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Sonntag, 24. Oktober 2010

Playlist # 44 vom 24.10.10 - ILAN ESHKERI Special

Der britische Komponist Ilan Eshkeri zählt zu der jüngeren Generation interessanter Filmkomponisten. Nach seinem Studium der Musik und englischer Literatur an der Universität von Leeds lernte er das Handwerk der Filmmusik durch die enge Zusammenarbeit mit seinen englischen Kollegen Michael Kamen, Edward Shearmur und Steve McLaughlin. Erstmals aufmerksam machte Eshkeri auf sich im Jahre 2004 mit dem Soundtrack zu Matthew Vaughns „Layer Cake“, den er zusammen mit Lisa Gerrard komponierte und der ihm eine Nominierung als „Entdeckung des Jahres“ bei den World Soundtrack Awards einbrachte.

Nach dem Fernsehfilm „Die Nibelungen“, dem Hannibal-Lecter-Prequel „Hannibal Rising“ und dem Thriller „Straightheads“ gelang Ilan Eshkeri mit dem märchenhaften Score zur prominent mit Michelle Pfeiffer und Robert De Niro besetzten Neil-Gaiman-Verfilmung „Der Sternwanderer“ im Jahre 2007 der Durchbruch.
Zuletzt schrieb er die monumentale Musik zum historischen Kriegsepos „Centurion“ und der Action-Komödie „Kick-Ass“ (zusammen mit John Murphy, Henry Jackman und Marius Vries).
Filmographie:
2004: Back To Gaya (additional music)
2004: Layer Cake
2004: Der Ring der Nibelungen (Ring of the Nibelungs)
2007: Hannibal Rising – Wie alles begann
2007: Straightheads
2007: Strength and Honour
2007: Virgin Territory
2007: Der Sternwanderer (Stardust)
2008: The Disappeared
2008: Telstar: The Joe Meek Story
2009: Ninja Assassin
2009: Young Victoria
2009: Micro Men (TV)
2009: From Time To Time
2010: Centurion
2010: Kick-Ass
2010: The Kid
2010: Strike Back (TV-Serie)
2010: Blitz
2010: Coriolanus
2010: Psychosis
2011: Retreat

Playlist:
1 Ilan Eshkeri - Healing (Ninja Assassin) - 05:17
2 Ilan Eshkeri & Steve McLaughlin - Opening (Layer Cake) - 05:11
3 Ilan Eshkeri - I Miss You Both (Kick-Ass) - 01:40
4 Ilan Eshkeri - Tree Chase (Virgin Territory) - 03:44
5 Ilan Eshkeri - In The Ring (Strength And Honour) - 04:06
6 Ilan Eshkeri - End Titles (Hannibal Rising) - 07:32
7 Ilan Eshkeri - Necromancer (Centurion) - 02:58
8 Ilan Eshkeri - The King's Birthday (The Young Victoria) - 06:05
9 Ilan Eshkeri - Schicksal (Die Nibelungen) - 04:30
10 Ilan Eshkeri - Assassin (The Young Victoria) - 04:04
11 Ilan Eshkeri - Prologue (Stardust) - 03:46
12 Ilan Eshkeri - Suite (Back To Gaya) - 06:00

Sonntag, 10. Oktober 2010

Playlist # 43 vom 10.10.10 - PAUL HASLINGER Special

Paul Haslinger ist in Hollywood für seine oft elektronisch geprägten Scores zu jüngeren Action- und Horrorfilmen wie „Crank“, „Turistas“, „Motel“ oder „Prom Night“ bekannt. Dabei hat der 1962 im österreichischen Linz geborene Komponist schon früh den Weg zur Filmmusik gefunden. Bereits während seiner klassischen Ausbildung an der Wiener Musikakademie experimentierte Haslinger mit neuen Ausdrucksformen der elektronischen Musik und war von 1986 bis 1991 Mitglied der wegweisenden Krautrock-Formation Tangerine Dream, wo er an deren bekannten Soundtracks zu Filmen wie „Near Dark“, „Shy People“, „Miracle Mile“, „Dead Solid Perfect“ und „Canyon Dreams“ mitwirkte.

