Sean Penn zählt nicht nur zu einem der bekanntesten Vertreter des Method Acting, mit seiner akribischen Vorbereitung auf seine Rollen ist er zu einem der prominentesten Darsteller in Hollywood avanciert und hat sich längst auch als Regisseur einen Namen gemacht. Nachdem er in den vergangenen Jahren eher in kleineren Rollen zu sehen war, kehrt er nun in „The Gunman“ mit einer sehr physisch präsenten Hauptrolle auf die Leinwand zurück.
Als Sohn von Regisseur
Leo Penn und Schauspielerin
Eileen Ryan war der Weg von
Sean Penn ins Filmgeschäft bereits vorgezeichnet. Ebenso wie sein jüngerer, am 24.01.2006 verstorbene Bruder Chris zog es
Sean Penn zur Schauspielerei, während sein älterer Bruder Michael Musiker wurde.
Schon in seiner Jugend drehte
Sean Penn mit seinem Bruder Chris und den Freunden
Charlie Sheen, Emilio Estevez und
Rob Lowe zahlreiche Super-8-Kurzfilme, ehe er nach der High School Schauspielunterricht nahm und nebenbei am
Group Repertory Theatre in Los Angeles als Laufbursche und Assistent arbeitete.
Kaum hatte er sein Schauspiel-Debüt am Broadway in dem Stück
„Heartland“ absolviert, wurde Hollywood auf den talentierten Darsteller aufmerksam. In seinem Kinodebüt
„Die Kadetten von Bunker Hill“ (1981) stand er neben
Tom Cruise vor der Kamera. Es folgten die Highschool-Komödie
„Ich glaub‘, ich steh im Wald“ und
Dennis Hoppers sozialkritischer Copthriller
„Colors – Farben der Gewalt“, bevor er mit Filmen wie
„Carlito’s Way“ und
„Dead Man Walking“ den Durchbruch schaffte und seine ersten Golden-Globe- bzw. Oscar-Nominierungen erhielt.
Weitere Academy-Awards-Nominierungen brachten ihm seine Darstellungen in
Woody Allens Komödie
„Sweet and Lowdown“ und
Nick Cassavetes‘ Behinderten-Drama
„Ich bin Sam“ ein.
1991 feierte Penn mit
„Indian Runner“ sein Regiedebüt. Der Film erzählt die Geschichte des ordnungsliebenden, gesetzestreuen Kleinstadt-Sheriffs Joe Roberts (
David Morse), der schwer damit zu kämpfen hat, einen Kriminellen in Notwehr erschossen zu haben. Sein aus Vietnam zurückgekehrter Bruder Frank (
Viggo Mortensen) gerät dagegen immer wieder mit dem Gesetz in Konflikt und kehrt nach seiner Entlassung aus dem Gefängnis seiner Heimatstadt den Rücken. Erst nach dem Selbstmord seines Vaters wird er von Joe und dessen Frau Maria im Elternhaus aufgenommen, doch dann bricht Franks jähzorniges Temperament durch.
Obwohl stark mit
David Morse, Patricia Arquette, Viggo Mortensen und
Dennis Hopper besetzt, konnte das ruhig erzählte Drama Publikum und Kritik nicht gänzlich überzeugen.
„
Penn zeigt ein in Hollywood wenig porträtiertes Amerika fernab aller Bilderbuchvorstädte. So erinnert
,Indian Runner' an das englische Arbeiterkino der Sechziger Jahre und etabliert einen tristen Handlungsort, den der American Dream nie erreicht hat. Die stärksten Momente des Films setzen sich damit auseinander, doch insgesamt weiß der Film zu wenig mit seinem Sujet anzufangen, bleibt ein bisschen schwammig und läuft zu sehr am Zuschauer vorbei“, meint
filmsucht.org.
1995 folgte mit
„Crossing Guard – Es geschah auf offener Straße“ Sean Penns zweite Regiearbeit, in der
Jack Nicholson als rachsüchtiger Säufer Freddy Gale überzeugt, der nach dem Unfalltod seiner Tochter darauf wartet, dass der verantwortliche Fahrer John Booth (
David Morse) aus dem Gefängnis entlassen wird. Als es endlich so weit ist, bringt es Freddy aber nicht über sich, Booth zu töten, und lässt sich auf einen merkwürdigen Deal ein, den Booth ihm vorschlägt.
