Samstag, 7. Oktober 2023
Montag, 1. August 2022
Playlist #351 vom 14.08.2022 - R.I.P. PHILIP BAKER HALL (1931-2022)
Playlist:
Samstag, 4. Januar 2014
Playlist #128 vom 12.01.2014 - ROBERT REDFORD Special
Robert Redford zählt nicht nur zu den bekanntesten Schauspielern seiner Generation, längst hat er sich auch als Regisseur und Umweltschützer einen Namen gemacht. Besonders produktiv ist er seit seinen ersten Fernsehauftritten im Jahr 1960 (in Serien wie „Maverick“, „Rescue 8“, „Playhouse 90“, „Perry Mason“ und „Tate“) allerdings nicht gewesen. Nachdem Redford 2007 mit „Von Löwen und Lämmern“ seinen letzten Film inszeniert hatte, meldete er sich erst 2012 mit dem Polit-Thrillerdrama „The Company You Keep“ zurück und ist aktuell in dem Abenteuer-Drama „All Is Lost“ in den deutschen Kinos zu sehen.
„Ob er als ‚Der große Gatsby‘ im pinkfarbenen Anzug vor den Herrenhäusern der Ostküste steht, sich in ‚Jenseits von Afrika‘ mit Jägerschlapphut an Löwen heranpirscht oder in ‚Die Unbestechlichen‘ mit hochgekrempelten Hemdsärmeln seine Enthüllungsartikel in die Schreibmaschine hackt – alle Redford-Figuren sind zunächst einmal Inkarnationen seiner selbst“, befand Katja Nicodemus in „Die Zeit“ (46/2007).
Mit „Der große Gatsby“ (1974) und „Tollkühne Flieger“ (1975) konnte der Womanizer zwar nicht mehr ganz an die vorangegangenen Erfolge anknüpfen, doch durch den von ihm erstmals produzierten Polit-Thriller „Die Unbestechlichen“ (1976), mit dem Regisseur Alan J. Pakula den durch die Journalisten Bob Woodward (Redford) und Carl Bernstein (Dustin Hoffman) aufgedeckten Watergate-Skandal thematisierte, war Redford wieder ganz oben.
Es folgten noch Auftritte in dem stargespickten Kriegsfilm „Die Brücke von Arnheim“ (1977) und in Sydney Pollacks „Der elektrische Reiter“ (1979), ehe Redford 1980 mit dem Sozialdrama „Eine ganz normale Familie“ sein Regiedebüt feierte und seinen ersten Oscar in Empfang nehmen konnte. 1980 gründete Redford in seiner Heimat Utah das Sundance Institute, das sich der Förderung unabhängiger Filmemacher und ihrer Werke verschrieb. Das 1984 erstmals ins Leben gerufene Sundance Film Festival ist längst zum wichtigsten Treffpunkt der amerikanischen Independent-Filmer avanciert.
In den 80er und 90er Jahren war Redford nur noch sporadisch auf der Leinwand zu bewundern. 1980 spielte er in „Brubaker“ einen idealistischen Gefängnisdirektor, 1985 folgte das von Sydney Pollack inszenierte Liebesdrama „Jenseits von Afrika“, ein Jahr später das romantische Thriller-Drama „Staatsanwälte küsst man nicht“, ehe 1990 mit „Havanna“ die sechste und letzte Zusammenarbeit mit Sydney Pollack über die Bühne ging. In „Sneakers“ spielte Redford 1992 den Chef einer Bande von High-Tech-Einbruchsspezialisten, außerdem führte er nach „Eine ganz normale Familie“ und „Milagro – Der Krieg im Bohnenfeld“ (1988) bei dem Drama „Aus der Mitte entspringt ein Fluss“ zum dritten Mal Regie, die den Anfang der langjährigen Zusammenarbeit mit Komponist Mark Isham markierte, der auch Redfords „Quiz Show“ (1994), das Politdrama „Von Löwen und Lämmern“ (2007) und „Die Lincoln-Verschwörung“ (2010) vertonte. 1993 machte Redford Demi Moore „Ein unmoralisches Angebot“, 1996 mimte er neben Michelle Pfeiffer in „Aus nächster Nähe“ einen Fernsehjournalisten. 1998 führte er Regie bei der Bestseller-Verfilmung von „Der Pferdeflüsterer“, im Jahr 2000 bei dem Drama „Die Legende von Bagger Vance“.
