Radio ZuSa

Sonntag, 17. Januar 2010

Playlist # 24 vom 17.01.10 - Best of 2009 (Teil 2)

Während der erste Teil meines Rückblicks auf das vergangene Soundtrackjahr vor allem interessante Newcomer präsentierte, sind heute weitgehend sehr vertraute Namen mit ihren besten Scores aus 2009 zu hören. Den Anfang macht Rupert Gregson-Williams, der jüngere Bruder von Harry Gregson-Williams, der in der letzten Sendung mit seinem Score zu Tony Scotts „The Taking Of Pelham 123“ zu hören war. Rupert kreierte für den Fernsehfilm „The Prisoner“ einen vielseitigen, mit interessanten Rhythmen und Sounds versehenen Score, der aber durch sehr melodische Elemente besticht. Melodisch geht es auch weiter mit Aaron Zigmans einfühlsamer Musik zu „My Sister’s Keeper“ und Carter Burwell, der nicht nur den neuen Film der Coen-Brüder („A Serious Man“) vertonte, sondern auch die Leinwandadaption des Kinderbuchklassikers „Wo die wilden Kerle wohnen“.
Thomas Newman, ein Meister der ruhigen, aber auch unorthodoxen Klänge, hat mit „Brothers“ das Remake von Susanne Biers Film großartig vertont, und der umtriebige Christopher Young, dessen neuer Score zu Jon Amiels Biopic über Charles Darwin („Creation“) in diesen Tagen veröffentlicht wird, komponierte nicht nur zur Liebeskomödie „Love Happens“ die Musik, sondern auch zu „The Informers“ und zu den Horror-Thrillern „The Univited“ und Sam Raimis „Drag Me To Hell“.
Jim Dooley, der vor allem durch die Fernsehserie „Pushing Daisies“ bekannt geworden ist, sammelte bereits bei „When A Stranger Calls“ Thriller-Erfahrung, die ihm bei „Obsessed“ zugutekam. Sein Lehrer, Hans Zimmer, war auch wieder fleißig. Zusammen mit Heitor Pereira komponierte er die leichtfüßige Musik zu „It’s Complicated“, gemeinsam mit Omar Rodriguez schuf er den Score zum Drama „The Burning Plain“. In Eigenregie entstand die wuchtige Musik zu Ron Howards Verfilmung von Dan Browns Bestseller „Illuminati“ sowie jüngst die erneute Verfilmung von „Sherlock Holmes“, diesmal unter der Regie von Madonnas Ex-Ehemann Guy Ritchie.
Fleißig war im vergangenen Jahr auch Mark Isham. Er komponierte nicht nur die Musik zu Werner Herzogs neuem Film „Bad Lieutenant“, sondern u.a. auch zum Cop-Thriller „Crossing Over“. Der ehemalige Red-Hot-Chili-Peppers-Musiker Cliff Martinez überzeugte mit seinem wieder sehr elektronischen Score zum Thriller „Espion(s)“. Den Abschluss der heutigen Sendung bildet Michael Giacchino, der zunächst durch die Fernsehserien „Lost“ und „Alias“ bekannt geworden ist und deren Schöpfer J.J. Abrams Giacchino auch für den dritten „Mission: Impossible“-Film einsetzte. Im letzten Jahr ist Giacchino nicht nur mit der vierten Staffel von „Lost“ beschäftigt gewesen, sondern auch mit Disneys/Pixars Animationskomödie „Up“, dem Doku-Drama „Earth Days“ und der Neuverfilmung des Sci-Fi-Klassikers „Star Trek“.

1 Rupert Gregson-Williams - Lucy (The Prisoner) - 06:20
2 Aaron Zigman- Visiting Relatives (My Sister's Keeper) - 03:58
3 Carter Burwell - We Love You So (Where The Wild Things Are) - 04:40
4 Thomas Newman - What Happened (Brothers) - 04:43
5 Christopher Young - What was it is. What is, it's not. (The Informers) - 04:20
6 Christopher Young - The Screaming Bell (The Uninvited) - 04:44
7 Jim Dooley - A Present For Kyle (Obsessed) -04:18
8 Hans Zimmer - Black Smoke (Angels & Demons) - 05:45
9 Mark Isham - Naturalization (Crossing Over) - 05:42
10 Cliff Martinez - He's A Real Talker (Espion(s)) - 03:45
11 Michael Giacchino - Nice To Meld You (Star Trek) - 03:13
12 Michael Giacchino - Carl Goes Up (Up) - 03:33

Sonntag, 3. Januar 2010

Playlist # 23 vom 03.01.10 - Best of 2009 (Teil 1)

In der ersten Sendung des Neuen Jahres gibt es viele neue Namen zu hören, die mit interessanten Arbeiten im vergangenen Jahr erstmals auf sich aufmerksam gemacht haben, so Clinton Shorter mit seinem mit afrikanischen Gesängen kolorierten Score zum apokalyptischen Seuchen-Thriller „District 9“, David Buckley mit dem nur als Download erhältlichen, von Harry Gregson-Williams produzierten Score zu „Urban Thriller“ oder Bobby Tahouri aus dem produktiven Pool von Hans Zimmers Media Ventures Studio mit dem elektronisch pulsierenden Score zum Verschwörungs-Thriller „Echelon Conspiracy“. Neugierig machte auch Boris Elkis mit seiner Arbeit zum Action-Thriller „A Perfect Getaway“ von Regisseur David Twohy, der zuvor bevorzugt mit Graeme Revell arbeitete („Pitch Black“, „Below“ und „The Chronicles Of Riddick“), aber von Revell war im Jahre 2009 leider gar nichts zu hören … Besonders fleißig waren dagegen Mychael Danna mit „(500) Days Of Summer“, Terry Gilliams neuen Film „Das Kabinett des Doktor Parnassus“, „Chloe“, „Cooking With Stella“ und „Die Frau des Zeitreisenden“ und Alexandre Desplat mit dem Sequel zur „Twilight“-Saga „New Moon“, „Chéri“, „Coco Chanel“, „L’armée du crime“, „Un prophète“, „Julie & Julia“ und „Der fantastische Mr. Fox“.
James Horner lieferte mit „Avatar“ eine Art Potpourri seines Schaffens ab, ein ethnisch-rhythmisches musikalisches Abenteuer, das James Camerons Fantasy-Spektakel adäquat untermalte. Javier Navarrete, der erstmals internationale Aufmerksamkeit durch seinen Score zu Guillermo del Toros Meisterwerk „Pans Labyrinth“ erhielt, komponierte für das Drama „Cracks“ einen sehr feinfühligen, emotionalen Score, während Atli Örvarsson – ebenfalls ein junges Talent aus der Hans-Zimmer-Schmiede – für „The Fourth Kind“ chorale und ethnische Klänge verwendete. Harry Gregson-Williams, der mit seiner Musik zum „X-Men“-Spin-Off „Wolverine“ leider enttäuschte, lief zum Glück für Tony Scotts neuen Thriller „The Taking Of Pelham 123“ wieder zu Höchstform auf, ebenso wie Alex Heffes zum Politthriller „State Of Play“.
An dieser Stelle möchte ich mich bei Radio ZuSa und vor allem Jürgen Engelhardt für den Sendeplatz, meinen Hörern, bei Lukas Reinke (weil er so ein cooler Sohn ist!) und bei Dagmar Bergen (weil sie die tollste Frau der Welt ist!) bedanken, darüber hinaus meinen Teams bei „Rauschzeit“ (Thedi und AtheB rocken wirklich!) und „KulturEcken.tv“ (das wird UNSER Jahr!). Euch allen ein Frohes Neues Jahr! STAY TUNED!!!! In zwei Wochen geht es mit weiteren Highlights aus dem vergangenen Jahr weiter.

