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Montag, 1. Januar 2018

Playlist #231 vom 07.01.2018 - RICHARD JENKINS Special

Gut Ding will Weile haben. Dieses Sprichwort trifft gerade auch auf die Karriere des amerikanischen Schauspielers Richard Jenkins zu, der seit seinem Kinodebüt in Lawrence Kasdans Western „Silverado“ (1985) zwanzig Jahre lang in bemerkenswerten Nebenrollen zu sehen gewesen ist, ehe er in der Fernsehserie „Six Feet Under – Gestorben wird immer“ (2001 -2005) das bereits in der ersten Folge verstorbene Familienoberhaupt spielte und 2008 gleich mit mehreren Preisen für seine Darstellung in Tom McCarthys „Ein Sommer in New York – The Visitor“ ausgezeichnet wurde.
Nun ist der Charakterdarsteller nicht nur in der Fernsehserie „Berlin Station“ zu sehen, sondern auch in Guillermo del Toros neuen Film „Shape of Water – Das Flüstern des Wassers“.

Richard Jenkins, der am 4. Mai 1947 geborene Sohn eines Zahnarztes und einer Hausfrau, machte seinen Master-Abschluss in Schauspielkunst an der Wesleyan University in Illinois, zog nach Rhode Island und arbeitete zunächst im Management des Trinity Repertory Theater. Sein Fernsehdebüt feierte er 1974 in dem Film „Feasting with Panthers“, im Kino war er erstmals 1985 in Lawrence Kasdans Neo-Western „Silverado“ zu sehen. Es folgten Nebenrollen in Woody Allens „Hannah und ihre Schwestern“ (1986), George Millers „Die Hexen von Eastwick“ (1987), Harold Beckers „Sea of Love“ (1989), Mike Nichols‘ „Wolf“ (1994), Clint Eastwoods „Absolute Power“ (1997), Scott Hicks‘ „Schnee, der auf Zedern fällt“ (1999) und in den Coen-Filmen „The Man Who Wasn’t There“ (2001), „Intolerable Cruelty“ (2003) und „Burn After Reading“ (2008).
Für seine Rolle in der Komödie „Flirting with Disaster – Ein Unheil kommt selten allein“ (1996), in der Jenkins neben Ben Stiller, Patricia Arquette, Téa Leoni und Alan Alda spielte, erhielt er seine erste Auszeichnung – eine Nominierung für den Independent Spirit Award. In Sydney Pollacks Drama „Begegnung des Schicksals“ (1999) spielte er neben Harrison Ford und Kristin Scott Thomas eine größere Rolle, in Roger Michells Thriller-Drama „Spurwechsel“ (2003) war er an der Seite von Ben Affleck und Samuel L. Jackson, in Jon Amiels Weltraum-Drama „The Core – Der innere Kern“ (2003) neben Aaron Eckhart und Hilary Swank zu sehen.
Seine bemerkenswerteste Rolle hatte Jenkins in der Fernsehserie „Six Feet Under“ (2001 – 2005), in der er den Bestattungsunternehmer Nathaniel Fisher spielte, der bereits in der ersten Folge während einer Autofahrt tödlich verunglückte, als ihn ein Bus rammte. Fortan war Jenkins' Figur nur noch in verschiedenen Rückblenden und in den Vorstellungen seiner Familie zu sehen.
„Er änderte sich mit jedem, der an ihn dachte. Ich weiß nicht, wie er wirklich war, weil ihn nur für ungefähr dreißig Sekunden spielte, bevor er von einem Bus gerammt worden ist. Jedes Mal, wenn mich jemand heraufbeschwor, spielte ich dessen Vorstellung von mir.“
Den bisher größten Erfolg seiner Filmkarriere feierte Jenkins mit seiner Hauptrolle in Tom McCarthys Drama „Ein Sommer in New York – The Visitor“. Für den Part des verwitweten College-Professors, der sich mit zwei illegalen Immigranten anfreundet, erhielt er das Lob der Kritiker und seine erste Oscar-Nominierung.
In Ryan Murphys Bestseller-Verfilmung von „Eat Pray Love“ (2010) spielte er Richard aus Texas, der die liebeskranke Autorin Elizabeth (Julia Roberts) in einem indischen Ashram trifft und mit ihr über die Vergangenheit spricht.
„Der witzige und unheimliche Part besteht darin, dass du einfach nur die Geschichte erzählen musst. Es hat mich viele Jahre gekostet, davon abzulassen, nicht alles kontrollieren zu müssen“, verrät Jenkins im Interview mit palmbeachpost.com. „Diese Szene war der erste Take. Ryan Murphy ließ die Kamera einfach laufen. Es war ein 4- oder 5-Minuten-Take. Es passierte einfach.“
Es scheint, dass Richard Jenkins mehr interessante Rollen bekommt, je älter er wird.
„Ich habe immer gedacht, dass ich mehr arbeite, wenn ich älter werde, aber es ist wirklich interessant, dass es mehr interessante Rollen für alte Leute gibt. Ich habe eine Menge Väter gespielt, viele Menschen, die sterben – ich bin ja in dem Alter -, aber ist nie der gleiche Charakter.
Es sind eine Menge verschiedener Väter. Ich beschwere mich nicht. Wenn ich mich beschwere, muss ich zerquetscht werden.“ (ebd.)
Am 15. Februar startet in den deutschen Kinos Guillermo del Toros („Pans Labyrinth“, „Hellboy“) neuer Film „Shape of Water“. Jenkins spielt dort den Nachbarn der stummen Elisa, die während des Kalten Krieges in einem Hochsicherheitslabor der amerikanischen Regierung arbeitet und sich dort mit einem mysteriösen Fischwesen anfreundet.

