Radio ZuSa

Sonntag, 2. Januar 2011

Playlist # 49 vom 02.01.11 - PATRICK DOYLE Special

Patrick Doyle ist ein eindrucksvollste Beispiel für die rasante Karriere eines Soundtrackkomponisten gewesen, dessen Marktwert mit jedem Film, den er mit einem ebenfalls aufstrebenden Regisseur macht, steigt. Ähnlich wie sich Howard Shore mit David Cronenberg oder Danny Elfman mit Tim Burton in die erste Liga der Hollywood-Komponisten katapultiert haben, ist es vor allem dem Multi-Talent Kenneth Branagh („Frankenstein“) zu verdanken, dass Doyle auch außerhalb der britischen Grenzen sehr gefragt gewesen ist.

Doyles musikalischer Hintergrund ist dabei – ebenso wie bei so vielen der jüngeren Filmmusikkomponisten -äußerst ungewöhnlich. Der am 6. April 1953 im schottischen Uddingston geborene Doyle beendete sein Studium an der Royal Scottish Academy of Music and Drama 1974, wo er Piano und Gesang studierte, war aber bereits vorher als Musiker und Schauspieler tätig. Nachdem er 1978 seinen ersten Score geschrieben hatte, komponierte er die Musik für unzählige Radio-, Fernseh- und Theaterproduktionen. 1987 stieß Doyle zur Renaissance Theatre Company und arbeitete dort als Komponist und Musikregisseur. Unter der Regie von Derek Jacobi, Geraldine Mc Ewan und Judi Dench schrieb er die Scores zu den Theaterproduktionen von „Hamlet“, „As You Like It“ und „Much Ado About Nothing“. Mit „King Lear“ und „A Midsummer Night´s Dream“ ging die Renaissance Theatre Company auf Welttournee. Schließlich beauftragte Kenneth Branagh Patrick Doyle, den Score für sein Film-Debüt „Henry V.“ zu schreiben.
„Wir haben uns durch einen gemeinsamen Freund, John Sessions, kennengelernt, mit dem ich in den vorangegangenen Jahren zusammen gespielt habe“, erinnert sich Doyle an das erste Zusammentreffen mit Branagh. „Als John eines Tages mit Kenneth sprach, suchte dieser gerade einen Komponisten für seine nächste Theaterproduktion 'Twelfth Night', und John sprach von mir, dass ich sowohl schauspielerte als auch komponierte. Kenneth ließ John mich fragen, ob ich daran interessiert sei, die Musik für 'Twelfth Night' zu schreiben. So kamen wir zusammen. Nach 'Twelfth Night' ging ich mit 'Hamlet' auf Tour durch Großbritannien. Am Ende der Tour erfuhr ich, dass Kenneth 'Henry V.' verfilmen wollte. Ich fragte ihn, ob ich die Gelegenheit bekommen könnte, die Musik für den Film zu schreiben, obwohl ich noch nie für einen Film gearbeitet habe. Aber es war auch Kenneth' erster Film und eine große Herausforderung für uns beide, das Projekt anzugehen. Ich hatte keine Ahnung von all den technischen Dingen, die mit dem Musikprozess zusammenhängen. Ich verbrachte jeden Tag Stunden über Stunden damit, die Regieanweisungen mit Hilfe des Computers mit der Musik in Übereinstimmung zu bringen.“
Um Shakespeares Drama einem größeren Publikum nahezubringen, versuchte Branagh, eine moderne Sichtweise des Stückes herauszuarbeiten, eine Studie über das englische Klassensystem, den Krieg, die Rolle von Mann und Frau und Macht zu realisieren. Insofern wies er Doyle an, die Musik einer modernen Interpretation anzupassen.
„Ich verlangte keine authentischen mittelalterlichen Klänge. Der Score musste aus unserer Zeit stammen, auf klassische Weise reich in den Tönen, aber unmittelbar zugänglich. Eine von Pats großen Gaben ist die der Melodie, und ich wollte für jede Melodie eine Wirkung.
Die großen Bühnenbild-Stücke benötigten ein Underscoring, das genauso kraftvoll und direkt war wie die Worte an sich“, schrieb Branagh in den Liner Notes zu „Henry V.“, setzte mit diesem Statement aber zugleich Maßstäbe für seine zukünftigen Kollaborationen mit Doyle - „Viel Lärm um Nichts“, „Schatten der Vergangenheit“ und „Frankenstein“.
„Kenneth hat eine sehr genaue Vorstellung davon, welche wichtigen Eigenschaften der Score aufweisen muss. Er liebt melodiöse Scores mit sehr ausgeprägten Themen“, meint Doyle. „Bei 'Frankenstein' gab es z.B. Musik für eine Ballraumszene und die Flöte, die der alte Mann und die Kreatur spielten. Dafür mussten Songs eingespielt werden, und die Musik zur Ballraumszene wurde dann das Liebesthema des Films. Kenneth hat genaue Vorstellungen, wie Musik an bestimmten Punkten der Geschichte einzusetzen ist.“
Nach dem überraschenden Erfolg von Branaghs „Henry V.“-Verfilmung 1991 ließen weitere Engagements nicht lange auf sich warten. Doyle komponierte den voluminösen Score zum Walt-Disney-Abenteuer „Shipwrecked“, bevor im selben Jahr Branagh für Paramount die Sydney-Pollack-Produktion „Dead Again“ („Schatten der Vergangenheit“) realisierte - natürlich mit Doyle als Komponisten.
