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Samstag, 22. Januar 2022

Playlist #337 vom 30.01.2022 - R.I.P.. SIDNEY POITIER (1927-2022)

Mit seinen Hauptrollen in Dramen wie „Lilien auf dem Felde“, „Flucht in Ketten“ und „In der Hitze der Nacht“ wurde Sidney Poitier nicht nur der bekannteste afroamerikanische Schauspieler seiner Generation, sondern auch der erste Schwarze, der mit einem Oscar ausgezeichnet wurde. Am 6. Januar verstarb der bahamaisch-US-amerikanischer Schauspieler und Regisseur im Alter von 94 Jahren in Los Angeles. 
Poitier wurde am 20. Februar 1927 als Sohn armer Tomatenzüchter in Miami geboren, als seine von der Bahamas-Insel Cat Island stammenden Eltern dort gerade zu Besuch waren. Nachdem er nur eine einfache Schulbildung genossen hatte, wurde der Jüngste von sieben Kindern im Alter von 15 Jahren nach Miami zu seinem Bruder geschickt, drei Jahre später ging es mit drei Dollar in der Tasche weiter nach New York, wo Poitier beim damaligen „American Negro Theatre“ vorsprach. Nachdem ihm der Regisseur Osceola Archer nahegelegt hatte, es als Tellerwäscher zu versuchen, ließ sich Poitier jedoch nicht beirren, versuchte seinen schweren karibischen Akzent abzulegen, indem er Nachrichtensprecher im Fernsehen nachahmte und an seiner Aussprache feilte. Über einige Monate Hausmeisterdienste beim Theater gelang ihm dann doch der Sprung auf die Bühne. 
An der Seite von Harry Belafonte spielte Poitier 1946 in Frank Gabrielsons College-Drama „Days of Our Youth“, gelangte an den Broadway und wurde 1950 von Produzent Darryl F. Zanuck nach Hollywood geholt. In der Rolle eines jungen Arztes, der von einem rassistischen Patienten abgelehnt wird, feierte Poitier in dem Drama „Der Hass ist blind“ sein Spielfilmdebüt, musste sich aber wie nahezu alle seiner afroamerikanischen Kollegen lange mit Nebenrollen begnügen. 
Im Alter von 28 Jahren spielte Poitier in Richard Brooks‘ Sozialdrama „Die Saat der Gewalt“ (1955) einen führungsstarken Schüler, in Martins Ritts Drama „Ein Mann besiegt die Angst“ (1957) einen aufopferungsvollen Hafenarbeiter, dann besetzte ihn Brooks an der Seite von Rock Hudson auch in dem Kriegsdrama „Flammen über Afrika“ (1957). 
Nachdem er für Raoul Walsh in dem Drama „Weint um die Verdammten“ (1957) als Hauptsklave des von Clark Gable gespielten Plantagenbesitzers besetzt worden war, erhielt Poitier für seine Rolle in Stanley Kramers Gefängnisdrama „Flucht in Ketten“ (1958) seine erste Oscar-Nominierung. Sein Kollege Tony Curtis setzte sich dafür ein, dass Poitier auch eine ansprechende Gage erhielt. Dafür musste Poitier allerdings zuvor Sam Goldwyns Offerte annehmen, in dem Musical „Porgy and Bess“ (1959) mitzuwirken, sonst wäre er für Kramers Film nicht besetzt worden. 
In den 1960er Jahren ging es mit Sidney Poitiers Karriere steil aufwärts. Für seine Darstellung in Ralph Nelsons Drama „Lilien auf dem Felde“ (1963) als reisender Handwerker, der als Antwort auf die Gebete weißer Nonnen in der Wüste eine Kapelle baut, erhielt Poitier als erster afroamerikanischer Schauspieler einen Oscar. Danach war er in Guy Greens romantischen Drama „Träumende Lippen“ (1965) als Freund eines blinden, ungebildeten Mädchens und als tapferer Kavallerist neben James Garner in dem Western-Drama „Duell in Diablo“ (1966) zu sehen. 
