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Samstag, 3. August 2019

Playlist #272 vom 04.08.2019 - NEUHEITEN 2019 (5)

In der ersten Neuheiten-Sendung der zweiten Jahreshälfte gibt es eine bunte Mischung aus Horror-Scores („Ma“, „Child’s Play“), Musik zu Familien-Abenteuern („The Lion King“, „Spider-Man: Far from Home“, „Playmobil – The Movie“), Fernsehserien („Too Old to Die Young“, „Strange Angel“, „The X-Files“, „The Expanse“, „Star Trek: Discovery“, „The Name of the Rose“) sowie Neu- und Wiederveröffentlichungen klassischer Soundtracks („Monsignor“, „Lawman“, „Birds Do It, Bees Do It“, Chato’s Land“, „Young Sherlock Holmes“).

Nach dem gefühlvollen Opener von Guy Jackson zum Videospiel „Sea of Solitude“, das den Spieler auf eine persönliche Reise in die Einsamkeit führt, die durch den Verstand einer jungen Frau namens Kay erfahren wird, und der Musik von Ryan Blotnick & Tyler Wood zu dem Netflix-Dokumentarfilm „Knock Down the House“ über vier Frauen aus dem Lager der amerikanischen Demokraten, die 2018 für den Kongress kandidierten, entführen uns Hugar mit ihrem zweiten Album „Varda“ in typisch isländische Klangwelten. Das 2013 von Bergur Þórisson und Pétur Jónsson gegründete Duo hat bereits in verschiedenen Funktionen für Künstler wie Björk, Ólafur Arnalds, Jóhann Jóhannsson und Sigur Ros gearbeitet und mit „Varda“ ein wundervolles Album kreiert, das auf organische Weise elektronische und akustische Elemente zu einem mal verträumten, mal sanft groovenden Klangteppich verwebt, mit dem Hugar eine nie endende Reise beschreiben wollen.
Nach „Drive“, „Only God Forgives“ und „The Neon Demon“ kommen der dänische Filmemacher Nicolas Winding Refn und Komponist Cliff Martinez auch zur Amazon-Mini-Serie „Too Old to Die Young“ zusammen, in der ein Detective in Los Angeles ein Doppelleben als Auftragskiller führt.
In die Weiten des Alls führt uns nicht nur Jeff Russo mit der Musik zur zweiten Staffel von „Star Trek: Discovery“, sondern auch David Stone Hamilton mit seinem orchestral wuchtigen Score zu Carl Strathies Sci-Fi-Thriller „Solis“.
,Solis‘ ist ein Weltraum-Survival-Thriller, mit einer Hauptfigur, die sich im Wettlauf mit der Zeit befindet, um seinen Retter zu treffen“, erklärt der in Los Angeles beheimatete Komponist. „Wir wollten einen Score kreieren, der die steigende Spannung und den bevorstehenden Untergang mit einer musikalisch inszenierten ,tickenden Zeitbombe‘ reflektiert, die auf verschiedene Arten eingesetzt wird. Manchmal ist es buchstäblich eine tickende Uhr, und manchmal verwenden wir moderne Percussion-Effekte oder Col-Legno-Streicher, um diesen Effekt zu erzielen. Unser Solarthema repräsentiert die Größe und fast hypnotische Anziehungskraft der Sonne sowie die existenzielle Bedrohung, die es für unseren Protagonisten darstellt. Ein weiteres wichtiges Thema war das ansteigende Halbtakt- oder Moll-Sekundenintervall, das John Williams‘ brillanter ,Jaws‘-Partitur entspricht, um die inhärente Spannung mit diesem dissonanten Intervall zu erzeugen. Wir haben auch einige Momente für ein koreanisches Instrument namens Haegeum reserviert, das einen wirklich jenseitigen Klang besitzt.“ 
Aus dem Hause des Blumhouse-Studios, das uns bereits moderne Horror-Perlen wie „Get Out“, „ Happy Death Day“, „Split“, „Glass“, „Paranormal Activity“ und „The Purge“ beschert hat, kam Ende Mai mit „Ma – Sie sieht alles“ ein neues Werk ins Kino, zu dem Gregory Tripi („Dark Places“) einen überwiegend elektronischen Score komponiert hat. Tripi, der sowohl für Christopher Young („Der Fluch – The Grudge 2“, „Drag Me To Hell“) als auch für Cliff Martinez („Drive“, „Contagion“) als Musikprogrammierer, Score-Produzent und Komponist zusätzlicher Musik tätig gewesen ist und als eigenständiger Komponist für Fernsehserien wie „Manhunt: The Unabomber“ und „The Fix“ verantwortlich zeichnete, hat den atmosphärischen Score zu „Ma“ aber auch mit ungewöhnlichen Instrumenten wie Fagott und Ukulele verfeinert und damit das eher klassische Set-up von Klavier, Cello und Vocals ergänzt.
Nachdem Caldera Records bereits früher in diesem Jahr Gerald Frieds Score zum Horror-Thriller „The Baby“ (1973) veröffentlicht hatte, legt das Label nun mit Frieds Oscar-nominierten Score zu „Birds Do It, Bees Do It“ (1974) nach. Der Dokumentarfilm von Nicolas Noxon und Irwin Rosten geht der Frage nach, wie sich nicht nur Bakterien, sondern vor allem verschiedene Tiere reproduzieren. Fried entschied sich, menschliche Wesen in dem Score mit tonalen Themen abzubilden, während Tieren weniger organisierte und thematisierte, aber doch melodische Musik zugeordnet werden sollte. Während das Liebesspiel von Insekten mit elektronischen Instrumenten und/oder Percussions untermalt wurde, bekamen Amöben rein synthetische Klänge zugeordnet.
In der Reihe Intrada Special Collection sind zuletzt einige Klassiker in erweiterter Fassung erschienen, so vor allem John Willams‘ mit dem London Symphony Orchestra eingespielter Score zu Frank Perrys Drama „Monsignor“ aus dem Jahre 1982 mit Christopher Reeve und Genevieve Bujold in den Hauptrollen. Williams komponierte ein wundervolles Hauptthema mit der Solo-Trompete von Maurice Murphy, mit dem Williams bereits 1977 bei „Star Wars“ zusammengearbeitet hatte. Die Expanded Edition des Soundtrack enthält neben der remasterten Version des ursprünglichen LP-Materials auch zwei bislang unveröffentlichte Cues und alternative Takes von verschiedenen anderen Stücken.
Von Jerry Fielding sind gleich zwei Re-Releases in neu editierten und remasterten Editionen erhältlich. Für Michael Winners Western „Lawman“ mit Burt Lancaster, Lee J. Cobb und Robert Duvall in den Hauptrollen komponierte Fielding 1971 einen kurzen und eher Western-untypischen Score, der nicht die Weite des Landes und die Gewalt in den Vordergrund stellt, mit seinen packenden Melodien und vollen Orchester-Arrangements aber durchaus Spannung erzeugt. Ein Jahr später arbeiteten Winner und Fielding auch bei „Chato’s Land“ zusammen. Charles Bronson spielt den Halbblut-Apachen Chato, der einen weißen Sheriff in Notwehr erschießt und dafür von nach Rache dürstenden Stadtbewohnern gejagt wird. Fielding steuerte dazu einen weniger thematisch geprägten Score bei, der auf kleineren Motiven, dynamischen Percussion-Rhythmen und packenden Harmonie-Strukturen aufgebaut ist.
Die Leidenschaft für den Film haben die beiden Brüder Charles und Richard Band von ihrem Vater Albert geerbt, der bereits in den 1950er Jahren begonnen hatte, Filme wie „I Bury the Living“ und „Keinen Cent für Ringos Kopf“ zu drehen und zu produzieren. Durch seine eigene Produktionsfirma Empire Pictures ermöglichte er seinem Sohn Charles, Fuß als Filmemacher zu fassen, während dessen Bruder Richard die Musik dazu komponierte. 2013 vertonte Richard Band auch dessen Fantasy-Horror-Film „Unlucky Charms“. Der Score vereint elektronische und orchestrale Elemente zu einem Werk, das magische, historische und gruselige Momente auf eindringliche Weise vereint.
Neu erhältlich ist auch ein neu remastertes, leicht erweitertes 3-CD-Set von Bruce Broughtons populärem Score zur Spielberg-Produktion von „Young Sherlock Holmes“. Unter der Regie von Barry Levinson ist 1985 ein Fantasy-Abenteuer entstanden, das Broughton direkt im Anschluss an seinen gefeierten Western-Score zu „Silverado“ komponierte und mit dem Sinfonia of London einspielte. Der 90-minütige Score wartet mit wundervollen Themen, robusten Action-Sequenzen, orchestralen und choralen Elementen und sowohl reichhaltigen harmonischen wie atonalen Cues auf.
Playlist:
1. Guy Jackson - Kay's Theme (Sea of Solitude) - 03:54
2. Ryan Blotnick & Tyler Wood - Everybody Loses (Knock Down The House) - 03:16
3. Hugar - Frost (Varda) - 06:21
4. Ryuichi Sakamoto - This is my Last Day 2 (Black Mirror: Smithereens) - 02:37
5. Peter Gregson - Adam Leaves (Adolescence) - 06:05
6. Daniel Hart - Ad Astra Per Aspera (Strange Angel: Season 1) - 04:30
7. Michael Giacchino - Multiple Realities (Spider-Man: Far from Home) - 03:33
8. H. Scott Salinas & Reza Safinia - Leadership Transferred (Warrior) - 03:22
9. Hans Zimmer - Reflections of Mufasa (The Lion King) - 05:09
10. Cliff Martinez - Viggo and Diana (Too Old to Die Young) - 03:16
11. Rael Jones - Sedan Jam (Harlots: Season 3) - 04:04
12. Stephen Endelman - Home Run (Bottom of the 9th) - 05:13
13. Burkhard Dallwitz - Taste it (Locusts) - 02:47
14. Gregory Tripi - You Can Beat It Ma (Ma) - 01:40
15. Mark Snow - The Seeds of Mistrust (The X-Files: Season 11) - 04:24
16. Bear McCreary - Karen and Andy (Child's Play) - 02:11
17. Volker Bertelmann - The Copy Room (The Name of the Rose) - 02:11
18. Clinton Shorter - Blue Falcon (The Expanse: Season 2) - 03:04
19. Lesley Barber - Katherine's Apology (Late Night) - 02:25
20. Alex Weston - Pathetique (The Farewell) - 03:55
21. Heitor Pereira - Emperor's Theme (Playmobil - The Movie) - 02:24
22. Jeff Russo - Goodbye, Pike (Star Trek: Discovery - Season 2) - 03:41
23. David Stone Hamilton - Let Me Save You (Solis) - 05:36
24. Gerald Fried - Elephants and Lions (Birds Do It, Bees Do It) - 03:51
25. John Williams - At the Forum (Monsignor) - 05:20
26. Jerry Fielding - Titles [Lawman Theme] (Lawman) - 04:40
27. Jerry Fielding - Peeping Tom on the Hi Ridge (Chato's Land) - 03:08
28. Richard Band - End Titles (Unlucky Charms) - 03:07
29. Bruce Broughton - Holmes and Elizabeth - Love Theme (Young Sherlock Homes) - 02:00
30. Steven Price - To Lose Himself in Vengeance (Ophelia) - 07:02

