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Samstag, 3. März 2012

DIE 2. LANGE NACHT DER FILMMUSIK 02./03.03.2012 - JOHN WILLIAMS Special

Neben Ennio Morricone darf man John Williams getrost als größten noch lebenden Filmkomponisten bezeichnen. Der am 8. Februar 1932 in New Yorks Flushing geborene Komponist hat seit den 70er Jahren die Filmmusik geprägt wie kaum ein anderer. Weltberühmt sind seine Melodien, die er beispielsweise für Steven Spielberg („Der weiße Hai“, „Indiana Jones“), George Lucas („Star Wars“) oder die „Harry Potter“-Reihe geschaffen hat.

Als Sohn eines Orchestermusikers lernte der kleine John bereits im Alter von drei Jahren das Lesen von Noten. Nach dem Umzug seiner Familie von New York nach Los Angeles besuchte Williams die UCLA und studierte bei Mario Castelnuovo-Tedesco Komposition, nach Absolvierung seines Wehrdienstes bei der Air Force an der New Yorker Juilliard School bei Rosina Lhévinne schließlich Klavier. Er arbeitete als Jazz-Pianist und veröffentlichte 1951 seine erste Klaviersonate. Mit seinen Pianokünsten begann auch Williams‘ Filmmusikkarriere. Nach dem 1956 begonnenen Engagement bei Columbia Pictures wechselte John Williams zu 20th Century Fox, wo er die Klavierparts in den Kompositionen von Franz Waxman und Dimitri Tiomkin spielte und gelegentlich hier und da arrangierte, orchestrierte und komponierte. Er schrieb ab 1958 zunächst Musik fürs US-amerikanische Fernsehen, für Western-Serien wie „Wagon Train“, Komödienserien wie „Gilligan’s Island“ und „Bachelor Father“, ehe er mit „Checkmate“ 1960 seinen bis dato größten Erfolg feiern durfte.
Williams komponierte nicht nur erstmals das Hauptthema zu einer Serie, es war auch die erste Veröffentlichung seiner Musik auf Schallplatte. Nachdem Williams mit „The Killers“ seine erste Komposition für ein Fernsehspiel vorgelegt hatte, verpflichtete Irwin Allen ihn für die Serie „Lost In Space“, was den Beginn einer wegweisenden Zusammenarbeit bedeutete. Denn seinen Durchbruch als Filmkomponist durfte John Williams 1972 mit der Musik zu dem von Allen produzierten Katastrophenfilm „Die Höllenfahrt der Poseidon“ feiern.
Dabei war Williams schon zuvor für Film und Fernsehen enorm produktiv gewesen. Seine Karriere als Filmkomponist begann Williams überraschenderweise mit Komödien wie „Bachelor Flat“ (1961), „Gidget Goes To Rome“ (1963) oder „How To Steal A Million“ (1966). 1969 folgte mit der sehr amerikanischen Musik zur William-Faulkner-Verfilmung „The Reivers“ ein erstes Meisterstück, viel Recherche-Aufwand betrieb Williams dann für eine britische Adaption von Brontës „Jane Eyre“, indem er einige Zeit in Yorkshire verbrachte, um sich mit der Gegend und der englischen Musik vertraut zu machen.
Berühmt wurde er schließlich mit der jeweils Oscar®-prämierten Musik zu „Der weiße Hai“ (1975): „Das Hai-Thema, ein stampfendes Ostinato, von tiefen Streichinstrumenten ausgeführt, gehört zu den berühmtesten Stücken der Filmmusik überhaupt“, meint Tony Thomas in „Filmmusik – Die großen Filmkomponisten – ihre Kunst und ihre Technik“ (Heyne, 1995, S. 362). „Wenn die Kamera sich ihren Weg durch das trübe Meer und die unruhigen Seegräser sucht, ist es die Musik, welche die Spannung aufbaut und den Zuschauer mit der Ahnung zu gewärtigenden Schreckens beunruhigt.“ Der nächste Höhepunkt in John Williams‘ Karriere ließ nicht lange auf sich warten. Im März 1977 nahm Williams mit dem London Symphony Orchestra den Soundtrack zu George Lucas‘ „Krieg der Sterne“ auf.
