Philippe Sarde zählt nicht nur neben Georges Delerue, Michel Legrand und Maurice Jarre zu den prominentesten Komponisten des französischen Kinos der Nachkriegszeit, sondern wurde gerade dem deutschen Filmpublikum auch durch seine Zusammenarbeit mit Regisseur Claude Sautet und der Schauspielerin Romy Schneider bekannt. Aber auch mit den Filmemachern Bertrand Tavernier, André Téchiné und Roman Polanski verband Sarde eine enge künstlerische Beziehung.
Philippe Sarde wurde am 21. Juni 1948 in Neuilly-sur-Seine, Hauts-de-Seine, Île-de-France, geboren und wurde durch seine Mutter, die an der Pariser Oper singende
Andrée Gabriel, früh an die Musik herangeführt, dirigierte bereits im Alter von vier Jahren einen kurzen Ausschnitt aus
„Carmen“ an der Pariser Oper und begann ein Jahr später, mit Klangaufnahmen zu experimentieren und seine ersten Kurzfilme zu drehen.
Sarde entwickelte nämlich ebenso wie für die Musik eine Liebe zum Film, weshalb er später während seines Musikstudiums am Pariser Konservatorium bis zu zehnmal wöchentlich eine Kinovorstellung besuchte und von der Verbindung von Musik und Bild fasziniert war. Während er bei
Noël Gallon Harmonie, Kontrapunkt, Fuge und Komposition studierte, drehte er im Alter von 17 Jahren einen Kurzfilm in Schwarz-Weiß auf 35mm und schrieb dazu auch die Musik, wobei er
Vladimir Cosma fragte, ob er ihm bei der Orchestration helfen könne.
Er schrieb Songs für die französische Chanson-Sängerin
Régine und traf als 18-Jähriger
Claude Sautet, der ihn gegen den Willen der Produzenten damit beauftragte, die Musik für den Film
„Die Dinge des Lebens“ (1969) zu schreiben, was nicht nur den Beginn einer 25 Jahre andauernden Zusammenarbeit bedeutete, in denen die beiden elf Filme gemeinsam realisierten, sondern auch die weitere Karriere von
Philippe Sarde vorzeichnete.
Sarde schrieb bei seiner ersten Zusammenarbeit mit
Sautet auch
Romy Schneiders wohl berühmtesten Chanson,
„Chanson d’ Hélène“, das sie im Duett mit ihrem Filmpartner
Michel Piccoli auch auf Deutsch und Italienisch aufnahm.
Das Trio
Sautet/Schneider/Sarde realisierte über ein knappes Jahrzehnt lang nach
„Die Dinge des Lebens“ auch die Filme
„Das Mädchen und der Kommissar“ (1971) und
„César und Rosalie“ (1972) bis hin zu
„Mado“ (1976) und
„Eine einfache Geschichte“ (1978), wobei sich
Sarde bei diesen Scores recht experimentierfreudig erwies und schon früh einen Moog-Synthesizer einsetzte.
Sautets und
Sardes gemeinsame Vorliebe für
Thelonious Monk und
Charles Mingus resultierte schließlich in entsprechend jazzigeren Anklängen. Einen seiner besten Jazz-Scores schrieb
Sarde allerdings für
Georges Lautners Thriller
„Der Fall Serrano“ mit
Alain Delon in der Hauptrolle. Über
Sautet entwickelte sich für Sarde auch eine weitere langjährige Zusammenarbeit mit dem Regisseur
Bertrand Tavernier. Sie lernten sich am Set von
„Die Dinge des Lebens“ kennen, als
Tavernier noch
Sautets Pressebetreuer gewesen war. Als
Tavernier Mitte der 1970er Jahre dann selbst begann, Regie zu führen, sicherte er sich gleich die Talente von
Philippe Sarde, der sich über zu Klassikern avancierten Filmen wie
„Der Uhrmacher von St. Paul“ (1974),
„Das große Fressen“ (1975) oder
„Der Richter und der Mörder“ (1976) schnell als einer der produktivsten und wichtigsten Komponisten in Frankreich etablierte.
Wegweisend für die weitere Karriere von
Philippe Sarde erwies sich auch die Zusammenarbeit mit
Roman Polanski, mit dem er die drei Filme
„Der Mieter“, „Tess“ und
„Piraten“ realisierte. Für seinen romantischen Score zur
Thomas-Hardy-Verfilmung
„Tess“ mit
Nastassja Kinski in der Hauptrolle erhielt
Sarde schließlich auch seine erste und einzige Oscar-Nominierung.