Er stieß zu der von Christian Wittmann und Christoph Harbonnier gegründeten Ambient-Band Lightwave, mit der Haslinger u.a. 1993 das Album „Tycho Brahe“ und 1995 „Mundus Subterraneus“ veröffentlichte. Aber Haslinger bastelte auch fleißig an seiner Solo-Karriere, produzierte unter eigenem Namen die World-Music-Ambient-Alben „Future Primitive“ (1994), „World Without Rules“ (1996) und „Score“ (1999) und als Coma Virus das Ambient-Album „Hidden“ (1996). Mit seinen besonderen Fähigkeiten auf dem weiten Feld der elektronischen Musik war er als Arrangeur und Programmierer für Hollywood-Komponist Graeme Revell von unschätzbarem Wert und veredelte dessen Scores zu Filmen wie „Verhandlungssache“, „Lara Croft: Tomb Raider“, „Phoenix“, „Ausnahmezustand“, „Chinese Box“ und „Red Planet“. Nach eigenen Soundtrack-Produktionen für die animierten Science-fiction-Filme „Planetary Traveler“ und „Infinity’s Child“ gelang Paul Haslinger in Hollywood im Jahre 2003 mit seinem rhythmisch-pulsierenden Score zum Fantasy-Horror-Spektakel „Underworld“ der Durchbruch. Seither ist der mittlerweile in Los Angeles residierende Komponist aber nicht nur für Filme wie „Crazy/Beautiful", „Shoot ´em Up“, „Into The Blue“ oder „While She Was Out“ tätig gewesen, sondern auch für die Fernseh-Serie „Sleeper Cell“ und Videospiele wie „X-Men Origins: Wolverine“, „Need For Speed: Undercover“, „Far Cry: Instincts“ oder „Rainbow Six: Vegas“.

Filmographie/Diskographie:
1986 Underwater Sunlight (Tangerine Dream Album)
1987 Live Miles (Tangerine Dream Album)
1987 Near Dark (Tangerine Dream Soundtrack)
1987 Shy People (Tangerine Dream Soundtrack)
1987 Three O’clock (Tangerine Dream Soundtrack)
1987 Tyger (Tangerine Dream Album)
1988 Dead Solid Perfect (Tangerine Dream Soundtrack)
1988 Miracle Mile (Tangerine Dream Soundtrack)
1988 Optical Race (Tangerine Dream Album)
1989 Lily On The Beach (Tangerine Dream Album)
1990 Melrose (Tangerine Dream Album)
1990 The Man Inside (Tangerine Dream Soundtrack)
1991 Canyon Dreams (Tangerine Dream Soundtrack)
1991 Dead Solid Perfect (Tangerine Dream Soundtrack)
1993 Tycho Brahe (Lightwave Album)
1994 Future Primitive (Solo-Album)
1995 Mundus Subterraneus (Lightwave Album)
1996 World Without Rules (Solo-Album)
1996 Hidden (Coma Virus Album)
1998 Planetary Traveler
1999 Infinity's Child (VG)
1999 Score (Solo-Album)
1999 Story Of Computer Graphics
2000 Cheaters (TV)
2000 Dharmok's Gate
2001 Crazy/Beautiful
2002 Blue Crush
2002 Minority Report (additional Music)
2003 Bring It On Again
2003 Underworld
2004 Bleu Comme Une Orange(Lightwave Album)
2004 Girl Next Door
2005 Far Cry Instincts (VG)
2005 Into The Blue
2006 Crank
2006 Far Cry 1.5 (VG)
2006 Rainbow Six: Vegas (VG)
2006 Sleeper Cell 2: American Terror (TV)
2006 Sleepercell (TV)
2006 Turistas
2006 Walkout (additional music)
2007 Gardener Of Eden
2007 Shoot 'Em Up
2007 Vacancy
2008 Death Race
2008 Make It Happen
2008 Prom Night
2008 Rainbow Six: Vegas 2 (VG)
2008 The Fifth Commandment
2008 While She Was Out
2009 After.Life
2009 Need For Speed: Undercover (VG)
2009 Takers
2009 Underworld: Rise Of The Lycans
2009 X-Men Origins: Wolverine (VG)