Redford inszeniert seine Filme sehr entschleunigt und rhythmisch vielseitig. Dabei geht er sehr musikalisch vor.
„Ich komponiere meine Filme so, wie ich auch Musik höre. Ein Teil der Konzeption von ‚Ordinary People‘ war der Kanon von Pachelbel. In ‚The Horse Whisperer‘ war es das Dvorák-Concerto, das sich während der Montagesequenz über ein Gitarrenriff in ein Western-Stück verwandelt. Von den langen, arbeitsamen Tagen der Streichermusik zu den schnellen, dissonanten Klängen des Pferdetrainings“, erklärte Redford im Interview mit Daniel Kothenschulte („Nachbesserungen am amerikanischen Traum. Der Regisseur Robert Redford“, Schüren, S. 173). „Einige Filme wurden durch den Rhythmus des Sujets bestimmt. ‚Ordinary People‘ war so langsam und finster, die Langsamkeit, in der man die Mutter aus ihrer eingefahrenen Rolle stößt und die des Heilungsprozesses. Der Pachelbel-Kanon wird zu Beginn auf einem Finger gespielt. Am Ende, wenn es zur Konfliktlösung kommt, spielt dann das ganze Orchester.“2002 erhielt Redford den Ehre-Oscar für sein Lebenswerk. Nun spielt er in J.C. Chandors Ein-Mann-Stück „All Is Lost“ einen Segler, der auf dem Indischen Ozean von einem Container gerammt wird und folglich auf seinem stark lädierten Schiff ums Überleben kämpft.
Filmographie:
1960: Maverick (Fernsehserie, Folge 03x23)
1962: Hinter feindlichen Linien (War Hunt)
1965: Lage hoffnungslos, aber nicht ernst (Situation Hopeless…But Not Serious)
1965: Verdammte, süße Welt (Inside Daisy Clover)
1966: Dieses Mädchen ist für alle (This Property is Condemned)
1966: Ein Mann wird gejagt (The Chase)
1967: Barfuß im Park (Barefoot in the Park)
1969: Zwei Banditen (Butch Cassidy and the Sundance Kid)
1969: Blutige Spur (Tell Them Willie Boy Is Here)
1969: Schußfahrt (Downhill Racer)
1970: Stromer der Landstraße (Little Fauss and Big Halsy)
1972: Jeremiah Johnson
1972: Vier schräge Vögel (The Hot Rock)
1972: Bill McKay – Der Kandidat (The Candidate)
1973: Der Clou (The Sting)
1973: So wie wir waren (The Way We Were)
1974: Der große Gatsby (The Great Gatsby)
1975: Die drei Tage des Condor (Three Days of the Condor)
1975: Tollkühne Flieger (The Great Waldo Pepper)
1976: Die Unbestechlichen (All the President’s Men)
1977: Die Brücke von Arnheim (A Bridge Too Far)
1979: Der elektrische Reiter (The Electric Horseman)
1980: Brubaker
1980: Eine ganz normale Familie (Ordinary People, Regie)
1984: Der Unbeugsame (The Natural)
1985: Jenseits von Afrika (Out of Africa)
1986: Staatsanwälte küsst man nicht (Legal Eagles)
1988: Milagro – Der Krieg im Bohnenfeld (The Milagro Beanfield War, auch Regie)
1990: Havanna (Havana)
1992: Sneakers – Die Lautlosen (Sneakers)
1992: Aus der Mitte entspringt ein Fluß (A River Runs Through It, Regie)
1993: Ein unmoralisches Angebot (Indecent Proposal)
1994: Quiz Show (Regie)
1996: Aus nächster Nähe (Up Close & Personal)
1998: Der Pferdeflüsterer (The Horse Whisperer, auch Regie)
2000: Die Legende von Bagger Vance (Bagger Vance)
2001: Die letzte Festung (The Last Castle)
2001: Spy Game – Der finale Countdown (Spy Game)
2004: Anatomie einer Entführung (The Clearing)