Samstag, 8. Dezember 2018

Playlist #255 vom 09.12.2018 - NEUHEITEN 2018 (6)

In der sechsten und letzten Sendung mit aktuellen Soundtrack-Neuheiten begegnen uns wieder eine Vielzahl von alten Bekannten, großen Namen wie vielversprechende Newcomer. So präsentiert uns James Newton Howard gleich zwei Arbeiten zu märchenhaften Filmen, Hans Zimmer eine weitere Zusammenarbeit mit Regisseur Steve McQueen („Widows“), Carter Burwell erneut einen Score zu einer Produktion der Coen-Brüder („The Ballad of Buster Scruggs“) und Max Richter zwei wiederum sehr gefühlvolle Arbeiten für die Deutsche Grammophon („Mary Queen of Scots“, „My Brillant Friend“). Dazu gesellen sich etliche Deluxe-Editionen und Neuveröffentlichungen älterer Soundtracks durch Varese Sarabande (u.a. John Williams‘ „Dracula“, „The Dave Grusin Premiere Collection“ mit vier Scores, Basil Poledouris‘ „On Deadly Ground“) und Intrada (u.a. „Balto“ und „*batteries not included“ von James Horner, „Remote“ und „Prehysteria!“ von Richard Band).

Den Auftakt macht Emmy-Gewinner Bear McCreary („10 Cloverfield Lane“, „The Walking Dead“) mit seiner sehr melodischen, von verträumten Chören umspielten Musik zu Scott Speers übersinnlichen Romantic-Thriller „I Still See You“, der in einer postapokalyptischen Welt spielt, die von Geistern bewohnt wird. Als sie und ihr Mitschüler von ihrem Lehrer damit beauftragt werden, die drei Geister, die sie jeden Tag besuchen, zu filmen, stoßen sie auf eine Spur zu einigen Mädchenmorden der jüngsten Zeit.
James Newton Howard stand vor der großen Herausforderung, für die Disney-Verfilmung von Tschaikowskys berühmten Ballett „Der Nussknacker“ eine neue Musik um Tschaikowskys Original-Komposition herum zu kreieren, wobei ihn der berühmte Klaviersolist Lang Lang und Gustavo Dudamel unterstützten, der das Philharmonia Orchestra dirigierte.
„Ich würde nicht sagen, dass ich Tschaikowsky eine Farbe hinzufügen musste. Ich musste aber Musik schreiben, die die Charaktere in der Geschichte unterstützt. Denn die Geschichte in dem Film unterscheidet sich sehr stark von Tschaikowskys Nussknacker“, beschreibt Howard seine Arbeit im Interview mit br-klassik.de. „Ich meine, die ursprüngliche Geschichte ist ja sehr simpel: Ein Mädchen geht schlafen und in ihrem Traum wird die Welt um sie herum lebendig, alles tanzt und dann wacht sie wieder auf. Für einen großen Disney-Film wäre das nicht genug. Darum wurde eine neue Handlung entwickelt. Dafür musste ich neue Musik schreiben, um den Figuren eine musikalische Identität zu geben, sowohl durch Melodien, als auch durch das Timbre.“ 
Auch für das neue Harry-Potter-Spin-off „Phantastische Tierwesen: Grindelwalds Verbrechen“ schrieb James Newton Howard ebenso wie schon für den Vorgänger die Musik und setzte diese mit einem fast hundertköpfigen Orchester um. „Eine Sache, die man in jeder Story von J.K. Rowling erwarten kann, ist, dass es eine Menge Spannung und Action geben wird, also besteht die grundlegende Idee darin, dass du in der Lage sein musst, eine gute Action-Sequenz zu schreiben“, verriet der Komponist bei einem Studiobesuch durch pottermore.com. „Das habe ich sehr, sehr ernst genommen. Ich habe es geschrieben, als würde ich es für irgendein menschliches Drama tun, aber ich habe versucht, ihm einen einzigartigen Sound zu verleihen. Denn letzten Endes ist es eben magisch.“ James Newton Howards Freund und berühmter Kollege Hans Zimmer hat mit „Widows“ nach „12 Years a Slave“ auch den neuen Film von Steve McQueen vertont. In diesem Thriller spielt Viola Davis die ans Luxusleben gewöhnte Verbrecherbraut Veronica, die nach dem plötzlichen Tod ihres Mannes Harry (Liam Neeson) auf einem Berg von Schulden sitzt, den der brutale Gangster Jamal Manning nun von ihr einfordert. Veronica sieht keine andere Möglichkeit, als zusammen mit den übrigen Witwen von Harrys Kollegen einen großen Coup zu landen. Zimmer lieferte dazu einen düster pulsierenden Score, immer wieder auch rhythmisch geprägten, repetitiven Score, der sicher nicht zu seinen besten Werken zählt, aber den Film perfekt unterstützt.
Den ruhigeren Part der heutigen Sendung leitet der amerikanische Pianist, Komponist und Produzent Nicholas Britell mit seinem elegischen Score für „If Beale Street Could Talk“ ein, den neuen Film von Oscar-Preisträger Barry Jenkins („Moonlight“). „Beale Street“ erzählt die Geschichte des seit Kindheit befreundeten Liebespaares Tish und Fonny, das Anfang der 1970er in Harlem vor dem Problem steht, dass Fonny einer Vergewaltigung beschuldigt wird, die er nicht begangen hat.
„Es war eine wirklich spezielle Erfahrung, mit Barry an ‚If Beale Street Could Talk‘ zu arbeiten“, meint Nicholas Britell, der Elemente aus Jazz und Klassik in seinem eindringlichen Score vereinte. „Zusammen haben wir eine Klanglandschaft erforscht, die mit Bläsern und Streichern ebenso gefüllt wurde, aber auch mit sehr experimentierfreudigen Klängen einherging. Als Barry und ich zusammenarbeiteten, entdeckten wir bestimmte Sounds, von denen wir glaubten, dass sie sehr stark mit der Story zusammenwirken.“ 
Auch Brian Tyler hat für den Dokumentarfilm „The Devil We Know“ eine sehr gefühlvolle Musik mit akzentuiert eingesetzten Instrumenten komponiert. Der Film von Stephanie Soechtig und Jeremy Seifert dokumentiert einen der größten Gerichtsprozesse der vergangenen Jahre. Angeführt von einem Gymnasiallehrer und einem Rinderfarmer haben die Bürger einer Kleinstadt in West Virginia gegen die multinationalen Chemie-Giganten Dupont und 3M prozessiert. Um diesen heroischen Kampf adäquat umzusetzen, griff er auf ein reiches musikalisches Spektrum zurück.