Playlist:
1 Paul Haslinger - Nomads In The Age Of Wireless (Future Primitive) - 04:45
2 Paul Haslinger - Spacedrift 60-23 (Planetary Traveler) - 04:36
3 Paul Haslinger - Keep Watch Over The Night (Underworld) - 05:37
4 Paul Haslinger - Temps Perdu [Remix by Christoph Harbonnier] (Vacancy) - 04:33
5 Paul Haslinger - Beginning To End [performed by Nona Hendryx & Sussan Deyhim] (Sleeper Cell - Season 1) - 05:11
6 Paul Haslinger - Frank Walk (Death Race) - 02:11
7 Paul Haslinger - Adrift The Southern Seas (Blue Crush) - 03:47
8 Paul Haslinger - The Return To The Cave (Turistas) - 03:59
9 Paul Haslinger - Della Goes Home (While She Was Out) - 03:20
10 Paul Haslinger - Goodbye Oliver (Shoot ´em Up) - 03:21
11 Paul Haslinger - The Grid (Into The Blue) - 03:20
12 Paul Haslinger - The Setup (Need For Speed: Undercover) - 02:26
13 Paul Haslinger - Code 54 (Sleeper Cell - Season 2) - 03:20
14 Paul Haslinger - Rainmaker's Dream (World Without Rules) - 05:02

Sonntag, 26. September 2010

Playlist # 42 vom 26.09.10 - CLIFF EIDELMAN Special


Der am 5. Dezember 1964 in Los Angeles geborene Cliff Eidelman zählte in den 90er Jahren zu den vielversprechendsten Komponisten in Hollywood, nachdem er bereits im zarten Alter von 26 die ehrenvolle Aufgabe souverän gemeistert hatte, die weithin geschätzte Filmmusik zum sechsten Teil der populären „Star Trek“-Filmreihe zu komponieren, in der zuvor so große Namen wie Jerry Goldsmith, James Horner und Leonard Rosenman tätig gewesen sind.
Cliff Eidelman lernte mit acht Jahren zunächst an der Violine, dann am Klavier und mit der Gitarre, sein Studium absolvierte er  später kamen Klavier und Gitarre hinzu am Santa Monica College und der University of Southern California. Direkt nach seinem Abschluss wurde er 1989 von Regisseur Robert Young für das epische Drama „Triumph Of The Spirit“ engagiert, worauf sich viele weitere Dramen und Komödien wie  "Leap of Faith" (1992), "Untamed Heart" (1993), "My Girl 2" (1994), "Now and Then" (1995) und "One True Thing" (1998) anschlossen. Als seine Komponisten-Karriere Ende der 90er ins Stocken geriet, übernahm Eidelman einige Dirigenten-Jobs beim amerikanischen Soundtrack-Label Varese Sarabande, wo er Highlights aus der „Alien“-Trilogie und Shakespeare-Verfilmungen mit dem Royal Scottish National Orchestra einspielte. Für das „Romeo and Juliet“-Album komponierte er dafür eine 16-minütige Suite, die von Shakespeares „Der Sturm“ inspiriert wurde. 

Darüber hinaus veröffentlichte er das Solo-Album „My Muse“ und arbeitete an dem Konzert-Stück „Creation“. In den letzten Jahren ist Cliff Eidelman nur noch sporadisch im Filmgeschäft tätig gewesen. Ironischerweise zählen aber seine jüngeren Arbeiten wie „Popstar auf Umwegen“ (2003) und „Eine für 4“ (2005) zu den erfolgreichsten Filmen in seiner Karriere. Zuletzt war er für die Liebeskomödie „Er steht einfach nicht auf dich“ tätig, wo er es mit vielen Songs zu tun hatte.
„So sehr ich es schätze, wenn Songs im Film eingesetzt werden, war es für mich wichtig, mit einem Score dagegenzuhalten, der ein Höchstmaß an melodischem und emotionalem Material enthält. Das war eine große Herausforderung, weil sich all meine Themen kontinuierlich entwickeln mussten und in vielen Dialog-lastigen Szenen eingesetzt wurden. Aber da ich mit einem Regisseur arbeitete, der eine echte Liebe für Film Scores besitzt, war ich in der Lage, das auch zu tun, indem ich solche ‚Songwriting‘-Akzente in einen mehr traditionellen Score integrierte. So ist am Ende eine Mischung aus beiden musikalischen Welten herausgekommen.“