2005: Ein ungezähmtes Leben (An Unfinished Life)
2007: Von Löwen und Lämmern (Lions for Lambs, auch Regie)
2010: Die Lincoln Verschwörung (The Conspirator, Regie)
2012: The Company You Keep – Die Akte Grant (The Company You Keep, auch Regie)
2013: All Is Lost
Playlist:
01. Alexander Ebert - The Invisible Man (All Is Lost) - 05:54
02. John Rubinstein & Tim McIntire - Overture/Spirits Landing/"Jeremiah Johnson" (Jeremiah Johnson) - 07:42
03. Dave Grusin - Condor! (Three Days of the Condor) - 03:33
04. David Shire - Finale and End Title (All the President's Men) - 02:48
05. Lalo Schifrin - Theme from Brubaker (Brubaker) - 03:47
06. John Barry - I Had A Farm (Out of Africa) - 03:12
07. John Barry - Main Theme (Indecent Proposal) - 04:40
08. Dave Grusin - Night-Walk (Havana) - 03:26
09. James Horner - "Too Many Secrets" (Sneakers) - 06:17
10. Mark Isham - Haunted By Waters (A River Runs Through It) - 04:18
11. Mark Isham - Televion On Trial (Quiz Show) - 03:06
12. Thomas Newman - Up Close (Up Close & Personal) - 02:45
13. Thomas Newman - Runaway Meadow (The Horse Whisperer) - 03:01
14. Rachel Portman - Savannah Needs A Hero (The Legend Of Bagger Vance) - 04:56
15. Harry Gregson-Williams - Su-Chou Prison (Spy Game) - 05:00
16. Craig Armstrong - The Clearing Main Theme - Orchestral Version (The Clearing) - 03:08
17. Thomas Newman - End Title (The Horse Whisperer) - 03:42
18. Deborah Lurie - Main Title (An Unfinished Life) - 03:29
19. Christopher Young - Unfinished Life (An Unfinished Life) - 03:27
20. Mark Isham - Last Shift (Lions For Lambs) - 04:58
21. Thomas Newman - Grace (The Horse Whisperer) - 03:05
22. Alexander Ebert - All Is Lost (All Is Lost) - 04:30
23. James Horner - Main Title (Sneakers) - 03:00
24. Cliff Martinez - Somewhere Someone Knows Something (The Company You Keep) - 04:25
25. Harry Gregson-Williams - Operation Dinner Out (Spy Game) - 04:49
26. John Barry - Karen's Journey Starts (Out of Africa) - 03:41
27. Craig Armstrong - You Need A Sign Of Life (The Clearing) - 05:38
Soundtrack Adventures with ROBERT REDFORD @ Radio ZuSa 12-01-2014 by Dirk Hoffmann on Mixcloud
Sonntag, 7. November 2010
Playlist # 45 vom 07.11.10 - DAVID FINCHER Special
David Fincher zählt zu den ersten Stars einer Regie-Generation, die durch die Produktion von Werbe- und Musikclips das Handwerk des Filmemachens erlernten. 1962 wurde Fincher in Denver, Colorado, geboren, aufgewachsen ist er im nördlich von San Francisco gelegenen Marin County in der unmittelbaren Nachbarschaft von George Lucas. In dessen Firma Industrial Light and Magic arbeitete Fincher ab 1980 vier Jahre lang als Trickfilmzeichner und in der Herstellung der Spezialeffekte arbeitete, bevor er 1986 mit zwei Produzenten und drei weiteren Regisseuren die Produktionsfirma Propaganda Films gründete. David Fincher und Dominic Sena arbeiteten für die großen Namen der Werbebranche und Musikszene, zu ihren Kunden zählten die Rolling Stones, Aerosmith, Madonna, Sting, Nine Inch Nails und Michael Jackson, Werbespots wurden für Nike, Coca-Cola, Budweiser, Levi’s, Adidas und Motorola gedreht.