Filmographie:
1974–1975: Great Performances (Fernsehreihe, 2 Folgen)
1985: Silverado
1986: Hannah und ihre Schwestern (Hannah and her Sisters)
1987: Die Hexen von Eastwick (The Witches of Eastwick)
1988: Katies Sehnsucht (Stealing Home)
1988: Little Nikita
1989: Blaze – Eine gefährliche Liebe (Blaze)
1990: Blue Steel
1994: Wolf – Das Tier im Manne (Wolf)
1994: Schneesturm im Paradies (Trapped in Paradise)
1994: 2 Millionen Dollar Trinkgeld (It Could Happen to You)
1996: Eine Couch in New York (Un divan à New York, A Couch in New York)
1996: Flirting with Disaster – Ein Unheil kommt selten allein (Flirting with Disaster)
1996: Eddie
1997: Absolute Power
1997: In eisige Höhen – Sterben am Mount Everest (Into Thin Air: Death on Everest)
1998: Verrückt nach Mary (There’s Something About Mary)
1999: Schnee, der auf Zedern fällt (Snow Falling on Cedars)
1999: Mod Squad – Cops auf Zeit (The Mod Squad)
1999: Begegnung des Schicksals (Random Hearts)
2000: Good Vibrations – Sex vom anderen Stern (What Planet Are You From?)
2000: Ich, beide & sie (Me, Myself & Irene)
2001: Ohne Worte (Say It Isn’t So)
2001: Eine Nacht bei McCool’s (One Night at McCool’s)
2001: The Man Who Wasn’t There (The Man Who Wasn’t There)
2001–2005: Six Feet Under – Gestorben wird immer (Six Feet Under, Fernsehserie, 21 Folgen)
2002: Schwere Jungs (Stealing Harvard)
2003: Im Dutzend billiger (Cheaper by the Dozen)
2003: Spurwechsel (Changing Lanes)
2003: The Mudge Boy
2003: The Core – Der innere Kern (The Core)
2003: Ein (un)möglicher Härtefall (Intolerable Cruelty)
2004: I Heart Huckabees
2004: Darf ich bitten? (Shall We Dance)
2005: Kaltes Land (North Country)
2005: Wo die Liebe hinfällt … (Rumor Has It …)
2005: Dick und Jane (Fun with Dick and Jane)
2007: Ein Sommer in New York – The Visitor (The Visitor)
2007: Operation: Kingdom (The Kingdom)
2008: Stiefbrüder (Step Brothers)
2008: Burn After Reading – Wer verbrennt sich hier die Finger? (Burn After Reading)
2008: The Broken
2010: HappyThankYouMorePlease (happythankyoumoreplease)
2010: Das Leuchten der Stille (Dear John)
2010: Eat Pray Love
2010: Let Me In
2011: The Rum Diary
2011: Alles erlaubt – Eine Woche ohne Regeln (Hall Pass)
2011: Freunde mit gewissen Vorzügen (Friends with Benefits)
2012: The Cabin in the Woods
2012: Killing Them Softly
2012: The Company You Keep – Die Akte Grant (The Company You Keep)
2012: Liberal Arts
2012: Jack Reacher
2013: Turbo – Kleine Schnecke, großer Traum (Turbo, Stimme)
2013: White House Down
2013: Scheidungsschaden inklusive (A.C.O.D.)
2014: Lebens und Sterben in God’s Pocket (God’s Pocket)
2014: Olive Kitteridge (TV-Miniserie)
2015: Bone Tomahawk
2015: Spotlight
seit 2016: Berlin Station (Fernsehserie)
2017: Kong: Skull Island
2017: Shape of Water – Das Flüstern des Wassers (The Shape of Water)
Playlist:
01. Alexandre Desplat - Overflow Of Love (The Shape Of Water) - 02:56
02. John Williams - The Township Of Eastwick (The Witches Of Eastwick) - 02:50
03. Ennio Morricone - Wolf And Love (Wolf) - 03:33
04. Robert Folk - Heroic Merlin (Trapped In Paradise) - 02:35
05. Thomas Newman - An American Quilt (How To Make An American Quilt) - 03:36
06. James Newton Howard - End Titles (Snow Falling On Cedars) - 06:13
07. Deborah Lurie - Final Letter (Dear John) - 02:27
08. Jan A.P. Kaczmarek - Meeting Mouna (The Visitor) - 03:48
09. Jon Brion - Monday (I Heart Huckabees) - 02:09
10. Carter Burwell - The French Succeed (And The Band Played On) - 03:33
11. Randy Edelman - Building A New Home (The Indian In The Cupboard) - 04:39
12. Michael Giacchino - Peeping Owen (Let Me In) - 04:03
13. Gustavo Santaolalla - North Country (North Country) - 02:09
14. Carter Burwell - Night Running (Burn After Reading) - 02:27
15. Carter Burwell - The Trial Of Ed Crane (The Man Who Wasn't There) - 03:48
16. Carter Burwell - Love Is Good (Intolerable Cruelty) - 03:26
17. Richard Marvin - Burying Lisa (Six Feet Under) - 05:46
18. Carter Burwell - Return To Pigeon Cove (Olive Kitteridge) - 02:20
19. Dario Marianelli - The Medicine Man (Eat Pray Love) - 02:20
20. Trevor Jones - Theme - Reprise (Sea Of Love) - 03:03
21. Cliff Martinez - I Met Your Daughter (The Company You Keep) - 04:03
22. Reinhold Heil - Geneca Safety Deposit (Berlin Station) - 02:59
23. Christopher Young - Hero, Deep Fried (The Core) - 04:29
24. Christopher Young - Mother Of Balls (The Rum Diary) - 04:01
25. Henry Jackman - Arrival At Indianapolis (Turbo) - 03:36
26. Thomas Wander & Harald Kloser - Opening Theme (White House Down) - 04:51
27. Marc Shaiman - The Speech (LBJ) - 03:42
28. Jeff Herriott - The Survivors Continue (Bone Tomahawk) - 02:10
29. David Julyan - Youth (The Cabin In The Woods) - 02:52
30. Danny Elfman - Finale (Operation Kingdom) - 06:50
31. Joe Kraemer - Suite (Jack Reacher) - 06:48

Montag, 11. Dezember 2017

Playlist #230 vom 24.12.2017 - BEST OF 2017

Wenn die letzte Sendung eines Jahres auf einen Heiligabend fällt, bietet es sich an, eine eher besinnliche Rückschau auf das vorangegangene Filmmusikjahr zu halten. Wahrscheinlich werden die wenigsten der hier zusammengestellten Soundtracks in der Nominiertenliste für die kommenden Academy Awards stehen, aber für mich persönlich zählen die ausgewählten Stücke zu den Score-Highlights in 2017. Dabei sind vor allem noch recht unbekannte Namen zu entdecken, während beispielsweise Größen wie John Williams, Hans Zimmer und James Newton Howard nicht berücksichtigt worden sind.

