach Spaß, Danny Trejo so cool und stoisch den Bösewichtern das Handwerk legen zu sehen. Und wenn der Abspann kein Scherz ist, darf sich das Publikum noch auf zwei Fortsetzungen freuen …
„Was ‚Machete‘ weit über den üblichen Actionschrott erhebt, ist die coole, ironisch gebrochene Inszenierung und der Mut des Regisseurs, seine Darsteller konsequent gegen den Strich zu besetzen. Darüber hinaus überrascht der politische Subtext: Wenn ein reaktionärer US-Senator (Robert de Niro) mit dem Anführer einer faschistoiden Bürgerwehr (Don Johnson) nächtens auf Immigrantenjagd geht oder in Wahlkampfspots die Überfremdungsgefahr Amerikas in 'Stürmer'-Bildsprache beschworen wird, erscheint das angesichts aktueller Entwicklungen nur wenig überzeichnet. Zudem erweitert ‚Machete‘ durchaus den Begriff des Latino-Helden. Trejos genüsslich zelebrierter Virilität steht eine rührende Altmännerträgheit gegenüber: Selbstredend verfallen ihm alle wunderschönen Heroinen, verkörpert von Schauspielerinnen, die Trejos Töchter sein könnten. Doch Michelle Rodriguez (32), Jessica Alba (29) und Lindsay Lohan (24) lassen sich nicht einfach flachlegen, sondern nehmen sich den an Leib und Seele versehrten Recken – der dann allerdings, so viel Machismo muss schon sein, nach durchvögelter Nacht auf erschöpfte Frauenleiber blicken darf“, findet Jörg Wunder im Tagesspiegel
Ebenso wie bei Quentin Tarantino besitzt für Rodriguez die Musik in seinen Filmen einen besonderen Stellenwert. Abgesehen von mexikanischen Bands wie Los Lobos und Tito & Tarantula (unvergessen ihr „After Dark“ aus „From Dusk till Dawn“), die immer wieder auf den Soundtracks zu seinen Filmen zu finden sind, hat Rodriguez oft mit den Hollywood-Komponisten John Debney und Graeme Revell zusammengearbeitet und schließlich 2003 die Band Chingon gegründet, um mit ihr Songs für den Film „Irgendwann in Mexico“ aufzunehmen. Sie sind mit dem Stück "Malagueña Salerosa" nicht nur auf der Compilation „Mexico and Mariachis“ zu finden, die Musik aus der „Mariachi“-Trilogie enthält, sondern auch auf Tarantinos „Kill Bill Vol. 2“-Soundtrack. 2004 veröffentlichten sie ihr Debütalbum mit dem passenden Titel „Mexican Spaghetti Western“. Chingon steuerten den Track „Cherry’s Dance Of Death“ zum „Planet Terror“-Soundtrack bei und komponierten schließlich die Filmmusik zu „Machete“. Wie Robert Rodriguez die Musik zu seinen Filmen aussucht und kreiert, ist auf diesem interessanten Video zu sehen:

Momentan ist Rodriguez mit dem bereits vierten Teil seiner familienfreundlichen “Spy Kids”-Reihe in den Kinos vertreten, der wieder alle Vorzüge des 3D-Kinos und der CGI-Technik ausspielt. Allerdings ist das knallbunte Action-Spektakel mit ausgefallenen Kampfeinlagen und unzähligen Verfolgungsjagden wenig spannend ausgefallen. Aufregender dürfte da das „Sin City“-Sequel ausfallen, das noch für dieses Jahr angekündigt ist.

Filmographie: 
1991: Bedhead (Kurzfilm)
1992: El Mariachi
1994: Bad Boys Never Die (Originaltitel: Roadracers)
1995: Desperado
1995: Four Rooms ( Episode „The Misbehavers“)
1996: From Dusk Till Dawn
1998: 10 More Minutes... Anatomy of a Shootout
1998: 10 Minute Film School
1998: Faculty – Trau keinem Lehrer
2001: Spy Kids
2002: Spy Kids 2 – Die Rückkehr der Superspione
2003: Del Castillo: Live
2003: Spy Kids: Mission 3-D
2003: Irgendwann in Mexico
2004: Ten Minute Flick School: Fast, Cheap and in Control
2004: Ten Minute Cooking School: Puerco Pibil
2004: Inside Troublemaker Studios
2004: Ten Minute Film School: Big Movies Made Cheap
2005: Sin City
2005: Die Abenteuer von Sharkboy und Lavagirl
2007: Grind House: Planet Terror
2010: Machete
2011: Spy Kids 4D
Playlist: 
1 Tito & Tarantula - Strange Face Of Love (Desperado) - 05:50
2 Marcos Loya - Yo Te Quiero (Once Upon A Time In Mexico) - 03:48
3 Los Lobos - Canción Del Mariachi (Desperado) - 02:05
4 Chingon - Se Me Paro (Mexican Spaghetti Western) - 03:27
5 Dire Straits - Six Blade Knife (Desperado) - 04:33
6 Tito & Tarantula - Back To The House That Love Built (Desperado) - 04:40
7 Chingon - Fidel Del Oeste (Mexican Spaghetti Western) - 05:33
8 Juno Reactor - Pistolero (Once Upon A Time In Mexico) - 03:37
9 Los Lobos - Bucho's Gracias (Desperado) - 03:57
10 Chingon - Severina (Mexican Spaghetti Western) - 03:01
11 Tonto's Giant Nuts - Sand's Theme (Once Upon A Time In Mexico) - 03:25
12 Carlos Santana - Bella (Desperado) - 04:29
13 Salma Hayek - Siente Mi Amor (Once Upon A Time In Mexico) - 04:24
14 Los Lobos - Mariachi Suite (Desperado) - 04:20
15 The Blasters - Dark Night (From Dusk Till Dawn) - 03:47
16 Graeme Revell - Richie, Will You Do Me A Favor? (From Dusk Till Dawn) - 02:21
17 Graeme Revell - Sex Machine Attacks (From Dusk Till Dawn) - 01:22
18 Chingon - Cherry's Dance Of Death (Planet Terror) - 03:26
19 Tito & Tarantula - Angry Cockroaches (From Dusk Till Dawn) - 05:13
20 Robert Rodriguez - Grindhouse Main Titles (Planet Terror) - 04:13
21 Tito & Tarantula - After Dark (From Dusk Till Dawn) - 04:20
22 Robert Rodriguez - The Grindhouse Blues (Planet Terror) - 03:10
23 Combustible Edison - Antes de Medianoche (Four Rooms) - 02:45
24 Garbage - Medication (The Faculty) - 04:07
25 Marco Beltrami - The Faculty: Extra Credit (The Faculty) - 02:55
26 Flick - Maybe Someday (The Faculty) - 03:48
27 Danny Elfman - Suite (Spy Kids) - 04:18
28 John Debney - Spy Ballet (Spy Kids 2) - 03:51
29 Robert Rodriguez - End Titles (Sin City) - 03:16
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Soundtrack Adventures with Robert Rodriguez at Radio ZuSa by Dirk Hoffmann on Mixcloud

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