1992 schrieb Doyle die Musik für den Oscar-prämierten Film „Indochine“ von Regis Wargnier, für „Into The West“ von Mike Newell und die Renaissance-Theatre/BBC-Radio-3-Co-Produktionen von „Hamlet“ und „Romeo and Juliet“, ehe er ein Jahr später wieder mit Kenneth Branagh zusammenkam, um in der Toskana das Shakespeare-Stück „Much Ado About Nothing“ („Viel Lärm um Nichts“), diesmal mit solchen Stars wie Branaghs Ehefrau Emma Thompson, Michael Keaton, Denzel Washington und Keanu Reeves zu drehen.
„Es war ein großer Spaß. Ich bin vorher nie in Italien gewesen. Dort sind mir die meisten meiner musikalischen Ideen gekommen. Einige Melodien wurden dort auch geschrieben und von den Schauspielern eingesungen, wenn wir bei den späteren Aufnahmen in London auch andere Stimmen verwendeten. Das Liebesthema für 'Dead Again', das verworfen wurde, schrieb ich für 'Sigh No More Ladie'´ um.“
Spätestens mit diesem Erfolg wurde sowohl Branagh als auch Doyle der Weg nach Hollywood geebnet. Zunächst wurde Doyle von Frazer Heston für die Castle-Rock-Produktion einer der besseren Verfilmungen eines Stephen-King-Bestsellers engagiert: „Needful Things“ begeistert vor allem durch seine pompösen Chöre, die ein wenig an Jerry Goldsmiths bravouröse „Omen“-Trilogie erinnern. Schließlich wurde der gefragte Komponist für das Mafia-Epos „Carlito's Way“ von Brian de Palma rekrutiert.
„Es ist eine schöne Sache, mit vielen Leuten zusammenzuarbeiten. Ich liebe die Zusammenarbeit mit Kenneth Branagh, und wir werden sicher weitermachen. Aber er weiß genauso gut, wie hilfreich es ist, mit anderen Schauspielern zu arbeiten, wie ich weiß, dass es nützlich ist, mit anderen Regisseuren zusammenzuarbeiten. Es ist sehr verdienstvoll, mit anderen Stilen konfrontiert zu werden, andere Arbeitsweisen kennenzulernen.
Ich genieße das sehr. Brian de Palma ist z.B. ein sehr talentierter Regisseur, von dem ich sehr viel gelernt habe. Er hat mir viel darüber erzählt, wie man Musik in einem Film platziert. Aber man lernt von jedem Regisseur. Es ist ein konstanter Lernprozess. Frazer Heston liebte es z.B., Stimmen in dem Score zu haben. Jeder hat seine eigenen Ideen.“
Der bislang größte Erfolg des eingespielten Teams Branagh/Doyle war eine Produktion von Francis Ford Coppola. Nachdem der Maestro sich selbst der Neuverfilmung von „Bram Stoker's Dracula“ angenommen hatte, produzierte er mit „Dracula“-Drehbuchautor James V. Hart „Mary Shelley's Frankenstein“, in dem Kenneth Branagh wieder einmal sowohl als Hauptdarsteller als auch als Regisseur agierte. Ausgestattet mit einem fürstlichen Budget schuf Doyle einmal mehr einen bombastischen, sehr melodiösen Orchesterscore.
„Natürlich hatte ich mehr Möglichkeiten, aber der Film benötigte auch eine große Musik. Der Score ist sehr opernhaft. Wir benutzten z.B. sechs Trompeten. Wenn das Budget vorhanden ist, um solche Sachen zu machen, nutzt man sie natürlich auch aus, wenn sie dem Film dienlich sind. Aber jeder Film benötigt einen anderen Stil, ein anderes Orchester, und man muss sich überlegen, welche die beste Verfahrensweise, welche Gruppe die kleinste und die größte sein soll.“
Wie bei früheren Branagh-Filmen war Doyle auch oft am Set. Schließlich mussten die Tanzsequenzen und das Lied vorher geschrieben und arrangiert werden. Darüber hinaus brachte Doyle Richard Briers (dem blinden Großvater) das Flötenspiel bei und übte mit Helena Bonham Carter am Klavier, trat aber auch selbst in der Festszene als Dirigent des Ballorchesters auf.
Dass Doyle aber nicht nur auf monumentale Scores festgeschrieben ist, bewies er nicht nur mit seinem Jazz angehauchten „Carlito's Way“, sondern auch jüngst mit dem leichtfüßigen Score zu Garry Marshalls Sadomaso-Komödie „Exit To Eden“ und der Musik zu „A Little Princess“. Doch trotz der steigenden Popularität ist es Doyle bislang vergönnt geblieben, mit seiner Familie in England wohnen zu bleiben. „Bislang war ich noch in der Lage, die meiste Zeit in England verbringen zu können. Ich bin für manche Projekte nach Hollywood geflogen, um mich mit dem Regisseur zu treffen, konnte die Musik aber in England schreiben und aufnehmen. Solange ich die Möglichkeit habe, hier zu bleiben, bleibe ich hier. Und sollte ich aus irgendwelchen Gründen nach Hollywood gehen müssen, werde ich auch das tun.“
Im November 1997 wurde bei dem sympathischen Komponisten Leukämie diagnostiziert, doch er erholte sich glücklicherweise von der Krankheit und stellte seine Arbeit für „Große Erwartungen“ und „Quest For Camelot“ fertig. Zu seinen jüngsten populären Werken zählt der vierte „Harry Potter“-Film „Harry Potter und der Feuerkelch“, die Verfilmung des Fantasy-Bestsellers „Eragon“, die Fred-Vargas-Thriller-Adaption von „Saat des Todes“ („Have Mercy On Us All“) und der Familienfilm „Die Insel der Abenteuer“ („Nim’s Island“).