Hans Zimmer komponierte zwar eine eindrucksvolle Musik zu Christopher Nolans historischen Kriegsdrama „Dunkirk“ und mit Benjamin Wallfisch auch zu Dennis Villeneuves weit hinter den Erwartungen gebliebenes Sci-Fi-Drama „Blade Runner 2049“, doch passte die Musik zu beiden Filmen für mich nicht in das Konzept zur heutigen Sendung. Zimmers Freund und Kollege James Newton Howard ging wie Zimmer zuvor auf eine ausgedehnte Europa-Tournee und veröffentlichte nur die Soundtracks zu „Detroit“ (mit zwei kurzen, kaum bemerkenswerten Cues) und Dan Gilroys Krimi-Drama „Roman J. Israel, Esq.“ mit Denzel Washington und Colin Farrell in den Hauptrollen, während Maestro John Williams nur das neue „Star Wars“-Abenteuer „Die letzten Jedi“ vertonte.
Sehr umtriebig war dagegen Danny Elfman, dessen Musik zum historischen Drama „Tulpenfieber“ meinen Jahresrückblick eröffnet und der darüber hinaus die leider missglückten Verfilmungen von Dave Eggers‘ Bestseller „The Circle“ und E.L. James‘ „Fifty Shades Darker“ zumindest musikalisch veredeln konnte. Abgerundet wurde sein Wirken durch die Superheldenverfilmung „Justice League“.
Unter den größeren Namen in dieser Sendung gehören zudem Oscar-Gewinner Alexandre Desplat mit seinen Arbeiten zu George Clooneys Mystery-Crime-Drama „Suburbicon“ und Guillermo del Toros Abenteuer-Drama „The Shape of Water“ sowie Thomas Newman mit seiner gefühlvollen Musik zu Stephen Frears‘ historischen Biopic „Victoria & Abdul“.
Passend zum Festtag fand auch Mychael Danna mit seiner Musik zu Bharat Nalluris „The Man Who Invented Christmas“ den Weg auf die Playlist; der Film erzählt die Geschichte, wie Charles Dickens dazu kam, seine berühmte Weihnachtsgeschichte zu schreiben.
Kein Unbekannter ist auch Ramin Djawadi, der neben seiner Musik zu den Fernsehserien „Game of Thrones“, „Prison Break“, „The Strain“ und „Westworld“ auch noch Zeit fand, Hany Abu-Assads Abenteuer-Drama „Zwischen zwei Leben“ und Yimou Zhangs Fantasy-Abenteuer „The Great Wall“ zu vertonen.
Abgerundet wird mein persönlicher Jahresrückblick mit den elektronischen Klängen von Cliff Martinez und Adam Taylor, Brian Tylers ruhigen Stücken aus den Action-Scores zu „Power Rangers“ und „The Fate of the Furious“, den exotisch angehauchten Klängen von Jeff Rona und Stephen Warbeck, dem französischen Flair von Armand Amar und den feinfühligen Kompositionen von John Paesano, Marcelo Zarvos, Rob Simonsen und Harry Gregson-Williams.
Playlist:
01. Danny Elfman - Sophia's Theme (Tulip Fever) - 03:24
02. Mychael Danna - In The Season Of Hope (The Man Who Invented Christmas) - 03:01
03. Armand Amar - Retour à Paris (Un Sac de billes) - 04:21
04. Mark Kilian - Poor By Choice (Dolores) - 03:55
05. Grégoire Auger - Fin (La Mécanique de l'ombre) - 03:36
06. Jeff Rona - The Kalari (Veeram - Macbeth) - 03:57
07. Benjamin Wallfisch - Rusalka (Bitter Harvest) - 04:52
08. Carl Thiel - The Journey Home (The Teller & The Truth) - 04:45
09. John Paesano - Lost For Words (Same Kind Of Different As Me) - 03:01
10. Marcelo Zarvos - Winter (Wonder) - 03:29
11. Thomas Newman - Gain The Ocean (Victoria & Abdul) - 02:42
12. Alexandre Lessertisseur - Hurt (Glacé) - 03:38
13. Danny Elfman - On His Knees (Fifty Shades Darker) - 03:24
14. Aaron Zigman - Main Title (Wakefield) - 04:05
15. Rupert Gregson-Williams - Pain, Loss & Love (Wonder Woman) - 05:29
16. Danny Elfman - Mae Takes Over (The Circle) - 04:25
17. Gabriel Yared - Ana and Michael (The Promise) - 06:20
18. Alexandre Desplat - Playing Catch In The Sun (Suburbicon) - 03:36
19. Stephen Warbeck - Japanese Restaurant (Hampstead) - 03:33
20. Ramin Djawadi - We Are Not The Same (The Great Wall) - 03:17
21. Danny Elfman - Home (Justice League) - 03:25
22. Max Richter - The End Of All Our Exploring (The Leftovers - Season 3) - 03:35
23. Rob Simonsen - The Test (Gifted) - 03:33
24. Cliff Martinez - Becoming (The Wicked Die Young) - 03:48
25. Adam Taylor - Into Infinity (Before I Fall) - 02:32
26. Brian Tyler - Confessions (Power Rangers) - 04:21
27. Brian Tyler - Reunited (The Fate Of The Furious) - 02:44
28. Alexandre Desplat - Elisa's Theme (The Shape Of Water) - 02:36
29. Nathan Furst - How This Ends (6 Below - Miracle On The Mountain) - 07:57
30. Harry Gregson-Williams - Jan Returns (The Zookeeper's Wife) - 07:32

Donnerstag, 23. November 2017

Playlist #228/229 vom 26.11./10.12.2017 - JAMES NEWTON HOWARD Special

James Newton Howard zählt mit über dreißig Jahren Erfahrung, mehr als 120 von ihm musikalisch untermalten Filmen und acht Oscar-Nominierungen (u.a. für „Herr der Gezeiten“, „Auf der Flucht“, „The Village“ und „Michael Clayton“) in seinem Metier fraglos zu den renommiertesten Filmkomponisten in Hollywood. Nun tat er es seinem Freund und Kollegen Hans Zimmer – mit dem zusammen er die ersten beiden „Batman“-Reboots „Batmans Begins“ und „The Dark Knight“ vertonte – gleich und bringt derzeit viele seiner populärsten Orchester-Werke in Europa auf die Bühne. In Deutschland feierte die Tour am 21.11. im Berliner „Tempodrom“ ihren Auftakt.