1 Clinton Shorter - District 9 (District 9) - 06:29
2 David Buckley - Sepulchre (Urban Thriller) - 03:06
3 Bobby Tahouri - The Clock Is Always Ticking (Echelon Conspiracy) - 04:45
4 Boris Elkis - Killers Captured (A Perfect Getaway) - 03:12
5 Atli Örvarsson - Flight To Nome (The Fourth Kind) - 03:08
6 Alex Heffes - Research (State Of Play) - 04:34
7 Harry Gregson-Williams - Something On The Track (The Taking Of Pelham 123) 04:36
8 Mychael Danna - Meadow (The Time Traveler's Wife) - 03:18
9 Javier Navarrete - Fiamma's Theme (Cracks) - 03:51
10 Alexandre Desplat - The Messenger (Afterwards) - 04:51
11 Alexandre Desplat - Marry Me, Bella (The Twilight Saga: New Moon) - 04:07
12 James Horner - Becoming One Of The People (Avatar) - 07:39

Sonntag, 20. Dezember 2009

Playlist # 22 vom 20.12.09 – BRIAN TYLER Special

Brian Tyler zählt momentan zu den meistbeschäftigten Komponisten in Hollywood. Nach seinem produktiven Höhepunkt im Jahr 2003 mit sagenhaften acht Engagements (u.a. die Michael-Crichton-Verfilmung „Timeline“, der Psycho-Thriller „Godsend“ mit Robert De Niro, William Friedkins Action-Thriller „The Hunted“, die Groteske „The Big Empty“ und der Horror-Thriller „Darkness Falls“) ist die Musik des in Los Angeles geborenen Komponisten vor allem in Action-Blockbustern zu hören, wie zuletzt in „War“, „Eagle Eye“, „Bangkok Dangerous“, „Rambo“ und den jeweils vierten Teilen von „The Final Destination“ und „The Fast & The Furious“.

Er studierte an der UCLA und in Harvard, nachdem sein Großvater Walter H. Tyler als Art Director den jungen Brian in die Welt des Films eingeführt hatte. Brian Tyler reiste durch die USA und Russland, führte Konzerte mit seinen eigenen Stücken auf und spielte schließlich für Orchester, Chöre und Ensembles. Nachdem der Komponist und Chef von Fox Music Inc. Robert Kraft auf Brian Tylers Musik aufmerksam geworden war, bestärkte er den jungen Komponisten in einer Filmmusikkarriere. Nach seinem ersten Engagement im Jahre 1997 für Gabe Torres‘ Independent-Film „Bartender“ folgten „Six-String Samurai“ und der rappige Score zu „Simon Sez“, bevor der große John Williams Brian Tyler dem Produzenten William Sherak vorstellte, für den Tyler schließlich „Four Dogs Playing Poker“, „Darkness Falls“ und „Bangkok Dangerous“ musikalisch realisierte.
Seinen Durchbruch erzielte Tyler mit seiner Musik für Brian Paxtons Psycho-Schocker „Frailty“ im Jahre 2001. Regie-Altmeister William Friedkin („Der Exorzist“, „French Connection“) zeigte sich nach dem Film dermaßen beeindruckt, dass er Tyler zunächst für seinen Thriller „The Hunted“, dann auch für „Bug“ engagierte. Seit 2003 ist Tyler zunehmend für Big-Budget-Produktionen tätig gewesen, für Paxtons „The Greatest Game Ever Played“, die Comic-Verfilmung „Constantine“ (zusammen mit Klaus Badelt), Sylvester Stallones Rückkehr als „John Rambo“, den Jet-Li/Jason-Statham-Actioner „War“ und das epische Drama „Partition“.
Filmografie:
1997 - Bartender
1997 - Jenny
1998 - Six String Samurai
1998 - The Big Spin
1998 - Final Justice
1998 - Sirens
1998 - Living In Captivity
1999 - The 4th Floor
1999 - Simon Sez
1999 - The Settlement
1999 - Level Nine
2000 - Panic
2000 - Terror Tract
2000 - Shadow Hours
2000 - Four Dogs Playing Poker
2000 - Purple Haze
2001 - Frailty
2001 - Plan B
2001 - Jane Doe
2001 - The Education of Max Bickford
2002 - Bubba Ho-tep
2002 - A Piece Of My Heart
2002 - Vampires: Los Muertos
2002 - Last Call
2003 - Timeline
2003 - Godsend
2003 - Thought Crimes
2003 - The Big Empty
2003 - Star Trek Enterprise
2003 - Children of Dune
2003 - The Hunted
2003 - Darkness Falls
2004 - Paparazzi
2004 - The Final Cut
2005 - The Greatest Game Ever Played
2005 - Constantine
2006 - Partition
2006 - Bug
2006 - The Fast and The Furious: Tokyo Drift
2006 - Annapolis
2007 - Aliens vs. Predator - Requiem
2007 - Finishing The Game
2007 - War
2008 - The Lazarus Project
2008 - Eagle Eye
2008 - Bangkok Dangerous
2008 - Rambo
2009 - The Killing Room
2009 - Law Abiding Citizen
2009 - The Final Destination
2009 - Fast & Furious
2009 - Dragonball: Evolution
2010 - Battle: Los Angeles
2010 - The Expendables
1 Brian Tyler - Begin (The Killing Room) - 05:23
2 Brian Tyler - Discovery (The Lazarus Project) - 05:56
3 Brian Tyler - Farewell (Children Of Dune) - 03:25
4 Brian Tyler - Prague (Bangkok Dangerous) - 04:15
5 Brian Tyler - No Rules Of Engagement (Rambo) - 07:07
6 Brian Tyler - Opening Titles (War) - 05:08
7 Brian Tyler - Final Manipulations (Eagle Eye) - 04:27
8 Brian Tyler - Indian Bob (The Big Empty) - 04:53
9 Brian Tyler - End Title (Four Dogs Playing Poker) - 04:50
10 Brian Tyler - Betrayal (Panic) - 02:40
11 Brian Tyler - Unconfession (Law Abiding Citizen) - 06:19