Filmographie:
1989 - Henry V
1990 - Shipwrecked
1991 - Dead Again
1992 - Indochine
1992 - Into the West
1993 - Carlito's Way
1993 - Much Ado About Nothing
1993 - Needful Things
1994 - Mary Shelley's Frankenstein
1994 - Exit to Eden
1995 - A Little Princess
1995 - Sense and Sensibility
1995 - Une femme francaise
1996 - Hamlet
1996 - Mrs. Winterbourne
1997 - Donnie Brasco
1998 - Quest for Camelot
1998 - Great Expectations
1999 - East-West
2000 - Blow Dry
2000 - Love's Labour's Lost
2001 - Bridget Jones' Diary
2002 - Killing Me Softly
2002 - Gosford Park
2003 - Calendar Girls
2003 - Secondhand Lions
2003 - The Galindez File

2004 - Nouvelle-France
2005 - Harry Potter and the Goblet of Fire
2005 - Nanny McPhee
2005 - Jekyll & Hyde
2005 - Man to Man
2005 - Wah-Wah
2006 - Eragon
2006 - As You Like It
2006 - The Last Legion

2007 - Sleuth
2007 - Have Mercy on Us All
2008 - Nim's Island
2008 - Igor

Playlist:
1 Patrick Doyle - Goodnight, Children (Nanny McPhee) - 04:22
2 Patrick Doyle - Opening Title (Henry V) - 03:34
3 Patrick Doyle - Yes I Speak (Mary Shelley's Frankenstein) - 05:39
4 Patrick Doyle - The Headlines (Dead Again) - 03:25
5 Patrick Doyle - The Escape (A Little Princess) - 02:59
6 Patrick Doyle - Finn (Great Expectations) - 02:54
7 Patrick Doyle - The Adoption (Indochine) - 03:50
8 Patrick Doyle - Une Femme Francaise (Une Femme Francaise) - 05:04
9 Patrick Doyle - Carlito And Gail (Carlito's Way) - 04:05
10 Patrick Doyle - Donnie And Lefty (Donnie Brasco) - 04:27
11 Patrick Doyle - Camille (Saat des Todes) - 02:16
12 Patrick Doyle - The Turning Point (Needful Things) - 12:08

Sonntag, 19. Dezember 2010

Playlist # 48 vom 19.12.10 - JEAN-PIERRE JEUNET Special

Der französische Filmemacher Jean-Pierre Jeunet zählt fraglos zu den innovativsten Vertretern seiner Zunft. Lange bevor der am 3. September 1953 in Roanne geborene Jeunet mit „Delicatessen“, den er zusammen mit seinem Freund Marc Caro 1991 realisierte, den Durchbruch feierte, ging er mit dem Wunsch schwanger, Filme zu machen. Er kaufte sich im Alter von 17 Jahren eine Filmkamera und drehte erste Kurzfilme, während er bei den Cinémation Studios die Kunst der Animation erlernte. Zu jener Zeit freundete sich Jeunet mit Marc Caro an, der wie er selbst Comics zeichnete. 1978 realisierten sie gemeinsam ihren ersten Animationsfilm „L’Évasion“, gefolgt von ihrem ersten Live-Action-Kurzfilm „Letzter Feuerstoß im Bunker“ (1981) und „Foutaises“ (1990). Dazwischen entstanden weitere Kurzfilme, Werbeclips und Musikvideos.