Berühmt machte ihn auch die Rolle des unerschrockenen Detective Virgil Tibbs in Norman Jewisons Südstaaten-Krimi „In der Hitze der Nacht“ (1967), wo er mit seinem von Rod Steiger verkörperten rassistischen Kollegen einen Mord untersuchen soll. Für „Zehn Stunden Zeit für Virgil Tibbs“ (1970) und „Die Organisation“ (1971) schlüpfte Poitier zwei weitere Male in seine vielleicht bekannteste Rolle, die ihm eine Ehrung als bester schwarzer Schauspieler aller Zeiten vom British Film Institute einbrachte. 
„Ich hatte das Glück, Rollen in Filmen zu spielen, die Vorurteile in Frage stellten, sich mit repressiven Regimen auseinandersetzten oder interrassische Beziehungen thematisierten, deren Handlungsstränge es wagten, einen schwarzen Mann als mächtig, artikuliert und wichtig zu zeigen, zu einer Zeit, als das für viele nicht akzeptabel war“, machte Poitier mal in einem Interview deutlich. „Aber ich gebe nicht vor, eine Ikone zu sein, weil ich das nur den Möglichkeiten zu verdanken habe, die mir angeboten wurden, und den Menschen, die mir diese Möglichkeiten eröffnet haben.“ 
Nach der von ihm selbst inszenierten Krimi-Komödie „Ausgetrickst“ (1977), in der Poitier neben seinen schwarzen Kollegen Bill Cosby und James Earl Jones spielte, nahm er sich eine Auszeit als Schauspieler und konzentrierte sich auf seine Karriere als Regisseur, die 1972 mit dem Western-Drama „Der Weg der Verdammten“ ihren Anfang nahm. In den 1980er Jahren folgten die Krimi-Komödien „Zwei wahnsinnig starke Typen“ (1980) und „Der Geisterflieger Hanky Panky“ (1982) sowie das Musical-Drama „Fast Forward“ (1985). 1988 kehrte Poitier für die beiden Thriller „Mörderischer Vorsprung“ und „Little Nikita“ wieder vor die Kamera zurück, hatte noch in der Heist-Komödie „Sneakers – Die Lautlosen“ (1992) und dem Agenten-Thriller „Der Schakal“ (1997) bemerkenswerte Auftritte, war sonst aber nur noch in Fernsehfilmen („Mandela und De Klerk – Zeitenwende“, „David and Lisa“) und Mini-Serien („Gleichheit kennt keine Farbe“, „Die Rache der Gejagten“) zu sehen. 
Seinen letzten Auftritt hatte er 2001 in dem Fernsehfilm „The Last Brickmaker in America“. Poitier war durch sein kultiviertes Auftreten und sein soziales Engagement stets ein Vorbild. So unterstützte er in den Jahren eine Stiftung, die Afrikanern durch Stipendienvergabe ein Studium in den USA ermöglichte. Unter den Stipendiaten befand sich mit dem Kenianer Barack Obama Senior auch der Vater des späteren Präsidenten der USA. 1974 erhielt Poitier, der zwar US-Bürger war, aufgrund seiner Herkunft aber auch die Staatsbürgerschaft der Bahamas besaß und so die Bürgerrechte im britischen Commonwealth genießen durfte, für seine schauspielerischen Verdienste den Orden Knight Commander of the British Empire und durfte den Titel „Sir“ tragen. 2002 bekam Poitier den Ehren-Oscar für sein Lebenswerk. 
 

Filmographie:

1947: Sepia Cinderella (als Statist) 
1950: Der Hass ist blind (No Way Out) 
1951: Denn sie sollen getröstet werden (Cry, the Beloved Country) 
1952: CBS Television Workshop (Fernsehserie, Folge 1x02) 
1952: Unternehmen Rote Teufel (Red Ball Express) 
1952: Omnibus (Fernsehserie, Folge 1x01) 
1952, 1955: The Philco Television Playhouse (Fernsehserie, zwei Folgen) 
1954: Artisten des Sports (Go, Man, Go!) 