Bereits der bombastische Auftakt mit einer Suite aus dem „Harry Potter“-Prequel „Phantastische Tierwesen und wo sie zu finden sind“ bot einen Ausblick auf die folgenden zweieinhalb Stunden, in denen er als Dirigent ein gut 100-köpfiges Orchester mit Chor aus Ungarn und Tschechien durch seine imponierende Werksbiografie führte. Auch wenn Howard, wie er selbst während des Konzerts bekundete, am liebsten romantische Komödien wie „Pretty Woman“ und „Dave“ bearbeitet, bieten ihm Filme wie „Phantastische Tierwesen“ alle Möglichkeiten, seine Fähigkeiten zu präsentieren.
„Ich denke, dass in vielerlei Hinsicht gerade ein Film wie ‚Phantastische Tierwesen‘ am spannendsten ist, denn er bietet so viele unterschiedliche Qualitäten. Da herrschen Spannung und Magie und Trauer, es ist lustig oder zauberhaft. All diese verschiedenen Aspekte stecken in dem Film. Und es sind dafür zwei Stunden und zehn Minuten Musik nötig. Das ist eine gewaltige Herausforderung, aber es verleiht mir auch den größtmöglichen musikalischen Spielraum. Es ist wirklich alles in einem: Fantasy, Action, Drama, Liebesgeschichte, Krimi“, verriet der Komponist im Interview mit entertainmag.de
Besonders herausfordernd war für Howard natürlich die Tatsache, dass der große John Williams die ersten drei „Harry Potter“-Filme mit seiner Musik veredelt hatte und das Publikum mit einer entsprechenden Erwartungshaltung auch an die Musik des Prequels ins Kino ging.
„In einem Film wie ‚Phantastische Tierwesen‘ beginne ich immer mit dem, wovor ich mich am meisten fürchte. In diesem Fall war das der Geist von John Williams, der wie ein Schatten über mir hing. Alle erwarteten neue Themen, die zu diesem neuen Film passen und die irgendwann dem Publikum so vertraut werden wie ‚Hedwig’s Theme‘. Ich habe also zuerst nach einem neuen Thema gesucht. Ich las das Drehbuch, sprach viel mit David Yates und setzte mich ans Klavier, um eine Melodie zu finden. Ich schrieb auf dem Klavier die beiden Hauptthemen, von denen eines ‚Newt’s Theme‘ wurde und das andere gewissermaßen ein übergreifendes Dachthema für die ganze ‚Phantastische Tierwesenwelt‘. Dazu habe ich dann einiges hinzugefügt und eine Art Suite geschaffen, ein Musikstück von etwa acht Minuten Länge, das eine Menge verschiedener Ideen enthält. Davon erstellte ich dann eine Synthesizer-Demo und schickte das Ganze an David. Und sobald ich den fertigen Film bekam, habe ich einzelne Teile und Stückchen davon dem Film zugeordnet. Manches funktionierte gut, anderes nicht. Und was nicht funktionierte, habe ich weggeschnitten und verworfen. Dann schrieb ich noch mehr Musik und fügte sie den Teilen hinzu, die gut funktionierten – und dann ist es schnell geschafft. Man muss einfach Schritt für Schritt vorgehen.“ (ebd.)
Schon zu Beginn des Konzerts erklärte Howard, dass er eher zufällig ins Filmgeschäft gekommen ist. „Ich habe mich nie darum bemüht, Filmkomponist zu werden. Bis ich 30 wurde, hatte ich nur wenig Musik geschrieben. Aber dann bot mir jemand einen Film an. Ich lehnte erst ab, überlegte es mir dann aber nochmal. Und als ich es ausprobierte, war es das Paradies für mich“, erzählte JNH im Interview mit nordbuzz.de. „Glücklicherweise bekam ich danach immer wieder Gelegenheiten, diesen Job auszuüben. Ich habe das nie als Selbstverständlichkeit gesehen. Denn dieses Glück kann schnell verschwinden. Oder wie mein Agent gerne sagt: ‚Du bist nur so gut wie deine letzte Arbeit.‘“ Einer der unterhaltsamen Höhepunkte des Konzerts war der Moment, als sich JNH ans Piano setzte und erzählte, wie er als Musiker überhaupt bekannt worden ist und ein witzig gemachter Animationsfilm dazu auf der Leinwand lief. Demnach bekam Howard ein volles Klavierstipendium, stellte aber bald fest, dass es so viele andere junge talentierte Pianisten gab und er ohnehin keine Lust mehr zu praktizieren hatte. Nach ein paar Jahren, in denen er überhaupt keine Musik machte und stattdessen unterschiedlichen Jobs nachging, nahm er ein Solo-Album auf, das als interessant, aber unverkäuflich eingestuft wurde. Bis er dann Elton John kennenlernte, der einen Keyboarder für seine Tour suchte.
„Es war ein bisschen so wie im Märchen von ‚Aschenputtel‘: Ich war das arme Kind, und plötzlich wurde ich auf den Ball gebeten und war in einem Raum mit Elton John. Elton war 27, ich 23. Er engagierte mich als Tour-Keyboarder, ließ mich an Songs mitschreiben. Er war unglaublich großzügig und hat mir so viel ermöglicht, unter anderem auch, mit Orchestern zu arbeiten.“ (ebd.)
Der Weg an die Spitze war anfangs natürlich mühsam. Seit seinem Filmdebüt mit „Männer für jeden Job“ (1985) arbeitete er jährlich an mindestens vier Filmen, darunter zunächst an „Gelobtes Land“ (1987), „Ein Leben voller Leidenschaft“ (1988) und „Die Killer-Brigade“ (1989), bis ihm schließlich 1990 der Durchbruch mit „Pretty Woman“ gelang.
Als Howard das Hauptthema des Films auf dem Klavier spielt, läuft ein Potpourri an Szenen des Films über die Leinwand, so dass sich der Zuschauer nicht mehr wie im Konzertsaal, sondern wie im Kino fühlte und so dem großartigen Orchester nicht mehr die verdiente Aufmerksamkeit schenkte, so vor allem bei „Peter Pan“ und „Wyatt Earp“, aber auch den Disney-Filmen „Dinosaurier“ und „Maleficent“. Besonders ärgerlich war diese Art der Präsentation bei der Suite zu den Filmen von M. Night Shyamalan, mit dem Howard so kreativ und effektiv zusammengearbeitet hat.
Im Konzert wechselten sich wahllos Szenen aus „The Sixth Sense“, „Unbreakable“, „The Last Airbender“, „Signs“, „Lady In The Water“, „After Earth“ und „Signs“ ab. Der großartigen Musik, die Howard für all diese Filme komponierte, kam dabei leider zu kurz. Wenigstens der fantastische Score zu „The Village“, bei dem Howard für den Film die Solo-Violine von Hilary Hahn einspielen ließ, erhielt eine angemessenen Präsentation. Dazu erzählte der 66-Jährige, dass das Studio bei „The Village“ von einem Action-Film ausging, Night er und aber meinten, es handelte sich um eine Liebesgeschichte. Und als Howard dem Regisseur ein Demo für den Score zu „Signs“ vorlegte, trieb dieser ihn an, das Thema mit den drei Noten so oft wie möglich im Film einzusetzen, wozu Howard die entsprechende Variation gleich am Piano vorspielte. Es sind vor allem diese Momente gewesen, die ein wenig Einblick in den Schaffensprozess von Filmmusik gewährten.