1991 erschien mit „Delicatessen“ der erste abendfüllende Spielfilm des Regieduos. Der visuell eindrucksvolle, mit skurrilen Figuren bevölkerte Film wurde mit vier Césars prämiert und auch international gefeiert. Es dauerte vier Jahre, bis mit „Die Stadt der verlorenen Kinder“ der nächste phantasievolle Streich des Duos auf der Leinwand das Publikum verzaubern sollte. Musikalisch untermalt von den melancholischen Klängen Angelo Badalamentis („Twin Peaks“, „Blue Velvet“), verblüfften Jeunet und Caro die Zuschauer erneut mit einer ungewöhnlichen Geschichte um einen Orden von blinden Männern, die kleine Kinder für künstliche Augen verkauften.
1997 folgte Jeunet bislang ein einziges Mal dem Ruf aus Hollywood, um den vierten Teil in der „Alien“-Saga zu drehen. Mit seinem undurchsichtigen Plot und der für Jeunet typischen Ironie konnte die „Alien“-Fangemeinde allerdings wenig anfangen, und Jeunet war frustriert, dass es in Hollywood scheinbar nur darum geht, das Budget zu drücken, während die Dreharbeiten nervend langsam vorangingen. Dennoch avancierte „Alien: Resurrection“ zum zweiterfolgreichsten Film der Reihe und wurde durch Horror-Spezi John Frizzell („I Still Know What You Did Last Summer“, „Beneath“) mit einem passenden düster-bedrohlichen Soundtrack ausgestattet.
Zurück in Frankreich inszenierte Jeunet mit „Die fabelhafte Welt der Amélie" (2001) seinen bislang persönlichsten und erfolgreichsten Film und verhalf Hauptdarstellerin Audrey Tatou zu ihrem Durchbruch. Sie spielt die gutmütige Amélie, die zufällig eine Dose findet, die ein Junge in den 50ern in ihrem Badezimmer versteckt haben muss. Auf der Suche nach ihm erlebt sie einige Abenteuer und lernt über Umwege auch die Liebe kennen. Die bezaubernde Geschichte mit ihrer ebenso hinreißenden Hauptdarstellerin brilliert mit ausgefallenen visuellen Ideen, grotesken Figuren, die die märchenhafte Szenerie mit blühendem Leben füllen. Yann Tiersen schuf dazu eine typisch französische, leichtfüßige Musik, die fast ebenso berühmt wurde wie der Film selbst.
Audrey Tatou spielte auch in Jeunets nächstem Film die Hauptrolle, in der größtenteils mit amerikanischen Dollars finanzierten Verfilmung von Sébastien Japrisots Roman „Mathilde - Eine große Liebe“ (2004). Als junge Frau erfährt sie kurz nach Ende des Ersten Weltkriegs vom Tod ihres Verlobten und macht sich auf die Suche nach den genauen Umständen. Es versteht sich von selbst, dass „Mathilde“ erneut ein Fest für die Sinne bietet. Die einzigartige Mischung aus Kriegsdrama, Love-Story, Krimi und Film Noir entfaltet sich in drei verschiedenen Handlungssträngen über zwei Jahrzehnte und wurde von Kameramann Bruno Delbonnel in atemberaubende Bilder gegossen. Den ätherischen, eindringlichen Score komponierte wieder Angelo Badalamenti.
Eigentlich sollte sich nach „Mathilde“ eine weitere Literaturverfilmung anschließen, doch der Produktionsfirma waren die Kosten für die Umsetzung von Yann Martels „Schiffbruch mit Tiger“ zu hoch. Dabei hatte der passionierte Filmemacher schon einiges an Vorarbeiten geleistet. Jeunet lehnte es schließlich ab, „Harry Potter und der Orden des Phönix“ zu drehen.
„In Frankreich genieße ich totale künstlerische Freiheit und muss nicht um Geld betteln. Das will ich nicht aufgeben. Natürlich erreiche ich weniger Zuschauer als mit einer amerikanischen Produktion, aber ich habe meine persönlichen Vorstellungen und deshalb auch ‚Harry Potter‘ abgesagt“, begründete er seine Entscheidung in einem Interview mit ”BR Online”. „In einem schon vorgegebenen Universum zu arbeiten, wo Besetzung, Kostüme und Dekor feststehen, ödet mich an. Was interessieren mich fliegende Besen und Hexen, wo bleibt da meine eigene Handschrift? Mit dem Geld hätte ich mich zwar am Mittelmeer zur Ruhe setzen können, aber nur Regie ist mir zu wenig. Die Alien-Welt dagegen war eine tolle Herausforderung. Ich konnte meine Ideen verwirklichen. Ein Film kostet Lebenszeit, deshalb stürze ich mich nicht mehr Hals über Kopf ins unkalkulierbare Abenteuer.“
Stattdessen schuf Jeunet mit „Micmacs – Uns gehört Paris!“ wieder einen für ihn typischen humor- und fantasievollen Film über einen einfachen Mann, dessen Leben eine dramatische Wende nimmt, als er von einer Kugel in den Kopf getroffen wird und es sich zur Aufgabe macht, sich an der ortsansässigen Waffenindustrie mit Hilfe einer skurrilen Gemeinschaft zu rächen. Schon nach wenigen Sekunden offenbart der Film Jeunets Handschrift, den unverkennbaren Retro-Look, die warmen braunen Farben und ungewöhnliche Kameraeinstellungen, die das Treiben der liebenswürdigen Figuren einfangen. „Ich mag die Realität nicht so filmen, wie sie ist, sondern im Sinne des poetischen Realismus der 1940er-Jahre. Mit ganz eigenen Dialogen, Licht und Farben, Humor und Fantasie“, bekundet Jeunet im Interview mit ”BR Online”. „Mir kommt es darauf an, ein ganz spezielles Universum zu erfinden. Das sollte man aber nicht ins Fantastische einordnen, das mag ich - im Gegensatz zu Science Fiction - überhaupt nicht.“

Filmographie:
1991: Delicatessen (Delicatessen)
1995: Die Stadt der verlorenen Kinder (La Cité des enfants perdus)
1997: Alien – Die Wiedergeburt (Alien: Resurrection)
2001: Die fabelhafte Welt der Amélie (Le Fabuleux destin d'Amélie Poulain)
2004: Mathilde – Eine große Liebe (Un long dimanche de fiançailles)
2009: Micmacs – Uns gehört Paris! (Micmacs à tire-larigot)

Playlist:
1 Carlos D'Alessio - Delicatessen Generique Fin (Delicatessen) - 05:08
2 Carlos D'Alessio - Bongo Bolero (Delicatessen) - 03:18
3 Angelo Badalamenti - Death Of The Twins (Die Stadt der verlorenen Kinder) - 04:01
4 John Frizzell - Main Title (Alien: Resurrection) - 02:06
5 Yann Tiersen - Le Moulin (Die fabelhafte Welt der Amélie) - 04:27
6 Angelo Badalamenti - Mathilde's Theme (Mathilde - Eine große Liebe) - 04:19
7 Yann Tiersen - La Dispute (Die fabelhafte Welt der Amélie) - 04:15
8 Carlos D'Alessio - Les Bulles (Delicatessen) - 03:04
9 Angelo Badalamenti - Finale (Die Stadt der verlorenen Kinder) - 05:07
10 Raphael Beau - Larrons en foire (Micmacs - Uns gehört Paris!) - 02:56
11 Yann Tiersen - La Valse Des Monsters (Die fabelhafte Welt der Amélie) - 03:39
12 Raphael Beau - Dernier vol (Micmacs - Uns gehört Paris!) - 03:58
13 Angelo Badalamenti - End Titles (Mathilde - Eine große Liebe) - 06:51