Sonntag, 6. Dezember 2009

John Carpenter (Teil 1) - Ein Meister des Suspense-Kinos

Man nennt ihn den „Meister des Horrors“ und darf ihn zu Recht als Kultregisseur bezeichnen. Mit seinen Science-Fiction- und Horror-Thrillern „Halloween“, „Die Klapperschlange“, „Christine“ und „Die Fürsten der Dunkelheit“ schuf John Carpenter Klassiker, die sowohl Kritiker als auch das Publikum zu begeistern verstanden.

Zwar sind seine letzten Filme „Das Dorf der Verdammten“, „Flucht aus L.A.“ und „Ghosts Of Mars“ nicht nur an der Kinokasse gefloppt, sondern ließen auch in künstlerischer Hinsicht zu wünschen übrig. Doch egal, wie gut oder schlecht seine kommenden Filme auch ausfallen mögen, Carpenters in den 70er und 80er Jahren produzierten Filme und Soundtracks zählen schon heute zu den Juwelen des amerikanischen Nachkriegskinos und haben das Multitalent, das Drehbücher schreibt, Filme dreht, schneidet, produziert und vertont, in gewisser Hinsicht unsterblich gemacht.
John Carpenters Leidenschaft für den Film wurde schon von seinen Kindesbeinen an entdeckt und gefördert, und die Tatsache, dass John Carpenter aus einem sehr musikalischen Hause kommt, erklärt sein Talent für die passende musikalische, atmosphärisch intensive Untermalung der von ihm inszenierten Bilder.
Sein Vater, Howard Carpenter, studierte nämlich an der berühmten Eastman Musikschule in Rochester, New York, und war Musiklehrer am College von Bowling Green, Kentucky, wo der am 16. Januar 1948 in Carthage geborene John H. Carpenter auch aufgewachsen ist.
Sowohl Vater als auch Mutter spielten Geige und Klavier, ermunterten ihren Sohn zum Musizieren, doch mit vier Jahren fand dieser noch keinen rechten Gefallen am Geigen- und Klavierunterricht.
Nachdem er aber Humphrey Bogart in John Hustons „African Queen“ sah, stand sein Entschluss fest, selbst Schauspieler zu werden, zumindest aber Filmregisseur.
„Mein Wunsch, Regisseur zu werden, geht auf ein Erlebnis zurück, das ich mit fünf Jahren hatte. 1953 sah ich mir Jack Arnolds 'It Came From Outer Space' in 3-D an. Die erste Sequenz zeigte, wie ein Meteor vom Himmel fiel. Ein Feuerball, der direkt von der Leinwand auf dich zuzufliegen schien und explodierte. Ich sprang auf, schrie und lief den Seitengang hinauf. Aber plötzlich merkte ich, dass ich nicht wirklich Angst hatte. Ich war im Innersten aufgewühlt und erregt“, blickt John Carpenter zurück. „Ich sagte mir: Das möchte ich auch mit den Leuten machen. Ich will so eine Art von Erregung schaffen. Ich ging also zu meinem Platz zurück, setzte mich und sah mir den Rest des Films an. Von da an wollte ich Filmregisseur werden. Ich wollte Filme machen, die die Leute von den Sitzen reißen.“
Carpenters Eltern unterstützten ihren Zögling, nachdem sie sich vom humanistischen Charakter der von Arnold verfilmten Ray-Bradbury-Story überzeugt hatten, und schenkten ihm eine 8mm-Kamera, nachdem er zunächst die Kamera seines Vaters verschlissen, den halben Monatslohn in einer Woche an Materialkosten verdreht und wahre Action-Orgien im Sandkasten hinter dem Haus entfacht hatte.
Sein erster, von Jack Arnold und anderen SF- und Fantasy-Regisseuren inspirierter Film hieß „Revenge of the Colossal Beasts“, eine 40minütige Invasionsgeschichte mit riesigen Aliens.
Bis zu seinem 14. Lebensjahr drehte er mit „Gorgo vs. Godzilla“, „Terror From Space“ und „Sorcerer From Outer Space“ drei weitere Kurzfilme, gründete mit Emerald Productions seine erste Produktionsfirma und experimentierte in „Warrior and the Demon“ erstmals mit Stop-Motion, während er beim Dreh von „Gorgon the Space Monster“ zahlreiche Effekte erprobte.
Als John Carpenter entdeckte, dass er die Faszination für Monster, Mutationen und Aliens mit vielen anderen teilte, verstärkte das nur seine Ambitionen. Wie zu jener Zeit üblich gründete auch John Carpenter sein eigenes Fanzine, „Fantastic Films Illustrated“, dessen Cover er selbst zeichnete und mit Wasserfarben kolorierte. Zusammen mit einigen Freunden rezensierte der junge Carpenter aktuelle Filme und Klassiker, schrieb Science-Fiction- und Fantasy-Geschichten und träumte von fremden Welten und Imperien.
Nach drei Heften schloss John Carpenter mit diesem Kapitel ab, veröffentlichte anschließend - als Hommage an Ernest B. Schoedsack, dem Regisseur des 1933 publizierten „King Kong“-Films - das „King Kong Journal“, um sich danach mit dem Heft „Phantasm - Terror Thrills of the Films“ endgültig in die Richtung zu bewegen, die er später als Regisseur einschlagen sollte.
Doch zunächst lernte Carpenter sehr gründlich das Handwerk des Filmemachens. Seine Eltern überredeten ihn, die Filmklasse der Universität von Süd-Kalifornien (USC) zu besuchen.
Seit seiner Immatrikulation dort im Jahre 1968 drehte er elf Studentenfilme, vor allem aber studierte er die Handschriften seiner Vorbilder.
„Die Film-Universität war eine unschätzbare Erfahrung für mich“, blickt Carpenter zurück, „allerdings nicht im traditionellen Sinn von solchen Erfahrungen, also dass man für einen bestimmten Job vorbereitet wird, diesen Job erhält und dann jahrzehntelang macht. Das ist im Film ja anders."