Ein weiteres Beispiel führte Howard bei „King Kong“ vor, wo er innerhalb von fünf Wochen die bisher komponierte und von Peter Jackson abgelehnte Musik von Howard Shore ersetzen musste. Dazu präsentierte Howard zunächst eine Szene mit der Begegnung von King Kong und Naomi Watts in New York ohne Musik, um sie dann mit seiner Komposition erneut zu präsentieren. Dabei erzählte Howard die Anekdote, dass Jackson aus dem Demo gerade mal drei Sekunden gefielen, aus denen Howard dann etwas machen sollte. Überhaupt gab Howard zu, dass das Nervigste an seinem Job sei, das eigene Material immer wieder umschreiben zu müssen. Auf der anderen Seite zeigte er sich sehr stolz, immerhin neun Julia-Roberts-Filme (u.a. „Flatliners“, „Larry Crowne“, „Die Hochzeit meines besten Freundes“, „Duplicity“, „Entscheidung aus Liebe“ und „America’s Sweethearts“) vertont und mit Lawrence Kasdan an Filmen wie „Grand Canyon“, „Wyatt Earp“ und „Dreamcatcher“ zusammengearbeitet und so viel von dem „derzeit inspirierendsten Komponisten“, Hans Zimmer, gelernt zu haben, als sie an den beiden „Batman“-Filmen zusammenwirkten.
Die „Harvey Dent“-Suite aus „The Dark Knight“ zählte dann ebenso zu den Höhepunkten des Konzertabends (ohne störende Begleitbilder) wie das Hauptthema aus „Schnee, der auf Zedern fällt“, der von einer Berliner Sängerin vorgetragene Hit-Song „The Hanging Tree“ aus „Die Tribute von Panem“ und das von einer afrikanischen Sängerin eindrucksvoll begleitete Stück aus Edward Zwicks „Blood Diamond“.
Zu den frenetisch geforderten Zugaben zählten dann „Maleficent“ und erneut eine Suite aus dem ambitionierten „Phantastische Tierwesen“-Projekt, an dessen Fortsetzung Howard bereits arbeitet. In den zwei Stunden des heutigen Specials gibt es neben den Highlights aus den bereits erwähnten Shyamalan-Filmen auch viele nicht im Konzert berücksichtigte Perlen wie „Überleben!“, „Der Mann im Mond“, „Flatliners“, „The Interpreter“, „Michael Clayton“, „Waterworld“ und Howards aktuellen Soundtrack zu „Roman J. Israel, Esq.“ zu hören.
Playlist #228 vom 26.11.17
01. James Newton Howard - The Wave (The Last Airbender) - 03:08
02. James Newton Howard - First Kiss (Pretty Woman) - 02:52
03. James Newton Howard - The Big Goodbye (Three Men And A Little Lady) - 03:06
04. James Newton Howard - Penguin (5 Corners) - 03:13
05. James Newton Howard - Dani Brings Court Water (The Man In The Moon) - 03:36
06. James Newton Howard - Other Side Of The Moon (Falling Down) - 04:08
07. James Newton Howard - Malcolm's Story/Cole's Secret (The Sixth Sense) - 04:02
08. James Newton Howard - The Wreck (Unbreakable) - 03:56
09. James Newton Howard - Eating (Alive) - 05:02
10. James Newton Howard - Redemption (Flatliners) - 04:31
11. James Newton Howard - Night Talk/Enola Swim (Waterworld) - 04:13
12. James Newton Howard - Lovemaking (The Devil's Advocate) - 03:32
13. James Newton Howard - Simon's Journals (The Interpreter) - 03:05
14. James Newton Howard - Security Meeting (Duplicity) - 02:49
15. James Newton Howard - Times Square (Michael Clayton) - 03:38
16. James Newton Howard - Evacuation (I Am Legend) - 04:27
17. James Newton Howard - Thought I'd Never Call? (Blood Diamond) - 03:56
18. James Newton Howard - It's In The Subtext (King Kong) - 03:19
19. James Newton Howard - Return - The Vote (The Village) - 06:03
20. James Newton Howard - Throwing A Stone (Signs) - 05:47
21. James Newton Howard - Finding Water (Dinosaur) - 04:14
22. James Newton Howard - The Secret Swim (Atlantis - The Lost Empire) - 02:46
23. James Newton Howard - End Titles (The Trigger Effect) - 03:06
24. James Newton Howard - Charades (Lady In The Water) - 05:50
25. James Newton Howard - The Evacuation (Snow Falling On Cedars) - 06:34
26. James Newton Howard - Parade Prep (Parkland) - 03:48
27. James Newton Howard - Filing The Brief (Roman J. Israel, Esq.) - 05:38
Playlist #229 vom 10.12.17
01. James Newton Howard - Main Titles (Fantastic Beasts And Where To Find Them) - 02:54
02. James Newton Howard - Pete & Trish (Dreamcatcher) - 02:12
03. James Newton Howard - Main Titles (The Saint Of Fort Washington) - 04:42
04. James Newton Howard - Opening/Exchange (Salt) - 04:10
05. James Newton Howard - The Hospital (Vertical Limit) - 02:46
06. James Newton Howard - Robbie's Cured/End Credits (Outbreak) - 07:13
07. James Newton Howard - Main Title (The Fugitive) - 03:50
08. James Newton Howard - White Hart (Snow White & The Huntsman) - 06:36
09. James Newton Howard - The Queen Of Faerieland (Malecifent) - 03:22
10. James Newton Howard - Flying (Peter Pan) - 03:32
11. James Newton Howard - The Fire (Restoration) - 03:18
12. James Newton Howard - Main Titles (Wyatt Earp) - 04:40
13. James Newton Howard - Finds Jeep (The Postman) - 03:38
14. James Newton Howard - Don't Want Out (Grand Canyon) - 06:49
15. James Newton Howard - Desert Montage (Hidalgo) - 02:44
16. James Newton Howard - She Hates Me (Dave) - 03:12
17. James Newton Howard - Leap Of Faith (Nanny McPhee & The Big Bang) - 05:47
18. James Newton Howard - Labor (Junior) - 04:06
19. James Newton Howard - The Vineyard/Deal (French Kiss) - 02:55
20. James Newton Howard - The Street (The Prince Of Tides) - 03:09
21. James Newton Howard - Mel's Decision/Running Again (One Fine Day) - 03:00
22. James Newton Howard - Be With You (The Happening) - 03:41
23. James Newton Howard - Stampede (Water For Elephants) - 06:00
24. James Newton Howard - The Bielski Brothers/Ikh Bin A Mame (Defiance) - 04:23
25. James Newton Howard & Hans Zimmer - Barbastella (Batman Begins) - 04:45
26. James Newton Howard - Chariot Ceremony (The Hunger Games) - 03:38
27. James Newton Howard - The Tour (The Hunger Games: Catching Fire) - 05:56 