„Ich schrieb den Score auf thematischer Basis und verwendete multiple Pianos, Electronics, Gitarren, Cellos, Rhodes Piano und meine eigene Stimme, um die Musik zu kreieren“, erklärt Tyler. „Meine Hoffnung besteht darin, dass die Musik den Hörer auf eine Klangreise mitnimmt, die die wahre Story des Films und der bemerkenswerten Menschen reflektiert, die aufstehen und gegen die mächtigen Feinde mit Wahrheit und Tapferkeit kämpfen. Während die Musik die mysteriösen Schichten des weltweiten ökologischen Skandals widerspiegelt, wollte ich mich auf das Betonen der emotionalen Fundamente konzentrieren.“
Der vierte Film in der dänischen Krimiserie um das Dezernat Q, die auf Bestsellern von Jussi Adler-Olsen basiert, wartet nicht nur mit einem neuen Regisseur, sondern auch einem neuen Komponisten-Duo auf. Mikkel Maltha hat mit Regisseur Christoffer Boe bereits am Ausstellungs-Film „The Journey“ (2017) zusammengearbeitet, während Anthony Lledo 2008 auf Einladung von Harry Gregson-Williams nach Los Angeles gezogen ist, um ihn bei der Arbeit an Filmen wie „X-Men Origins: Wolverine“ (2009), „Prince of Persia: The Sands of Time“ (2010) und „Unstoppable“ (2010) zu unterstützen.
„Viel Mühe wurde darauf verwendet, eine solide und definierte Palette an Klängen, Instrumenten, musikalischen Texturen und thematischen Entwicklungen zu kreieren“, erklären die beiden Komponisten ihre Arbeit an dem Projekt. „Es ist ein dunkler Film, sowohl in visueller als auch thematischer Hinsicht, der von Hoffnungslosigkeit, Verlust und Wut handelt, die auf Ereignisse zurückzuführen sind, die von den 1960er Jahren bis zur Gegenwart reichen. Musikalisch war vor allem der Gebrauch und die klangliche Behandlung der Streicher-Sektion ein Schlüsselelement, um diese Ereignisse zu verknüpfen und den Ton für den Film zu etablieren.“
Unter den Wiederveröffentlichungen und Deluxe Editions der letzten Zeit ragen vor allem „Dracula“ von John Williams auf einer Doppel-CD mit dem kompletten Score und dem Soundtrack-Album von 1979 ebenso heraus wie „The Dave Grusin Premiere Collection“, mit der Varese Sarabande vier bislang unveröffentlichte Scores von Oscar-Preisträger Dave Grusin („Tootsie“, „Die drei Tage des Condor“, „Die Reifeprüfung“) in einem limitierten 3-CD-Bundle zusammenfasst. Neben dem funkigen und jazzigen Score zum Justizdrama „… And Justice For All“ (1979) mit Al Pacino und dem Sydney-Pollack-Drama „Absence of Malice“ (1981) mit Paul Newman und Sally Field in den Hauptrollen erscheint auch Grusins Musik zu dem satirischen Mystery-Krimi „Murder by Death“ (1976) erstmals auf CD. Als Bonus ist Grusins Musik zum Justizdrama „The Pursuit of Happiness“ (1971) von Robert Mulligan ebenso enthalten wie der dazugehörige Song „Let Me Go“ von Randy Newman.
Intrada hat derweil die beiden James-Horner-Scores „Balto“ und „*batteries not included“ als Expanded Editions veröffentlicht. Nach „An American Tail: Fievel Goes West“ und „We’re Back! A Dinosaur’s Story“ war „Balto“ 1995 der dritte Animationsfilm, den Horner für Steven Spielbergs Amblimation vertont hat. Im Gegensatz zu dem groß angelegten sinfonischen Score zu „Balto“ schuf Horner für die Fantasy-Komödie „Das Wunder in der 8. Straße“ (1987) eine Musik, die zunächst Big-Band-Charakter hat und später die für Horner in den 1980er Jahren typischen Orchester-Arrangements für Fantasy-Produktionen aufweist. Erstmals veröffentlicht Intrada auch die Scores, die Richard Band 1993 zu den beiden familienfreundlichen Abenteuerfilmen „Prehysteria!“ und „Remote“ (Randy räumt auf) komponiert hat und mit denen Band aus dem Horror-Genre ausbrechen konnte, für das er abonniert gewesen war.
Playlist:
01. Bear McCreary - Ten Years Later (I Still See You) - 04:42
02. James Newton Howard - Presents From Mother (The Nutcracker and the Four Realms) - 05:50
03. James Newton Howard - Leta's Confession (Fantastic Beasts : The Crimes of Grindelwald) - 05:13
04. John Williams - Meeting in the Cave (Dracula) - 03:32
05. James Horner - The Flying Lesson (*batteries not included) - 07:51
06. Basil Poledouris - Chief Meets Forrest (On Deadly Ground) - 03:18
07. Hans Zimmer - Perimeter Check (Widows) - 03:09
08. Michael Giacchino - The Suite at the El Royale (Bad Times at the El Royale) - 07:52
09. Nicholas Britell - Eros (If Beale Street Could Talk) - 03:15
10. Brian Tyler - Liable Motion (The Devil We Know) - 05:17
11. Max Richter - Elena & Lila (My Brilliant Friend) - 04:54
12. Georges Delerue - The Lover (Love Thy Neighbor) - 02:09
13. Jonathan Beard - Requiem at the Ocean (What Still Remains) - 04:28
14. Rob Simonsen - Overnight (The Front Runner) - 06:45
15. Mikkel Maltha & Anthony Lledo - The Ferry (Journal 64 + The Purity of Vengeance) - 02:58
16. Ethan Gold - Sway Lake Finale (The Song of Sway Lake) - 02:31
17. Dave Grusin - Why Go Back (The Pursuit of Happiness) - 03:30
18. Dave Grusin - Piano and Pasta (Absence of Malice) - 03:08
19. Richard Band - Ruby Hatches Eggs (Prehysteria!) - 02:51
20. Carter Burwell - The End of Buster Scruggs (The Ballad of Buster Scruggs) - 03:47
21. Theodore Shapiro - Ecstasy (Destroyer) - 04:14
22. Kris Bowers - Lonesome Road (Green Book) - 02:28
23. Imogen Heap - The Forbidden Forest (Harry Potter and the Cursed Child) - 03:02
24. Ludwig Göransson - You Belong with Us (Venom) - 03:09
25. Richard Band - Main Title (Remote) - 03:01
26. Arthur B. Rubinstein - Paper, Rocks, Scissors (Another Stakeout) - 02:49
27. James Horner - Rosy Goes To The Doctor (Balto) - 04:06
28. Max Richter - Elizabeth's Portrait (Mary Queen of Scots) - 03:40

Freitag, 12. Oktober 2018

Playlist #251 vom 14.10.2018 - NEUHEITEN 2018 (5)

In der heutigen Neuheiten-Sendung treffen wie gewohnt alte Bekannte auf neue Namen, Hollywood-Produktionen auf europäische Filmkunst, Film auf Fernsehen, Dokumentationen auf Unterhaltung, Animationen auf Realfilm. Dabei sind renommierte Komponisten wie Lorne Balfe, Clint Mansell und Max Richter gleich mit mindestens zwei Arbeiten vertreten, dazu sorgen Vinyl- bzw. CD-(Re-)Releases von John Carpenter, Gary Chang, Trevor Jones, Jerry Goldsmith und Richard Band für nostalgisches Flair.