Unter Finchers Regie wurde noch während der Dreharbeiten weiter am Drehbuch gefeilt, das Budget um etliche Millionen Dollar überschritten. Zwar wurde „Alien³“ 1993 für einen Oscar in der Kategorie „Beste visuelle Effekte“ nominiert, doch bei Kritikern und Publikum fiel der Film gnadenlos durch. Selbst David Fincher hasste „Alien³“:
„Der Film, den ich ursprünglich in meinem Kopf gehabt hatte, war so anders als der, der dann gemacht wurde. Ich wurde wegen einer künstlerischen Vision engagiert und anschließend zu etwas anderem gezwungen. Nie zuvor war ich so herabgewürdigt, so belogen und so schlecht behandelt worden“, verkündete der Regisseur 1996 in einem Interview mit „Sight & Sound“.
Es sollte daher drei Jahre dauern, bis David Fincher ein neues Projekt in Angriff nahm: den düster-verregneten wie kompromisslosen Psycho-Schocker „Se7en“. In einer namenlosen Großstadt sind der abgeklärt-routinierte Detective Somerset (Morgan Freeman) und sein neuer, hitzköpfiger Kollege Mills (Brad Pitt) einem Serienkiller auf der Spur, der seine Opfer nach den sieben biblischen Todsünden aussucht, die sie begangen haben sollen.
Dabei inszeniert er seine Tatorte und Opfer wie in einem kunstvollen wie grotesken Gemälde. David Fincher hat diesen verstörenden Thriller von der beeindruckenden Eröffnungssequenz bis zum schockierenden Ende äußerst spannend mit großartigen Schauspielern auch visuell brillant inszeniert. Das dualistische Prinzip von Gut und Böse, Hell und Dunkel, Ordnung und Chaos – um nur einige Beispiele zu nennen - durchzieht den Film wie ein roter Faden.
An einem der Tatorte entdeckt der akribisch arbeitende und gebildete Somerset ein Zitat aus John Miltons „Das verlorene Paradies“: „Lang ist der Weg und beschwerlich, der hinaus ins Licht führt aus der Hölle.“ Treffender lässt sich die Atmosphäre des herausragenden Psycho-Thrillers nicht beschreiben, dessen düstere Stimmung kongenial durch Howard Shores albtraumhafte Musik untermalt wird.
Mit nur zwei Filmen hat sich David Fincher den Namen „Master Meanie“ (Meister der Gemeinheit) verdient, wie in das Time Magazine 1997 titulierte. Dieser Bezeichnung wurde Fincher auch in seinen nächsten Filmen mehr als gerecht. Dass der visionäre Filmemacher gern mit den Vorlieben des Publikums spielt, bewies er 1997 auch mit seinem nächsten Werk „The Game“, dessen Titel bereits auf eine gewisse Doppeldeutigkeit hinweist. Michael Douglas spielt darin den Multimillionär Nicholas Van Orten, der von seinem jüngeren Bruder Conrad (Sean Penn) zum 48. Geburtstag ein Spiel geschenkt bekommt, das die Firma CRS (Consumer Recreation Services) für ihn inszeniert und den bislang so größenwahnsinnigen und gefühlskalten Investmentbanker ins Chaos stürzen lässt. Ohne die Regeln des Spiels zu kennen, kann sich Van Orten keinen Reim auf die unerklärlichen Ereignisse machen, die ihm sukzessive die Kontrolle, seinen Besitz und sein Leben rauben.
Ebenso wie Nicholas Van Orten tappt auch der Zuschauer im Dunkeln, was es mit dem Spiel auf sich hat. Diese Ungewissheit, die spektakuläre Inszenierung und die überzeugenden Darstellerleistungen machen „The Game“ zu einem dramatischen Thriller mit tiefenpsychologischem Hintergrund. Howard Shore, der sich durch seine langjährige Zusammenarbeit mit David Cronenberg und Thriller-Scores wie „Das Schweigen der Lämmer“ und „Sieben“ einen Namen gemacht hat, sorgte auch bei „The Game“ für die passende musikalische Untermalung.