Auch Regisseure wie
Pierre Granier-Deferre, Georges Lautner, André Téchiné und
Jacques Doillon schätzten die Zusammenarbeit mit
Sarde, der zudem
Bertrand Bliers „Beau-Père“,
Alain Corneaus „Fort Saganne“ und
Marshall Brickmans Filme
„Lovesick“, „The Manhattan Project“ und
„Sister Mary Explains It All“ vertonte. Für
Jean-Jacques Annaud komponierte er die Scores zu
„Am Anfang war das Feuer“ (1981) und
„Der Bär“ (1988).
Zuletzt arbeitete er mit dem französischen Schauspieler
Louis Garrel an dessen ersten beiden Regie-Arbeiten
„Zwei Freunde“ und
„Ein treuer Mann“ sowie an
Jacques Doillons biografischen Drama
„Auguste Rodin“.
„Das Film-Business ist ein Kompromiss, und du kannst ihm nicht entkommen. Ich muss das akzeptieren. Normalerweise höre ich mir meine Musik tausendmal an, nachdem ich sie aufgenommen habe. Dann höre ich sie nicht mehr, bis ich den Film im Fernsehen sehe. Manchmal finde ich die Musik, wenn ich sie auf diese Weise wiederhöre, gut, manchmal aber auch schlecht, und das entmutigt mich“, erklärte Philippe Sarde 1987 in einem Interview mit Marco Werba. „Meistens verliebe ich mich aber in die Musik, die ich schreibe, oder auch nur in die Idee von dem, was ich schreiben soll. Ich fürchte mich manchmal vor mir selbst, weil, wenn ich das, was ich für einen Film geschrieben habe, negativ bewerte, dann habe ich nicht mehr die Energie weiterzumachen. Die Filmindustrie steckt voller Fallen, alle eine nach der anderen. Man muss wissen, wie man über sie hinwegspringt. Das hört sich verrückt an, ist aber die Wahrheit. Je mehr man das realisiert, desto öfter versucht man es und hält sich davon fern. Für Filme zu arbeiten ist beängstigend – wenn du nicht bereit bist, das zu tun, solltest du besser im Bett bleiben.“
Filmographie (Auswahl):
1969: Die Dinge des Lebens (Les choses de la vie)
1970: Sortie de secours
1970: La liberté en croupe
1971: Die Katze (Le chat)
1971: Das Mädchen und der Kommissar (Max et les ferrailleurs)
1971: Der Sträfling und die Witwe (La veuve Couderc)
1971: Hellé
1972: Das Recht zu lieben (Le droit d'aimer)
1972: César und Rosalie (César et Rosalie)
1972: Allein mit Giorgio (Liza)
1973: Le Train – Nur ein Hauch von Glück (Le train)
1973: Endstation Schafott (Deux hommes dans la ville)
1973: Le fils
1973: Les corps célestes
1973: Der Koffer in der Sonne (La valise)
1973: Charlie und seine zwei Hübschen (Charlie et ses deux nénettes)
1973: Das große Fressen (La grande bouffe)
1974: Lancelot, Ritter der Königin (Lancelot du Lac)
1974: Der Uhrmacher von St. Paul (L’horloger de Saint-Paul)
1974: Dorotheas Rache
1974: Jet Set (La race des 'seigneurs')
1974: Eiskalt wie das Schweigen (Les seins de glace)
1974: La confession d'un enfant du siècle (Fernsehfilm)
1974: Vincent, François, Paul und die anderen (Vincent, François, Paul… et les autres)
1974: Berühre nicht die weiße Frau (Touche pas à la femme blanche)
1975: Adieu, Bulle (Adieu, poulet)
1975: Der Ehekäfig (La Cage)
1975: Zum Freiwild erklärt (Folle à tuer)
1975: Teufelskreis der Gewalt (Folle à tuer)
1975: Die Gelüste des Herrn Theobald (Les galettes de Pont-Aven)
1975: Erinnerungen aus Frankreich (Souvenirs d'en France)
1975: Wo, bitte, geht’s zum nächsten Friedhof? (Pas de problème!)
1975: Quartett Bestial
1975: Un sac de billes
1975: Un divorce heureux
1976: Mado
1976: Ein Tolpatsch auf Abwegen (On aura tout vu!)