Eröffnet wird der bunte Reigen vom umtriebigen Benjamin Wallfisch, der vor allem durch seine erfolgreiche Zusammenarbeit mit Hans Zimmer an Filmen wie „Blade Runner 2049“, „Dunkirk“ und „Hidden Figures: Unerkannte Heldinnen“, zuletzt aber durch seinen Score zum Horror-Highlight „It“ zu den aufstrebenden Vertretern seiner Zunft zählt. Für „Ein letzter Job“ (King of Thieves) von James Marsh komponierte Wallfisch einen erfrischenden, jazzigen Big-Band-Score, der an Daniel Pembertons „Ocean’s 8“ und Brian Tylers „Now You See Me“-Arbeiten erinnert.
Bevor die erfolgreiche Netflix-Serie „House of Cards“ in die sechste und letzte Runde geht, für die Jeff Beal die ebenso einzigartige Musik beigesteuert hat, schuf er mit „House of Cards Symphony“ ein Konzertwerk, das ihm die Möglichkeit gab, in zehn Stücken die thematischen Ideen und Charaktere der Serie zu verarbeiten.
„Dies ist in erster Linie Konzert-Musik und für mich vor allem ein wenig eine Coming-out-Party als klassischer Komponist, aber es ist auch Teil dessen, was ich als eine neue eklektische Annäherung an den Konzertsaal betrachte“, erläutert Jeff Beal dazu. „Indem ich diese zwei disparaten Gebiete meiner Arbeit (Soundtrack-Arbeiten und die symphonische Welt) miteinander verbinde, denke ich, dass die Aufnahmen meine Stimme auf eine neue Weise präsentieren.“ 
Dabei hat er die Kern-Instrumente der Musik zur Serie – elektrische und Bass-Gitarre, Drums, Piano und Flügelhorn – ins Zentrum des symphonischen Ensembles gestellt.
Aus dem Hause Amazon Studios kommt die US-amerikanische Spoof-Comedy-Serie „Comrade Detective“, in der Channing Tatum und Joseph Gordon-Levitt eine alte rumänische Serie aus den 1980er Jahren entdecken, in der auf unterhaltsame Weise zu Propagandazwecken die kommunistischen Ideale und Feindbilder schärfen wollte. Die beiden Amerikaner sind so begeistert von ihrem Fund, dass sie die Serie über zwei rumänische Cops, die den Mord an einem Kollegen aufklären wollen und dabei auf eine gewaltige Verschwörung des Kapitalismus stoßen, dem amerikanischen Publikum zugänglich machen wollen. Also setzen sie sich kurzerhand an eine mehr oder weniger professionelle Synchronisation der einzelnen Folgen. Die Musik zur ersten Staffel komponierte Joe Kraemer („Mission Impossible: Rogue Nation“, „Jack Reacher“):
„Auf die gleiche Weise, in der Schauspieler in der Lage sind, wie andere Menschen zu sprechen, hatte ich eine Menge Spaß dabei, mir vorzustellen, ich sei ein rumänischer Komponist, der Anfang der 1980er Jahre lebt und versucht, für die kommunistische Regierung pseudo-amerikanische Cop-Serien-Musik zu schreiben.“ 
In ihrer Dokumentation „306 Hollywood“, die die Geschwister Elan und Jonathan Bogarín in der NEXT-Sektion des diesjährigen Sundance Film Festivals vorgestellt haben, schildern sie die archäologische Ausgrabung des Anwesens ihrer verstorbenen Großmutter und entdecken dabei wertvolle Schätze voller Erinnerungen.
„Der Film erforscht die Dinge, die zurückbleiben, wenn ein geliebter Mensch stirbt. Jedes Objekt ist eine Pforte in die Gefühle der Vergangenheit – und das ist wie eine Zeitreise. Die Musik reist ebenfalls durch die Jahrzehnte, mit dem schicken Optimismus der 60er, den hippen Drumbeats der 70er sowie den allumfassenden Themen des Surrealismus und bittersüßen Reminiszenzen“, beschreibt Komponist Troy Herion die Arbeit an der magisch-realistischen Dokumentation. „,306 Hollywood‘ stellt eine einzigartige Zusammenarbeit dar, zu der ich nicht nur die Musik beisteuerte, sondern auch einer der Cutter gewesen bin. So hatte ich die Freiheit, eine Szene so zu der Musik zu schneiden, dass eine tiefe Verbindung zwischen der Musik, den Bildern und dem Rhythmus des Films entstehen konnte. Ich habe den Film im Ganzen als Ganzes musikalisch betrachtet.“ 


Simon Franglen hat zwar erst durch die Vollendung von James Horners letzter Arbeit „The Magnificent Seven“ an Popularität gewonnen, doch der gebürtige Londoner ist in der Musikszene seit den 1990er Jahren sehr umtriebig. So war er als Musiker und Produzent für Musikgrößen wie Michael Jackson, Whitney Houston, Quincy Jones, Celine Dion und Madonna tätig, arbeitete mit den Komponisten James Horner, Howard Shore, John Barry und Alan Silvestri zusammen, arrangierte sowohl James Horners Scores zu „The Amazing Spider-Man“ und „Avatar“ als auch Thomas Newmans Arbeiten für die James-Bond-Filme „Skyfall“ und „Spectre“.
Für den Action-Thriller „Peppermint“ komponierte er eine vielschichtige Musik, die die widersprüchlichen Emotionen der jungen Mutter Riley North (Jennifer Garner) widerspiegelt, die aus dem Koma erwacht, nachdem sie die Attacke eines Killers auf ihre Familie überlebt hatte, bei der ihr Mann und ihre Tochter getötet wurden.
,Peppermint‘ hat eine Schnittkante, die offenen Wunden der Hauptperson, Riley North, sind sowohl körperlich als auch mental“, erklärt Franglen. „Die Musik musste die zwei unterschiedlichen Seiten zeigen, die innerhalb und außerhalb von Rileys Kopf existieren. Sie hatte ihre Emotionen ebenso zu reflektieren wie die Action und Spannung vorwärtszutreiben, wie es jeder Thriller sollte.“ 
Franglen verwendete dazu verzerrte Percussion und Gitarren, akustische Instrumente, modulare Synthis und Audio-Manipulationen, dazu ein 60-köpfiges Orchester mit Cellos, während die gefühlvolleren Momente kamen Piano, Solo-Cello und sanfte Streicher zum Einsatz.
Nach den einfühlsamen Klängen von Dustin O’Halloran, Max Richter, William Ross und Alexandre Desplat veredelt Lisa Gerrard einmal mit ihrer einzigartigen Stimme die Musik des polnischen Komponisten Zbigniew Preisner, mit dem sie bereits 2013 an dessen Album „Diaries Of Hope“ zusammengearbeitet hatte. Neben ihrem Beitrag zum Soundtrack „Valley of Shadows“ veröffentlichte sie aber mit „Hiraeth“ auch ein eigenes Album zusammen mit dem deutschen Percussion-Spieler David Kuckhermann.
Die exotisch anmutenden Klänge setzen sich auch in Trevor Yuiles („Orphan Black“) Musik zur zweiten Staffel von „Into The Badlands“ fort. Die Sendung wird abgerundet durch gleich drei Beiträge von Clint Mansell zu Duncan Jones‘ Mystery-Science-Fiction-Thriller „Mute“, zu Adam Bhala Loughs Dokumentation „The New Radical“ und Ben Wheatleys Drama „Happy New Year, Colin Burstead“ sowie Erstveröffentlichungen von Jerry Goldsmiths Score zur Steve-Martin-Komödie „The Lonely Guy“ (1984) und Richard Bands Arbeit an der Webserie „Ravenwolf Towers“ (2016). Außerdem hat Intrada endlich die vollständige Musik von Trevor Jones zum Piratenabenteuer „Nate and Hayes“ aus dem Jahre 1983 auf einer Doppel-CD veröffentlicht.
Während Gary Changs Latin-geprägter Synth-Score zum Chuck-Norris-Actioner „Firewalker“ erstmals von Varese Sarabande auf CD veröffentlicht wird, erlebt John Carpenters Musik zu seinem eigenen Film „Ghosts of Mars“ (2001) sein Vinyl-Debüt in einer auf 500 limitierten, handnummerierten Auflage.
Mit seinem Dokumentarfilm „The Raft“ rekapituliert Marcus Lindeen ein außergewöhnliches Gruppenexperiment, bei dem im Jahre 1973 fünf Männer und sechs Frauen auf einem Holzfloß über den Atlantik trieben, wobei die Soziologie von Gewalt, Aggression und sexueller Anziehung im menschlichen Verhalten erforscht werden sollte. Lindeen führte die noch überlebenden Teilnehmer der dreimonatigen Expedition wieder zusammen und erzählt mit Hilfe außergewöhnlichen Archivmaterials die Geschichte hinter einem der seltsamsten Gruppenexperimente aller Zeiten.
„Ich fand Inspiration in alten Hollywood-Filmen, vor allem in der Art, wie Harmonie in solchen Tagen mit einer konstanten Modulation von einem Ort zum nächsten mit nur wenigen Bildern funktionierte“, schildert der schwedische Komponist Hans Appelqvist seine Arbeit an dem Film. „Ich habe versucht, diesen Ansatz zu aktualisieren und in meinem Score einzusetzen, um das Publikum zu überraschen und zu bezaubern. Außerdem habe ich einen eher puristischen Weg gewählt, um die Musik aufzunehmen. Es waren kein Overdubbing und keine Synthesizer erlaubt, sondern nur akustische Instrumente, die in einem gut klingenden Raum zusammenspielten.“ 
Playlist:
01. Benjamin Wallfisch - Where's Basil (King of Thieves) - 04:36
02. Jeff Beal - House of Cards Fantasy (House of Cards Symphony) - 03:22
03. Darren Fung - Arctic Horses That Made Arctic People (Equus: Story of the Horse) - 03:48
04. Theodore Shapiro - Sorry Not Sorry (A Simple Favor) - 03:02
05. Joe Kraemer - Father and Daughter (Comrade Detective) - 03:12
06. Alexis Marsh & Samuel Jones - I'm Broken (Next Gen) - 03:11
07. Mark Isham - Squirrel (Duck Duck Goose) - 02:35
08. Troy Herion - Childhood Memories (306 Hollywood) - 02:31
09. Lesley Barber - Jakob's Dream, pt. 3 (Boarding School) - 03:33
10. Dustin O'Halloran - The Cycle (The Hate U Give) - 02:43
11. Max Richter - Memory Lane (Never Look Back) - 02:56
12. Max Richter - I Got Everything I Need in Life (White Boy Rick) - 04:25
13. Alexandre Desplat - To San Francisco (The Sisters Brothers) - 03:19
14. Jeff Russo - Alice (Mile 22) - 03:32
15. William Ross - Afterlife Part 2 (Destination Wedding) - 03:46
16. Zbigniew Preisner (with Lisa Gerrard) - Valley of Shadows (Valley of Shadows) - 03:52
17. Lisa Gerrard & David Kuckhermann - The Beginning (Hiraeth) - 04:41
18. Trevor Yuile - Baptism (Into The Badlands - Season 2) - 03:33
19. Hans Zimmer & Lorne Balfe - Alone (The Journey: Champions) - 03:41
20. Lorne Balfe - Promise Me Now (The Cry) - 03:58
21. Ian Hultquist - Unmuzzled (AXL) - 02:51
22. Simon Franglen - Let Me Die (Peppermint) - 03:40
23. Gary Chang - Crystal Voice (Firewalker) - 03:13
24. Clint Mansell - Still (The New Radical) - 03:22
25. Clint Mansell - In the Cellar No One Will Hear You Scream (Mute) - 03:10
26. Clint Mansell - [exeunt] (Happy New Year, Colin Burstead) - 03:55
27. John Carpenter - Ghosts of Mars (Ghosts of Mars) - 03:42
28. Richard Band - The Family (Ravenwolf Towers) - 03:39
29. Jerry Goldsmith - No Number (The Lonely Guy) - 02:15
30. Trevor Jones - The Sacrifice (Nate and Hayes) - 05:24
31. Hans Appelqvist - Intro (The Raft) - 03:31
32. David Buckley - Myrtil (Papillon) - 06:08