1999 erschien mit „Fight Club“ ein Film, der einmal mehr für viel Diskussionsstoff sorgte. Edward Norton spielt in der Verfilmung von Chuck Palahniuks gleichnamigen Roman den gelangweilten Yuppie Jack, der unter Schlaflosigkeit leidet und seine Zeit mit Telefonshopping und in verschiedenen Selbsthilfegruppen verbringt. Als seine Wohnung in Schutt und Asche gelegt wird, findet er beim selbstbewussten, charismatischen Tyler Durden (Brad Pitt) Unterschlupf, mit dem er den „Fight Club“ gründet. Indem sich hier Männer fast zu Tode prügeln, bekommen sie den nötigen Kick, um ihren tristen Alltag zu bewältigen. Doch hinter Tylers Ambitionen steckt weit mehr, als Jack ahnen kann.
„Was ‚Fight Club‘ so interessant macht, vital und zukunftsträchtig, ist die vielschichtige Technik der Visualisierung von Zusammenhängen, Gedanken und Sinnbildlichem, die Fincher hier entwickelt – ein Grund, warum er gerade anlässlich dieses Films häufiger mit Cronenberg und ‚Crash‘ (1996) zusammengebracht wurde“, resümiert Brigitte Desalm in ihrem Essay „Extreme Mittel, elegante Beiläufigkeit: Fight Club (1999)“ (in dem von Frank Schnelle herausgegebenen Buch „David Fincher“, Bertz Verlag, S. 190).
„Gerade beim frühen Cronenberg finden sich Horrorszenarien, wo der Zorn als Ausdruck der Revolte biologische Gestalt annimmt, wo das Metaphorische morphologisch erkundet wird. Natürlich wagt sich Fincher nie auf experimentellen Boden, seine Erzählung bleibt als vieldeutige Halluzination immer zugleich auch fassbar und in jedem Moment figurenorientiert. So führt er das Mainstream-Kino an seine Grenzen und darüber hinaus.“
Etwas konventioneller präsentierte sich David Fincher mit seinem nächsten Thriller „Panic Room“. Jodie Foster spielt die geschiedene, allein erziehende Mutter einer zuckerkranken Tochter (Kristen Stewart), die zusammen gerade in ein luxuriöses, weitläufiges Stadthaus in Manhattan gezogen sind, das über einen wie ein Safe gesicherten „Panikraum“ verfügt. Hier muss sich das Mutter-Tochter-Gespann gegen ein hartnäckiges Einbrechertrio verteidigen, die es auf die Millionen des Vorbesitzers abgesehen haben. Einmal fasziniert David Fincher sein Publikum mit atemberaubenden Kamerafahrten und gediegenen Farbkompositionen.
„Alle Mittel, die ich einsetze, auch die technologischen, sind darauf ausgerichtet, eine emotionale Wirkung zu erzielen. Ein Zuschauer mag sich dessen nicht bewusst sein, aber er reagiert auf alles - das Licht, die Kostüme, die Schauspieler, den Ton. Und ich muss die Bilder, Musik, Stimmen und Rhythmen so orchestrieren, dass sie eine Reaktion hervorrufen. Wenn ich sanftes Licht benutze, sagt das über einen Schauplatz etwas anderes aus als hartes Licht. Genauso verhält es sich beispielsweise, wenn ich einen Schauspieler ohne Make-up direkt beleuchte. Ich erschaffe keine Bilder, sondern Gefühle. Filmemachen ist Alchemie - keine Wissenschaft“, erklärte David Fincher im Interview mit dem ”Spiegel”.Fünf Jahre nach seiner erfolgreichen Fingerübung in Sachen klaustrophobischer Thriller mit „Panic Room“ kehrte David Fincher 2007 mit „Zodiac“ zum Serienkiller-Motiv zurück, das er mit „Sieben“ so beeindruckend thematisiert hatte. Der Filmemacher adaptierte die historische Mordserie des sogenannten „Zodiac“-Killers, der 1968 mit seinem blutigen Treiben begann und sich ständig über die Polizei und Presse lustig machte. Es wurde nie aufgeklärt, wer sich hinter dem mysteriösen Killer verbarg, und auch David Fincher verliert sich nicht in irgendwelchen Spekulationen über dessen Identität. Stattdessen zeichnet er über zweieinhalb Stunden lang das Portrait einer Zeit, die vom „Sommer der Liebe“ geprägt war, dessen Versprechen aber durch die Attentate an den Kennedy-Brüdern und Martin Luther King nicht eingelöst wurde.