1976: Barocco
1976: Marie-poupée
1976: Der Mieter (Le locataire)
1976: Die letzte Frau (La dernière femme)
1976: Der Richter und der Mörder (Le juge et l’assassin)
1977: Das malvenfarbene Taxi (Un taxi mauve)
1977: Früchtchen mit Sahne (Violette & François)
1977: Der Richter, den sie Sheriff nannten (Juge Fayard dit Le Shériff)
1977: Der Teufel möglicherweise (Le diable probablement)
1977: Der Fall Serrano (Mort d’un pourri)
1978: Affentraum (Ciao maschio)
1978: Zucker, Zucker! (Le sucre)
1978: Eine einfache Geschichte (Une histoire simple)
1979: Die Schwestern Brontë (Les sœurs Brontë)
1979: Tess
1979: Den Mörder trifft man am Buffet (Buffet froid)
1979: Waffe des Teufels (Le toubib)
1980: Der ungeratene Sohn (Un mauvais fils)
1980: Der Puppenspieler (Le guignolo)
1980: Der Loulou (Loulou)
1981: Am Anfang war das Feuer (La guerre du feu)
1981: Begegnung in Biarritz (Hôtel des Amériques)
1981: Ausgerechnet ihr Stiefvater (Beau père)
1981: Wahl der Waffen (Le choix des armes)
1981: Zurück bleibt die Angst (Ghost Story)
1981: Der Saustall (Coup de torchon)
1981: Ganz normal verrückt (Storie di ordinaria follia)
1981: Eine merkwürdige Karriere (Une étrange affaire)
1982: Der Schock (Le choc)
1982: Stern des Nordens (L’étoile du nord)
1982: Tausend Milliarden Dollar (Mille milliards de dollars)
1983: Verheiratet mit einem Toten (J’ai épousé une ombre)
1983: Erste Sehnsucht (Premiers désirs)
1984: Ein Sonntag auf dem Lande (Un dimanche à la campagne)
1984: Fort Saganne
1985: Rendez-Vous
1985: Harem
1985: Die Familienpyramide (L’été prochain)
1986: Erpresst – Das geheimnisvolle Foto (Cours privé)
1986: Schauplatz des Verbrechens (Le lieu du crime)
1986: Piraten (Pirates)
1986: Die Liebe der Florence Vannier (L’état de grâce)
1987: Die Unschuldigen (Les innocents)
1988: Der Bär (L’ours)
1988: Einige Tage mit mir (Quelques jours avec moi)
1989: Music Box – Die ganze Wahrheit (Music Box)
1989: Der wiedergefundene Freund (Reunion)
1991: Im Schatten der Golanhöhen (Pour Sacha)
1992: Max und Jeremy (Max & Jeremie)
1992: Auf offener Straße (L.627)
1992: Room Service
1993: Die kleine Apokalypse (La petite apocalypse)
1993: Le jeune Werther
1993: Meine liebste Jahreszeit (Ma saison préférée)
1994: D’Artagnans Tochter (La fille de d’Artagnan)
1994: Geheimnisse (Uncovered)
1994: Der Lieblingssohn (Le fils préféré )
1995: Le petit garçon
1995: Nelly & Monsieur Arnaud
1995: Sag Ja! (Dis-moi oui)
1996: Ponette
1996: Diebe der Nacht (Les voleurs)
1997: Le Rouge et Le Noir (Fernsehfilm)
1997: Duell der Degen (Le bossu)
1997: K – Das Zeichen des Bösen (K)
1997: Ein Bruder … (Un frère...)
1997: Lucie Aubrac
1998: Alice & Martin (Alice et Martin)
1998: Je suis vivante et je vous aime
2000: Princesses
2000: Victoire, ou la douleur des femmes (TV-Mini-Serie)
2000: Là-bas... mon pays
2001: Mademoiselle
2001: Sister Mary Explains It All (Fernsehfilm)
2002: Entre chiens et loups
2003: Das Geheimnis des gelben Zimmers (Le mystère de la chambre jaune)
2003: Die Flüchtigen (Les égarés)
2003: Claude Sautet oder Die unsichtbare Magie (Claude Sautet ou La magie invisible, Dokumentation)
2003: Raja
2004: Colette, une femme libre (TV-Mini-Serie)
2004: Un mundo menos peor
2004: Zwei ungleiche Schwestern (Les sœurs fâchées)
2005: Das Parfüm der Dame in Schwarz (Le parfum de la dame en noir)
2006: Le grand Meaulnes
2006: Je m'appelle Elisabeth
2007: Wir waren Zeugen (Les témoins)
2009: La fille du RER
2010: Le mariage à trois
2010: Die Prinzessin von Montpensier (La princesse de Montpensier)
2010: Ein Sommer in Haifa (Once I Was)
2010: Streamfield, les carnets noirs
2012: Savage Nights – Unerfüllte Begierde (E la chiamano estate)
2013: Quai d’Orsay
2013: Young Couples
2015: Zwei Freunde (Les deux amis)
2017: Auguste Rodin (Rodin)
2018: Ein treuer Mann (L'homme fidèle)
Playlist #284 vom 19.01.2020:
1.
Philippe Sarde - Desciption des Ferrailleurs (
Max et les Ferrailleurs) - 02:13
2.
Philippe Sarde - Les Choses de la Vie (
Les Choses de la Vie) - 02:28
3.