Sonntag, 5. Dezember 2010

Playlist # 47 vom 05.12.10 - CHARLIE CLOUSER Special

Mit „Saw 3D“ geht die 2004 initiierte Slasher-Horror-Reihe „Saw“ bereits in die siebte Runde. Zu allen sieben Teilen komponierte Charlie Clouser die markante, elektronisch treibende Musik und scheint daher auf das Horror-Genre abonniert zu sein. Schließlich sind es Filme wie „Resident Evil: Extinction“, „Dead Silence“ oder „Death Sentence“, für die der am 28. Juni 1963 in Hanover, New Hampshire geborene Charles Alexander Clouser weitere Credits einfahren konnte.

Bevor er sich in der alternativen Musikszene als Programmierer, Keyboarder und vor allem Remixer einen Namen machen konnte, lernte er bereits als Kind, Schlagzeug zu spielen, und setzte sich an der Highschool mit Synthesizern und Drumcomputern auseinander, wollte aber zunächst Architekt werden. Als er 1981 seinen ersten Computer bekam, studierter er die technischen Aspekte elektronischer Musik am New Yorker Institute of Audio Research, arbeitete als Programmierer für den australischen Filmkomponisten Cameron Allan und an dessen TV-Serie „Der Equalizer“. In Los Angeles traf er 1994 Trent Reznor, produzierte Soundeffekte für ein Musikvideo und programmierte Schlagzeug-Sounds für das Marilyn-Manson-Album „Antichrist Superstar“. Als Mitglied von Nine Inch Nails spielte er auf der „Self Destruct“-Tour und war im Studio maßgeblich am Gelingen der Alben „The Downward Spiral“ und „Fragile“ beteiligt. Dabei machte er sich auch einen Namen als Remixer für Künstler wie Nine Inch Nails, David Bowie, Rob Zombie und Alice Cooper, verließ Nine Inch Nails nach der „Fragility“-Tour, um mit Alec Empire und Atari Teenage Riot auf Tour zu gehen und Musik für Fernsehserien wie „Fastlane“ und „Numb3rs“ zu komponieren.
Den Durchbruch als Filmkomponist schaffte Charlie Clouser schließlich mit dem Kinoüberraschungserfolg „Saw“. Der Film von Regiedebütant James Wan erzählt die Geschichte von zwei Männern, die in einer kargen Kellerzelle aus einer Ohnmacht erwachen und sich dabei angekettet an gegenüberliegenden Wänden wiederfinden. Zwischen ihnen liegt eine entsetzlich verstümmelte Leiche. Durch immer wieder zugespielte Hinweise haben die beiden Männer die Möglichkeit, den Weg in die Freiheit zu finden – oder in einen elenden Tod... Der spannende Wettlauf mit der Zeit wird immer wieder durch Rückblenden und eine parallele Story unterbrochen, in der sich ein obsessiver Cop auf der Suche nach dem Jigsaw-Killer befindet, wobei der Zuschauer in die Rolle der Opfer schlüpft und am Ende auch noch in die Irre geführt wird.
Charlie Closers atmosphärisch dichte wie beklemmende Musik unterstreicht dieses spannende Szenario äußerst wirkungsvoll. Er setzt damit eine Tradition fort, die mit den Soundtracks zu Filmen wie „The Crow“, „Resident Evil“, „Dracula 2000“ oder „Underworld“ eine echte Erfolgsgeschichte geschrieben hat.
„Als sich der Soundtrack zu 'The Crow' so gut verkaufte, haben sich die Film- und Soundtrack-Produzenten vor den Kopf geschlagen und sich gefragt, warum sie nicht früher auf die Idee gekommen sind, Soundtracks mit alternativer Rockmusik zu veröffentlichen“, beschreibt Charlie das Phänomen, warum es mittlerweile zur Regel geworden ist, Soundtracks zu Fantasy-Horror-Filmen mit Songs von Acts zu versehen, die beim jugendlichen Publikum gerade angesagt sind. „Es ist eben so, dass viele Leute, die sich gern Horror-Filme angucken, auch gern harte, aggressive Rockmusik hören. Das wirkt auch im Film besser als orchestrale Musik.“ Und so machten in Hollywood in den letzten Jahren vor allem Komponisten wie Graeme Revell („The Crow“, „The Craft“, „Pitch Black“), Marco Beltrami („Scream“, „Mimic“, „Terminator 3“), John Frizzell, John Powell und Craig Armstrong Karriere, weil sie sehr versiert elektronische und orchestrale Elemente in ihrer Musik zu vereinen wissen. Nun werden nicht nur die Soundtracks mit Alternative-Rock-Songs versehen, ihre Protagonisten stürmen nun auch die Bastion der Filmmusikkomponisten.  
Marilyn Manson steuerte ein paar Score-Tracks zu „Resident Evil“ bei, Charlies NIN-Kollege Danny Lohner komponierte als Renholder ein paar atmosphärische Cues zu „Underworld“. Charlie Clouser machte seine ersten Erfahrungen im Soundtrack-Business beim „Beavis And Butt-Head“-Film, war mit Tracks auf den Soundtrack zu „Underworld“ (Throwing Punches“ von Page Hamilton) und „Valentine“ („Superbeast“ von Rob Zombie) vertreten. Mit Danny Lohner, den er für die Gitarrenparts des Scores zu „Saw“ engagierte, konnte er schließlich wertvolle Erfahrungen austauschen. Schwierig fand Charlie aber vor allem die ruhigen Momente im Film.