1955: Die Saat der Gewalt (Blackboard Jungle) 
1955: Kraft Television Theatre (Fernsehserie, Folge 2x39) 
1956: Lebewohl, kleine Lady (Good-bye, My Lady) 
1957: Ein Mann besiegt die Angst (Edge of the City) 
1957: Flammen über Afrika (Something of Value) 
1957: Weint um die Verdammten (Band of Angels) 
1957: Das Zeichen des Falken (The Mark of the Hawk) 
1958: Flucht in Ketten (The Defiant Ones) 
1958: Virgin Island 
1959: Porgy und Bess (Porgy and Bess) 
1960: Und der Herr sei uns gnädig (All the Young Men) 
1961: Ein Fleck in der Sonne (A Raisin in the Sun) 
1961: Paris Blues 
1962: Die Sprache der Gewalt (Pressure Point) 
1963: Lilien auf dem Felde (Lilies of the Field) 
1964: Raubzug der Wikinger (The Long Ships) 
1965: Die größte Geschichte aller Zeiten (The Greatest Story Ever Told) 
1965: Zwischenfall im Atlantik (The Bedford Incident) 
1965: Stimme am Telefon (The Slender Thread) 
1965: Träumende Lippen (A Patch of Blue) 
1966: Duell in Diablo (Duel at Diablo) 
1967: Junge Dornen (To Sir, with Love) 
1967: In der Hitze der Nacht (In the Heat of the Night) 
1967: Rat mal, wer zum Essen kommt (Guess Who’s Coming to Dinner) 
1968: Liebling (For Love of Ivy) 
1969: The Lost Man – Es führt kein Weg zurück (The Lost Man) 
1970: Zehn Stunden Zeit für Virgil Tibbs (They Call Me MISTER Tibbs!) 
1971: Brother John – Der Mann aus dem Nichts (Brother John) 
1971: Die Organisation (The Organization) 
1972: Der Weg der Verdammten (Buck and the Preacher, auch Regie) 
1973: A Warm December (auch Regie) 
1974: Samstagnacht im Viertel der Schwarzen (Uptown Saturday Night, auch Regie) 
1975: Die Wilby-Verschwörung (The Wilby Conspiracy) 
1975: Drehn wir noch’n Ding (Let’s Do It Again, auch Regie) 
1977: Ausgetrickst (A Piece of the Action, auch Regie) 
1979: Paul Robeson: Tribute to an Artist (Sprecher des Dokumentarfilms) 
1980: Zwei wahnsinnig starke Typen (Stir Crazy, Regie) 
1982: Der Geisterflieger (Hanky Panky, Regie) 
1985: Fast Forward – Sie kannten nur ein Ziel (Fast Forward, Regie) 
1988: Mörderischer Vorsprung (Shoot to Kill) 
1988: Little Nikita 
1990: Ghost Dad (Regie) 
1991: Gleichheit kennt keine Farbe (Separate But Equal, Miniserie, zwei Folgen) 
1992: Sneakers – Die Lautlosen (Sneakers) 
1995: Die Rache der Gejagten (Children of the Dust, Miniserie, zwei Folgen) 
1996: To Sir, with Love II (Fernsehfilm) 
1997: Mandela und De Klerk – Zeitenwende (Mandela and de Klerk, Fernsehfilm) 
1997: Der Schakal (The Jackal) 
1998: Free of Eden (Fernsehfilm) 
1998: David and Lisa (David & Lisa, Fernsehfilm) 
1999: Das Leben ist was Wunderbares (The Simple Life of Noah Dearborn, Fernsehfilm) 
2001: The Last Brickmaker in America (Fernsehfilm) 

Playlist: 

1. Jerry Goldsmith - Lots of Bricks/Aid Given/Aid Rejected (Lilies of the Field) - 06:52 
2. Alfred Newman - Overture/Main Title (The Greatest Story Ever Told) - 04:37 
3. Leonard Rosenman - Edge of the City (Edge of the City) - 02:57 
4. George Gershwin - Overture (Porgy & Bess) - 05:24 
5. Charles Wolcott - Love Theme (Blackboard Jungle) - 02:54 
6. Frank DeVol - Guess Who's Coming to Dinner [instrumental] (Guess Who's Coming to Dinner) - 03:34 
7. Ron Grainer - A Classical Lesson (To Sir, With Love) - 05:20 
8. Quincy Jones - Mama Caleba's Blues (In the Heat of the Night) - 05:37 
9. Gil Melle - Main Title (The Organization) - 05:40 
10. Quincy Jones - Soul Flower (They Call Me Mister Tibbs!) - 04:21 
11. Quincy Jones - Fox's Sugar (The Slender Thread) - 03:32 
12. Quincy Jones - Up Against the Wall (The Lost Man) - 04:21 
13. Ernest Gold - Tic-Tac-Toe (Pressure Point) - 06:54 
14. Jerry Goldsmith - Finale (A Patch of Blue) - 03:24 
15. Miklós Rózsa - Interrogation (Something of Value) - 05:17 
16. Neal Hefti - Flight at Diablo Pass/Dust to Dust (Duel at Diablo) - 07:01 
17. Alfred Newman - Jesus and His Mother (The Greatest Story Ever Told) - 03:03 