„
Sean Penns Inszenierung ist nicht immer fulminant. Die schnitttechnische Gegenüberstellung von Stripclub und Trauergeschichten - recht offensichtlicher Symbolismus für den Verfall der Moral - ist etwas dick aufgetragen, doch der Film kratzt immer dann an Brillanz, wenn
Jack Nicholson und
David Morse agieren. Beide liefern unglaublich intensive Darstellungen ab, die derart mitreißend sind, dass man einerseits dem einen, andererseits dem anderen ein Happy End wünscht. Und dennoch weiß man, dass es für keinen eines geben kann. Das Finale ist grandios, erweist John Booth seinem Verfolger Freddy doch das vielleicht größte Geschenk, das er ihm machen könnte: Er führt ihn an einen Ort, an dem er endlich trauern kann“, heißt es bei
movieman.de.
Mit
Jack Nicholson arbeitete
Sean Penn auch bei seinem dritten Film zusammen. Nach
„Crossing Guard“ waren beide auf der Suche nach dem passenden Projekt und stießen auf
Friedrich Dürrenmatts Krimi-Drama
„Das Versprechen“ aus dem Jahre 1958, das bereits mit
Heinz Rühmann und
Gert Fröbe erfolgreich verfilmt wurde.
Penn verlegte die Geschichte in die USA und besetzte
Nicholson in der Rolle des kurz vor der Pensionierung stehenden Detectives Jerry Black, der den Fall eines sexuell missbrauchten und bestialisch ermordeten Mädchens aufzuklären hat. Er verspricht der Mutter des ermordeten Mädchens, den Täter zu fassen, doch als der vermeintliche Mörder verhaftet wird, ist Jerry nach wie vor davon überzeugt, dass der wahre Täter sich noch irgendwo da draußen herumtreibt und bereits sein nächstes Opfer sucht. Black plant eine riskante Falle und bringt damit das Leben eines weiteren Mädchens in Gefahr.
„Das Beste an diesem ungewöhnlichen, in vieler Hinsicht aus dem Rahmen fallenden Film sind aber die atemberaubenden, alptraumhaften Bilder, die
Penn gelingen. Oft ganz nah auch an den toten Dingen, manchmal ganz aus der Distanz: Etwa wie
Nicholson durch hunderte von Truthähnen schreitet, wie er dort im riesigen Stall die Todesnachricht überbringt – gefilmt in der Totale. Oder später, wie er im Wald wartet, voller Gewißheit: Irgendwo draußen ist er. Der Mörder.
Dem Zuschauer wird die letzte Sicherheit vorenthalten. Aber der Raum, erfahren wir hier, Schicksal und Reichtum Amerikas, ist auch Bedrohung. Und die Welt ist eine Hölle“, urteilt Rüdiger Suchsland in seiner Rezension auf
artechock.de.
Davor war Penn in starken Hauptrollen zu sehen, so in
Oliver Stones "U-Turn",
David Finchers "The Game" (beide 1997) und in
Terrence Malicks Kriegsdrama
"Der schmale Grat" (1998).
Nachdem
Penn den amerikanischen Part zum Episodenfilm
„11‘09“01 – September 11“ beigesteuert hatte, adaptierte er 2007 das biografische Drama
„Into The Wild“ von
Jon Krakauer. Es erzählt die wahre Geschichte des erfolgreichen Hochschulabsolventen Christopher McCandless (
Emile Hirsch), der im Sommer 1990 seine Ersparnisse der Wohlfahrt spendet, sich von seinen gut situierten Eltern (
William Hurt und
Marcia Gay Harden) lossagt und durch die Vereinigten Staaten reist, auf der Suche nach sich selbst, wobei er die unterschiedlichsten Gebiete und Menschen kennenlernt.
„Regisseur
Penn inszeniert seine epische Geschichte mit feinem Händchen und entfacht einen wahren poetischen Rausch an atemberaubenden Bildertableaus, die mit bewegenden Folksongs von
Pearl-Jam-Frontmann
Eddie Vedder unterlegt sind – eindeutig die größte Stärke und Motors des Films, der mit 140 Minuten eine beachtliche Länge aufweist.
