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Sonntag, 19. Dezember 2010

Playlist # 48 vom 19.12.10 - JEAN-PIERRE JEUNET Special

Der französische Filmemacher Jean-Pierre Jeunet zählt fraglos zu den innovativsten Vertretern seiner Zunft. Lange bevor der am 3. September 1953 in Roanne geborene Jeunet mit „Delicatessen“, den er zusammen mit seinem Freund Marc Caro 1991 realisierte, den Durchbruch feierte, ging er mit dem Wunsch schwanger, Filme zu machen. Er kaufte sich im Alter von 17 Jahren eine Filmkamera und drehte erste Kurzfilme, während er bei den Cinémation Studios die Kunst der Animation erlernte. Zu jener Zeit freundete sich Jeunet mit Marc Caro an, der wie er selbst Comics zeichnete. 1978 realisierten sie gemeinsam ihren ersten Animationsfilm „L’Évasion“, gefolgt von ihrem ersten Live-Action-Kurzfilm „Letzter Feuerstoß im Bunker“ (1981) und „Foutaises“ (1990). Dazwischen entstanden weitere Kurzfilme, Werbeclips und Musikvideos.

1991 erschien mit „Delicatessen“ der erste abendfüllende Spielfilm des Regieduos. Der visuell eindrucksvolle, mit skurrilen Figuren bevölkerte Film wurde mit vier Césars prämiert und auch international gefeiert. Es dauerte vier Jahre, bis mit „Die Stadt der verlorenen Kinder“ der nächste phantasievolle Streich des Duos auf der Leinwand das Publikum verzaubern sollte. Musikalisch untermalt von den melancholischen Klängen Angelo Badalamentis („Twin Peaks“, „Blue Velvet“), verblüfften Jeunet und Caro die Zuschauer erneut mit einer ungewöhnlichen Geschichte um einen Orden von blinden Männern, die kleine Kinder für künstliche Augen verkauften.
1997 folgte Jeunet bislang ein einziges Mal dem Ruf aus Hollywood, um den vierten Teil in der „Alien“-Saga zu drehen. Mit seinem undurchsichtigen Plot und der für Jeunet typischen Ironie konnte die „Alien“-Fangemeinde allerdings wenig anfangen, und Jeunet war frustriert, dass es in Hollywood scheinbar nur darum geht, das Budget zu drücken, während die Dreharbeiten nervend langsam vorangingen. Dennoch avancierte „Alien: Resurrection“ zum zweiterfolgreichsten Film der Reihe und wurde durch Horror-Spezi John Frizzell („I Still Know What You Did Last Summer“, „Beneath“) mit einem passenden düster-bedrohlichen Soundtrack ausgestattet.
Zurück in Frankreich inszenierte Jeunet mit „Die fabelhafte Welt der Amélie" (2001) seinen bislang persönlichsten und erfolgreichsten Film und verhalf Hauptdarstellerin Audrey Tatou zu ihrem Durchbruch. Sie spielt die gutmütige Amélie, die zufällig eine Dose findet, die ein Junge in den 50ern in ihrem Badezimmer versteckt haben muss. Auf der Suche nach ihm erlebt sie einige Abenteuer und lernt über Umwege auch die Liebe kennen. Die bezaubernde Geschichte mit ihrer ebenso hinreißenden Hauptdarstellerin brilliert mit ausgefallenen visuellen Ideen, grotesken Figuren, die die märchenhafte Szenerie mit blühendem Leben füllen. Yann Tiersen schuf dazu eine typisch französische, leichtfüßige Musik, die fast ebenso berühmt wurde wie der Film selbst.
Audrey Tatou spielte auch in Jeunets nächstem Film die Hauptrolle, in der größtenteils mit amerikanischen Dollars finanzierten Verfilmung von Sébastien Japrisots Roman „Mathilde - Eine große Liebe“ (2004). Als junge Frau erfährt sie kurz nach Ende des Ersten Weltkriegs vom Tod ihres Verlobten und macht sich auf die Suche nach den genauen Umständen. Es versteht sich von selbst, dass „Mathilde“ erneut ein Fest für die Sinne bietet. Die einzigartige Mischung aus Kriegsdrama, Love-Story, Krimi und Film Noir entfaltet sich in drei verschiedenen Handlungssträngen über zwei Jahrzehnte und wurde von Kameramann Bruno Delbonnel in atemberaubende Bilder gegossen. Den ätherischen, eindringlichen Score komponierte wieder Angelo Badalamenti.
Eigentlich sollte sich nach „Mathilde“ eine weitere Literaturverfilmung anschließen, doch der Produktionsfirma waren die Kosten für die Umsetzung von Yann Martels „Schiffbruch mit Tiger“ zu hoch. Dabei hatte der passionierte Filmemacher schon einiges an Vorarbeiten geleistet. Jeunet lehnte es schließlich ab, „Harry Potter und der Orden des Phönix“ zu drehen.
„In Frankreich genieße ich totale künstlerische Freiheit und muss nicht um Geld betteln. Das will ich nicht aufgeben. Natürlich erreiche ich weniger Zuschauer als mit einer amerikanischen Produktion, aber ich habe meine persönlichen Vorstellungen und deshalb auch ‚Harry Potter‘ abgesagt“, begründete er seine Entscheidung in einem Interview mit ”BR Online”. „In einem schon vorgegebenen Universum zu arbeiten, wo Besetzung, Kostüme und Dekor feststehen, ödet mich an. Was interessieren mich fliegende Besen und Hexen, wo bleibt da meine eigene Handschrift? Mit dem Geld hätte ich mich zwar am Mittelmeer zur Ruhe setzen können, aber nur Regie ist mir zu wenig. Die Alien-Welt dagegen war eine tolle Herausforderung. Ich konnte meine Ideen verwirklichen. Ein Film kostet Lebenszeit, deshalb stürze ich mich nicht mehr Hals über Kopf ins unkalkulierbare Abenteuer.“
Stattdessen schuf Jeunet mit „Micmacs – Uns gehört Paris!“ wieder einen für ihn typischen humor- und fantasievollen Film über einen einfachen Mann, dessen Leben eine dramatische Wende nimmt, als er von einer Kugel in den Kopf getroffen wird und es sich zur Aufgabe macht, sich an der ortsansässigen Waffenindustrie mit Hilfe einer skurrilen Gemeinschaft zu rächen. Schon nach wenigen Sekunden offenbart der Film Jeunets Handschrift, den unverkennbaren Retro-Look, die warmen braunen Farben und ungewöhnliche Kameraeinstellungen, die das Treiben der liebenswürdigen Figuren einfangen. „Ich mag die Realität nicht so filmen, wie sie ist, sondern im Sinne des poetischen Realismus der 1940er-Jahre. Mit ganz eigenen Dialogen, Licht und Farben, Humor und Fantasie“, bekundet Jeunet im Interview mit ”BR Online”. „Mir kommt es darauf an, ein ganz spezielles Universum zu erfinden. Das sollte man aber nicht ins Fantastische einordnen, das mag ich - im Gegensatz zu Science Fiction - überhaupt nicht.“