Sonntag, 5. November 2017

Playlist #227 vom 12.11.2017 - NEUHEITEN 2017 (5)

In der letzten Neuheiten-Sendung in diesem Jahr dominieren die ruhigen, düster-melancholischen Klänge. Neben neuen Arbeiten von Carter Burwell, Thomas Newman, Stephen Warbeck, Philip Glass und Alexandre Desplat für die große Leinwand gibt es neue Musik zu den Fernsehserien „Taboo“, „The Walking Dead“, „Game of Thrones“ und „Fargo“, dazu Soundtracks zu den Dokumentarfilmen „Vietnam“, „Unrest“, „Jane“, „Blue Planet II“, „Sea Of Life“ und „To The Orcas, With Love“ sowie Soundtrack-Verwandtes von In The Nursery und Jeff Rona.

Der französische, in Spanien lebende Komponist Pascal Gaigne („Katmandú“, „Theo’s House“) schuf zum spanischen Historiendrama „Handia“ über den größten Mann der Welt eine sehr intime, subtile Musik, die zum genauen Zuhören einlädt. Sein prominenter Landsmann Alexandre Desplat vertonte derweil nach „The Ides of March“ (2011) und „Monuments Men – Ungewöhnliche Helden“ (2014) mit dem Mystery-Crime-Drama „Suburbicon“ bereits die dritte Regiearbeit von Hollywood-Star George Clooney, der ein Drehbuch der Coen-Brüder („No Country For Old Men“, „Fargo“) mit Matt Damon und Julianne Moore in den Hauptrollen verfilmte.
Sehr umtriebig ist momentan der amerikanische Komponist Bear McCreary, der seine Karriere mit Fernsehserien wie „Battlestar Galactica“, „Human Target“, „Trauma“ und „Terminator: S. C. C.“ begann und in den letzten Jahren neben der Musik zur Zombie-Horror-Serie „The Walking Dead“ vermehrt fürs Kino und Filme wie „The Forest“, „The Boy“, „10 Cloverfield Lane“ und „Colossal“ engagiert worden ist. Momentan ist nicht nur der erste offizielle Score zur Erfolgsserie „The Walking Dead“ bei Lakeshore Records erschienen, nachdem bislang nur Song-Compilations, Promos und Bootlegs im Umlauf gewesen waren, sondern auch McCrearys Musik zu Jennifer Breas Doku-Drama „Unrest“, zu Danny Strongs biografischen Drama „Rebel In The Rye“ und zum Horror-Thriller „Happy Deathday“, in denen der Komponist verschiedenste Facetten seines Könnens präsentiert.
Fleißig ist auch Carter Burwell, Hauskomponist der Coen-Brüder, gewesen. Er kreierte die jeweils sehr melancholische, feinsinnige Musik zu Todd Haynes Verfilmung von Brian Selznicks Mystery-Familien-Drama „Wonderstruck“, zu Martin McDonaghs grandios besetzten Comedy-Crime-Drama „Three Billboards Outside Ebbing, Missouri“ und zu Simon Curtis‘ Biopic „Goodbye Christopher Robin“ über den Winnie-Pooh-Schöpfer A.A. Milne.
Ruhige, leicht exotisch angehauchte Klänge präsentieren Thomas Newman („Victoria & Abdul“) und Stephen Warbeck („Hampstead“), ehe Marco Beltrami mit der Musik zur Jo Nesbø-Verfilmung „Der Schneemann“ und Patrick Doyle mit dem farbenfrohen Orchesterscore zu Kenneth Branaghs Neuverfilmung des Agatha-Christie-Klassikers „Mord im Orient-Express“ für etwas lebhaftere Klänge sorgen.
Jeff Rona, der mit „Projector“ gerade auch ein Soloalbum (mit Gastkomponisten wie Peter Gregson und David Julyan) veröffentlicht hat, eröffnet den elektronischen Part der Sendung mit seiner Musik zu den beiden Dokumentarfilmen „To The Orcas, With Love“ und „Sea Of Life“, Trent Reznor und Atticus Ross („The Vietnam War“), Junkie XL („The Journey: Hunter Returns“) und Cliff Martinez („The Foreigner“) präsentieren teilweise recht rhythmisch pulsierende Scores, ehe die aus Sheffield stammenden Zwillinge Klive und Nigel Humberstone mit ihrem neuen Album „1961“ besonderen Ereignissen aus ihrem Geburtsjahr huldigen, beispielsweise dem Bau der Berliner Mauer („Torschlusspanik“), den Romanen „Solaris“ und „Catch-22“, den Weltraumspaziergängen von Yuri Gagarin und Amnesty International.
Auch der Oscar-nominierte Komponist Nicholas Britell („Moonlight“) kreierte für das biografische Comedy-Drama „Battle Of The Sexes“ einen coolen Vintage-Soundtrack. Der Film thematisiert den Kampf für die Gleichberechtigung von Frauen, den 1973 die Tennis-Weltranglistenerste Billie Jean King (Emma Stone) vorantrieb und dabei auf erbitterten Widerstand des ehemaligen Champions Bobby Riggs (Steve Carell) stieß, der nicht nur seine besten Tage hinter sich hatte, sondern auch mit seiner Spielsucht kämpfen musste.