Filmographie:
1989: Triumph des Geistes (Triumph of the Spirit)
1989: Ein Affe zum Knutschen (Animal Behavior)
1989: Der Henker muss warten (Dead Man Out)
1989: To Die For
1989: Magdalene
1990: Judgement
1990: Nichts ist irrer als die Wahrheit (Crazy People)
1991: Star Trek VI: Das unentdeckte Land (Star Trek VI: The Undiscovered Country)
1991: Die Mütter-Mannschaft (Backfield in Motion
1991: Delirious
1991: Geschichten aus der Gruft (Episode „Der schüchterne Vampir“)
1992: Der Schein-Heilige (Leap of Faith)
1992: Christopher Columbus – Der Entdecker (Christopher Columbus: The Discovery)
1993: Meteor Man
1993: Real Love (Untamed Heart)
1994: Der Zufalls-Dad (A Simple Twist Of Fate)
1994: My Girl 2 – Meine große Liebe
1995: Now and Then – Damals und heute
1996: Haus der stummen Schreie (If These Walls Could Talk)
1997: Free Willy 3 – Die Rettung
1997: Mein Liebling, der Tyrann (The Beautician and the Beast)
1998: Familiensache (One True Thing))
1998: Wiege der Angst (Montana)
1999: Witness Protection
2000: Harrison’s Flowers
2001: Ocean Men: Extreme Dive
2001: An American Rhapsody
2003: Popstar auf Umwegen (The Lizzie McGuire Movie)
2005: Eine für 4 (The Sisterhood of the Traveling Pants)
2005: Sexual Life
2006: Open Window
2009: Er steht einfach nicht auf Dich (He’s Just Not That Into You)
Playlist:
1 Cliff Eidelman - Stargate (Ocean Men) - 03:33
2 Cliff Eidelman - I'll Give You My Heart (Untamed Heart) - 03:48
3 Cliff Eidelman - End Credit Suite (He's Just Not That Into You) - 03:02
4 Cliff Eidelman - Prologue (The Sisterhood of the Travelling Pants) - 03:44
5 Cliff Eidelman - End Credits Suite (Music Inspired by the Film "Picture Bride") - 07:13
6 Cliff Eidelman - Reconciliation (One True Thing) - 04:13
7 Cliff Eidelman - The Death Of Hans (Magdalene) - 04:07
8 Cliff Eidelman - I Only Photograph Flowers (Harrison's Flowers) - 04:56
9 Cliff Eidelman - A Simple Twist Of Fate (Suite) (A Simple Twist Of Fate) - 05:06
10 Cliff Eidelman - Awakening (Free Willy 3: The Rescue) - 04:04
11 Cliff Eidelman - Rest In Peace Johnny (Now And Then) - 04:22
12 Cliff Eidelman - Orchestral Suite (The Lizzie McGuire Movie) - 07:36

Sonntag, 12. September 2010

Playlist # 41 vom 12.09.10 - CRAIG ARMSTRONG Special

Vom Geniekult will er nichts wissen. Und wenn man dem freundlichen Komponisten, Produzenten, Arrangeur mit dem sympathischen Lächeln gegenübersitzt, sieht man ihm auch nicht unbedingt an, dass er nicht nur zu den meistgefragten Arrangeuren in der Popszene zählt, der Superstars wie Madonna, Björk, U2, Massive Attack und die Pet Shop Boys zu seinen Klienten zählt, sondern auch die viel prämierten Soundtracks zu Filmen wie „Romeo + Juliet“, „Der Knochenjäger“, „Moulin Rouge“ und „Kiss The Dragon“ komponiert hat. Als sei das alles noch nicht genug, arbeitet er an klassischen Werken und hat mit „The Space Between Us“ und „As If To Nothing“ auch zwei Solo-Alben produziert, auf denen er mit verschiedenen SängerInnen zusammengearbeitet hat.