Filmographie:
1991: Delicatessen (Delicatessen)
1995: Die Stadt der verlorenen Kinder (La Cité des enfants perdus)
1997: Alien – Die Wiedergeburt (Alien: Resurrection)
2001: Die fabelhafte Welt der Amélie (Le Fabuleux destin d'Amélie Poulain)
2004: Mathilde – Eine große Liebe (Un long dimanche de fiançailles)
2009: Micmacs – Uns gehört Paris! (Micmacs à tire-larigot)

Playlist:
1 Carlos D'Alessio - Delicatessen Generique Fin (Delicatessen) - 05:08
2 Carlos D'Alessio - Bongo Bolero (Delicatessen) - 03:18
3 Angelo Badalamenti - Death Of The Twins (Die Stadt der verlorenen Kinder) - 04:01
4 John Frizzell - Main Title (Alien: Resurrection) - 02:06
5 Yann Tiersen - Le Moulin (Die fabelhafte Welt der Amélie) - 04:27
6 Angelo Badalamenti - Mathilde's Theme (Mathilde - Eine große Liebe) - 04:19
7 Yann Tiersen - La Dispute (Die fabelhafte Welt der Amélie) - 04:15
8 Carlos D'Alessio - Les Bulles (Delicatessen) - 03:04
9 Angelo Badalamenti - Finale (Die Stadt der verlorenen Kinder) - 05:07
10 Raphael Beau - Larrons en foire (Micmacs - Uns gehört Paris!) - 02:56
11 Yann Tiersen - La Valse Des Monsters (Die fabelhafte Welt der Amélie) - 03:39
12 Raphael Beau - Dernier vol (Micmacs - Uns gehört Paris!) - 03:58
13 Angelo Badalamenti - End Titles (Mathilde - Eine große Liebe) - 06:51

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