"Ich habe die technischen Aspekte des Films gelernt, ich habe alle Aspekte des Filmemachens kennengelernt, von der Regie zur Kameraführung, über den Ton zum Schnitt und auch zur Postproduktion. Und ich habe jeden Tag Filme angeschaut. Im Vorführraum haben wir gesessen und Filme angesehen, bis wir eingeschlafen sind. Ich habe alle Filme von Howard Hawks, Orson Welles und John Ford gesehen. Das sind Giganten des Kinos. Das war eine wundervolle Zeit in meinem Leben und sehr aufregend, aber auch ziemlich unrealistisch, wenn man bedenkt, was für Filme zu dieser Zeit tatsächlich gemacht wurden. Aber das war in diesem Moment nicht so wichtig.“
Fasziniert war Carpenter vor allem von Howard Hawks, der in allen Genres (Komödie: „Leoparden küsst man nicht“; Krimi: „Tote schlafen fest“; Science Fiction: „Das Ding aus einer anderen Welt“; Western: „Rio Bravo“) beheimatet war und als klassischer Handwerker des Hollywood-Kinos gilt. Sowohl seine bevorzugte Kameraführung in Augenhöhe als auch sein Lieblingsthema - eine Gruppe zusammengewürfelter, teils gebrochener Charaktere muss sich einer Übermacht stellen - tauchen später bei John Carpenter auf.
Dieser konnte 1970 seinen ersten großen Erfolg feiern, als er für seinen Kurzfilm „The Resurrection of Bronco Billy“ den Academy Award gewann. Carpenter finanzierte den Film mit Sponsorgeldern seines Vaters und einer Reihe von Nebenjobs.
Die Gemeinschaftsproduktion von Carpenter und zwei Kommilitonen erzählt innerhalb weniger Minuten die Geschichte eines jungen Mannes, der mit seinem Leben nicht klar kommt und in eine märchenhafte Westernwelt flieht.
Damit verarbeitete Carpenter teilweise seine eigenen Universitätserfahrungen und ließ dabei bereits sein vielseitiges Talent erkennen, indem er als Co-Autor, Co-Regisseur, Produzent und Komponist fungierte. Angespornt durch diesen großartigen Erfolg - den Carpenter bislang nicht wiederholen konnte - begann er noch im selben Jahr mit den Dreharbeiten zu „Dark Star“, die als Abschlussarbeit gedacht war und Carpenter als Sprungbrett für seine zukünftige Karriere dienen sollte. Unterstützt wurde er dabei von seinem Freund Dan O’Bannon, der den Filmschnitt besorgte, an den Effekten arbeitete und als Darsteller auftrat. Später schrieb er das Drehbuch für „Alien“ und wurde von George Lucas für die Computer-Animationen von „Star Wars“ engagiert.
Bis 1972 hatten Carpenter und O’Bannon eine 45 Minuten lange Version fertig, doch spürten die beiden, dass in der Science-Fiction-Parodie auf die legendären Kubrick-Filme „Dr. Seltsam oder wie ich lernte, die Bombe zu lieben“ und „2001 - Odyssee im Weltraum“ das Potential für einen größeren Film steckte. Von Jack H. Harris, der 1958 „The Blob“ produzierte und mit dem Porno-Kultfilm „Deep Throat“ zum Millionär geworden war, bekamen die beiden Studenten 60.000 Dollar und konnten bis 1974 eine Spielfilmfassung fertigstellen, die auf der jährlichen „Los Angeles Film Exhibition“ debütierte. Die Weltraum-Variante von „Warten auf Godot“, wie Carpenter sein Kino-Debüt bezeichnete, spiegelte in gewisser Hinsicht die Lebensumstände der beiden Späthippies wider, die während des Vietnam-Krieges mehr am Konsum von Haschisch-Zigaretten und ausgeflippter Musik als an der ernsthaften Weiterentwicklung ihrer Situation interessiert waren. Die Geschichte spielt im 22. Jahrhundert, als es der Menschheit bereits gelungen ist, das irdische Sonnensystem bis an die Grenzen zu erforschen und sich dabei befindet, sich in immer entferntere Regionen zu bewegen. Die fünfköpfige Crew des Erkundungsschiffes „Dark Star“ hat dabei den Auftrag, den Weg für die großen Transporter mittels thermonuklearer Bomben freizumachen. Allerdings ist die „Dark Star“-Besatzung schon seit über zwanzig Jahren im Weltraum unterwegs und hat seit langem jeglichen Kontakt mit der Erde verloren. Der Bordcomputer bestätigt den Army-Seargeants Doolittle, Pinback, Boiler, Talby und dem verstorbenen, im Gefrierraum konservierten Kommandanten zwar immer wieder, dass „alles klar“ sei, doch das Raumschiff gammelt so allmählich vor sich hin. Als schließlich eine Bombe abgeworfen werden soll, um Asteroiden aus dem Weg zu räumen, bleibt sie im Schacht stecken und kündigt an, dass sie bald explodieren wird - was sie nach einem philosophischen Diskurs mit der Besatzung schließlich auch tut...
Während einer der Piloten auf einem Wrackteil durchs All gleitet, ertönt die von Carpenter komponierte fetzige Country-Musik. Der spannende, teils von makabrem Humor und spöttischer Satire gespickte Film ist sicher zum einen ein höchst unterhaltsames Werk geworden, zum anderen aber auch eine treffende Anspielung auf das SF-Genre mit seiner strengen Wissenschaftsgläubigkeit.
„Das Besondere an 'Dark Star' ist nicht die Technologie des Raumschiffes oder die Handlung. Es ist vielmehr die Situation“, meint Carpenter.