Bereits sein 97er Debüt „The Space Between Us“ war von der melancholisch eindringlichen und sehr intensiven Mixtur aus instrumentalen Arrangements und zeitlos schönen Pop-Songs geprägt, von denen vor allem „This Love“ mit der Cocteau-Twins-Sängerin Elizabeth Fraser als Soundtrack-Beitrag zu „Eiskalte Engel“ weltbekannt wurde und auch den Weg auf diverse Lounge-Compilations fand . Mit „Weather Storm“ und „Sly“ waren auch zwei Titel aus dem Massive-Attack-Repertoire vertreten, dessen wegweisendes Album „Protection“ er mit seinen außergewöhnlichen Streicher-Arrangements veredelt hatte.
Auch auf dem 2002 veröffentlichten Nachfolger „As If To Nothing“ verzaubert der schottische Komponist mit feinfühligen Arrangements aus kraftvollen, elegischen Streichern und prägnanten Electro-Grooves, die bei den benachbarten Pop-Songs durch sanfte Gesangseinlagen von so unterschiedlichen Künstlern wie Bono, Evan Dando (The Lemonheads), Antye Greie-Fuchs (Laub), Swati Natekar (Mogwai) und Steven Lindsay (The Big Dish) ergänzt werden. Dass klassische und populäre Musik so fließend bei Craig Armstrong ineinander übergehen, lässt sich leicht durch seinen musikalischen Werdegang erklären.
„Ich hatte Klavierstunden und spielte nebenbei Gitarre in Schülerbands“, meint Craig schmunzelnd. „Das ist das Schöne bei meinem Job. Ich kenne den Unterschied zwischen ernsthafter und leichter Musik nicht. Es kommt allein darauf an, ob die Musik passt oder nicht. Das kann manchmal ein klassisches Stück sein, manchmal ein Dance-Track.“
Während Craig auf der einen Seite an seinem Abschluss an der Royal Academy Of Music arbeitete, wirkte er bei Bands wie Hipsway, Texas und The Big Dish aus seiner Heimatstadt Glasgow mit, komponierte Orchesterwerke und bildete mit den Produzenten Nellee Hooper und Marius De Vries ein Produzententriumvirat, auf das Popstars von Madonna über U2 bis Björk immer öfter zurückgriffen. Bis dahin war es allerdings ein seltsamer Weg:
„Während meiner Zeit bei The Big Dish nahm ich einen zweiten Job in dem Glasgower Tron Theater an, wo ich Instrumentalmusik für ihre Stücke schrieb und arrangierte. U2 fragten dann an, ob ich für ‚Hold Me, Thrill Me, Kiss Me, Kill Me‘ zum 'Batman Forever'-Soundtrack das Arrangement machen wollte, so lernte ich Bono kennen. Er schrieb etwa zur selben Zeit auch den Titelsong zum James-Bond-Streifen ‚Golden Eye‘ (gesungen von Tina Turner). Bono fragte mich wieder nach einem Arrangement, bis ich dann für den Regisseur Baz Luhrmann den Film-Score zu 'Romeo + Juliet' geschrieben habe. Das war mein erster vollständiger Soundtrack. Meine Karriere ist keineswegs explodiert, sondern eher in kleinen Schritten passiert. Eines führte zum anderen.“
Mittlerweile bleibt dem viel beschäftigten Komponisten gar keine Zeit mehr, sich um Arrangements für berühmte Künstler zu kümmern, auch wenn Hits wie Madonnas „Frozen“ oder „Miss Sarajewo“ von U2 ohne Craig Armstrongs charakteristischen Streicher-Klänge kaum vorstellbar sind.
Mit dem opulenten Score zum bildgewaltigen Shakespeare-Spektakel „Romeo + Juliet“ des australischen Regisseurs Baz Luhrmann machte Craig jedenfalls sofort als versierter Filmkomponist auf sich aufmerksam. Luhrmanns australischer Landsmann Philip Noyce engagierte Craig für seinen Psychothriller „Der Knochenjäger“ und auch für seinen nächsten Film „The Quiet American“, der französische Kult-Regisseur Luc Besson heuerte ihn für seine Produktion „Kiss The Dragon“ an, und schließlich durfte Craig Armstrong den Golden Globe für seinen Score zur Musik-Revue „Moulin Rouge“ in Empfang nehmen.
Nebenbei fand Craig allerdings noch die Zeit, Songs für ein weiteres Solo-Album aufzunehmen, das sowohl in Aufbau als auch musikalischer Ausrichtung dem grandiosen Debüt ähnelt. Diesmal gibt der instrumentale Opener „Ruthless Gravity“ die musikalische Richtung vor, dessen symphonischer Charakter für die folgenden Titel bestimmend ist.
„Natürlich gibt es Parallelen zum ersten Album, aber ich habe schon versucht, es beim zweiten Werk besser zu machen“, gibt der Perfektionist zu. Craig Armstrong weist eben diesen einzigartigen Sound auf, der sein Werk wie ein Roter Faden durchzieht. Seine Musik funktioniert dabei sowohl auf rein instrumentaler Ebene, wo die melancholische und oft sehr dramatische Atmosphäre in den melodischen Strukturen besonders gut zur Geltung kommen, als auch bei den Songs mit Gesangsdarbietungen.
„Ich habe mir Leute für das Album ausgesucht, die ich als Sänger besonders schätze. Das war eine wunderbare Erfahrung, auch wenn es manchmal Monate gedauert hat, bis die Leute Zeit gefunden haben, ihre Stücke einzusingen.“ Auf jeden Fall machen gerade die Gesangsbeiträge das Album so vielschichtig. Während Evan Dando auf der Single-Auskopplung „Wake Up In New York“ noch für eine sanft-verträumte Atmosphäre sorgt, bringt Swati Natekar bei „Miracle“ fernöstliches Ambiente zum Ausdruck, und Antye Greie-Fuchs rekapituliert bei „Waltz“ einen HTML-Code, der im Refrain durch das sehnsuchtsvolle „I miss you“ konterkariert wird.
Seither ist Craig Armstrong für so unterschiedliche Filme wie Oliver Stones Drama „World Trade Center“, die Comic-Verfilmung „The Incredible Hulk“, das Entführungs-Drama „The Clearing“, Taylor Hackfords Ray-Charles-Biografie „Ray“, die Liebeskomödie „Love Actually“ oder das Historien-Epos „Elizabeth: The Golden Age“ tätig gewesen.
Mittlerweile sind mit „Piano Works“ (2004) und „Film Works“ (2005) weitere Solo-Alben des Künstlers erschienen, die eine schöne Zusammenstellung seiner bisherigen Filmarbeiten aber auch seiner Ambitionen in der modernen Klassik darstellen. Vor allem sein 2008 veröffentlichtes Album „Memory Takes My Hand“ stellt in dieser Hinsicht einen Meilenstein dar. Außerdem komponierte und produzierte er 2008 das Debütalbum der britischen Band Winona – eine Kollaboration zwischen Scott Fraser und Craig Armstrong mit den beiden Sängerinnen Laurence Ashley, Lucy Pullin - und fand sich mit Antye Greie-Fuchs (Sängerin der deutschen Band Laub) und Delay zur experimentellen Formation The Dolls zusammen.