Wie schon in „Se7en“ zermürbt der Fall die Ermittler. Dort zerrieb sich Brad Pitt als ungeduldiger, hitzköpfiger Jung-Detective, hier verlieren der Reporter Paul Avery (Robert Downey Jr.) die Kontrolle über sein Leben und der sich als Hobbydetektiv betätigende Cartoonist Robert Graysmith (Jake Gyllenhaal) den Bezug zu seiner Familie.
Ein Jahr später adaptierte Fincher die Kurzgeschichte „Der seltsame Fall des Benjamin Button“ von F. Scott Fitzgerald. Benjamin Button (Brad Pitt) kommt 1918 als Greis mit minimaler Lebenserwartung auf die Welt, verliebt sich in die Tänzerin Daisy (Cate Blanchett), doch ihr Glück scheitert nicht nur an der Zeit, die Daisy ganz normal altern lässt und Benjamin zum Jüngling macht, sondern auch an den gesellschaftlichen Konventionen. Fincher erzählt aber nicht nur eine Romanze, die keine Zukunft hat, sondern geht einmal mehr existenziellen Fragen nach.
Im Gegensatz zu den von Howard Shore komponierten Düster-Scores zu Finchers Thrillern „Sieben“, „The Game“ und „Panic Room“ engagierte er für das gefühlvolle Drama „Der seltsame Fall des Benjamin Button“ den französischen Komponisten Alexandre Desplat („Largo Winch“, „Harry Potter und die Heiligtümer des Todes – Teil 1“), der für seinen Soundtrack eine Oscar-Nominierung erhielt.
In seinem aktuellen Film „The Social Network“ setzt sich David Fincher mit dem Facebook-Phänomen auseinander und erzählt die Geschichte von Facebook-Gründer Mark Zuckerberg (Jesse Eisenberg), der an seiner Uni zwar nicht wirklich beliebt ist, aber mit TheFacebook ein rasant wachsendes Uni-Netzwerk ins Leben ruft, das Zuckerberg und seinen Mitbewohner Saverin (Andrew Garfield) zu Millionären macht.
Fincher inszenierte den Film mit großem Tempo und wunderbaren Dialogen. Dass die Geschichte aus verschiedenen Perspektiven erzählt wird, folgt dabei dem üblichen Vorgehen des Regisseurs, mit den Erwartungen des Zuschauers zu spielen und filmische Realitäten zu hinterfragen. Dem zeitgemäßen Thema trug Fincher auch beim Soundtrack Rechnung: Nine-Inch-Nails-Mastermind Trent Reznor komponierte den elektronischen, aber sehr organisch und experimentell klingenden Score zusammen mit Atticus Ross („The Book Of Eli“).
Filmographie:
1992: Alien 3 (Alien³)
1995: Sieben (Se7en)
1997: The Game
1999: Fight Club
2002: Panic Room
2007: Zodiac – Die Spur des Killers (Zodiac)
2008: Der seltsame Fall des Benjamin Button (The Curious Case of Benjamin Button)
2010: The Social Network
Playlist:
1 Trent Reznor & Atticus Ross - A Familiar Taste (The Social Network) - 03:35
2 Elliot Goldenthal - Agnus Dei (Alien 3) - 04:28
3 Howard Shore - Monday (Se7en) - 05:23
4 Howard Shore - Pulling Back The Curtain (The Game) - 04:41
5 Howard Shore - Fourth Floor Hallway (Panic Room) - 03:26
6 David Shire - Law & Disorder (Zodiac) - 04:16
7 The Dust Brothers - What Is Fight Club? (Fight Club) - 04:44
8 Trent Reznor & Atticus Ross - In Motion (The Social Network) - 04:56
9 The Dust Brothers - Medula Oblongata (The Fight Club) - 05:58
10 Alexandre Desplat - A New Life (The Curious Case Of Benjamin Button) - 03:42
11 Howard Shore - Wearing The Wire (Se7en) - 07:06