„Die Helden sind für zwanzig Jahre in ihrem Schiff im Weltall eingeschlossen; sie werfen Bomben auf instabile Planeten, um sie zu zerstören und Platz zu schaffen für die Raumschiffe, die ihnen folgen. Und, na gut, die Leute sind ein bisschen wahnsinnig geworden in dem Raumschiff... Im Grund macht nur die Situation, das, was den Helden widerfährt, den Film ungewöhnlich, nicht das Raumschiff oder die Technologie oder die Raumanzüge. 'Star Wars' zum Beispiel oder '2001' - da sind die Effekte die Stars der Show. Nicht so in 'Dark Star'. Da ist es die Situation.“
Nach einigen Anlaufschwierigkeiten begeisterte der Film auf einigen Festivals Publikum und Kritiker und spielte in den USA im ersten Anlauf an der Kinokasse bereits sieben Millionen Dollar ein.
Dank dieses finanziellen Erfolgs war es John Carpenter möglich, seinen nächsten Film „Assault on Precinct 13“ mit einem Budget von 200.000 Dollar zu realisieren. Inspiriert wurde Carpenter dazu durch eine wahre Begebenheit im Kontext der zunehmenden Gewalt auf den Straßen von Los Angeles: Im Jahr 1975 hing eine Gang von Jugendlichen an einer Bushaltestelle herum, bis ein Bus kam und einer der Jungen ankündigte: „Ich erschieße den ersten, der jetzt aussteigt.“ Nachdem ein kleines Mädchen die Bustür als erstes passierte, wurde sie von dem Jungen erschossen, der darauf in seinen Wagen stieg und davonfuhr.
„Was sind das für Leute, die so etwas tun?“, fragte sich Carpenter daraufhin. „Am helllichten Tag. Ihre Aktionen sind völlig sinnlos und verrückt. Dass ich einfach so durch die Straßen gehe und irgendeiner erschießt mich, einfach nur so - das ist für mich ein wahnsinniger Gedanke, der mir unheimlich angst macht.“
Bei der filmischen Umsetzung dieser Gewalt berief sich Carpenter vor allem auf Howard Hawks Western-Klassiker „Rio Bravo“, dessen Mythos er in die Slums der modernen Großstädte transformierte. Zugleich verband der erste Breitwand-Film von John Carpenter das klassische amerikanische Erzählkino mit der synthetischen und sterilen Produktionsweise, die in einem Großteil der in den Spätsiebzigern inszenierten Hollywood-Filme vorherrschte.
Ausgangspunkt der Story von „Assault“ ist eine in den Massenmedien verbreitete Nachricht, dass die Polizei in einem Feuergefecht sechs Jugendliche erschossen hat. Doch die gesuchten automatischen Waffen wurden nicht bei ihnen gefunden, und man hofft, dass nicht die anderen Bandenmitglieder in ihrem Besitz sind. Derweil plant der Rest der Gang einen Rachefeldzug, bei dem zunächst einige Zivilisten wahllos erschossen werden, bis man schließlich das Polizeirevier 13 in einem menschenleeren Stadtteil von Los Angeles ins Visier nimmt.
Die Situation der drei Polizisten und der beiden weiblichen Angestellten sowie den Gefangenen scheint ausweglos, zumal die Gang Verstärkung gefunden hat. Immer mehr namen- und gesichtslose Bewaffnete dringen in die behelfsmäßige Festung ein, die Leichenberge häufen sich, doch letztlich kann das Revier befreit werden.
Carpenters Film bietet keine Lösungsvorschläge für die beängstigenden Ausmaße urbaner Gewalt. Die brutale Realität dient auch nur als Mittel zum Zweck, nämlich Spannung zu erzeugen.
Mit zuweilen bis zu 25 Schnitten pro Minute und einer dumpf pulsierenden Musik, die die Zuschauer auf die nächste gewalttätige Handlung vorbereitet, schuf Carpenter ein Meisterwerk des Suspense-Kinos. Allerdings lehnt Carpenter Vergleiche mit dem Meister des Suspense, Alfred Hitchcock, vehement ab. „Wie jeder andere Regisseur habe ich eine Menge von ihm gelernt. Ich bewundere ihn auch, und dennoch habe ich niemals versucht, ihn zu kopieren - im Gegenteil: Ich wollte es immer irgendwie anders machen als er. Er war der Meister des Suspense, jener Spannung, die sich über eine halbe Stunde hinweg entwickeln kann. Ich aber konfrontiere mein Publikum lieber mit Schocks - das geht schneller.“
Und so erzielte Carpenter mit der kalkulierten Ökonomie der dramaturgischen und produktionstechnischen Mittel ein Höchstmaß an Spannung, die sich ohne Rücksicht auf tiefere Bedeutung ganz der Maxime verpflichtet, das Publikum gut zu unterhalten.
„Ich habe das Gefühl, dass ich mich mit diesem Film auf sehr dünnem Eis bewege“, meinte Carpenter damals. „Wenn ich diesen Film unheimlich realistisch, ohne Feinheiten und Ironie gemacht hätte, wäre er in Amerika wahrscheinlich sehr viel besser angekommen. Meine Absicht war es, die Zuschauer zu unterhalten, sie mit den Personen im Film zum Lachen zu bringen und gleichzeitig die Gewalt im Film zu entwickeln.“
Dieses Ziel schien der Regisseur auch erreicht zu haben. Allein in den USA spielte der Film mit knapp acht Millionen Dollar wieder das Vielfache seiner Herstellungskosten ein und wurde zu einem Meilenstein in der Karriere des vielseitigen Regisseurs, der es schon immer vorgezogen hat, auch selbst die Musik zu seinen Filmen einzuspielen.
„Ich mache die Musik zu meinen Filmen deshalb selbst, weil ich der preiswerteste Komponist bin, den ich finden kann, und nebenbei auch gleich der beste. Ich arbeite sehr schnell. Ich kenne alle Szenen eines Films und weiß, was gerade gebraucht wird. Gerade für die kleinen und preiswerten Filme brauchten wir große Soundtracks. Und ich wollte nicht die üblichen Klischees von spannender Musik. Ich bin überzeugt davon, dass Musik einen Film total ruinieren kann, besonders die tollen Effekte eines Films.“