18. Jerry Goldsmith - No Hammer/Return of the Prodigal (Lilies of the Field) - 04:20 
19. Quincy Jones - Blues For Mister Tibbs (They Call Me Mister Tibbs!) - 06:27 
20. Laurence Rosenthal - The New House (A Raisin In the Sun) - 03:35
21. Marco Beltrami - Pearl of a Girl (David and Lisa) - 03:30
22. James Horner - "Too Many Secrets" (Sneakers) - 06:17 
23. John Scott - Main Title (Shoot to Kill) - 03:33 
24. Carter Burwell - Arrival in Montreal (The Jackal) - 02:32 
25. Clifton Parker - Virgin Island: A Caribbean Rhapsody (Virgin Island) - 09:24

Samstag, 8. Juni 2019

Playlist #268 vom 09.06.2019 - NEUHEITEN 2019 (4)

In der vierten Neuheiten-Sendung in diesem Jahr treffen wir mit Jeff Beal und Bear McCreary nicht nur auf zwei seit Jahren äußerst produktive Komponisten, die ich in den kommenden Sendungen noch ausführlicher vorstellen werde, sondern auch auf populäre Vertreter wie Mark Isham, George Fenton, Zbigniew Preisner, Henry Jackman und Thomas Newman, sowie Veteranen wie Elmer Bernstein, Gerald Fried und Leonard Rosenman mit Neuveröffentlichungen ihrer teils schon zu Klassikern avancierten, teils eher unbekannten Arbeiten.

Gleich mit zwei neuen Soundtracks zu Dokumentationen ist der fünfmalige Emmy-Gewinner und „House of Cards“-Komponist Jeff Beal am Start. Bei Node Records erschienen ist Beals Score zu Brian Greenes Film „Light Falls: Space, Time, and an Obsession of Einstein“, der am 29. Mai anlässlich von Albert Einsteins 100. Geburtstag Premiere feiert. Der US-amerikanischer Physiker und Stringtheoretiker folgt in seinem Film Einsteins außergewöhnlicher Reise zur Relativitätstheorie, indem er State-of-the-Art-Animationen mit innovativen Projektions-Techniken vereint.
„,Light Falls‘ erlaubt die Dualität von Menschlichkeit und Wissenschaft in Einsteins Leben“, erklärt Komponist Jeff Beal. „Die Musik strebt danach, die schwer fassbaren und überraschenden Wahrheiten der Relativitätstheorie darzustellen, und den einzigartigen Geist, der unser Verständnis des Universums vor 100 Jahren innerhalb weniger kurzer Jahre neu formuliert. Musikalisch repräsentiert die Solo-Violine die innere Stimme von Albert Einstein. Ich habe die Violine gewählt, weil Einstein selbst Violinist gewesen ist und Musik geliebt hat. Die Electronics, die ich eingebettet habe, stehen für die voranschreitende Natur wissenschaftlicher Verbindungen. Das ganze Thema der Zeit, das sich durch den Film zieht, habe ich im Score als ein Rennen darzustellen versucht, als intellektuelles Rennen, Theorien zu entwickeln und ein Sinn für die Dringlichkeit, den Einstein im Bewusstsein für seine eigene Sterblichkeit erkannte. Dazu laufen Uhren in verschiedenen Geschwindigkeiten die ganze Zeit. Manche Musik reflektiert dieses Gefühl, indem zwei verschiedene Tempi zur selben Zeit gespielt werden.“ 
Streicher dominieren auch Jeff Beals Score zu „The Biggest Little Farm“, einem Dokumentarfilm von John Chester, der mit seiner Frau Molly eines Tages einen Räumungsbescheid für ihr kleines Apartment in Los Angeles erhielte, weil ihr Hund Todd mit seinem Gebell die Nachbarn gestört hat. Das Ehepaar entschied sich daraufhin, die Stadt zu verlassen und auf eine 200 Hektar große Farm in den Ausläufern von Ventura County zu ziehen, auf naive Weise darin bemüht, einen der vielfältigsten Höfe seiner Art in völliger Koexistenz mit der Natur aufzubauen. Der Film folgt ihnen über acht Jahre lang entmutigender Arbeit mit übergroßem Idealismus, wenn sie versuchen, die Utopie zu verwirklichen, 10.000 Obstbäume und über 200 verschiedene Kulturen zu pflanzen und ein Heim Tiere aller Art zu bieten. Ihr Plan, die perfekte Harmonie zu erreichen, nimmt allerdings eine Reihe von wilden Wendungen, als sie realisieren, dass sie zum Überleben ein weitaus größeres Verständnis für die Feinheiten und Weisheit der Natur und für das Leben an sich benötigen.