Philippe Sarde - Le Retour de Fabrice (
Hellé) - 03:04
4.
Philippe Sarde - Elysée-Matignon (
Mort d'un Pourri) - 04:45
5.
Philippe Sarde - Radicale (
Barocco) - 04:11
6.
Philippe Sarde - Retour à la vie (
Deux Hommes dans la Ville) - 03:26
7.
Philippe Sarde - Suite (
La veuve Couderc) - 05:31
8.
Philippe Sarde - Final (
The Tenant) - 02:27
9.
Philippe Sarde - Mouvement 1 (
Le Petit Criminel) - 03:41
10.
Philippe Sarde - Suite (
César et Rosalie) - 04:22
11.
Philippe Sarde - Suite (
Un Mauvais Fils) - 04:45
12.
Philippe Sarde - Suite (
Nelly et Monsieur Arnaud) - 05:25
13.
Philippe Sarde - Suite (
Les Soeurs Brontë) - 04:22
14.
Philippe Sarde - Suite (
Les Innocents) - 04:24
15.
Philippe Sarde - Tango Illusion (
Alice et Martin) - 02:25
16.
Philippe Sarde - La Grande Bouffe (
La Grande Bouffe) - 02:34
17.
Philippe Sarde - Retour dans l'île / La Nage (
Liza) - 04:39
18.
Philippe Sarde - Thème Principal (
La Dernière Femme) - 02:58
19.
Philippe Sarde - Miou Miou (
Pas des Problemes) - 02:54
20.
Philippe Sarde - Un Homme et une Girl (
La Valise) - 03:17
21.
Philippe Sarde - ...Peut en cacher une autre (
Attention une femme peut en cacher une autre) - 03:42
22.
Philippe Sarde - Ann's Theme (
Music Box) - 02:32
23.
Philippe Sarde - Redemption/End Titles (
Sister Mary Explains It All) - 06:04
24.
Philippe Sarde - Chloe (
Lovesick) - 03:14
25.
Philippe Sarde - Escape (
The Manhattan Project) - 03:22
26.
Philippe Sarde - La porte de l'enfer (
Rodin) - 04:12
27.
Philippe Sarde - Fire on the Mountain (
Lord of the Flies) - 02:49
28.
Philippe Sarde - Pastorale (
L'ours) - 04:49
29.
Philippe Sarde - La naissance d l'amour (
La Guerre du Feu) - 03:42
30.
Philippe Sarde - Suite en quatre mouvements (
La petite apocalypse) - 08:59
Playlist #285 vom 02.02.2020:
1.
Philippe Sarde - Joshua's Trio (Joshua Then and Now) - 03:00
2.
Philippe Sarde - New York (Harem) - 06:30
3.
Philippe Sarde - Découverte de Caroline (Premiers Désirs) - 03:46
4.
Philippe Sarde - Belle-Fille (Beau-Pere) - 04:27
5.
Philippe Sarde - Demise (Ghost Story) - 04:13
6.
Philippe Sarde - L'Oiseau (Ennemis Intimes) - 05:31
7.
Philippe Sarde - Denouement et final (La maison assassinee) - 04:44
8.
Philippe Sarde - Juillet (Fort Saganne) - 05:10
9.
Philippe Sarde - Don Alfonso Escapes (Pirates) - 04:31
10.
Philippe Sarde - Mon Cher Papa (La Baule - Les Pins) - 04:21
11.
Philippe Sarde - Un convent abandonne (La fille d'Artagnan) - 04:15
12.
Philippe Sarde - The Chess Game (Uncovered) - 04:19
13.
Philippe Sarde - El Veleidoso (Dis-moi oui) - 05:42
14.
Philippe Sarde - Paris-Berlin (K) - 04:52
15.
Philippe Sarde - Il teatro del sol (Le bossu) - 04:10
16.
Philippe Sarde - Caluire (Lucie Aubrac) - 03:36
17.
Philippe Sarde - La Maison Abandonnee (Les Egares) - 03:33
18.
Philippe Sarde - Retour en prison (Les deux amis) - 03:20
19.
Philippe Sarde - Discours à l'ONU (Quai d'Orsay) - 04:43
20.
Philippe Sarde - L'Amour Secret (Le mystère de la chambre jaune) - 03:43
21.
Philippe Sarde - E la chiamano Estate: Movement II (E la chiamano Estate) - 06:43
22.
Philippe Sarde - Ponette [Mouvement 1] (Ponette) - 04:32
23.
Philippe Sarde - Bataille (La Princesse de Montpesier) - 04:12
24.
Philippe Sarde - Shalom (Pour Sacha) - 06:44
25.
Philippe Sarde - Mangeclous [Quatrième tableau] (Mangeclous) - 07:22