John Carpenter (Teil 2) - Schocks und Grusel in Serie

1978 inszenierte John Carpenter nicht nur die beiden Fernsehfilme „Someone’s Watching Me“ und die verherrlichende Elvis-Biographie „Elvis“ mit einem überzeugenden Kurt Russell in der Rolle des „Kings of Rock’n’Roll“, sondern setzte mit „Halloween“ einen oft kopierten und nie erreichten Meilenstein des neuen Horrorfilms.
Dieses Projekt wurde Carpenter von dem unabhängigen Produzenten Irwin Yablans herangetragen, der zunächst ein von ihm selbst erarbeitetes Treatment namens „The Babysitter Murders“ realisieren wollte. Carpenter assoziierte die Story, in der es ein Killer auf Babysitter abgesehen hat, gleich mit der Halloween-Nacht, die er aufgrund der unheimlichen Kürbismasken und der Streiche, die die Kinder ihren Kameraden spielen, so liebt und schuf mit Michael Myers eine Kultfigur des Horrorgenres, die in bislang sieben weiteren „Halloween“-Filmen und zwei Remakes durch Rob Zombie ihr dämonisches Treiben fortsetzen durfte.

Begonnen hat die Geschichte in der Halloween-Nacht 1963, als der sechsjährige Michael Myers ein Messer aus der Küche holt, die Stufen zum Zimmer seiner Schwester hinaufgeht und sich dabei eine Clownsmaske aufsetzt, durch die der Zuschauer das folgende Geschehen verfolgt.
Die Schwester hat gerade ihren Freund verabschiedet und sitzt noch nackt vor dem Spiegel, als Michael ins Zimmer kommt und seine Schwester mit mehreren Messerstichen tötet. Nach der Tat läuft der Junge direkt in die Arme seiner Eltern, die dem verstörten Kind die Maske vom Gesicht nehmen.
15 Jahre später bricht Michael Myers aus einer geschlossenen Nervenheilanstalt aus und kehrt in seine Heimatstadt zurück, um sein blutiges Werk an Halloween fortzusetzen.
Die Geschichte ist bei „Halloween“ sicher weniger wichtig als bei „Dark Star“ und „Assault“. John Carpenter wollte etwas ganz anderes erreichen.
„Ich nahm mir vor, den entscheidenden Film des Sub-Genres der Psychopathen-Filme zu machen. Die Geschichte war mir egal. Ich wollte eine 'Geisterhaus'-Story erzählen, und da war mir die Exposition gleichgültig. Ich wollte natürlich alle Kino-Konventionen erfüllen und ausspielen, was man erwartete. Man erwartet ständig, dass irgendetwas passiert, und bis es passiert, hat man Angst davor. Wenn man die Leute dann ein paar Male warten lässt, steigert sich die Angst“, 
erläutert Carpenter das einfache, aber wirkungsvolle Rezept von „Halloween“.
Zwar dreht sich der Film um den Einbruch des Horrors in eine Scheinidylle bürgerlicher Langeweile und Oberflächlichkeit, wie sie gerade in der typisch amerikanischen Collegeatmosphäre vorherrscht, doch inszenierte Carpenter die eigentlich banale Geschichte eines quasi unverwundbaren Psychopathen äußerst geschickt durch die sich ständig bewegende, oft subjektive Kamera und sorgte mit dem unkonventionellen Schluss für eine Abstrahierung des Killers zum personifizierten Bösen, als nämlich der eigentlich tödlich durch mehrere Schüsse verwundete Michael Myers rücklings durch ein Fenster im dritten Stock hinunterstürzt, aber anschließend spurlos verschwunden ist. Nach der Tat fragte die von Michael verfolgte Laurie den Arzt, der die tödlichen Schüsse abgegeben hat: „War das der Schwarze Mann?“ Und Dr. Loomis antwortet: „Wenn Sie mich fragen, war er es...“
Während Carpenters ersten beiden Filme einhellig als Meisterwerke gefeiert wurden, spalteten sich die Kritiker bei „Halloween“ in zwei Lager. Die einen verpönten Carpenters reaktionäre, puritanische Moral, weil er junge Mädchen und Jungen, die ihre ersten sexuellen Erfahrungen sammeln, mit dem Tod bezahlen lässt. Die anderen lobten den Film als intelligente Reflexion über die Mechanismen der Furcht.
Carpenter selbst äußerte sich zu diesen Kritiken wie folgt: „Ich glaube nicht, dass die Kritik der populären Presse an meiner Arbeit falsch ist. Ich schätze sie, und einige Kritiken sind richtig. Aber sie übersehen immer noch den entscheidenden Punkt: Ich mache meine Filme nicht für die Kritik, sondern für mein Publikum. In 'Halloween' geht es nicht um einen verrückten Jungen, der Leute umbringt. Das ist zwar die Story, aber nicht das, was ich eigentlich sagen will. Es geht um das Böse, um Sexualität. Die Leute ärgerten sich darüber, aber sie übersahen einen wichtigen Punkt. Ironischerweise ist das einzige Mädchen, das in diesem Film nicht herumalbert, Jamie Lee Curtis, diejenige, die den Killer niedersticht. Sie ist denselben Repressionen ausgesetzt wie der Killer, aber sie wird diese sexuelle Energie los.“
Zwar knüpfte John Carpenter mit „Halloween“ an so erfolgreiche Filme wie William Friedkins „The Exorcist“ (1973), Tobe Hoopers „Texas Chainsaw Massacre“ (1974) und Richard Donners „The Omen“ (1976) an, doch nahm „Halloween“ mit seinen 60 Millionen Dollar Einnahmen und mehr als einer Million verkauften Videocassetten bald eine Schlüsselstellung in der Geschichte des modernen Horrorfilms ein, indem der suggestive Horrorthriller eine ganze Psychoschlitzer-Welle ins Rollen brachte („Friday the 13th“, „Nightmare on Elm Street“).
Im Gegensatz zu den nachfolgenden Splatterfilmen, in denen die Schockeffekte nur um ihrer selbst willen eingesetzt wurden, setzte Carpenter die Story des Psychopathen Michael Myers ganz subtil und in erster Linie durch dramaturgische und Toneffekte um, bezog den Betrachter durch die suggestiven Kamerafahrten aktiv in das Geschehen ein.
