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Sonntag, 2. Januar 2011

Playlist # 49 vom 02.01.11 - PATRICK DOYLE Special

Patrick Doyle ist ein eindrucksvollste Beispiel für die rasante Karriere eines Soundtrackkomponisten gewesen, dessen Marktwert mit jedem Film, den er mit einem ebenfalls aufstrebenden Regisseur macht, steigt. Ähnlich wie sich Howard Shore mit David Cronenberg oder Danny Elfman mit Tim Burton in die erste Liga der Hollywood-Komponisten katapultiert haben, ist es vor allem dem Multi-Talent Kenneth Branagh („Frankenstein“) zu verdanken, dass Doyle auch außerhalb der britischen Grenzen sehr gefragt gewesen ist.

Doyles musikalischer Hintergrund ist dabei – ebenso wie bei so vielen der jüngeren Filmmusikkomponisten -äußerst ungewöhnlich. Der am 6. April 1953 im schottischen Uddingston geborene Doyle beendete sein Studium an der Royal Scottish Academy of Music and Drama 1974, wo er Piano und Gesang studierte, war aber bereits vorher als Musiker und Schauspieler tätig. Nachdem er 1978 seinen ersten Score geschrieben hatte, komponierte er die Musik für unzählige Radio-, Fernseh- und Theaterproduktionen. 1987 stieß Doyle zur Renaissance Theatre Company und arbeitete dort als Komponist und Musikregisseur. Unter der Regie von Derek Jacobi, Geraldine Mc Ewan und Judi Dench schrieb er die Scores zu den Theaterproduktionen von „Hamlet“, „As You Like It“ und „Much Ado About Nothing“. Mit „King Lear“ und „A Midsummer Night´s Dream“ ging die Renaissance Theatre Company auf Welttournee. Schließlich beauftragte Kenneth Branagh Patrick Doyle, den Score für sein Film-Debüt „Henry V.“ zu schreiben.
„Wir haben uns durch einen gemeinsamen Freund, John Sessions, kennengelernt, mit dem ich in den vorangegangenen Jahren zusammen gespielt habe“, erinnert sich Doyle an das erste Zusammentreffen mit Branagh. „Als John eines Tages mit Kenneth sprach, suchte dieser gerade einen Komponisten für seine nächste Theaterproduktion 'Twelfth Night', und John sprach von mir, dass ich sowohl schauspielerte als auch komponierte. Kenneth ließ John mich fragen, ob ich daran interessiert sei, die Musik für 'Twelfth Night' zu schreiben. So kamen wir zusammen. Nach 'Twelfth Night' ging ich mit 'Hamlet' auf Tour durch Großbritannien. Am Ende der Tour erfuhr ich, dass Kenneth 'Henry V.' verfilmen wollte. Ich fragte ihn, ob ich die Gelegenheit bekommen könnte, die Musik für den Film zu schreiben, obwohl ich noch nie für einen Film gearbeitet habe. Aber es war auch Kenneth' erster Film und eine große Herausforderung für uns beide, das Projekt anzugehen. Ich hatte keine Ahnung von all den technischen Dingen, die mit dem Musikprozess zusammenhängen. Ich verbrachte jeden Tag Stunden über Stunden damit, die Regieanweisungen mit Hilfe des Computers mit der Musik in Übereinstimmung zu bringen.“
Um Shakespeares Drama einem größeren Publikum nahezubringen, versuchte Branagh, eine moderne Sichtweise des Stückes herauszuarbeiten, eine Studie über das englische Klassensystem, den Krieg, die Rolle von Mann und Frau und Macht zu realisieren. Insofern wies er Doyle an, die Musik einer modernen Interpretation anzupassen.
„Ich verlangte keine authentischen mittelalterlichen Klänge. Der Score musste aus unserer Zeit stammen, auf klassische Weise reich in den Tönen, aber unmittelbar zugänglich. Eine von Pats großen Gaben ist die der Melodie, und ich wollte für jede Melodie eine Wirkung.
Die großen Bühnenbild-Stücke benötigten ein Underscoring, das genauso kraftvoll und direkt war wie die Worte an sich“, schrieb Branagh in den Liner Notes zu „Henry V.“, setzte mit diesem Statement aber zugleich Maßstäbe für seine zukünftigen Kollaborationen mit Doyle - „Viel Lärm um Nichts“, „Schatten der Vergangenheit“ und „Frankenstein“.
„Kenneth hat eine sehr genaue Vorstellung davon, welche wichtigen Eigenschaften der Score aufweisen muss. Er liebt melodiöse Scores mit sehr ausgeprägten Themen“, meint Doyle. „Bei 'Frankenstein' gab es z.B. Musik für eine Ballraumszene und die Flöte, die der alte Mann und die Kreatur spielten. Dafür mussten Songs eingespielt werden, und die Musik zur Ballraumszene wurde dann das Liebesthema des Films. Kenneth hat genaue Vorstellungen, wie Musik an bestimmten Punkten der Geschichte einzusetzen ist.“
Nach dem überraschenden Erfolg von Branaghs „Henry V.“-Verfilmung 1991 ließen weitere Engagements nicht lange auf sich warten. Doyle komponierte den voluminösen Score zum Walt-Disney-Abenteuer „Shipwrecked“, bevor im selben Jahr Branagh für Paramount die Sydney-Pollack-Produktion „Dead Again“ („Schatten der Vergangenheit“) realisierte - natürlich mit Doyle als Komponisten.
