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Sonntag, 24. Mai 2009

Danny Elfman (Teil 1) - Von der Rockbühne zur Filmmusik

Der Name Danny Elfman ist vor allem mit dem von Tim Burton verbunden gewesen, dessen phantasievollen, teils düster-romantischen, teils überdreht witzigen Filme ("Pee Wee´s Big Adventure", "Batman", "Beetlejuice", "Edward mit den Scherenhänden", „Sleepy Hollow“, „Alice In Wonderland“) der junge Komponist musikalisch stets kongenial umgesetzt hat. Er bewies mit den Scores zu Filmen wie "Sommersby", "Überall, nur nicht hier", "The Family Man" und "Black Beauty" allerdings auch ein Gespür für besinnliche Töne bzw. als Sänger und Gitarrist seiner Band Boingo für ausgereifte Rock-Arrangements.

Begonnen hat der in Los Angeles geborene und aufgewachsene Danny Elfman seine musikalische Karriere bei den The Mystic Knights , einer zwölfköpfigen Avantgarde-Musical-Theater-Gruppe, die Anfang der 70er Jahre mit ihren Multi-Media-Performances in Kalifornien für Furore sorgte. Sein einjähriger Aufenthalt in West-Afrika, der ihn schon als Teenager eine Leidenschaft für ungewöhnliche musikalische Ausdrucksformen entwickeln ließ, war sicherlich auch dafür verantwortlich, dass The Mystic Knights nicht nur durch eindrucksvolle Bühnenbauten, Kostüme und Filme auffielen, sondern auch durch selbstgebastelte indonesische und afrikanische Percussion-Ensembles.
Als Lead-Sänger und Songschreiber begann der Kalifornier trotz fehlender musikalischer Ausbildung, Violine, Gitarre, Bass und Percussion zu spielen.
"Als ich anfing, in einer Gruppe zu spielen, konnte ich etwas Gitarre spielen und brachte mir nach und nach andere Instrumente bei, unter anderem Posaune und Percussions. Schließlich schrieb ich einige Kompositionen selbst, was bedeutete, dass ich zwangsläufig das Spielen einiger Instrumente erlernen musste. Zuvor spielten wir viel von Duke Ellington und Cab Calloway. Es war ein gutes Training für mich, deren Piano-Solos aufzuschreiben und mein Ohr zu schulen", erinnert sich Danny.
1979 erhielten The Mystic Knights den Zusatz of Oingo Boingo, später wurde Oingo Boingo draus, bis nur noch Boingo übriggeblieben ist.
"Sehr bald wird es nur noch n-go heißen. Ich sage den Leuten immer, sie können uns Boingo oder Oingo Boingo nennen, es macht uns nichts aus. Es ist nur ein dummer Name", erklärt Danny, der bereits 1980 anfing, auch für Filme die Musik zu schreiben. Der Score zu "Forbidden Zone", einem Film seines Bruders Richard, wurde von Danny Elfman komponiert, von seiner Band eingespielt und präsentiert sich als musikalisches Potpourri populärer Musikstile von Gershwin über Calloway bis zu Rock mit avantgardistischen Einflüssen.
"Als Richard mich erstmals fragte, den Soundtrack zu seinem 'no budget'-Film zu machen, dachte ich, sicher, fein, das wird Spaß machen.
Sechzig Minuten an Originalmusik in einem Dutzend verschiedener Stile wurden benötigt, die innerhalb und um verschiedene ältere Stücke herum komponiert werden mussten. Aber als er sagte, dass alles innerhalb eines Zwei-Wochen-rund-um-die-Uhr-Kompositions-Arrangements-und-Aufnahme-Marathons fertiggestellt sein sollte, dachte ich, er wäre verrückt, aber 'verrückt' ist mein zweiter Name. Ich nahm die Herausforderung an und genoss es sehr stark", schrieb Danny Elfman in den Liner Notes zur Soundtrack-CD (Varese Sarabande). "Es war eine interessante Zeit für mich. Oingo Bongo verließen gerade die Theaterbühne und fingen an, als eine Band zu spielen. Wir hatten eine Möglichkeit, die älteren Stile, die wir zu spielen gewohnt waren, mit einigen verrückten Sounds zu verbinden. Es war eine große Chance auszuprobieren und verrückt zu werden."