Filmographie:
1995 - Close, Fridge & A Good Day for the Bad Guys, Regie: Peter Mullan
1996 - William Shakespeare's Romeo + Juliet, Regie: Baz Luhrmann
1997 – Orphans, Regie: Peter Mullan
1999 - Plunkett & Macleane, Regie: Jake Scott
1999 - Best Laid Plans, Regie: Mike Barker
1999 - Der Knochenjäger (The Bone Collector), Regie: Philip Noyce
1999 - Ein Tag im September (One Day In September), Regie: Kevin Macdonald
2001 - Moulin Rouge, Regie: Baz Luhrmann
2001 - Kiss of the Dragon, Regie: Chris Nahon
2002 - Die unbarmherzigen Schwestern (The Magdalene Sisters), Regie: Peter Mullan
2002 - Der stille Amerikaner (The Quiet American), Regie: Philip Noyce
2003 - Tatsächlich ... Liebe (Love Actually), Regie: Richard Curtis
2004 - Anatomie einer Entführung (The Clearing), Regie: Pieter Jan Brugge
2004 – Ray, Regie: Taylor Hackford
2005 - Ein Mann für eine Saison (Fever Pitch), Regie: Farrelly Brothers
2005 - Must Love Dogs, Regie: Gary David Goldberg
2006 - World Trade Center, Regie: Oliver Stone
2007 - Elitabeth - Das goldene Königreich (Elizabeth: The Golden Age), Regie: Shekhar Kapur
2008 - Der unglaubliche Hulk (The Incredible Hulk), Regie: Louis Leterrier
2010 - Clash of the Titans (rejected), Regie: Louis Leterrier
2010 – Neds, Regie: Peter Mullan
2010 – Wall Street – Money Never Sleeps, Regie: Oliver Stone
Weitere Album-Veröffentlichungen:
1998 – "The Space Between Us"
2002 – "As If To Nothing"
2004 – "Piano Works"
2005 – "Film Works"
2005 – Delay/AGF/Craig Armstrong - "The Dolls"
2007 – Winona - "Rosebud"
2008 – "Memory Takes My Hand"
Playlist
1 Winona - The White Room (Rosebud) - 04:37
2 Craig Armstrong - The Great Run (Romeo + Juliet) - 06:35
3 Craig Armstrong - This Love (Cruel Intentions/The Space Between Us) - 06:26
4 Craig Armstrong - Saw Off The Hands (The Bone Collector) - 05:06
5 Craig Armstrong - Symphony For Isabelle - Part 4 (Kiss Of The Dragon) - 06:10
6 Craig Armstrong - Lissa Montage (Best Laid Plains) - 05:40
7 Craig Armstrong - Hanging (Plunkett & Macleane) - 04:16
8 Craig Armstrong - Ray's Theme (Ray) - 03:40
9 Craig Armstrong - Death In The Square (The Quiet American) - 03:28
10 Craig Armstrong - You Need A Sign Of Life (The Clearing) - 05:38
11 Craig Armstrong - Ruthless Gravity (As If To Nothing) - 05:53