1992 schrieb Doyle die Musik für den Oscar-prämierten Film „Indochine“ von Regis Wargnier, für „Into The West“ von Mike Newell und die Renaissance-Theatre/BBC-Radio-3-Co-Produktionen von „Hamlet“ und „Romeo and Juliet“, ehe er ein Jahr später wieder mit Kenneth Branagh zusammenkam, um in der Toskana das Shakespeare-Stück „Much Ado About Nothing“ („Viel Lärm um Nichts“), diesmal mit solchen Stars wie Branaghs Ehefrau Emma Thompson, Michael Keaton, Denzel Washington und Keanu Reeves zu drehen.
„Es war ein großer Spaß. Ich bin vorher nie in Italien gewesen. Dort sind mir die meisten meiner musikalischen Ideen gekommen. Einige Melodien wurden dort auch geschrieben und von den Schauspielern eingesungen, wenn wir bei den späteren Aufnahmen in London auch andere Stimmen verwendeten. Das Liebesthema für 'Dead Again', das verworfen wurde, schrieb ich für 'Sigh No More Ladie'´ um.“
Spätestens mit diesem Erfolg wurde sowohl Branagh als auch Doyle der Weg nach Hollywood geebnet. Zunächst wurde Doyle von Frazer Heston für die Castle-Rock-Produktion einer der besseren Verfilmungen eines Stephen-King-Bestsellers engagiert: „Needful Things“ begeistert vor allem durch seine pompösen Chöre, die ein wenig an Jerry Goldsmiths bravouröse „Omen“-Trilogie erinnern. Schließlich wurde der gefragte Komponist für das Mafia-Epos „Carlito's Way“ von Brian de Palma rekrutiert.
„Es ist eine schöne Sache, mit vielen Leuten zusammenzuarbeiten. Ich liebe die Zusammenarbeit mit Kenneth Branagh, und wir werden sicher weitermachen. Aber er weiß genauso gut, wie hilfreich es ist, mit anderen Schauspielern zu arbeiten, wie ich weiß, dass es nützlich ist, mit anderen Regisseuren zusammenzuarbeiten. Es ist sehr verdienstvoll, mit anderen Stilen konfrontiert zu werden, andere Arbeitsweisen kennenzulernen.
Ich genieße das sehr. Brian de Palma ist z.B. ein sehr talentierter Regisseur, von dem ich sehr viel gelernt habe. Er hat mir viel darüber erzählt, wie man Musik in einem Film platziert. Aber man lernt von jedem Regisseur. Es ist ein konstanter Lernprozess. Frazer Heston liebte es z.B., Stimmen in dem Score zu haben. Jeder hat seine eigenen Ideen.“
Der bislang größte Erfolg des eingespielten Teams Branagh/Doyle war eine Produktion von Francis Ford Coppola. Nachdem der Maestro sich selbst der Neuverfilmung von „Bram Stoker's Dracula“ angenommen hatte, produzierte er mit „Dracula“-Drehbuchautor James V. Hart „Mary Shelley's Frankenstein“, in dem Kenneth Branagh wieder einmal sowohl als Hauptdarsteller als auch als Regisseur agierte. Ausgestattet mit einem fürstlichen Budget schuf Doyle einmal mehr einen bombastischen, sehr melodiösen Orchesterscore.
„Natürlich hatte ich mehr Möglichkeiten, aber der Film benötigte auch eine große Musik. Der Score ist sehr opernhaft. Wir benutzten z.B. sechs Trompeten. Wenn das Budget vorhanden ist, um solche Sachen zu machen, nutzt man sie natürlich auch aus, wenn sie dem Film dienlich sind. Aber jeder Film benötigt einen anderen Stil, ein anderes Orchester, und man muss sich überlegen, welche die beste Verfahrensweise, welche Gruppe die kleinste und die größte sein soll.“
Wie bei früheren Branagh-Filmen war Doyle auch oft am Set. Schließlich mussten die Tanzsequenzen und das Lied vorher geschrieben und arrangiert werden. Darüber hinaus brachte Doyle Richard Briers (dem blinden Großvater) das Flötenspiel bei und übte mit Helena Bonham Carter am Klavier, trat aber auch selbst in der Festszene als Dirigent des Ballorchesters auf.
Dass Doyle aber nicht nur auf monumentale Scores festgeschrieben ist, bewies er nicht nur mit seinem Jazz angehauchten „Carlito's Way“, sondern auch jüngst mit dem leichtfüßigen Score zu Garry Marshalls Sadomaso-Komödie „Exit To Eden“ und der Musik zu „A Little Princess“. Doch trotz der steigenden Popularität ist es Doyle bislang vergönnt geblieben, mit seiner Familie in England wohnen zu bleiben. „Bislang war ich noch in der Lage, die meiste Zeit in England verbringen zu können. Ich bin für manche Projekte nach Hollywood geflogen, um mich mit dem Regisseur zu treffen, konnte die Musik aber in England schreiben und aufnehmen. Solange ich die Möglichkeit habe, hier zu bleiben, bleibe ich hier. Und sollte ich aus irgendwelchen Gründen nach Hollywood gehen müssen, werde ich auch das tun.“
Im November 1997 wurde bei dem sympathischen Komponisten Leukämie diagnostiziert, doch er erholte sich glücklicherweise von der Krankheit und stellte seine Arbeit für „Große Erwartungen“ und „Quest For Camelot“ fertig. Zu seinen jüngsten populären Werken zählt der vierte „Harry Potter“-Film „Harry Potter und der Feuerkelch“, die Verfilmung des Fantasy-Bestsellers „Eragon“, die Fred-Vargas-Thriller-Adaption von „Saat des Todes“ („Have Mercy On Us All“) und der Familienfilm „Die Insel der Abenteuer“ („Nim’s Island“).