Montag, 17. August 2009

Richard Band (Teil 1) - "Composer of the Unknown"

Im Booklet zur DOCTOR-MORDRID-CD hat Daniel Schweiger sein Portrait von Richard Band mit "Composer Of The Unknown" betitelt. Betrachtet man die Vielzahl von Richard Bands Soundtrackveröffentlichungen, so entsprechen bereits deren Titel auf vielsagende Weise tatsächlich dieser Beschreibung: Zu seinen Scores zu Filmen wie PUPPET MASTER, DEMONIC TOYS, THE PIT AND THE PENDULUM, THE ALCHEMIST, SHRUNKEN HEADS oder MUTANT trieben Puppen mit dämonischem Eigenleben groteske Spiele, erwachten Dinosaurier-Skelette zu neuem Leben, experimentierten verrückte Wissenschaftler, ließen außerirdische Mächte ihre unsichtbaren Kräfte spielen und wurden sämtliche vorstellbaren Alpträume Wirklichkeit. Obwohl Richard Band in musikalischer Hinsicht zunächst eher dem Rock und Jazz zugeneigt war, verbanden den 1953 geborenen Musiker seine familiären Bindungen schon früh mit dem Film. Sein Vater Albert († 2002) war Filmproduzent und Regisseur (I BURY THE LIVING), sein Bruder Charles leitet Full Moon Entertainment und ist ebenfalls als Regisseur (DOCTOR MORDRID, CRASH AND BURN) tätig. Mitte der 90er hatte ich die Möglichkeit, Richard Band zu interviewen.

Sie haben Ihre musikalische Karriere mit Jazz- und Rock-Kompositionen begonnen. Wie ist Ihr Interesse an der Filmmusik entstanden und wie fanden Sie den Einstieg zu ihr?
Ich war zunächst in Rock und Jazz und dergleichen involviert. Ich bin in Italien aufgewachsen, und mit elf Jahren habe ich eine Flamenco-Show in Spanien gesehen und verliebte mich in die Gitarre. Am nächsten Tag kaufte ich mir eine eigene Gitarre, lernte sie spielen und tourte mit einigen Rock- und Jazz-Bands. Mit 17 Jahren kehrte ich nach Amerika zurück und fing ein Jahr später an, Musik zweieinhalb Jahre zu studieren. Danach fing ich mit Produktionsarbeiten beim Film an, da ich um den Film herum aufgewachsen bin. Mein Vater ist Regisseur, Produzent und Drehbuchautor, und mein Bruder ist ebenfalls Regisseur und Produzent. Ich war also Regieassistent und dann Produktionsmanager, um schließlich auch Filme zu produzieren, aber nach zwei Jahren musste ich feststellen, dass das nicht meine Sache war. Nachdem ich also die Musikschule absolviert und zwei Jahre an Filmen gearbeitet hatte, stellte ich fest, dass ich Filme mochte, aber meine erste Liebe war die Musik. Warum sollte ich also nicht versuchen, Musik für Filme zu machen?
Mein erster Job war eine Zusammenarbeit mit Joel Goldsmith, Jerry Goldsmiths Sohn. Es war für uns beide der erste Score. Von LASERBLAST (1978) an arbeitete ich nur noch an Filmmusik.
Wie sah die Zusammenarbeit mit Joel Goldsmith aus?
Wir co-komponierten LASERBLAST. Joel schrieb einige Cues und ich einige andere. Er hatte nie eine formale Ausbildung, aber er kam aus einer sehr talentierten Familie. Es war eine Verbindung von Ideen und ein total elektronischer Score. Ich denke, das gesamte Budget für den Score betrug 500 Dollar.

Gibt es irgendwelche Komponisten, die Sie zur Filmmusik geführt haben?
Ich mochte schon immer Jerry Goldsmith. Dann lernte ich verschiedene Komponisten durch meine Großeltern kennen, die in Paris lebten und zum Zweiten Weltkrieg nach Amerika kamen. Sie freundeten sich mit vielen Leuten aus der Kunstszene an, durch die ich wiederum so famose Komponisten wie Miklós Rózsa, Erich W. Korngold und Alex North kennenlernte.
Mein liebster Film und die liebste Musik für mich war jahrelang WEST SIDE STORY von Leonard Bernstein. Das war eine frühe Inspiration für mich. All diese Leute habe ich bewundert. Doch bevor ich mit Rock ´n ´Roll und Jazz und Filmmusik zu tun bekam, hatte ich eine Vorliebe für Klassik, Beethoven. Als ich fünf Jahre alt war, lebte ich für ein Jahr in Paris, und immer wenn ich von der Schule kam, legte ich Beethovens Neunte auf und dirigierte sie am Küchentisch von Anfang bis Ende.

