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Dienstag, 1. Januar 2019

Playlist #257 vom 06.01.2019 - BEST OF 2018

Wir blicken auf ein ereignisreiches Kinojahr zurück, das uns ebenso vielschichtige, unterschiedliche Filme präsentierte wie die dazugehörigen Soundtracks, von denen ich euch in der ersten Sendung in diesem Jahr einige meiner persönlichen Highlights vorstellen möchte. Da dürfen die von mir seit Jahren geschätzten Star-Komponisten James Newton Howard und Alexandre Desplat ebenso wenig fehlen wie Danny Elfman, Dustin O’Halloran, Hauschka und Nicholas Britell mit ihren ruhigeren Klängen, die beiden Radiohead-Musiker Jonny Greenwood und Thom Yorke mit ihren außergewöhnlichen Filmarbeiten oder Anna Meredith, Cliff Martinez und Rob mit ihren elektronisch geprägten Scores.

Mit Filmemacher Gus Van Sant verbindet Danny Elfman eine langjährige Zusammenarbeit, die 1995 mit „To Die For“ begann und über „Good Will Hunting“, das „Psycho“-Remake, „Milk“ und „Promised Land“ bis zum aktuellen Biopic „Don’t Worry, weglaufen geht nicht“ führt, in der Van Sant die wahre Geschichte des alkoholsüchtigen Partylöwen John Callahan (Joaquin Phoenix) erzählt, der nach einem Autounfall an den Rollstuhl gefesselt ist, aber durch eine skurrile Gruppe der Anonymen Alkoholiker wieder zurück ins Leben findet und nicht nur eine neue Liebe, sondern auch ein Talent für das Zeichnen von Cartoons entdeckt, mit denen er weltberühmt wird.
Elfman untermalt dieses komödiantische Drama mit einer eindringlichen Mischung aus wenigen akustischen Instrumenten, von denen immer wieder die Streicher und das Piano in den Vordergrund stehen und von Percussions und Petra Hadens Stimme verstärkt werden, mit der Elfman bereits bei „The Circle“ zusammengearbeitet hatte.
Das Piano steht auch in Dustin O’Hallorans (Oscar-nominiert für seine Arbeit an „Lion: Der lange Weg nach Hause“) Score zu Marc Turteltaubs Regiedebüt „Puzzle“ im Mittelpunkt. Der Film erzählt die Geschichte der Hausfrau Agnes (Kelly Macdonald), deren Leben sich nur um die Versorgung ihrer Männer und die Ordnung im Haushalt dreht. Als sie zum Geburtstag ein Puzzle geschenkt bekommt, erschließt sich ihr eine ganz neue Welt. Die Freude an ihrem neuen Hobby lässt sie sogar die Hausarbeit vergessen und Nachschub in einem Laden in der Stadt besorgen, wo sie auf eine Anzeige stößt, in der jemand einen Puzzle-Partner sucht. Die folgenden Treffen mit Robert (Irrfan Khan) helfen Agnes dabei, auch ihr eigenes Leben neu zu ordnen.
O’Halloran wusste nach dem Lesen des Skripts sofort, mit welchen musikalischen Mitteln er das Projekt angehen wollte. „In diesem Fall wusste ich schnell, dass ich mit einem kleinen Streicherensemble, Klavier und Holzbläsern arbeiten wollte“, erzählt der Komponist im Interview mit Deutschlandfunk Kultur. „Holzblasinstrumente vermitteln immer so einen etwas altmodischen Klangeindruck, und das passte gut zur Hauptfigur des Films, Agnes, die lieber puzzelt als ihr Smartphone zu benutzen. Und dann kam noch die Harfe dazu: Die hab‘ ich bislang sehr selten eingesetzt, aber in diesem Fall repräsentiert sie die besondere Magie, diese innere Schönheit, die Agnes an sich entdeckt.“
Auch Volker Bertelmann aka Hauschka hat sich im vergangenen Jahr mit einigen bemerkenswerten Scores hervorgetan, so zum romantischen Abenteuer-Drama „Die Farbe des Horizonts“ (Adrift) von Baltasar Kormákur, das von einem frischen Liebespaar erzählt, das von Tahiti aus mit dem Segelboot den Pazifik überqueren will und dabei in einen schweren Sturm gerät. Der in Düsseldorf lebende Komponist hat sich seit 2004 mit seiner Kunst, besondere Klangwelten durch präparierte Klaviere zu erzeugen, einen Namen gemacht und arbeitet seit 2007 zunehmend auch an Filmen wie „Glück“, „The Boy“ und „Stürmische Ernte“. In 2018 hat er nicht nur an der TV-Mini-Serie „Patrick Melrose“ mit Benedict Cumberbatch in der Hauptrolle, sondern auch an den Filmen „Was uns nicht umbringt“, „Hotel Mumbai“, „Ashes in the Snow“ und eben „Die Farbe des Horizonts“ gearbeitet, wo er Streicher- und Piano-Klänge mit preparierten Drums Holzinstrumenten einsetzte.