Donnerstag, 2. September 2010

Dead Can Dance (Teil 1) - Vom Tode zum Leben

Seit über zwei Jahrzehnten faszinieren uns Dead Can Dance mit einer ganz außergewöhnlichen Musik, die mühelos alle musikalischen Grenzen und zeitlichen Horizonte zu überschreiten in der Lage zu sein scheint. Brendan Perry und Lisa Gerrard, die beiden mit der Musik auf fast magische Weise verwobenen Künstler, haben mit Dead Can Dance ein Forum geschaffen, das nun weit über die Dark-Wave-Szene, aus der das Duo anfangs seine größte Anhängerschaft rekrutiert, hinaus die menschlichen Sinne, sowohl das Herz als auch den Verstand zu betören versteht. Mittlerweile können die versierten und so vielseitigen wie feinfühligen Musiker auf sieben Studioalben zurückblicken, von denen keines dem anderen gleicht. 

Obwohl Dead Can Dance von früh an in die romantisch verklärte Mittelalter-Ecke gesteckt wurde, richteten Brendan und Lisa ihr Augenmerk immer nach vorn, waren stets auf der Suche nach neuen musikalischen Ausdrucksformen.
Ihren Ausgangspunkt nimmt die Geschichte von Dead Can Dance 1980, als sich die beiden Australier anglo-irischer Abstammung in Melbourne kennenlernen und nicht nur gemeinsamen Gefallen an Musik, Literatur und den darstellenden Künsten finden, sondern auch aneinander. 1981 gründen sie Dead Can Dance und veröffentlichen zunächst den scheppernd rhythmischen, wavigen Instrumental-Track „The Fatal Impact“ auf dem australischen Tape-Magazin „Fast-Forward“.
„Der Song handelt von den katastrophalen Folgen der Übernahme Australiens durch die Europäer und die daraus resultierende Zerstörung einer Aborigine-Kultur, die wesentlich älter und weiser war als die, die an ihre Stelle trat“, erklärt Brendan, der Anfang 1982 auf der Suche nach einem geeigneten Publikum mit Lisa nach London zieht, wo sie ein Jahr später von 4AD-Labelchef Ivo Watts-Russell unter Vertrag genommen werden, der an ein Demo-Tape der Band gekommen ist. Obwohl der Bandname leicht Assoziationen zur Wave- und Gothic-Ecke wecken konnte, wollten Brendan und Lisa doch etwas viel Fundamentaleres damit zum Ausdruck bringen, was gerade im Zusammenhang mit dem im März 1984 veröffentlichten und Songs aus den vergangenen vier Jahren enthaltenen Album „Dead Can Dance“ deutlich wird.
Das schwarze Cover mit dem archaischen Schriftzug der Band wird nämlich von einer Maske geziert, die stellvertretend das Konzept der Band symbolisiert.
„Das Bild auf dem Album, eine rituelle Maske aus Neu Guinea, versuchte, eine visuelle Neuinterpretation der Bedeutung des Namens Dead Can Dance zu liefern“, erläutert Brendan. „Die Maske, obwohl einst lebendiger Bestandteil eines Baumes, ist tot; dennoch ist sie durch die Kunst des Schnitzers mit eigener Lebenskraft beseelt. Um verstehen zu können, warum wir diesen Namen wählten, muss man an die Verwandlung von Unbeseeltheit in Beseeltheit denken, an die Prozesse im Zusammenhang mit `Leben aus dem Tod´ und `vom Tode zum Leben´.
So viele Menschen verkannten den inhärenten Symbolismus und waren der Annahme, dass wir `morbide Gothic-Typen´ sein müssten.“
„Der Name bezieht sich auf jenes Zwischenreich des schon Entschlafenen und noch Gegenwärtigen, aus dem man noch viel schöpfen kann“, fügt Lisa hinzu. „Tote können tanzen: Das bedeutet, dass man Verschüttetes wieder lebendig machen kann - so wie wir mit unserer Musik.“