Komponieren Sie einen Score immer noch auf die gleiche Art und Weise wie zu Beginn Ihrer Karriere, oder hat sich im Laufe der Jahre daran etwas geändert?
Die Art, wie ich einen Score komponiere, ist gleich geblieben. Durch das Aufkommen der ganzen Elektronik, der Computer und dergleichen komponiere ich aber nicht mehr am Piano mit Bleistift und Notenpapier, sondern kann durch den Computer weitaus schneller schreiben. Ich setze den Computer stets für meine Zwecke ein, nicht gegen mich.
Viele Komponisten sträuben sich gegen den Gebrauch der Elektronik, weil es irgendwie eine fremdartige Sache ist, aber ich habe mir das elektronische Equipment angeeignet, um es für mich arbeiten zu lassen. Während ich vor einigen Jahren noch froh war, zwei oder drei Minuten am Tag zu schreiben, was ziemlich dem industriellen Standard entsprach, ist es heutzutage nicht schwierig für mich, sechs bis acht Minuten täglich zu schreiben.
Das ist ein Beispiel dafür, wie ich die Elektronik für mich einsetze. Insofern hat sich nur die Art und Weise geändert, wie ich die Technik einsetze, aber der kreative Prozess hat sich nicht geändert. Ich arbeite immer noch mit dem Film an der Hand, schaue ihn mir drei-, vier-, bis zu zehnmal an, ohne auch nur einmal das Keyboard zu berühren oder eine Note zu schreiben, so dass der Film an sich zu mir sprechen kann, ohne dass ich auf ihn einwirke.
Ich schaue ihn mir an und versuche zu ergründen, was er mir erzählt. An diesem Verfahren habe ich nie etwas geändert, weil ich glaube, dass es am besten für mich funktioniert.

Als Sie mit Filmkompositionen anfingen, kam gerade das Synth-Studio-Set-up auf. Während Sie aber mehr mit den typisch elektronischen Sounds eines Synthesizers arbeiten, benutzen viele Komponisten Synthesizer zur Imitation von orchestralen Klängen.
Die Leute wurden wegen finanzieller Beschränkungen in diese Situation gedrängt. Wenn man an einem Major-Film arbeitet und ein Orchester geleistet werden kann, mit dem man die Musik aufnehmen kann, braucht man keinen Synthesizer, um bestimmte Teile des Orchesters zu imitieren. Das ist keine Frage. Was aber passiert ist, ist, dass die Budgets immer weiter heruntergegangen sind und man sich in einer Situation befindet, wo die Filme nicht mehr über die Budgets verfügen, um ein Orchester bezahlen zu können.
Ich möchte also nicht die Leute verurteilen, die auf elektronische Weise ein Orchester simulieren, weil einige es sehr gut machen. Ich habe das ja auch bis zu einem gewissen Grad getan. Aber ich bevorzuge, die Elektronik mit dem Orchester zu verbinden. Die Notwendigkeit, das zu tun, ist aus Budgetbeschränkungen entstanden. In meinem Fall gab es viele Situationen, wo das Budget zu niedrig war, um ein volles Orchester zu bekommen, aber nicht so niedrig, um nicht wenigstens Teile davon zu bekommen. Dadurch war ich also gezwungen, Teile des Orchesters mit elektronischem Equipment zu verbinden, was auch sehr gut funktioniert. Die ganze Elektronik, das Sampling usw. hat sich so weit entwickelt, dass man sehr gut ein Orchester imitieren kann. Allerdings kann man mit dem Synthesizer nicht exakt den Sound eines Orchesters simulieren. Das ist eine Tatsache. Man kann einem Orchester sehr nahe kommen, wird aber nie den gleichen Sound erreichen. Wenn man dagegen bestimmte Teile des Orchesters mit bestimmten Electronics verbindet, kann man das Orchester simulieren, ohne einen Unterschied festzustellen, weil ein Teil der Musik vom Orchester eingespielt wurde.
Natürlich ist die ideale Situation diejenige, bei der man für einen orchestralen Score ein Orchester zur Verfügung hat. Aber leider erlaubt dies das Budget oft nicht. In meinem Fall hatte ich gelegentlich die Möglichkeit, mit einem vollen Orchester zu arbeiten, fügte aber elektronische Sounds hinzu, die nichts mit dem Orchester zu tun hatten, wo ich sie also nicht benutzte, um Violinen, Celli oder Woodwinds zu imitieren, sondern um speziell elektronische Sounds zu erzeugen. Aber bei anderen Gelegenheiten habe ich elektronische Geräte eingesetzt, um Teile des Orchesters zu simulieren, beispielsweise einige Percussions oder Streicher. Gerade Low-Budget-Produktionen erfordern es, mit dem notwendigen Übel zu leben.



Auf welche Weise verbinden Sie gewöhnlich elektronisches Instrumentarium mit dem Orchester?
Wenn ich einen Score schreibe, ist er zu 99% von orchestraler Konzeption. Was ich in vielen Fällen mache, wenn ich Synthesizer benutzen muss, aber etwas vom Orchester habe, setze ich die Synthesizer für einige der unteren und mittleren Streicher ein, also beispielsweise für die Celli oder das Kontrabass, aber auch für Percussions, weil die Elektronics besonders dafür geeignet sind, und vielleicht ein oder zwei Woodwinds. Wenn ich das aufgenommen habe, nehme ich ein kleines Orchester, also zwölf bis achtzehn Violinen, zwei bis vier Woodwinds, drei oder vier French Horns, zwei Posaunen, zwei Tubas und einige Trompeten. Ich nehme also ein 25- bis 32-köpfiges Orchester auf, das ich auf die vorbereiteten elektronischen Tracks lege. So verbinde ich gewöhnlich Electronics mit Orchester, wenn ich mit beiden Komponenten arbeite.

Ihr Name wird vor allem mit Low-Budget-Horror- und -Science-Fiction-Filmen in Verbindung gebracht. Besitzen Sie eine persönliche Vorliebe für diese Art von Stoffen?
Ich bin bekannt für Low-Budget-Horror- und -Science-Fiction-Filme, aber das ist so, weil ich das jahrelang gemacht habe. Doch in den letzten vier oder fünf Jahren habe ich nicht einen solchen Film mehr gemacht. Was die Leute nicht von mir kennen, sind die Sachen, die ich bevorzuge, nämlich Kinderfilme, Komödien, Disney-ähnliche Filme, weil ich für die anderen Sachen bekannt bin. Deshalb habe ich mich vier Jahre lang von solchen Dingen ferngehalten, so dass die Leute vielleicht auch die anderen Sachen wahrnehmen, die ich gemacht habe. Das ist auch ein Grund dafür, warum ich die Promo-CD herausgebracht habe, weil da viel Musik drauf ist, die die Leute noch nie gehört haben und nicht dem Horror-Genre angehören.

Richard Band (Teil 2) - Zur Etablierung von musikalischen Themen

Wie arbeiten Sie in der Regel mit den Regisseuren zusammen? Haben die Filmemacher gewöhnlich klare Vorstellungen von der Musik, die sie für ihre Filme haben wollen?
Nicht jeder Regisseur ist die kreative Kraft. Manchmal ist es der Produzent oder der ausführende Produzent. Manchmal ist es der Regisseur. Und manchmal wissen die Regisseure nicht, was sie wollen. Gelegentlich haben sie genaue Vorstellungen, wissen sie aber nicht auszudrücken. Ein Beispiel für einen Regisseur, der sich gut verständlich machen kann und mit dem ich oft zusammenarbeite, ist Stuart Gordon. Wir machten RE-ANIMATOR, FROM BEYOND, FORTRESS und viele andere Filme zusammen, wobei wir eine gute Beziehung über die Jahre entwickelten. Ich habe gerade vor zwei Wochen einen Film mit ihm beendet (CASTLE FREAK), was ganz interessant war, weil es der erste Horrorfilm nach vier Jahren gewesen ist, in denen ich nicht wie früher Genre-Filme wie Horror oder Science Fiction gemacht habe, sondern Kinderfilme, Komödien und anderes.

Wegen Stuart bin ich aber zum Horrorfilm zurückgekehrt. Die Art, wie ich den Score produziert habe, war insofern einzigartig, weil ich wegen des geringen Budgets kein Orchester über die elektronische Musik legte, sondern nur ein Streichquartett. Es hat Spaß gemacht, dieses Quartett mit Synthesizern und Percussion zu verbinden.
Um aber auf den Regisseur zurückzukommen: Ich habe mit Stuart viele Jahre lang zusammengearbeitet und kenne ihn ziemlich gut. Auch wenn er nicht sehr gut in musikalischen Termini kommuniziert, kann er sehr gut erläutern, wie eine spezielle Szene sein soll. Aber letztlich überlässt er die musikalischen Belange mir.
Einige Regisseure unterlegen ihre Filme mit anderer Musik, um mir eine Vorstellung zu vermitteln, was sie für ihren Film haben möchten. Aber das ist etwas, womit ich nicht gern arbeite, weil jeder, der in den Film involviert ist, sich an die Musik gewöhnt, die vorübergehend in dem Film eingesetzt worden ist. Oftmals ist es nicht die richtige Musik, oder ein Low-Budget-Film wird mit Musik von einem 100-köpfigen Orchester unterlegt, wogegen das Budget gerade mal einen Mundharmonika-Spieler erlaubt. Das kann schwierig werden.
Es sind aber nicht immer die Regisseure, die die kreativen Ideen haben. Ich habe auch schon mit Produzenten wie Igo Kantor gut kollaboriert, die ihren Stoff gut kennen und sich mit der Musik für ihren Film auseinandersetzen. Ich kann am besten dann arbeiten, wenn die Kommunikation gut funktioniert und ich anschließend allein an der Musik arbeiten kann.