‚Into The Wild‘ ist pure Poesie“, findet Carsten Baumgardt auf
filmstarts.de.
Danach überzeugte
Sean Penn als Hauptdarsteller in
Gus Van Sants Drama
„Milk“ (2008). Nach seinem ersten Oscar für seine Leistung in
Clint Eastwoods Drama
„Mystic River“ (2004) erhielt er für seine Hauptrolle des homosexuellen Harvey Milk seinen zweiten Academy Award. Es folgten so unterschiedliche Filme wie
Doug Limans Thriller-Drama
„Fair Game“ (2010),
Terrence Malicks spirituelles Epos
„The Tree of Life“ (2011) und
Paolo Sorrentinos unkonventionelles Road Movie
„Cheyenne – This Must Be the Place“, in dem
Penn einen alternden Rock-Star spielt, der das Lebenswerk seines Vaters beenden und den vergreisten Schänder finden will, der seinem Vater in Ausschwitz das Leben zur Hölle gemacht hatte.
Zuletzt war
Penn 2013 mit kleineren Rollen in
„Gangster Squad“ und
„Das erstaunliche Leben des Walter Mitty“ zu sehen. Nun kehrt er als ehemaliger Special-Forces-Angehöriger Jim Terrier in
Pierre Morels Action-Thriller
„The Gunman“ auf die Leinwand zurück. Nachdem Terrier mit seiner Elite-Einheit 2006 in der Demokratischen Republik Kongo ein tödliches Attentat auf den einheimischen Bergbauminister verübt hatte, beendete Terrier seinen Dienst und muss acht Jahre später feststellen, dass jemand systematisch Jagd auf die Mitglieder seiner früheren Truppe macht.
Der an sich öffentlichkeitsscheue
Penn zog in den 1980er Jahren extra von Los Angeles nach San Francisco, damit seine zwei Kinder fernab vom Hollywood-Trubel aufwachsen konnten, doch die Heirat mit Pop-Star
Madonna bescherte ihm ab 1985 wieder verstärktes Medieninteresse. Er blieb aus Protest gegen die Filmindustrie sogar jahrelang den Oscar-Verleihungen fern, bis er sich 2004 von Regisseur
Clint Eastwood erweichen ließ und bei seiner vierten Nominierung erstmals den Feierlichkeiten beiwohnte und gleich seinen ersten Academy Award in Empfang nehmen durfte.
Nachdem die Ehe mit
Madonna, die ihrem Mann das Album
„True Blue“ widmete, 1989 wieder geschieden wurde, war er von 1996 bis 2010 mit der Schauspielerin
Robin Wright verheiratet, mit der er zwei Kinder hat. Seit Januar 2014 ist er mit der südafrikanischen Schauspielerin
Charlize Theron liiert.
Filmographie:
1974: Unsere kleine Farm (Little House on the Prairie, Fernsehserie, Folge "Eine Glocke für Walnut Grove")
1979: Barnaby Jones (Fernsehserie)
1981: Hellingers Gesetz (Hellinger’s Law, Fernsehfilm)
1981: Randys Tod (The Killing of Randy Webster, Fernsehfilm)
1981: Die Kadetten von Bunker Hill (Taps)
1982: Ich glaub’, ich steh’ im Wald (Fast Times at Ridgemont High)
1983: Summerspell (Biografie)
1983: Bad Boys – Klein und gefährlich (Bad Boys)
1984: Crackers – Durch die Mauer führt der Weg / Fünf Gauner machen Bruch (Crackers)
1984: Die Zeit verrinnt, die Navy ruft (Racing with the Moon)
1985: Der Falke und der Schneemann (The Falcon and the Snowman)
1986: Auf kurze Distanz (At Close Range)
1986: Shanghai Surprise
1988: Cool Blue
1988: Colors – Farben der Gewalt (Colors)
1988: Ein Richter für Berlin (Judgment in Berlin)
1989: Die Verdammten des Krieges (Casualties of War)
1989: Wir sind keine Engel (We’re No Angels)
1990: Im Vorhof der Hölle (State of Grace)
1991: Indian Runner (The Indian Runner) (Regie)