„Beim Komponieren des Scores habe ich mich zunächst auf zwei verschiedene musikalische ‚Welten‘ fokussiert: die ‚externe‘ Welt des Sports und des Wettbewerbs und die ‚interne‘ Welt der Figuren und ihrer persönlichen Reisen. Zusätzlich habe ich mich damit auseinandergesetzt, wie die 1970er Soundscapes auf frische und einzigartige Weise reflektiert werden können“, erklärt Britell im Booklet zum Soundtrack. „Letztlich ist das musikalische Terrain nicht gänzlich den 70ern angepasst, aber es stellt doch eine Hommage an die Art und Weise dar, wie Musik damals aufgenommen wurde. Wie benutzten Vintage-Mikrofone bei unseren Aufnahme-Sessions und wir spielten mit der Audio-Qualität und -Textur, um dem Score ein Gefühl dieser Ära zu verleihen.“
Altbekanntes mit Neuem zu vermischen war auch das Konzept von Minimal-Music-Legende Philip Glass („The Hours“, „The Secret Agent“) für die Arbeit an dem Soundtrack zu Brett Morgans Dokumentarfilm über Leben und Wirken der Primatenforscherin Jane Goodall. Im Jahr seines 80. Geburtstages präsentiert der Großmeister seit längerer Zeit wieder ein Orchesterwerk, das vor allem aus seinem Streichquartett Nr. 3 zitiert. Abgerundet wird die Sendung durch Max Richters düstere Musik zur Amazon-Serie „Taboo“, Jeff Russos bereits drittem Soundtrack zur erfolgreichen Krimi-Drama-Serie „Fargo“ und Ramin Djawadis farbenprächtiger Musik zur bereits siebten Staffel der Fantasy-Serie „Game Of Thrones“.
Playlist:
01. Pascal Gaigne - Academia de los ilustres (Handia) - 03:26
02. Fernando Velázquez - Marrowbone (Marrowbone) - 04:15
03. Ramin Djawadi - Rule Of Three (The Mountain Between Us) - 03:28
04. Alexandre Desplat - Playing Catch In The Sun (Suburbicon) - 03:36
05. Bear McCreary - Innocence (Rebel In The Rye) - 04:29
06. Bear McCreary - The Day Will Come (The Walking Dead) - 02:56
07. Bear McCreary - Conversion Disorder (Unrest) - 04:18
08. John Paesano - Lost For Words (Same Kind Of Different As Me) - 03:01
09. Carter Burwell - Keep Your Memories (Goodbye, Christopher Robin) - 03:27
10. Carter Burwell - The Meteorite (Wonderstruck) - 03:11
11. Thomas Newman - Gain The Ocean (Victoria & Abdul) - 02:42
12. Stephen Warbeck - Japanese Restaurant (Hampstead) - 03:33
13. Michael Brook - After Carlos (Stronger) - 04:07
14. Marco Beltrami - Main Titles (The Snowman) - 03:29
15. Patrick Doyle - Orient Express Suite (Murder On The Orient Express) - 03:20
16. Jeff Rona - A History Lesson (To The Orcas, With Love) - 03:13
17. Jeff Rona - Deep Sea Corals (Sea Of Life) - 03:52
18. Trent Reznor & Atticus Ross - Passing The Point (The Vietnam War) - 04:25
19. Junkie XL - A New Galaxy (The Journey: Hunter Returns) - 04:46
20. Cliff Martinez - She Used You (The Foreigner) - 04:13
21. Jeff Beal - Mirror Image (Gypsy) - 04:05
22. In The Nursery - Torschlusspanik (1961) - 04:56
23. Ramin Djawadi - Dragonstone (Game Of Thrones: Season 7) - 05:05
24. Hans Zimmer, Jacob Shea & Dave Fleming - The Blue Planet (Blue Planet II) - 03:17
25. Nicholas Britell - The Bra/Court Loss (Battle Of The Sexes) - 04:36
26. Philip Glass - Grub Is Born (Jane) - 03:47
27. Max Richter - Openings (Taboo) - 02:13
28. Jeff Russo - Fargo Main Theme [Season 3] (Fargo Year 3) - 02:30
29. Henry Jackman & Matthew Margeson - Poppy's Terms (Kingsman: The Golden Circle) - 03:01
30. Jeff Rona - Cerulean Blue (Projector) - 06:36

Montag, 23. Oktober 2017

Filmkonzerte und Filmgespräche beim 31. Braunschweig International Film Festival

Seit einigen Jahren schon gehört der Schwerpunkt Filmmusik zu den Höhepunkten von Niedersachsens größten Filmfestival. Nachdem in der Vergangenheit namhafte Komponisten wie Craig Armstrong („World Trade Center“, „Der Knochenjäger“), Shigeru Umebayashi („The Grandmaster“, „House of Flying Daggers“), Michael Nyman („Gattaca“, „Das Piano“) und Patrick Doyle („Thor“, „Needful Things – In einer kleinen Stadt“) zu Gast in Braunschweig waren, wurde das diesjährige, mittlerweile 31. Braunschweig International Film Festival in der Stadthalle am 17.10.2017 mit „Matrix Live. Film in Concert“ eröffnet, das der amerikanische Komponist Don Davis selbst dirigierte.