„Die härtesten Sachen waren die ruhigen Stücke. Durch meine Arbeit mit Rob Zombie, Helmet und Nine Inch Nails bin ich hinsichtlich harter, aggressiver Musik gut trainiert, aber es wird ganz schon schwierig, wenn man ruhige Sachen mit zurückhaltender Melodie kreieren muss.“ Regisseur James Wan hat Charlie übrigens über den gemeinsamen Anwalt kennen gelernt. Als Fan von Acts wie Ministry und Nine Inch Nails war Charlie Clouser schnell die erste Wahl für den Score zu „Saw“. „Ich hatte gerade mal fünf Wochen Zeit, um all die Musik zu komponieren“, meint Charlie. „Zum ersten Treffen morgens um 8 Uhr brachte ich mein Frühstück von McDonalds mit. Als ich den Film dann gesehen habe, dachte ich, dass es keine gute Idee war, kurz vor dem Film etwas gegessen zu haben...“ Seit dem Erfolg von „Saw“ ist Charlie Clousers Name in aller Munde. Er komponierte nicht nur die Soundtracks zu allen weiteren „Saw“-Sequels und dem dazugehörigen Videospiel, sondern auch zu weiteren Horror-Filmen wie „Dead Silence“, "Death Sentence" und „Resident Evil: Extinction“.
Für den dritten „Resident Evil“-Teil versuchte Clouser, der Komponisten wie John Powell, Marco Beltrami und Harry Gregson-Williams schätzt, neue Akzente zu setzen.
„So sehr ich den Score von Beltrami und Manson zum ersten Film der Serie liebte, war ich überzeugt davon, dass ihre Synth-and-Drum-Machine-Industrial-Dunkelheit am besten im Untergrund funktionierte, in den Tunneln von Raccoon City. Von diesen Szenen gibt es in dem neuen Film nicht viel zu sehen, meistens spielt sich die Handlung bei hellem Tageslicht in der Wüste ab. Also dachte ich mir, dass wir mehr ‚outdoorsy‘ Sounds benötigen, akustische statt elektronische, also sammelte ich ein Set von Metal Junk, Rototoms und andere schnoddrig klingende Drums, die ich für all die Drum-Attacken statt der mehr programmierten, elektronischen Sounds verwendete“, gab Clouser im Interview mit dem Inter-Activities Blog zu Protokoll. „In solchen Szenen, in denen wir unterirdisch reisen, ändert sich der Sound all der Instrumente in eine elektronische, dunkle und klaustrophobische Richtung. Es ist etwas schwer herauszuhören, aber in den Szenen, in denen wir den Fahrstuhl nach unten zu den Tunnels nehmen, legt sich eine Art elektronischer Vorhang über den Sound und verfolgt uns durch Raccoon City.“
Den Unterschied zwischen der Arbeit an regulären Musikalben und an Filmen beschreibt der Komponist so: „An Alben zu arbeiten ist völlig anders als Soundtracks zu kreieren, aber einige Werkzeuge und Techniken sind ähnlich. Ich beschreibe das mal so: Einen Rocksong zu produzieren oder zu schreiben ist so, als wird man als Maler angeheuert, um das Portrait eines Geschäftsführers zu machen, das in der Lobby aufgehängt werden soll. Du musst ihn jünger aussehen lassen als er wirklich ist, ihn freundlicher machen, auch wenn er ein bösartiger Bastard ist, die Nase muss passen … An einem Soundtrack zu arbeiten ist wie Pollock in einer Minute zu sein, Rothko in einer anderen. Man entfernt sich davon, ein einfaches Blau zu machen, sondern muss eine große psychedelische Collage erstellen, alles am selben Tag, manchmal im selben Musikstück. Das fasziniert mich ungemein.“
Allerdings wirken Clousers musikalische Fähigkeiten doch sehr eingeschränkt. Seit „Saw“ sind seine Filmarbeiten zwar eindeutig seiner Handschrift zuzuordnen, aber bewegen sich seine Kompositionen und Soundcollagen in einem doch sehr eng abgesteckten Rahmen und hören sich oft nur wie weitere Variationen des „Saw“-Materials an.

Filmographie:
2002 – Fastlane (TV-Serie)
2003 – Las Vegas (TV-Serie)
2004 – Saw
2005 – Numb3rs (TV-Serie)
2005 – Deepwater
2005 – Saw II
2006 – Saw III
2007 – Dead Silence
2007 – Death Sentence – Todesurteil
2007 – Resident Evil: Extinction
2007 – Saw IV
2008 – Fear Itself (eine Episode)
2008 – Saw V
2009 – The Stepfather
2009 – Saw VI
2010 - Singularity (Video-Game, mit Michael Wandmacher)
2010 – Saw 3D – Vollendung
Playlist:
1 Charlie Clouser - X Marks The Spot (Saw) - 04:34
2 Charlie Clouser - Nat's End (Deepwater) - 03:51
3 Charlie Clouser - Surprised (Saw III) - 02:01
4 Charlie Clouser - Autopsy (Mix II) (Saw IV) - 04:30
5 Charlie Clouser - Main Titles (Dead Silence) - 03:00
6 Charlie Clouser - Car Fight (Death Sentence) - 04:04
7 Charlie Clouser - True Edge (Saw V) - 03:15
8 Charlie Clouser & Michael Wandmacher - Research Facility Medley #1 (Singularity) - 05:07
9 Charlie Clouser - New Headquarters (Resident Evil: Extinction) - 01:53
10 Charlie Clouser - For Alaska (Resident Evil: Extinction) - 03:00
11 Charlie Clouser - New Year's Day - Part 5 (Fear Itself) - 05:07
12 Charlie Clouser - Menu (Saw: The Game) - 02:17
13 Charlie Clouser - Talk Show (Saw 3D) - 03:48
14 Charlie Clouser - Carousel (Saw VI) - 07:58