Filmographie:
1989 - Henry V
1990 - Shipwrecked
1991 - Dead Again
1992 - Indochine
1992 - Into the West
1993 - Carlito's Way
1993 - Much Ado About Nothing
1993 - Needful Things
1994 - Mary Shelley's Frankenstein
1994 - Exit to Eden
1995 - A Little Princess
1995 - Sense and Sensibility
1995 - Une femme francaise
1996 - Hamlet
1996 - Mrs. Winterbourne
1997 - Donnie Brasco
1998 - Quest for Camelot
1998 - Great Expectations
1999 - East-West
2000 - Blow Dry
2000 - Love's Labour's Lost
2001 - Bridget Jones' Diary
2002 - Killing Me Softly
2002 - Gosford Park
2003 - Calendar Girls
2003 - Secondhand Lions
2003 - The Galindez File

2004 - Nouvelle-France
2005 - Harry Potter and the Goblet of Fire
2005 - Nanny McPhee
2005 - Jekyll & Hyde
2005 - Man to Man
2005 - Wah-Wah
2006 - Eragon
2006 - As You Like It
2006 - The Last Legion

2007 - Sleuth
2007 - Have Mercy on Us All
2008 - Nim's Island
2008 - Igor

Playlist:
1 Patrick Doyle - Goodnight, Children (Nanny McPhee) - 04:22
2 Patrick Doyle - Opening Title (Henry V) - 03:34
3 Patrick Doyle - Yes I Speak (Mary Shelley's Frankenstein) - 05:39
4 Patrick Doyle - The Headlines (Dead Again) - 03:25
5 Patrick Doyle - The Escape (A Little Princess) - 02:59
6 Patrick Doyle - Finn (Great Expectations) - 02:54
7 Patrick Doyle - The Adoption (Indochine) - 03:50
8 Patrick Doyle - Une Femme Francaise (Une Femme Francaise) - 05:04
9 Patrick Doyle - Carlito And Gail (Carlito's Way) - 04:05
10 Patrick Doyle - Donnie And Lefty (Donnie Brasco) - 04:27
11 Patrick Doyle - Camille (Saat des Todes) - 02:16
12 Patrick Doyle - The Turning Point (Needful Things) - 12:08

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