Don Davis dirigiert das Staatsorchester Braunschweig (Quelle: Filmfest Braunschweig)
Mit dem Science-Fiction-Film „Matrix“ kam 1999 ein visionäres Meisterwerk der Wachowski-Geschwister in die Kinos, das mit seinen visionären Bildern, den atemberaubenden Special-Effects und der komplexen Story mit ihren philosophischen, religiösen und politischen Bezügen die Filmwelt nachhaltig prägen sollte und immerhin mit vier Oscars ausgezeichnet worden ist.
Ebenso beeindruckend ist die Musik von Don Davis ausgefallen, der zuvor mit den Wachowskis bereits den Psycho-Thriller „Bound – Gefesselt“ (1996) realisiert hatte und für „Matrix“ einen komplexen Score kreierte, der vor allem die große Verunsicherung des Computer-Spezialisten Neo (Keanu Reeves) reflektiert, die er angesichts der Erkenntnis empfindet, dass sich sein Leben bislang in einer programmierten Matrix und nicht in der Realität abgespielt hat.
Das Staatsorchester Braunschweig präsentierte mit Dirigent Don Davis die komplexe, polytonale, oft dissonante, dann wieder mit einer Solo-Sopran-Stimme aufgelockerte Komposition live zu einer speziell präparierten Filmversion und sorgte für einhellige Begeisterung beim Publikum, das auf die Darbietung mit Standing Ovations reagierte.
Tags darauf stand Don Davis im LOT-Theater zum Filmgespräch zur Verfügung, wo er mit Moderator Matthias Hornschuh vor allem über die besonderen Herausforderungen und kreativen Prozesse sprach, die die Arbeit an „Matrix“ mitbrachten. Das interessierte Publikum erfuhr, dass Davis zwei Minuten Musik pro Tag an dem Score arbeitete, dessen Umsetzung das Orchester vor große Herausforderungen stellte. Bemerkenswert ist auch der Umstand, dass der Score immer wieder neue Extreme erreichte, um diese nachfolgend noch weiter auszuloten, was – wie der Komponist erklärte – vor allem der Kombination mit dem Special-Effects-Team geschuldet war, mit dessen Soundgewittern Don Davis mit seiner Komposition zwangsläufig Schritt halten musste.
Auf meine Frage, warum Don Davis außer der „Matrix“-Trilogie nicht die Möglichkeit bekam, weitere so außergewöhnliche Projekte zu realisieren, meinte er, dass er zum einen kein Verkäufer-Typ sei, der bei den Studios Klinkenputzen gehen würde. Zum anderen würden in Hollywood heutzutage nicht mehr solche Filme mit derart hohem Dialog-Anteil gemacht.
Ähnlich aufschlussreich erwies sich ein weiteres Filmgespräch mit Konzert, das am 19.10. in den Schloss-Arkaden stattfand, diesmal mit dem polnischen Oscar-Preisträger Jan A.P. Kaczmarek („Wenn Träume fliegen lernen“).
 Matthias Hornschuh präsentierte ausgewählte Clips u.a. aus den Filmen „Untreu“, „Hachiko“ und „Wenn Träume fliegen lernen“, um mit Kaczmarek die Funktion der Musik zu erläutern, die eng mit den Figuren und dem Setting verbunden ist, die augenblickliche Emotionen reflektiert, aber auch zukünftige Entwicklungen vorwegnimmt.
Besonders herausfordernd erwies sich der Score zu „Wenn Träume fliegen lernen“, den beispielsweise der verstorbene James Horner für ein symbolisches Honorar von einem Dollar gern realisiert hätte. Es war der erste Score für Kaczmarek, bei dem er für Kinderfiguren komponieren musste.
Zwischenzeitlich spielte ein sechsköpfiges Streicher-Ensemble und eine Pianistin des Staatsorchesters Braunschweig verschiedene Cues aus den Scores von „Quo Vadis“, „Untreu“, „Hachiko“ und „Spuren eines Lebens“. Kaczmarek zeigte sich nicht nur von den reduzierten Arrangements seiner Musik durch das Ensemble angetan, sondern auch von der Location selbst, die sonst von geschäftigem Treiben geprägt ist und nun einen Ort der künstlerischen Begegnung darstellte.
Thematisiert wurde die Zusammenarbeit mit Regisseuren wie Adrian Lyne (der nach seinem Flop mit „Jacob’s Ladder“ unter großem Erfolgsdruck stand, was auch Kaczmarek bei der Umsetzung seiner Musik leidvoll erfahren musste) und Lasse Halmström, der bei „Chocolat“ noch acht Komponisten verschlissen hatte, bevor er wieder zur ursprünglichen Wahl, Rachel Portman zurückkehrte, Kaczmareks Musik zu „Hachiko“ aber nahezu unkommentiert so übernahm, wie der Komponist sie abgeliefert hat.
Abgerundet wurde der Themenkomplex Musik & Film mit den Filmkonzerten von „Luther“ und „Evelyn“. Zu dem 1928 von Hans Kyser inszenierten Stummfilm „Luther“ komponierte der Pianist Stephan Graf von Bothmer eine Musik, „welche die erhabenen Szenen strahlen lässt, aber auch die tiefen Momente auslotet und deutschtümelnde Stellen entlarvt“ (aus dem Festivalkatalog, S. 71). Und die spanische Gitarristin und Komponistin Imma Galiot vertonte mit ihrem Ensemble La Rosa Negra die Graphic Novel „Evelyn“ von Andrés G. Leiva, die von Anna Levinson 2016 verfilmt worden ist.

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