Mittwoch, 24. November 2010

Die besten Soundtracks des Jahres 2010! Ihr habt die Wahl!

Und wieder neigt sich ein Jahr dem Ende zu. Auch in 2010 ist wieder eine Vielzahl von interessanten Soundtracks erschienen, von den renommierten Größen wie Hans Zimmer ("Sherlock Holmes", "Inception", "Megamind"), James Newton Howard ("The Last Airbender", "Salt"), Howard Shore ("Edge of Darkness") und James Horner ("The Karate Kid") über Comedy-Spezialisten wie Christophe Beck und Theodore Shapiro bis hin zu den Senkrechtstartern der vergangenen Jahre wie Alexandre Desplat ("Twilight: Eclipse", "Harry Potter and the Deathly Hallows, Pt. 1") und Brian Tyler ("Middle Men", "The Expendables") sowie etlichen neuen Stimmen wie Atticus Ross ("The Book of Eli", "The Social Network") oder Matthew Margeson ("Skyline").

Ihr habt die Möglichkeit, an dieser Stelle bis zum 15.01.2011 Eure Soundtrack-Favoriten zu wählen! Viel Spaß beim Abstimmen!

Sonntag, 21. November 2010

Playlist # 46 vom 21.11.10 - HARRY POTTER Special

Seit Tolkiens „Herr der Ringe“-Trilogie hat es kein Fantasy-Werk mehr geschafft, eine so breite Faszination und Fangemeinde aufzubauen wie Joanne K. Rowlings 1998 gestartete und letztlich sieben Bände umfassende Romanreihe um den Magierschüler Harry Potter, der von guten wie dunklen Mächten gleichermaßen umworben wird. Mehr als 400 Millionen Bücher wurden weltweit verkauft, die Verfilmungen spielten seit 2001 weltweit über 975 Millionen Dollar in die Kinokassen. Mittlerweile ist das jüngst Harry-Potter-Abenteuer im Kino zu sehen, der erste Teil des abschließenden Abenteuers „Harry Potter und die Heiligtümer des Todes“. Der zweite Teil soll 2011 in die Kinos kommen.