Im Booklet zu THE PIT AND THE PENDULUM schrieb Stuart Gordon über den Konflikt zwischen der Musik und den Sound Effects. Wie gehen Sie mit dem Problem um?
Ich versuche, damit so gut wie möglich umzugehen. Es ist ein Kampf, der gewöhnlich verloren wird. Wenn man zum Schluss Sound Effects, Dialog und Musik abmischt, tritt in den meisten Fällen die Musik hinter den Sound Effects zurück. Das liegt in der Natur der Sache. Man muss sich darauf vorbereiten, dass vieles von der Musik, die man geschrieben hat, von Sound Effects geschluckt wird. Es ist selten geworden, dass die Leute der Musik den Vorzug vor den Sound Effects geben. Hier kommt einem wieder die Technologie zu Hilfe.
Mit dem Aufkommen von Dolby Stereo und Digital Stereo, die man auch zuhause einsetzen kann, sind die Dinge besser geworden, weil man Sound Effects, Dialog und Musik separat abmischen kann, so dass sie über verschiedene Lautsprecher gehen. Die Zukunftsperspektiven sind besser, weil man Sound Effects, Musik und Dialog wahrnehmen kann, ohne dass eine Komponente die anderen beiden zu sehr ausschaltet, aber generell steht die Musik an letzter Stelle.

Stuart Gordon machte bei THE PIT AND THE PENDULUM auf die widerstrebenden Gefühle des Grand Inquisitors aufmerksam. War das für Sie der Ausgangspunkt bei der Komposition der Filmmusik?
Es gab verschiedene Elemente, von denen keines einzeln betrachtet werden kann, sondern die alle miteinander verwoben sind. Der erste und wichtigste Ausgangspunkt für THE PIT AND THE PENDULUM war die zeitliche und örtliche Positionierung im Spanien des 16. Jahrhunderts. Diese Komponente verband sich mit der Tatsache, dass es auch um eine Kirche ging. Da waren also der religiöse Aspekt des Inquisitors und die ihn umgebende Kirche und der Umstand, dass die Geschichte im Spanien des 16. Jahrhunderts spielte. Der nächste Aspekt war der Konflikt des Inquisitors zwischen seinem kirchlichen Glauben und seinem sexuellen Verlangen nach diesem Mädchen Maria.
Richard Band und Lance Henriksen bei den Dreharbeiten zu THE PIT AND THE PENDULUM
Die choralen Arrangements bei THE PIT AND THE PENDULUM wurden oft mit der OMEN-Trilogie von Goldsmith verglichen. Haben Sie Goldsmiths Chöre im Hinterkopf gehabt, als Sie die Chorpassagen für THE PIT AND THE PENDULUM schrieben?
Ich habe mich nicht auf Goldsmiths OMEN-Trilogie berufen, und ich denke, das ist auch kein fairer Vergleich. Ich glaube, sie sind sehr verschieden. Auf der anderen Seite wird chorale Musik im Film fast immer mit der OMEN-Trilogie verglichen, weil sie dafür berühmt ist. Zu jener Zeit war der Choreinsatz auch sehr einzigartig. Aber als das OMEN erschien, verglich man die Musik mit CARMINA BURANA, genauso wie man Teile von THE PIT AND THE PENDULUM mit CARMINA BURANA verglich. Man kann natürlich immer Vergleiche anstellen, aber letztlich ist es ein spezieller choraler Stil. Da ich italienisch spreche und Latein gelernt habe, sind die ganzen choralen Worte in THE PIT AND THE PENDULUM in Latein gesungen, Lyrics, die ich in Latein geschrieben habe.
Der Score zu RE-ANIMATOR ist wegen seiner Referenz gegenüber Herrmanns PSYCHO-Score bekannt. Haben Sie sich auf Herrmanns Score bezogen, um die Parallelität in der Psyche von Herbert West und Norman Bates aufzuzeigen, oder wollten Sie damit auch Ihre Bewunderung für Bernard Herrmann ausdrücken?
Es war eine bewusste Entscheidung, Herrmanns PSYCHO-Score zu verwenden, und zwar als Scherz, weil der Film mit abgehackten Köpfen und spritzendem Blut wirklich schrecklich gewesen ist. Meine Idee war, Spaß aus dem Horror zu machen. Ich wollte es dem Publikum ermöglichen, sich den Horror anzusehen, indem es auch darüber lachen konnte. Meine erste Überlegung war, welche Musik in der Filmgeschichte für den wahren Horror, die wahre Spannung steht. Eine davon war natürlich Bernard Herrmanns PSYCHO, weil sie jeder kennt.
Es war also zunächst eine bewusste Entscheidung, Herrmanns Musik zu adaptieren, sie aber mit meinen eigenen Themen zu kombinieren, die auf jeden Fall in Herrmanns Stil geschrieben werden sollten, so dass jeder es bemerken würde, was offensichtlich funktionierte. Außerdem wollte ich den Wahnsinn von Herbert West mit dem Wahnsinn von Anthony Perkins´ Rolle in PSYCHO gleichsetzen.
Die anschließende Kontroverse entzündete sich an der Überzeugung, dass ich Herrmanns Musik kopierte, was wirklich nicht der Fall war. Tatsächlich war es als Versuch gedacht, musikalischen Humor zu erzeugen, was die meisten Leute nicht nur verstanden, sondern auch gemocht haben. In den Credits des Films stand eigentlich ein Satz, der ungefähr lautete: "with greatful acknowledgments and apologies to Bernhard Herrmann", aber er erschien nicht, was mich ärgerte, weil es schließlich darum ging, Bernard Herrmanns Musik auch zu würdigen.

Ein weitaus schwerwiegenderes Problem hinsichtlich des Bezugs auf die Musik anderer ist das Temptracking. Wie setzen Sie sich damit auseinander?
Viele Regisseure benutzen Temp Tracks für ihre Filme, und zwar aus unterschiedlichen Gründen. Manchmal dient es dem Produzenten, dem Verkauf ans Ausland, bevor der Film fertig ist, aber es ist eine schreckliche Praxis, weil die Regisseure, Produzenten und jeder, der in den Film involviert ist, sich an die vorübergehende Musik gewöhnt. Was dann passiert, ist, dass die Leute sagen: "Nun, diese Musik passt uns sehr gut. Können Sie uns auch so eine Musik schreiben?" Es kann z.B. vorkommen, dass jemand einen Science-Fiction-Film dreht und ihn mit der STAR-WARS-Musik von John Williams unterlegt. Dann fragt man mich, ob ich so eine Musik machen könnte, die mit einem 100köpfigen Orchester eingespielt wurde, während auf der anderen Seite ein Budget von 4,50 Dollar vorhanden ist. Aber in kreativer Hinsicht ist diese Situation noch viel schlimmer, weil sich die Regisseure und Produzenten so an die Temp Tracks gewöhnt haben, selbst wenn sie nicht zu dem Film passen, dass sie von dem Komponisten verlangen, etwas ähnliches zu schreiben.
Insofern kämpft man als Komponist zwei Schlachten. Man versucht einerseits, mit Themen anzukommen, die für den Film geeignet sind, andererseits versucht man, die Filmemacher davon zu überzeugen, dass die Musik, die man selbst komponiert, besser für ihre Filme funktioniert als die Temp Tracks. In vielen Fällen wird aber eine Musik für den Film geschrieben, die der ähnlich ist, mit der der Film vorübergehend unterlegt wurde.
Es ist eine schreckliche Lage, die immer schlimmer wird. Die beste Situation ist natürlich die, wenn man mit einem Film ohne Musik konfrontiert wird, wenn man also mit frischen Ideen ankommen kann und nicht mit den Regisseuren und Produzenten kämpfen muss.
Im Booklet zu THE ARRIVAL erwähnten Sie, dass Komponisten im Horror-Genre selten die Möglichkeit haben, melodisch zu sein, aber ich denke, dass Sie zusammen mit Christopher Young ein Beispiel für das Gegenteil sind, dass die Faszination von Filmen wie HELLRAISER auch auf das Einfangen des Publikums mit eindringlichen Melodien beruht.
In der Geschichte der Horror- und Science-Fiction-Filme passierten in den letzten dreißig Jahren interessante Dinge. Vor dreißig Jahren und davor gab es Genre-Filme, deren Musik auf Melodien basierte. In den späten 50er, 60er bis Mitte der 70er Jahre wurde Musik wie ein Sound Effect behandelt, wurde total atonal, ambient. Ich hielt das für keine gute Idee, weil die Notwendigkeit einer Melodie wichtig für die emotionale Teilnahme am Film ist. Ein Thema oder Motiv oder auch beides sind die emotionalen Verbindungen, mit denen sich die Zuschauer in den Film hineinversetzen können. Man muss das Publikum mit etwas einfangen. Die beste Methode, das zu tun, ist die Verwendung von Themen und/oder Motiven, kleinen Dingen, die für das Publikum wahrnehmbar sind.
Wenn man zu Beginn des Films ein Thema etabliert, das später wieder auftaucht, erinnert sich der Zuschauer an das Thema, wenn nicht bewusst, so doch unbewusst. Und der Zuschauer versteht beispielsweise, warum diese Charaktere dieses Thema hat. Wenn man also die Charaktere eines Films oder Teile des Films mit Themen besetzt, bindet man auf emotionale Weise den Zuschauer an den Film. Wenn das nicht passiert, verliert der Film an Aussagekraft. Ich war von früh an ein starker Anhänger dieser Theorie, und es gibt bei mir eigentlich keinen Score ohne ein vorherrschendes Thema in irgendeiner Art.