Einerseits ist „Halloween“ mit inhaltlichen Anleihen und Rückgriffen sowohl auf Hitchcocks Suspense-Thriller als auch auf Gruselklassiker wie „The Thing“ oder „The Forbidden Planet“ gespickt. Andererseits versuchte sich Carpenter ganz bewusst von Hitchcock zu distanzieren.
„Wenn man einen Film wie 'Halloween' dreht, zieht man in Betracht, was auf diesem Gebiet vorher getan wurde. 'Psycho' war das Beste, was es jemals gab. Jedoch machte Hitchcock mehr Suspense-Filme, in denen das Publikum eher langfristig auf Schocks vorbereitet wird. Ich habe weniger einen Suspense-Thriller gedreht als vielmehr einen Film voller Schocks.“
Doch die junge Studio-Chefin von 20th Century Fox fand den Film kein bisschen gruselig, worauf John Carpenter sich entschloss, den Film mit der eigenen Musik zu retten und sich damit beschäftigte, wie Bernard Herrmann für „Psycho“ und Ennio Morricone für „Spiel mir das Lied vom Tod“ die Musik komponiert hatten.
Herrmanns Fähigkeiten, einen imposanten, kraftvollen Score mit begrenzten orchestralen Mitteln zu kreieren, indem er die grundlegenden Töne eines bestimmten Instruments benutzte, war beeindruckend. Sein Score für 'Psycho', den Film, der 'Halloween' inspiriert hat, wurde nur mit Streichinstrumenten eingespielt.“
Zusammen mit Dan Wyman schuf Carpenter daraufhin einen ebenso minimalistischen, allein auf Synthesizern eingespielten, elektrisierenden, rhythmischen Score, dessen Hauptthema im Film die Bedrohung bereits dann erahnen lässt, bevor sie visuell zu erkennen ist. Ungewöhnlich ist allerdings, dass John Carpenter seine Musik oft komponiert, ohne die Bilder des Films dazu zu sehen.
„Wir haben 1978 in einem - wie ich es nenne - 'double blind'-Modus gearbeitet, was einfach bedeutet, dass die Musik im Studio komponiert und eingespielt wurde, ohne Bezug oder Synchronisation zum tatsächlichen Film.“
Nach den kommerziellen Erfolgen seiner ersten drei Filme hatte John Carpenter für seinen nächsten Film ein fast gigantisches Budget von 5 Millionen Dollar zur Verfügung und inszenierte mit „The Fog“ eine klassische Gespenstergeschichte mit modernen Darstellungsmitteln.
'The Fog' ist eine gotische Horrorgeschichte, die etwas von Edgar Allen Poe hat, eigentlich aber mehr eine Hommage an alte Comic Strips wie 'Tales from the Crypt' ist, die in den 50er Jahren sehr populär und für Kinder verboten waren.
Ich habe sie natürlich trotzdem gelesen“, erzählt Carpenter, der mit dem Nebel und den daraus hervorkommenden Geistern verstorbener Seeleute, die Rache dafür nehmen wollen, dass sie vor 100 Jahren einem Schatz geopfert wurden, der sich an Bord des Schiffes befand, atmosphärisch beeindruckende Hauptdarsteller zur Verfügung hatte. Dabei setzte er einmal mehr auf bravouröse Weise die Schock-Motive des Genres ein und inszenierte mit beklemmender Intensität den Countdown des Schreckens: Sechs Bewohner von Antonio Bay müssen sterben, um die ruhelosen Seelen der Seefahrer zu erlösen...
Während die Geschichte damit von Höhepunkt zu Höhepunkt wandert, wird sie einmal mehr durch John Carpenters atmosphärisch dichten Synthesizerklänge begleitet, die die Spannungsmomente mit peitschenden, metallisch unterkühlten Rhythmen einleitet.
„Ich kann ja keine Noten. Aber ich kann hören und Instrumente spielen. Mein Freund Dan Wyman half mir wieder und übersetzte meine Ideen in die entsprechenden Arrangements“, erläutert Carpenter seine musikalische Arbeitsweise. „Ich spielte die Themen, und er programmierte alles. Ich musste sagen, dafür brauchen wir jetzt Bläser und eine Orgel, die ungefähr klingen soll wie... Dann haben wir zum Schluss mehrere Stimmen übereinandergemischt, manchmal bis zu zwanzig Stimmen, bis es richtig klang. Dann muss die Musik noch dem Film angepasst werden. Das dauert weitere Zeit, aber die wichtigsten musikalischen Themen habe ich in weniger als drei Tagen geschrieben.“
Etwas länger dauerte es allerdings, bis John Carpenter sein Drehbuch zu „Escape from New York“ umsetzen konnte, das in einer ersten Fassung bereits 1974 vorlag. In diesem Jahr befand sich der Regisseur nämlich in diesem Hexenkessel, wobei ihm die ständige Präsenz von Kriminalität „stark zu schaffen“ machte. „In Los Angeles bekommt man es weniger mit als hier. Ich musste diese beklemmenden Eindrücke verkraften. Das kann ich am besten, wenn ich darüber schreibe.“
Für das Szenario zu „Escape from New York“ machte Carpenter einfach eine Hochrechnung: 1960 gab es in New York 390 Mordopfer. Zehn Jahre später hatte sich diese Quote bereits verdoppelt, weitere zehn Jahre darauf war erneut ein doppelter Zuwachs zu verzeichnen. Spinnt man dieses Zahlenspiel weiter, würde eine bürgerkriegsähnliche Konfrontation zwischen Polizei und den vermeintlich Kriminellen unvermeidbar sein.
Inspiriert durch den Charles-Bronson-Film „Death Wish“ („Ein Mann sieht rot“), der diese Vision bereits thematisierte, schrieb John Carpenter ein erstes Drehbuch, das jedoch zunächst in der Schublade verschwand, weil noch zahlreiche andere, leichter zu finanzierbare Projekte auf dem Plan standen, nämlich die Fernseh-Produktion „Die Augen der Laura Mars“, „Das unsichtbare Auge“ und „Elvis“ sowie „Assault - Anschlag bei Nacht“ und „Halloween“.
Als es 1981 endlich an die Verfilmung des Projektes ging, knüpfte Carpenter an die in „Assault“ bereits thematisierte bedrohliche Kriminalität wieder an und übertrug sie in einem größeren Maßstab auf die Stadt New York, deren Stadtteil Manhattan zu einem ausbruchssicheren Großgefängnis umfunktioniert wurde, in dem sich die Kriminellen eine eigene Gesellschaft geschaffen haben.