Der fünffach für einen Oscar nominierte britische Komponist George Fenton („Gandhi“, „Gefährliche Liebschaften“) hat in seiner über vierzigjährigen Karriere bereits für so renommierte Filmemacher wie Richard Attenborough, Neil Jordan, Ken Loach, Terry Gilliam und Stephen Frears und nach dem Rache-Thriller „Cold Pursuit“ mit Liam Neeson in der Hauptrolle nun einen besonders einfühlsamen Score zu Trevor Nunns Adaption von Jennie Rooneys Roman „Red Joan“ komponiert. Der Film erzählt die Geschichte von Joan Stanley (Dame Judi Dench), die sich selbst in einer Untersuchung von Spionage und Verrat wiederfindet. Die Rückblenden zeigen, wie sie in jüngeren Tagen langsam durch die Machenschaften des charmanten Max in die Spionage eingeführt wurde und sich gegen ihr eigenes Land wenden ließ.
„Ich betrachte ,Red Joan‘ als einen persönlichen Score, womit ich persönlich in Bezug auf Joans Charakter meine“, erklärt Fenton. „Mein Ziel war es, eine tonale Sprache zu finden, die für Joans Geschichte in den 1930er Jahren funktioniert, aber nie den Sinn der Story verliert, den die ältere Joan erzählt und erinnert, also eine Balance zu finden zwischen der Unmittelbarkeit der Erfahrungen, die die junge Joan gemacht hat, und der Erinnerungen der älteren Joan. Meine Hoffnung liegt darin, dass die Musik auch jenseits des Films die Narration dieser außergewöhnlichen Geschichte hervorruft.“
So wie „Red Joan“ erscheint auch der Score von „Queen of Hearts“ von Jon Ekstrand beim schwedischen Label MovieScore Media. Der Film von May el-Toukhy erzählt die Geschichte einer Frau, die ihre Karriere und ihre Familie aufs Spiel setzt, als sie ihren Stiefsohn im Teenageralter verführt und gezwungen ist, eine unwiderrufliche Entscheidung mit fatalen Konsequenzen zu treffen. „Mit dem Score zu ,Queen of Hearts‘ wollte ich ein Gefühl kreieren, wie es ist, sich in einer Blase zu befinden und langsam das Kaninchenloch hinunterzufallen, bis man den Grund erreicht und keinen Weg zurück findet“, beschreibt der schwedische Komponist Jon Ekstrand („Child 44“, „Life“) die Arbeit an diesem höchst beunruhigenden Score. „Meine Anweisungen für die musikalische Begleitung sahen vor, dass es in den ersten zwei Dritteln des Films keine Melodien geben sollte, dass Natur und Holz meine Leitmotive für den Score sein sollten und wir mit Stimmen-Loops als rhythmisches Element und Tonpads arbeiten wollen.“
Dagegen präsentiert das deutsche Label Caldera Records mit dem bereits 2014 entstandenen Soundtrack des polnischen Komponisten Zbigniew Preisner zum Episoden-Liebesdrama „The History of Eternity“ eine melancholisch einfühlsame Musik, die gleich drei Liebesgeschichten vereint, die den Fokus auf drei Frauen legt, eine Teenagerin, einer Frau in den Vierzigern und einer in den Sechzigern. Da zwei der drei Hauptfiguren in dem Film Musiker darstellen, spielt auch Musik eine tragende Rolle in dem Film, dem Preisner mit seiner aus sanften Streichern, verträumtem Piano und zarten Akustikgitarren einen entrückten, melancholischen Anstrich verleiht.