 Chris Columbus hat mit Komödien wie „Mrs. Doubtfire – Das stachlige Kindermädchen“, „Kevin – Allein zuhaus“ oder „Mama, ich und wir zwei“ auf sich aufmerksam gemacht, bevor er die Herausforderung annahm, mit „Harry Potter und der Stein der Weisen“ das erste Harry-Potter-Abenteuer zu verfilmen. Wie schon bei den beiden "Kevin"-Filmen arbeitete Columbus mit dem renommierten Komponisten John Williams ("Star Wars", "Indiana Jones", "Der weiße Hai") zusammen.
„Als ich damit begann, ‚Harry Potter und der Stein der Weisen‘ in einen Film umzuwandeln, war mein erklärtes Ziel, den Geist des Buches wahrhaftig zu bewahren. Das bedeutete, den kompletten Film in England mit all den britischen Darstellern zu filmen und sich nicht zu weit weg vom ursprünglichen Text zu bewegen. Das bedeutete auch, einen Komponisten zu engagieren, dessen Musik den Reichtum und die Beschaffenheit dieser komplexen, einfallsreichen Geschichte erfassen kann“, rekapitulierte der Regisseur im Booklet zum Soundtrack des ersten Films. „Johns Musik für ‚Harry Potter und der Stein der Weisen‘ ist eine überragende Leistung. Sie funktioniert auf verschiedenen Niveaus. Es ist ein brillant konstruiertes Begleitstück zum Film, das nahtlos jedes Bild und Gefühl integriert. Es ist auch eine fantastische Aufnahme, ein klassisches Konzeptalbum, das die Geschichte von Harry Potter mit Musik erzählt. Aber vor allem umfasst es die Seele von Harry Potters Welt.“
Nachdem John Williams die ersten drei Harry-Potter-Soundtracks zu den Filmen von Christopher Columbus und Alfonso Cuarón komponierte, brachte Regisseur Mike Newell für den vierten Harry-Potter-Film „Der Feuerkelch“ seinen „eigenen“ Komponisten mit an Bord: Patrick Doyle hat bereits Newells Filme „Into The West“ und „Donnie Brasco“ musikalisch veredelt und lieferte für „Harry Potter und der Feuerkelch“ wieder ein Meisterwerk ab.
„Bei ‚Harry Potter‘ habe ich den bewussten Versuch unternommen, die Magie der Geschichte an allen möglichen Stellen durch Melodie und Orchestration aufrechtzuerhalten. Es ist ohne Probleme möglich, zugleich kindhaft und unheimlich zu sein, wenn man vorsichtig von der orchestralen Klangfülle und -farbe Gebrauch macht. Es war eine große Freude, den Fußstapfen von John Williams zu folgen. ‚Der Feuerkelch‘ ist aber eine weitaus dunklere Geschichte mit vielen neuen Charakteren, und daher waren Mike Newell und ich uns einig und angetan von der Vorstellung, neues thematisches Material für diese Charaktere zu entwickeln“, erzählte Patrick Doyle dem Online-Magazin Original Score. „Ich wurde schon vor Beginn der Dreharbeiten mit einbezogen und habe mit Mike Newell schon früh im Produktionsprozess eingehende Gespräche geführt. Es gibt eine Menge Momente, wo die Musik direkt vor der Kamera auftritt, die ich also schon vor dem Dreh vorbereiten musste. Ich war auch bei den Aufnahmen dabei, um sie zu begutachten und war dann quasi bis hin zur eigentlichen Arbeit des Scorings im Film involviert.
Mit dem fünften Harry-Potter-Film “Der Orden des Phönix” kam mit David Yates nicht nur ein neuer Regisseur an Bord, sondern auch ein neuer Komponist: Nicholas Hooper hat bereits die Studentenfilme von David Yates musikalisch untermalt und schließlich dessen TV-Filme „State of Play“ und „The Young Visitors“. Bevor sich Nicholas Hooper an die Arbeit machte, hörte er sich die Musik von John Williams zu den ersten drei Harry-Potter-Filmen an.
„Ich hörte mir vor allem ‚Der Gefangene von Askaban‘ an, den ich liebte und der am dichtesten an dem war, was ich versuchen würde. Ich habe einige seiner Themen verwendet, besonders Hedwigs Thema. Danach haben wir alle beschlossen, dass es das Beste wäre, wenn ich meinen eigenen Weg des Komponierens gehe, statt zu versuchen, John Williams zu imitieren, was unmöglich ist. Ich habe für ‚Halbblutprinz‘ tatsächlich einen anderen Score komponiert. Er war simpler. Die Art, wie ich Musik schreibe, ist simpler”, verkündete Nicholas Hooper in einem Interview mit Hero Complex.
Für den Abschluss der Harry-Potter-Serie stand Nicholas Hooper allerdings nicht mehr zur Verfügung. Die Arbeiten an den beiden Filmen hätten sein Familienleben zu stark beeinträchtigt, hieß es. So kam mit Alexandre Desplat (“The Ghost Writer”, “Twilight: New Moon”, “The Curious Case Of Benjamin Button”) einer der momentan meistbeschäftigten Komponisten zur Serie. „Harry Potter and the Deathly Hollows Pt. 1“ fasziniert mit einem ganz eigenständigen Score.
„Ich habe John Williams‘ Hedwig-Thema für ein paar Sekunden zitiert, zwei oder vier Takte, aber das war’s schon. Der Rest ist komplett frisch. Das war eine ziemliche Herausforderung, weil ich wirklich gespannt darauf war, John Williams‘ Thema neu zu arrangieren, aber der Film ist ganz anders als die vorangegangenen. Es ist das erste Mal, dass die Charaktere nicht in der Schule sind und auch nicht zur Schule gehen und flüchten. Sie befinden sich auf der Straße und versuchen, vor den dunklen Kräften zu fliehen“, erklärte Alexandre Desplat im Interview mit Film Score Monthly. „Auch wenn es einige große Momente voller Humor gibt, ist es ein viel düsterer Film. Sie befinden sich auf einer Reise, und diese Reise führt sie in andere Länder – verschiedene Länder, verschiedene musikalische Welten.
Filmographie:

-  2001: Harry Potter und der Stein der Weisen (Harry Potter and the Philosopher's Stone)
-  2002: Harry Potter und die Kammer des Schreckens (Harry Potter and the Chamber of Secrets)
-  2004: Harry Potter und der Gefangene von Askaban (Harry Potter and the Prisoner of Azcaban)
-  2005: Harry Potter und der Feuerkelch (Harry Potter and the Goblet of Fire)
-  2007: Harry Potter und der Orden des Phönix (Harry Potter and the Order of the Phoenix)
-  2009: Harry Potter und der Halbblutprinz (Harry Potter and the Half-Blood Prince)
-  2010: Harry Potter und die Heiligtümer des Todes, Teil 1 (Harry Potter and the Deathly Hallows)
-  2011: Harry Potter und die Heiligtümer des Todes, Teil 2 (Harry Potter and the Deathly Hallows)
Playlist:
1 John Williams - Hedwig's Theme (Harry Potter und der Stein der Weisen) - 05:10
2 John Williams - The Quidditch Match (Harry Potter und der Stein der Weisen) - 08:27
3 John Williams - Harry's Wondrous World (Harry Potter und die Kammer des Schreckens) - 05:01
4 Patrick Doyle - Voldemort (Harry Potter und der Feuerkelch) - 09:40
5 Nicholas Hooper - The Slug Party (Harry Potter und der Halbblutprinz) - 02:14
6 Alexandre Desplat - Dobby (Harry Potter und die Heiligtümer des Todes, Teil 1) - 03:48
7 Nicholas Hooper - The Room Of Requirement (Harry Potter und der Orden des Phönix) - 06:10
8 Alexandre Desplat - Lovegood (Harry Potter und die Heiligtümer des Todes, Teil 1) - 03:25
9 John Williams - Mischief Managed! (Harry Potter und der Gefangene von Askaban) - 12:10

  © Blogger template Brooklyn by Ourblogtemplates.com 2008

Back to TOP