Obwohl der Sound auf dem Debütalbum noch sehr zu wünschen übrig lässt und eine scheppernde Symbiose aus schneidenden E-Gitarren, rhythmischen Bässen, treibenden Percussionklängen und den schon erkennbar wandelfähigen Stimmen von Brendan und Lisa darstellt, wird schon in den Songtiteln wie „East Of Eden“, „A Passage in Time“, „Wild In The Woods“ und „Musica Eternal“ deutlich, dass man hier auf dem Weg ist, Musik für die Ewigkeit, jenseits von engen und einengenden musikalischen Stil- und Epochenbegriffen zu kreieren.
Die ebenfalls 1984 veröffentlichte 4-Track-EP „Garden Of The Arcane Delights“ ist wiederum mit einem äußerst symbolträchtigen Cover versehen.
„Die nackte Gestalt mit den verbundenen Augen stellt den primitiven Menschen dar, der - seiner Wahrnehmungskraft beraubt - innerhalb der Mauern eines Gartens (der Welt) mit einer Fontäne und Obstbäumen steht. Er streckt seinen rechten Arm - die Suche nach Wissen - zu einem der Obstbäume, um dessen Stamm sich eine Schlange windet. In der Gartenmauer - der Mauer zwischen Freiheit und Eingesperrtsein - gibt es zwei Türen: der dualistische Gedanke der Wahl. Das ist Blakes Theorie vom Universum, in dem die Menschheit sich nur selbst retten und von ihrer Blindheit befreien kann, wenn sie die Zeichen und Warnungen der Natur deutet.“
Mit dem 1985 erschienenen zweiten Album „Spleen And Ideal“ kommen Dead Can Dance ihrem umfassenden Musikverständnis und der eigenen Konzeption ihrer Kunst ein großes Stück näher. Das auf dem Debütalbum noch vorherrschende konventionelle Line-up aus Bass, Gitarre und Drums weicht auf dem Nachfolger einer verstärkt klassischen Instrumentierung aus Streichern, Percussions und Posaune; die grandiosen Stimmen der beiden Musiker kommen noch besser zum Ausdruck.
„Ich denke, dass dieses Album unser kreatives Aufblühen repräsentiert“, meint Brendan. „Wir sind der Interpretation des Ideals, für das Dead Can Dance steht, viel näher gekommen.“
Während auf der einen Seite die Einflüsse von Komponisten wie Igor Strawinsky oder Scott Walker deutlicher zutage treten, kommt auf der anderen Seite auch die unterschiedliche Gesangsarbeit der beiden zur Geltung. Lisa vermittelt den Songinhalt mit ihrer ganz individuellen Lautsprache aus keltischen, griechischen, archaischen und fiktiven Wortfetzen auf eine ganz intuitive Weise, während Brendan seinen Kompositionen eine eigene Poesie verleiht, die von Gefühlskonflikten, Seelenschmerzen und Unverständnis über die Übel dieser Welt geprägt ist.
„Die Begriffe `Spleen´ und `Ideal´ stammen aus dem Konzept der Symbolisten des 19. Jahrhunderts“, erläutert Brendan dann auch das Konzept des Albums.
„Spleen, das sind die bösen und zerstörerischen Aspekte der menschlichen Natur - Neid, Launen, Schadenfreude und Intoleranz. Sie galten damals als untrennbar mit dem Ideal verbunden. Einerseits verhinderten diese Aspekte das Bestehen des Ideals, andererseits bestimmten und beeinflußten sie seine Natur. Dementsprechend handeln unsere Stücke von Wahrheit und Illusion, Fremdbestimmung und Freiheit, Zweifel und Glauben, und darüber steht die Suche nach Vollkommenheit, das Erlangen des Ideals.“

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