Auch Daniel Hart, der als Violinist bei St. Vincent und Broken Social Scene tätig gewesen ist, bevor er ins Filmmusikgeschäft einstieg und so bemerkenswerte Scores zu „A Ghost Story“ und „Tumbletown“ kreierte, ist für seine eher minimalistisch orchestrierten Soundtracks bekannt. Mit dem Regisseur David Lowery arbeitet Hart seit „St. Nick“ (2009) regelmäßig zusammen und realisierte nach „The Saints – Sie kannten kein Gesetz“, „Elliot, der Drache“ und „A Ghost Story“ auch Lowerys neues Comedy-Crime-Drama „Ein Gauner & Gentleman“, in dem Robert Redford den mehrfachen Bankräuber Forrest Tucker spielt, dem es insgesamt 18 mal während seiner lebenslangen Haftstrafe gelungen ist, aus dem Gefängnis auszubrechen, auch von Alcatraz.
Hart komponierte einen wunderbar jazzigen, luftigen und melancholischen Score, der auch jenseits des Films einen bleibenden Eindruck hinterlässt.
Den großorchestralen Reigen eröffnet dann James Newton Howard, der 2018 an gleich drei Blockbuster-Produktionen beteiligt gewesen ist, beginnend mit dem Spionage-Drama „Red Sparrow“ von Francis Lawrence, mit dem der Komponist bereits an „I Am Legend“, „Wasser für die Elefanten“ und den letzten drei Filmen der „Tribute von Panem“-Reihe zusammengearbeitet hatte. Vor allem in der knapp 12-minütigen „Ouverture“, die musikalisch Bezug auf die Tanzkarriere der Protagonistin nimmt und Bezüge auf russische Komponisten wie Shostakovich aufweist, dokumentiert Howard seine kompositorische Klasse, ebenso in den ebenfalls sehr langen Tracks „Didn’t I Do Well?“ und „End Titles“ mit den elegischen Melodiebögen und feinen Choreinlagen.
„Mit Francis Lawrence zu arbeiten, macht immer Spaß. Seine Filme eröffnen große musikalische Möglichkeiten, während seine Kommunikationsfähigkeiten klar und beständig sind. Meine erste Aufgabe bei ‚Red Sparrow‘ bestand darin, ein zwölfminütiges Stück zu komponieren, das sowohl als Ballett als auch als Begleitung zu einer entfalteten Erzählung fungieren kann“, meint Howard. Seinen klassischen Wurzeln blieb der prominente Komponist, der bei acht Nominierungen immer noch auf seine erste Oscar-Auszeichnung wartet, auch in Walt Disneys „The Nutcracker and the Four Realms“ treu, an dessen Musik er zwei Jahre arbeitete und für die er sich immer wieder auf die berühmten Themen bezog, die Tchaikovsky für sein 1892 inszeniertes Ballett komponiert hatte. „Tchaikovsky ist einer der größten Melodien-Schreiber aller Zeiten. Die Farben des ,Nussknacker‘-Balletts sind ins Vokabular der Filmmusik übergegangen“, meint Howard. „Der Score ist sehr traditionell ausgefallen, mit großem Orchester, vielen Holzbläsern und Streichern, dazu Glockenspiel, Kirchen- und Chormusik“.
Großartig ist auch seine Arbeit zum neuen „Fantastische Tierwesen“-Abenteuer „Grindelwalds Verbrechen“ ausgefallen, dem erfolgreichsten Film des vergangenen Jahres. Howard setzte dazu ein 90-köpfiges Orchester und einen 40-stimmigen Chor ein, um ebenso spannende wie dunkle, humorvolle und berührende Momente stimmungsvolle zu untermalen.
Ebenso umtriebig war der französische Komponist Alexandre Desplat, zuletzt Oscar-prämiert für seine Arbeiten an Wes Andersons „Grand Budapest Hotel“ und Guillermo del Toros „The Shape of Water“. Zu Jacques Audiards dunklen Comic-Western „The Sisters Brothers“ schuf Desplat einen für das Genre mehr als ungewöhnlichen Score.
„Was könnte ich für einen Western schreiben? Weil der Film so anders ist, erlaubt er auch etwas anderes“, erzählt der Komponist im Interview mit Indiewire. „Es gibt keine Blechbläser, sondern eine kleine Jazz-Combo, die aber etwas seltsame, bedrückene, dunkle Musik spielt. Es war ein langer Prozess des Experimentierens und des Versuchs, nicht von Bernstein, Morricone oder sonstwem beeinflusst zu werden.“
Desplat ließ sich für seinen unorthodoxen Western-Score vom Jazz und Blues, aber auch von John Cage inspirieren, benutzte ein präpariertes Klavier, Timpani Drums und Cimbalon sowie eine von seiner Frau gespielten elektrischen Violine.