Eines Tages stürzt das Flugzeug des Präsidenten über diesem heruntergekommenen Territorium ab. Das Staatsoberhaupt war gerade auf dem Weg zu einer internationalen Gipfelkonferenz, auf der er versuchen wollte, einen drohenden Atomkrieg zu verhindern. Um den Präsidenten aus den Fingern seiner Geiselnehmer zu befreien, wird Snake Plissken (Kurt Russell), ein hochdekorierter Soldat, der auf die schiefe Bahn geriet und gerade auf dem Weg ins Hochsicherheitsgefängnis war, in diese Hölle auf Erden geschickt. 24 Stunden hat die „Klapperschlange“ Zeit, den Präsidenten zu finden und aus diesem Ghetto zu holen, damit dieser seine Botschaft den anderen Regierungschefs noch rechtzeitig übermitteln kann.
Snake bleibt auch keine andere Wahl, weil ihm eine Mikro-Bombe injiziert wurde, die in genau 24 Stunden in seinem Körper explodieren würde, wenn er nicht rechtzeitig mit dem Präsidenten zurückkommt, um sie entschärfen zu lassen...
Natürlich kann man auch in diesem Film gesellschaftskritische Züge ausmachen, doch Carpenter weist diese Bezüge weit von sich. „Botschaften jeder Art gibt es in meinen Filmen nicht. Meine Vorstellung von Kino ist die totale Unterhaltung“, meint Carpenter, schränkt dann aber ein: „Die Gewalttätigkeiten dieser Stadt, die Straßenschlachten, der Unrat, die Freaks und die Kriminellen, dies alles ist der Zustand von heute. In die Zukunft projiziert ergibt sich die Wahnsinnssituation, die ich in 'Escape' zeige.“
Entsprechend futuristisch fiel auch der düstere, synthetisch unterkühlte Score aus, den John Carpenter erstmals mit seinem dann langjährigen Partner Alan Howarth eingespielt hat. Dieser war beim Soundtrack zu „Halloween“ noch als Stereo-Re-mix-Engineer tätig, wurde in den folgenden Jahren aber zu einem verlässlichen Partner für John Carpenter, zumal er sich als absoluter Electro-Freak erwies, der Carpenters Vorliebe für elektronische Scores noch besser umsetzen konnte.
„Meine Faszination für elektronische Musik rührt einfach daher, dass man mit Synthesizern relativ einfach ein Orchester imitieren kann. Wenn man also nicht das Geld hat, um einen orchestralen Score zu produzieren, bietet der Synthesizer eine recht kostengünstige Möglichkeit, einen umfangreichen Score zu kreieren. Ich begann mit Low-Budget-Filmen, und mit Synthesizern konnte ich trotzdem einen großartigen Sound schaffen.“
Allerdings liegen die Qualitäten von Carpenters Filmmusiken gerade nicht in der Imitation von Orchester-Arrangements, sondern in der ausgeprägten Betonung synthetischer Klänge.
Nachdem auch „Escape From New York“ ein voller Erfolg für John Carpenter wurde, kamen nun größere Studios auf ihn zu, so dass sich Carpenter mit seinem nächsten Film einen alten Traum verwirklichen konnte, nämlich ein Remake von Howard Hawks „The Thing“ zu drehen.
Aus Respekt vor seinem großen Idol wollte Carpenter allerdings keine bloße Kopie des SF-Klassikers von 1951 in modernem Gewand liefern, sondern sich enger an die zugrundeliegende Geschichte „Who goes there?“ von John W. Campbell halten, der das „Ding“ in die Lage versetzte, jede beliebige Gestalt anzunehmen. Carpenter inspirierte das zu einigen expliziten Splatterszenen, die von der Kritik allerdings nicht durchweg angenommen wurden.
Das „Zehn kleine Negerlein“-Prinzip, das bereits in „Assault“, „The Fog“ und „Halloween“ spannungsvoll durchgespielt wurde, kommt auch bei „Das Ding aus einer anderen Welt“ zum Tragen, als ein Team von zwölf Forschern in der Antarktis geophysikalische und andere wissenschaftliche Phänomene zusammentragen soll. Dabei stoßen sie auf ein norwegisches Lager, dessen Besatzung gestorben ist und ein Wesen beherbergt, das vor 100.000 Jahren vom Himmel fiel und im Eis begraben wurde. Von wissenschaftlicher Neugier angetrieben, erwecken die Amis das „Ding“ zum Leben, das kurz darauf verschwindet und sich wie ein Parasit in anderen Körpern fortpflanzt.
Nachdem „Escape from New York“ ein Budget von 8,5 Millionen Dollar zur Verfügung hatte, durfte Carpenter 1982 bei „The Thing“ sogar mit 15 Millionen Dollar arbeiten. Dafür ließ sich Carpenter auch überreden, das Komponieren der Filmmusik einem Veteranen zu überlassen: Ennio Morricone zählte durch seine eindrucksvolle Musik zu „Spiel mir das Lied vom Tod“ zu Carpenters Lieblingskomponisten, doch versuchte Morricone vergebens, Carpenters Sound zu imitieren, so dass ihm nur ein mäßig überzeugender Score gelang.
Ähnlich verhielt es sich mit dem ganzen Film, der offensichtlich zu sehr auf das breite Publikum zugeschnitten war, wobei die blutrünstigen Szenen diesen Erfolg allerdings verwehrten.

Dennoch steht Carpenter zu diesem Werk: „Das ist mein Lieblingsfilm. Da habe ich Horror gezeigt, wie er sich bis dahin nur in meiner Gehirnrinde sehen lassen durfte.“
Während Carpenter bei „The Thing“ seine musikalischen Talente ruhen lassen musste, schrieb er aber 1981 und 1982 zusammen mit Alan Howarth die Scores zu den „Halloween“-Sequels Teil 2 und 3, mit denen er ansonsten aber wenig zu tun hatte.
„Wir haben keine Story, wir haben die gleiche Geschichte, es gibt keine andere Geschichte, und wir haben sie bereits erzählt“, lehnte Carpenter die Arbeit an „Halloween“-Fortsetzungen kategorisch ab. „Ich machte diesen Film einmal, und ich wollte ihn wirklich nicht noch einmal drehen.“

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