Das trifft auch auf Thomas Newmans Arbeit an Dome Karukoskis „Tolkien“-Biopic zu, der im Gegensatz zu Howard Shores opulent orchestral arrangierten Soundtracks zu Peter Jacksons Adaptionen von Tolkiens „Der Herr der Ringe“-Trilogie und „Der Hobbit“ vertraut verspielte Arrangements aus einschmeichelnder Piano-Melodie, warmen Streicher-Sequenzen und exotischen Dulcimer-Klängen präsentiert, die durch keltische Elemente und vereinzelte Stimmen verziert werden.
Besonders fleißig ist in diesen Tagen Bear McCreary. Neben den Farhad Safinias biographischen Mystery-Drama „The Professor and the Madman“ mit Mel Gibson und Sean Penn in den Hauptrollen vertonte McCreary auch Michael Doughertys Monster-Action-Spektakel „Godzilla – King of the Monsters“, die Netflix Abenteuer-Komödie „Rim of the World“ und die vierte Staffel der romantischen Fantasy-Fernsehserie „Outlander“, die diesmal hauptsächlich in den Appalachen spielt, was McCreary auch in seiner Musik zu reflektieren versuchte, indem er mittlerweile so populäre Instrumente wie Banjo, Mandoline, Fiedel und Dulcimer einsetzte.
„Mit der Entscheidung, die Farben der Appalachen-Musik einzuführen, war der Score für die vierte Season von ,Outlander‘ geboren. ,Outlander‘ ist ein thematischer Score, mit über einem Dutzend wichtiger Themen, die bereits etabliert worden sind“, verrät der Komponist im ausführlichen Booklet zur CD-Veröffentlichung von Sony Classical. „Diese Staffel benötigte neues thematisches Material, um neue Figuren, Orte und Storybögen vorzustellen. Diese neuen Themen würden mit älteren Themen verwoben werden, um eine reichhaltige musikalische Bandbreite zu kreieren. Ich glaube, dass langanhaltende musikalische Verbindungen dabei helfen, die Geschichte für das Publikum verfestigen und den Einfluss emotionaler Momente vertiefen.“
Nathan Whitehead hat sich durch seine Arbeit an dem „The Purge“-Franchise einen Namen gemacht und darf sein Faible für dunkle Stimmungen auch in dem Score zum apokalyptischen Sony-Playstation-Abenteuer „Days Gone“ ausleben.
„Um den musikalischen Ton für ,Days Gone‘ zu kreieren, schrieb ich Themen für spezifische Figuren, Gruppen und Spiel-Szenarien und entwickelte vorsichtig die Palette an Instrumenten, die in dem Score verwendet werden sollten“, erzählt der Komponist im Booklet zum Soundtrack. „Wir wollten der Musik einen groben und authentischen Charakter verleihen, um die Qualitäten, die wir in Deacon und den überlebenden Kameraden, die er treffen würde, zu reflektieren. Der Score musste aber auch zu der wundervollen Landschaft und zur breiten emotionalen Bandbreite der Story sprechen. Die Kombination aus Gitarren, Streichern, Percussion und atmosphärischen Texturen entwickelten sich von Beginn an als Elemente, die mit der Welt von ,Days Gone‘ verknüpft wird. Mit diesen Farben zu komponieren berührte mich persönlich. Das resultiert vielleicht aus der Tatsache, dass ich ursprünglich ein Gitarrenspieler aus einer Kleinstadt in Tennessee bin, aber die Idee zu diesen Sounds, die Deacon auf den einsamen Straßen des Nordwesten am Pazifik begleiten, macht einfach Sinn.“
Sony Classical veröffentlicht darüber hinaus zwei neue, ganz unterschiedliche Arbeiten von Erfolgskomponist Henry Jackman („Jack Reacher: Kein Weg zurück“, „X-Men: Erste Entscheidung“). Für Rob Lettermans Action-Abenteuer-Komödie „Pokémon Meisterdetektiv Pikachu“ schuf er einen vitalen, sowohl orchestralen, als auch verspielt elektronischen Score.