1980 erschien auch die Debüt-EP von Oingo Boingo gleichen Namens, ein Jahr später das Debüt-Album "Only A Lad". Mit den folgenden Werken "Nothing To Fear" (1982), "Good For Your Soul" (1983), "Dead Man's Party" (1985), "Boingo" (1987), "Boingo Alive" (1988) und "Dark At The End Of The Tunnel" (1990) etablierte die Band um Danny Elfman, Gitarrist Steve Bartek und Drummer Johnny Hernandez einen charakteristischen Sound, der von Bläsern, vielschichtigen Rhythmen und Elfmans dämonischem Gesang getragen wurde. Eine ihrer vielgelobten Live-Performances besuchte auch Tim Burton, der daraufhin in Danny Elfman einen langjährigen Weggefährten für seine außergewöhnlichen Filmprojekte fand.
"Ich denke, Tim hatte schon immer eine Vorliebe für unkonventionelle Komponisten gehabt. Ohne ihn wäre ich nie zur Filmmusik gekommen", erinnert sich Danny an die erste Zusammenarbeit mit Tim zu dessen 85er Film "Pee Wee´s Big Adventure", für den Elfman zum ersten Mal einen orchestralen Score komponierte, was ihm so gut gefiel, dass er wusste, sein Leben der Filmmusik verschreiben zu müssen, nachdem Nino Rota, vor allem aber Bernard Herrmann schon in der Jugend sein Interesse für Filmmusik geweckt hatten.
"Bernard Herrmann war meine früheste Inspiration in der Filmmusik. Er war der erste Filmkomponist, der mich darauf aufmerksam machte, auf die Musik zu hören. Als ich ungefähr zwölf Jahre alt war, war ich ein großer Science-Fiction-Horror-Fan. Einmal sah ich mir einen Film an und stellte fest, dass ich den Film ebenso mochte wie die Musik, und immer wenn ich darauf achtete, wer in ähnlichen Fällen die Musik machte, stieß ich auf Bernard Herrmann. Dann fing ich an, nach seinen Scores Ausschau zu halten."
Mit dem Score zu "Pee Wee´s Big Adventure" begann auch die bis heute andauernde Zusammenarbeit zwischen Elfman, dem Boingo-Gitarristen Steve Bartek und Bob Badami, mit denen der Komponist seinen eigenen - wie er es nennt - "Film Music Club" gegründet hat.
"Für mich ist es ein gutes Gefühl zu wissen, dass ich bei fast jedem Projekt mit demselben Editor, Bob Badami, und demselben Orchestrator, Steve Bartek, zusammenarbeite.
Ich fühle mich sehr wohl, wenn ich weiß, dass ich mit dem Team arbeiten kann, auf das ich mich am meisten verlassen kann, weil ich weiß, dass sie nichts tun, was ich nicht möchte. Gerade Orchestrierer neigen dazu, meine Musik so zu verändern, dass sie 'besser' klingt. Dann muss ich es wieder so ändern, wie ich es ursprünglich haben wollte. Gewöhnlich habe ich eine klare Vorstellung von dem, wie etwas klingen soll, und ich möchte dann nichts hinzugefügt haben, weder mehr Noten, noch mehr Harmonie."