1992: Cruise Control (Kurzfilm)
1993: Carlito’s Way
1995: Crossing Guard – Es geschah auf offener Straße (The Crossing Guard) (Regie)
1995: Dead Man Walking – Sein letzter Gang (Dead Man Walking)
1997: Mißbrauchte Liebe (Loved)
1997: Alles aus Liebe (She’s So Lovely)
1997: U-Turn – Kein Weg zurück (U-Turn)
1997: The Game – Das Geschenk seines Lebens (The Game)
1997: Ellen (Fernsehserie)
1997: Hugo Pool / Pool Girl
1998: Hurlyburly
1998: Der schmale Grat (The Thin Red Line)
1999: Being John Malkovich
1999: Sweet and Lowdown
2000: Die Villa (Up at the Villa)
2000: Bevor es Nacht wird (Before Night Falls)
2000: Das Gewicht des Wassers (The Weight of Water)
2000: The Beaver Trilogy (Dokumentarfilm)
2001: Friends (Fernsehserie, 2 Folgen)
2001: Das Versprechen (The Pledge) (Regie)
2001: Ich bin Sam (I am Sam)
2002: 11'09"01 – September 11 (Episode – Teil USA) (Regie)
2003: It’s All About Love
2003: Pauly Shore is Dead
2003: Mystic River
2003: 21 Gramm (21 Grams)
2004: Viva la Bam (Fernsehserie, Folge 3x03)
2004: Attentat auf Richard Nixon (The Assassination of Richard Nixon)
2004: Two and a Half Men (Fernsehserie, Folge 2x01)
2005: Die Dolmetscherin (The Interpreter)
2006: Das Spiel der Macht (All The King’s Men)
2007: Persepolis (Stimme)
2007: Into the Wild (Regie)
2008: Inside Hollywood (What Just Happened?)
2008: Milk
2010: Fair Game – Nichts ist gefährlicher als die Wahrheit (Fair Game)
2011: The Tree of Life
2011: Cheyenne – This Must Be the Place (This Must Be the Place)
2013: Gangster Squad
2013: Das erstaunliche Leben des Walter Mitty (The Secret Life of Walter Mitty)
2015: The Gunman
Playlist:
01.
Theodore Shapiro - Eyjafjallajökull (
The Secret Life of Walter Mitty) - 04:00
02.
Bill Conti - Reunion (
Bad Boys) - 03:00
03.
Pat Metheny Group - Chris (
The Falcon and the Snowman) - 03:16
04.
Ennio Morricone - Hell's Kitchen (
State of Grace) - 03:08
05.
Ennio Morricone - Old Family Souvenirs (
U-Turn) - 03:53
06.
Jack Nitzsche - My Brother Frank (
Indian Runner) - 04:25
07.
Patrick Doyle - Carlito and Gail (
Carlito's Way) - 04:05
08.
Zbigniew Preisner - First Night Together (
It's All About Love) - 03:45
09.
Alexandre Desplat - Light and Darkness (
The Tree Of Life) - 08:17
10.
John Powell - Titles (
I Am Sam) - 05:06
11.
Gustavo Santaolalla - Can Dry Leaves Help Us? (
21 Grams) - 03:53
12.
Michael Brook - Carte Noir (
Into The Wild) - 03:03
13.
Pino Donaggio - No Set Plans (
Up at the Villa) - 05:21
14.
Danny Elfman - Give 'em Hope (
Milk) - 04:42
15.
Björk - Amphibian (
Being John Malkovich) - 04:30
16.
Hans Zimmer & Klaus Badelt - You're Crazy (
The Pledge) - 05:57
17.
Hans Zimmer - The Lagoon (
Thin Red Line) - 08:36
18.
James Horner - Main Title (
All The King's Men) - 04:28
19.
James Newtomn Howard - Simon's Journals (
The Interpreter) - 03:05
20.
John Powell - Testify (
Fair Game) - 04:33
21.
Howard Shore - Congratulations On Choosing C.R.S. (
The Game) - 05:51
22.
George Fenton - First Light (
We're No Angels) - 03:02
23.
Marco Beltrami - Reunited (
The Gunman) - 05:21
24.
Ennio Morricone - Casualties of War (
Casualties of War) - 09:25
Soundtrack Adventures #163 with SEAN PENN @ Radio Zusa 2015-05-17 by Dirk Hoffmann on Mixcloud