Außergewöhnlich ist auch die erneute Zusammenarbeit zwischen Wes Anderson und Alexandre Desplat beim Stop-Motion-Abenteuer „Isle of Dogs“ ausgefallen, nachdem sie bereits erfolgreich die Filme „Fantastic Mr. Fox“, „Moonrise Kingdom“ und „Grand Budapest Hotel“ verwirklicht haben.
„Es ist, als ob Mr. Fox mit der Atombombe zusammentrifft, es ist verrückt“, meint Desplat. „Der Reichtum des Visuellen ist einfach unglaublich. Die Detailfreude bei den Puppen. Ich habe so etwas noch nie zuvor gesehen. Die Musik ist ein Mix aus Japan, Wes Anderson und Desplat, die in einem Zimmer spielen. Halte nach dem Irrsinn Ausschau!“
Dagegen fallen Desplats Musik zu Chris Weitz‘ Drama um die Jagd nach Nazi-Verbrechern „Operation Finale“, Frederik Wiedmann Score zu dem Abenteuer-Road-Movie „Snow To Sand“ und Nicholas Britells Arbeit an Barry Jenkins‘ („Moonlight“) neuen Drama „Beale Street“ wieder etwas ruhiger und konventioneller aus, ehe Anna Meredith, Rob und Cliff Martinez mit ihren Scores demonstrieren, wie vielseitig mittlerweile wieder mit Synthesizern an Soundtracks gearbeitet wird. Zu den Oscar-Kandidaten für die beste Filmmusik zählen in diesem Jahr sicher auch der Schwede Ludwig Göransson, der für die Aufnahmen zum Marvel-Film „Black Panther“ nach Afrika gereist ist, um sich dort Inspirationen für die Untermalung des ersten schwarzen Superhelden im Marvel-Universum zu holen.
Und auch Spike Lee kehrt mit seinem neuen Film „BlacKkKlansman“ zum Rassissmus-Thema früherer Werke wie „Malcolm X“ und „Rodney King“ zurück, wozu Terence Blanchard einen furiosen Orchester-Funk-Mix kreierte. Funkig-groovig geht es auch in den beiden Heist Movies „Ocean’s 8“ und „King of Thieves“ zu, während die beiden Radiohead-Musiker Thom Yorke (zum „Suspiria“-Remake) und Jonny Greenwood (zu Lynne Ramsays Thriller-Drama „A Beautiful Day“) ebenso ungewöhnliche Klänge gefunden haben wie Oscar-Gewinner Justin Hurwitz („La La Land“) zu Neil Armstrongs humanistischen Weltraum-Trip „First Man“ und der im vergangenen Jahr verstorbene Isländer Jóhann Jóhannsson zum Horror-Drama „Mandy“.
Playlist:
01. Danny Elfman - Drawing Montage (Don't Worry, He Won't Get Far On Foot) - 03:01
02. Dustin O'Halloran - Puzzle Competition (Puzzle) - 02:39
03. Hauschka - Destination Unknown (Adrift) - 03:29
04. Hauschka - Opening (Was uns nicht umbringt) - 05:15
05. Carter Burwell - The Mortal Remains (The Ballad of Buster Scruggs) - 02:41
06. Daniel Hart - The Diner [Part One] (The Old Man and the Gun) - 03:11
07. James Newton Howard - Blonde Suits You (Red Sparrow) - 04:59
08. James Newton Howard - Sugar Plum and Clara (The Nutcracker and the Four Realms) - 07:42
09. James Newton Howard - Leta's Flashback (Fantastic Beasts: The Crimes of Grindelwald) - 04:40
10. Alexandre Desplat - To Jacksonville (The Sisters Brothers) - 03:26
11. Alexandre Desplat - To Israel (Operation Finale) - 02:28
12. Frederik Wiedmann - Winter (Snow to Sand) - 03:02
13. Nicholas Britell - Agape (If Beale Street Could Talk) - 02:55
14. Trent Reznor & Atticus Ross - Big Wide World (Mid90s) - 03:19
15. Anna Meredith - MIDI (Eigth Grade) - 03:42
16. Cliff Martinez - Oh My God I Shot You (Game Night) - 05:05
17. Rob - Cave (Revenge) - 03:31
18. Ludwig Goransson - A Kings Sunset (Black Panther) - 04:28
19. Terence Blanchard - Photo Opps (BlacKkKlansman) - 03:39
20. Daniel Pemberton - OSR I - III (One Strange Rock) - 03:43
21. Daniel Pemberton - Nine-Ball (Ocean's 8) - 03:40
22. Benjamin Wallfisch - Night at Hatton Garden (King of Thieves) - 04:20
23. Thom Yorke - The Hooks (Suspiria) - 03:18
24. Jonny Greenwood - Tree Synthesizers (You Were Never Really Here) - 04:25
25. Alexandre Desplat - End Titles (Isle of Dogs) - 04:52
26. Justin Hurwitz - The Landing (First Man) - 05:32
27. Jóhann Jóhannsson - Mandy Love Theme (Mandy) - 04:39
28. Harry Gregson-Williams - "It's Not For Me" (Breath) - 06:58

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