1986 folgte der Score zu dem Alan Metter-Film "Back To School" (zusammen mit "Pee Wee´s Big Adventure" auf der CD von Varese Sarabande) und der reine Synth-Score zu Emilio Estevez´ "Wisdom" (Varese Sarabande). 1988 war ein besonders kreatives Jahr für Danny Elfman. Neben Tim Burtons "Beetlejuice" (Geffen) versorgte er seinen Freund Martin Brest mit einem ungewöhnlichen Road-Movie-Score ("Midnight Run", MCA), schrieb die Pee-Wee-Fortsetzung "Big Top Pee Wee" (Arista) und die Musik zu Richard Donners "Scrooged" ("Die Geister, die ich rief"). 1989 folgte mit "Batman" nicht nur für Tim Burton, sondern auch für Danny Elfman der große Durchbruch. Immerhin brachte ihm der bombastische Score (Warner) einen Grammy ein.
"Ich hatte nie einen ausgiebigen, ausgereiften Action-Score geschrieben, um nicht zu sagen, ich verspürte einen immensen Druck. Es war sehr herausfordernd, aber letztlich sehr lohnend. Es war nicht nur spaßig, zu einem mehr traditionellen Stil zurückzukommen, den ich als Kind geliebt habe, sondern auch einigen dieser 'dunklen' Stilisierungen freien Lauf zu lassen, von denen ich so begeistert bin."
Zu Oscar-Ehren wird der enfant terrible der Hollywood-Komponisten seiner eigenen Meinung nach aber nie kommen, auch wenn er zuletzt gerade für "Milk" zumindest eine weitere Nominierung bekommen hat. "Ich werde in der Gemeinschaft der Filmkomponisten nicht sehr gemocht", glaubt Elfman. "Es ist ein sehr snobistischer, sehr elitärer Teil der Industrie. Es ist nicht ungewöhnlich für einen Autor, einen Schauspieler oder einen Cutter, Regisseur zu werden, ohne eine Filmschule besucht zu haben, aber ein Komponist, der nicht zur Schule gegangen ist... Ich werde sogar beschuldigt, dass andere Leute meine Musik schreiben würden. Es gibt 2500 Mitglieder in der Musiksparte der Academy, aber weniger als zwanzig davon machen 90 Prozent der Filme, so dass 2400 verbitterte Mitglieder verbleiben, die das auseinandernehmen, was ihnen nicht gefällt", konstatiert Danny, dessen Musik weniger konkrete musikalische Vorstellungen der Regisseure widerspiegelt als vielmehr emotionale Inhalte.
"Jeder Regisseur erzählt einem, welche Gefühle er in seinem Film beschrieben haben möchte. Ich hatte noch nie mit einem Regisseur zu tun, der mit mir über die Musik sprach, sondern nur über die Gefühle, die in der Musik ausgedrückt werden sollen. Dann versuche ich, das zu interpretieren, was sie denken und was der Film leisten soll. Das versuche ich, in der Musik umzusetzen. Nur selten verfügen Regisseure über ein musikalisches Vokabular, und das ist in der Regel eher hinderlich als nützlich."
1990 machte sich die durch "Batman" schlagartig gestiegene Popularität verstärkt bemerkbar. Elfman komponierte die romantische Abenteuermusik für Warren Beattys farbenprächtigen Film "Dick Tracy" (Sire), den berauschend-mystischen Score zu Clive Barkers "Nightbreed" (MCA), den düsteren Soundtrack zu Sam Raimis "Darkman" (MCA) und den rührigen Fantasy-Score zu Tim Burtons "Edward mit den Scherenhänden" (MCA). Folgerichtig betitelete MCA eine Best-of-Compilation von Danny Elfman mit "Music For A Darkened Theatre".
Nachdem Elfman 1992 mit "Batmans Rückkehr" (Warner) seinen bisherigen Ambitionen noch eins draufgesetzt hatte, ließ er es fortan musikalisch ruhiger angehen, was auf eine ganz bewusste Entscheidung Elfmans zurückzuführen ist.
"Ich suchte nach etwas romantischerem Stoff, weil ich mal etwas anderes als geräuschvolle Filme machen wollte. Das Arbeiten im Fantasy-Genre ist oft sehr frustrierend, weil es stark auf Soundeffekten basiert."

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