„Die Musik für ,Detektiv Pikachu‘ zu schreiben hat immensen Spaß gemacht. Der Film war eine einzigartige Einladung, um eine neue musikalische Welt zu kreieren, die all die wundervollen und farbenfrohen Charaktere des Pokémon-Universums repräsentiert“, erzählt Jackman im Booklet zum CD-Release. „Ich habe es wirklich genossen, viele verschiedene Klangfarben zu benutzen, so dass man, wenn man genau hinhört, alles vom vollen Sinfonieorchester bis zu analogen Vintage-Synthesizern hören kann.“
Für Edward Zwicks biografisches Drama „Trial by Fire“ fand Jackman hingegen eher schwermütige, leise Klänge. Schließlich handelt der Film von tragischen Geschichte, wie Cameron Todd Willingham in Texas zum Tode verurteilt wurde, nachdem wissenschaftliche Beweise und Expertenaussagen, die seine Unschuldsbeteuerungen untermauerten, unterdrückt worden waren.
Playlist:
1. Henry Jackman - To Dust I Will Return (Trial by Fire) - 05:24
2. Henry Jackman - Ryme City (Pokémon Detective Pikachu) - 02:12
3. Mark Isham - Just Desserts (Cloak & Dagger: Season 2) - 05:37
4. Alexander Bornstein - What We Really Discovered (First to the Moon) - 05:36
5. Jeff Beal - Only an Illusion (Light Falls: Space, Time, and an Obsession of Einstein) - 03:03
6. Jeff Beal - The Rains Arrive (The Biggest Little Farm) - 03:41
7. Bear McCreary - The Handfasting Ceremony (Outlander - Season 4) - 03:42
8. Bear McCreary - Eliza Merrett (The Professor and the Madman) - 04:45
9. Bear McCreary - Ghidorah Theme (Godzilla: King of the Monsters) - 02:42
10. Nathan Whitehead - The Broken Road (Days Gone) - 03:23
11. George Fenton - Max in Jail (Red Joan) - 02:47
12. Herdís Stefánsdóttir - Four Minutes Stare (The Sun is Also a Star) - 04:53
13. Anne Dudley - Full Moon Tonight (The Hustle) - 02:36
14. Jon Ekstrand - Rabbit Hole Postlude (Queen of Hearts) - 02:50
15. Nainita Desai - Intense Discussions (Enemy Within) - 03:17
16. Thomas Newman - Fellowship (Tolkien) - 05:06
17. Jóhann Jóhannsson, Hildur Guðnadóttir, Rutger Hoedemaekers - Alone (Trapped) - 04:30
18. Ryan Miller - Peep That (The Last Summer) - 02:36
19. Christopher Lennertz - Good Job (Shaft) - 02:33
20. Zbigniew Preisner - Main Theme Version, Pt. 1 (The History of Eternity) - 04:07
21. Hans Zimmer - Coda (X-Men: Dark Phoenix) - 03:25
22. Dominik Scherrer - Adidja (The Widow) - 03:48
23. Geoff Zanelli - Tapestry (The Intruder) - 02:18
24. Brian McComber & Malcolm Pearson - Epilogue (Little Woods) - 04:48
25. Benjamin Wallfisch - Gentoo Penguins (Hostile Planet, Vol. 3) - 04:03
26. Ramin Djawadi - The Last of the Starks (Game of Thrones: Season 8) - 04:52
27. Elmer Bernstein - Dana's Theme (Ghostbusters) - 03:32
28. Leonard Rosenman - Room 301 (Ambition) - 01:48
29. Gerald Fried - Pool Games (The Baby) - 01:42
30. Rupert Gregson-Williams, Harry Gregson-Williams - John Yossarian (Catch-22) - 03:44
31. Mark Isham - A Dog's Journey/A Dog's Purpose (A Dog's Journey) - 06:15
32. Tyler Bates & Joel J. Richard - Elder Tent Offering (John Wick 3: Parabellum) - 04:46

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