Richard Band (Teil 3) - Big Band, Fantasy & Abenteuer

Für den Score zu SHRUNKEN HEADS schrieb Danny Elfman den MAIN TITLE. Haben Sie auch beim Score in irgendeiner Weise mit ihm zusammengearbeitet?
Wir arbeiteten ein wenig zusammen. Da wir vielbeschäftigt waren, hatten wir nicht viel Zeit, um zusammenzuarbeiten, aber wir nahmen alles zusammen auf und tauschten unsere Ideen aus, beurteilten die Arbeit des anderen. Die Art, wie allerdings der MAIN TITLE in dem Film eingesetzt wurde, unterschied sich von derjenigen, wie ich ihn sonst einsetze. Bei mir hat der Main Title immer ein spezielles Thema gehabt. Ich denke, SHRUNKEN HEADS hat einen sehr guten MAIN TITLE, aber es hat kein ausgeprägtes Thema, dafür aber ein Gefühl, das seltsam und bizarr anmutet. In dem Film wurden die Themen allerdings später eingeführt, nicht durch den MAIN TITLE, sondern durch die Themen, die ich geschrieben habe. Aber die Art, wie wir zusammengearbeitet haben, war für diesen Film geeignet und hat gut funktioniert.


Woher kam die Idee mit dem Big-Band-Sound?
Die Idee mit der Big Band kam von mir. Rick und ich sahen eine Prämisse des Films in der urbanen Umgebung, in der er spielte. Wenn man die lokalen Begebenheiten mit der Tatsache verbindet, dass es um eine kleine Gang und einen Outsider geht, der nicht in der Gang ist, und um eine Liebesgeschichte zwischen dem Outsider und einem Mädchen, das einst der Gang angehörte, wird man eine Ähnlichkeit zur WEST SIDE STORY entdecken. So dachten wir beide, dass es eine witzige Referenz ist, auf diese Weise der WEST SIDE STORY zu huldigen.
Außerdem passte eine der Hauptfiguren, der Führer der Gang, mit seinem Gangsterimage gut zum Big-Band-Sound.

Einige Titel Ihrer Promo-CD zeigten mir ein anderes Gesicht Ihrer Musik, so wie die abenteuerlichen Klänge von METALSTORM, der epische Fantasy Score zu DRAGONWORLD, die ethnische und exotische Musik zu GHOSTWARRIOR, der wunderschön gesungene TROLL-Score, die witzige Musik zu REMOTE, um nur einige zu nennen. Sind Sie nicht auch etwas enttäuscht, dass diese Scores nicht auf CD erhältlich sind?
Natürlich bin ich enttäuscht, dass diese Sachen nicht auf CD erschienen sind, aber es ist aus finanziellen Gründen verboten. Es würde zu teuer sein. Vielleicht werde ich in der Lage sein, DRAGONWORLD herauszubringen und einiges von PREHYSTERIA, aber ich habe das Gefühl, dass es noch sehr lange dauern könnte. Es besteht ein großes Interesse, Scores wie METALSTORM oder GHOSTWARRIOR zu veröffentlichen, aber letzterer wurde mit dem Royal Philharmonic Orchestra aufgenommen, METALSTORM mit einem großen Orchester hier. Ich hoffe, dass ich sie vielleicht in Zukunft veröffentlichen kann, weil sie zu meinen Lieblingsscores gehören. Ein anderer wichtiger Grund, sie zu veröffentlichen, ist der, dass viele Leute gar nicht wissen, dass ich solche Musik geschrieben habe. Aber METALSTORM und GHOSTWARRIOR habe ich auch vor so vielen Jahren gemacht, dass ich sie remixen müsste. Das würde auch viel kosten, wenn auch nicht so viel wie die Re-Use-Fees.

An was arbeiten Sie zurzeit und was können Sie über Ihre Zukunftspläne sagen?
Ich mache gerade die Musik für das CD-ROM-Spiel zu CASPER. Außerdem mache ich einige Cartoons für Disney. Ich hoffe, ich kann Stuarts nächsten Film machen, SPACE TRUCKERS, ein Science-Fiction-Film mit einem Budget von 30 Millionen Dollar, den er gerade in Irland dreht. Das würde mir vielleicht helfen, einige größere Filme machen zu können. Zum anderen hoffe ich, einen Film für den Produzenten Igo Kantor zu machen, mit dem ich in der Vergangenheit schon öfter zusammengearbeitet habe und der ebenfalls einen Science-Fiction-Film macht. Ich werde auch einige Low-Budget-Sachen machen. In diesem Geschäft ist es wichtig, dass man ständig arbeitet, egal an was. Das Ziel ist natürlich, dass ich in Zukunft größere und bessere Filme bekomme.

Filmographie:
1978 - Auditions
1978 - Laserblast
1980 - Dr. Heckyl and Mr. Hype
1980 - The Day Time Ended
1981 - The Best of Sex and Violence
1981 - Lunch Wagon
1982 - Parasite
1982 - Time Walker
1983 - Filmgore (V)
1983 - The House on Sorority Row
1983 - Metalstorm: The Destruction of Jared-Syn
1984 - Ragewar
1984 - The Alchemist
1984 - Night Shadows
1985 - Ghoulies
1985 - Zone Troopers
1985 - Re-Animator
1986 - Troll
1986 - TerrorVision
1986 - Ghost Warrior
1986 - From Beyond
1987 - The Caller
1988 - Prison
1989 - Arena
1989 - Puppetmaster (V)
1990 - Bride of Re-Animator
1990 - Shadowzone
1990 - Crash and Burn (V)
1990 - Initiation: Silent Night, Deadly Night 4 (V)
1991 - Puppet Master II (V)
1991 - The Arrival
1991 - The Pit and the Pendulum (V)
1991 - Puppet Master III: Toulon's Revenge (V)
1992 - The Resurrected
1992 - Demonic Toys (V)
1992 - Doctor Mordrid
1992 - Trancers III (V)
1993 - Conquest of the New World (VG)
1993 - Prehysteria!
1993 - Remote (V)
1993 - Dollman vs. Demonic Toys (V)
1993 - Puppet Master 4 (V)
1994 - Dragonworld
1994 - Puppet Master 5: The Final Chapter (V)
1994 - Shrunken Heads
1995 - Josh Kirby... Time Warrior: Chapter 1, Planet of the Dino-Knights (V)
1995 - Castle Freak
1995 - Magic Island (V)
1995 - Zarkorr! The Invader
1996 - Josh Kirby... Time Warrior: Chapter 5, Journey to the Magic Cavern (V)
1996 - Robo Warriors
1996 - Head of the Family
1997 - Hideous!
1997 - Descent to Undermountain (VG)
2000 - Invictus (VG)
2001 - My Horrible Year! (TV)
2003 - The Silvergleam Whistle
2003 - "Modern Marvels" (1 Episode)
2007 - The Raven (TV) (unerwähnt)
2005-2007 - "Masters of Horror" (3 Episoden)
2007 - Nympha
2008 - Fortune Teller (V)
2009 - Safe Haven: The Warsaw Zoo

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