„Erst nach dem letzten Schnitt von ‚Krieg der Sterne‘ wurde deutlich, dass Lucas einen Film geschaffen hatte, dem die notwendigen Kompromisse bei der Produktion kaum anzumerken waren. Er hatte eine Fantasie geschaffen, die filmisch so rein war, dass ihre epische Geschichte kaum auf Texte angewiesen war. Williams zollte diesem Aspekt Tribut, indem er eine Filmmusik schuf, die die Geschichte des Films ganz unabhängig von den Bildern vermittelt. Ein ausschweifendes Thema leitete zu einer Reihe von Charaktermelodien und aussagekräftigen Einsätzen über, die sich an der Wagnerianischen Leitmotivtechnik von Komponisten wie Franz Waxman und Bernard Hermann orientierten“, resümiert Marcus Hearn in „Das Kino des George Lucas“ (Schwarzkopf & Schwarzkopf, 2005, S. 109).
Die langjährige Zusammenarbeit zwischen „Der weiße Hai“-Regisseur Steven Spielberg und John Williams begann 1974 mit „Sugarland Express“. Seitdem komponierte Williams mit Ausnahme von „Die Farbe Lila“ alle Soundtracks zu Spielbergs Filmen. „Catch Me If You Can“ markierte 2002 die 20. Zusammenarbeit zwischen Spielberg und Williams und war die erste Musik des Komponisten für seinen Freund, in der er Jazz-Elemente verwendete. „Die Abenteuer von Tim und Struppi“ stellte bereits das 25. gemeinsame Verwirklichen eines Filmprojekts dar, übrigens für beide der jeweils erste Animationsfilm.
Weitere Meilensteine in der Werksbiographie des Komponisten sind „Schindlers Liste“, die ersten drei „Harry Potter“-Filme und „Die Geisha“. 2009 schrieb Williams die mit einem Emmy ausgezeichnete Titelmusik zur TV-Serie „Great Performances“. Mittlerweile komponiert Williams weniger für die große Leinwand, als mit Orchestern Konzerte zu spielen. So waren seit 2006 nur drei Filmmusiken von ihm zu hören: „Indiana Jones und das Königreich des Kristallschädels“ (2008), „Die Abenteuer von Tim und Struppi – Das Geheimnis der Einhorn“ und ebenfalls für Steven Spielberg die Musik zu „Gefährten“ (beide 2011 und jeweils mit einer Oscar®-Nominierung bedacht).
Wie vielseitig John Williams ist, bewies er allein im Jahre 2005, als er so unterschiedliche Scores wie die dramatische Musik zu „Star Wars: Episode III“, die aufwühlende, teils gruselige Musik zu Spielbergs Remake von „Krieg der Welten“, die elegante Musik zu „Die Geisha“ und die traurige Musik zu „München“ schuf.
„Ich bin der Ansicht, dass es beim Schreiben von Filmmusik besonders darauf ankommt, eine musikalische Atmosphäre zu schaffen, die sich mit dem Film verbindet, und bis zu dem Grad, wie man einen persönlichen Stil oder eine eigene Sprache ausbilden kann, sollte man seine Vielfältigkeit treiben, um in seiner Laufbahn über eine bestimmte Manier hinauszugelangen“, fasste John Williams im Interview mit Tony Thomas sein Erfolgsrezept zusammen („Filmmusik – Die großen Filmkomponisten – ihre Kunst und ihre Technik“, Heyne, 1995, S. 363). 
Sagenhafte 47 Oscar®-Nominierungen kann John Williams bis heute aufweisen, zuletzt für die beiden Steven-Spielberg-Filme „Gefährten“ und „Die Abenteuer von Tim und Struppi“. Gewonnen hat er die Trophäe bislang fünfmal, einmal in der Kategorie „Beste Musik (Adaption)“ für „Anatevka“ (1971) und viermal in der Kategorie „Beste Musik (Original)“ für „Der weiße Hai“ (1975), „Krieg der Sterne“ (1977), „E.T. – Der Außerirdische“ (1982) und „Schindlers Liste“ (1993).
John Williams schrieb 2009 zur Vereidigung Barack Obamas zum 44. Präsidenten der Vereinigten Staaten das Quartett „Air and Simple Gifts“, das von Itzhak Perlman (Geige), Yo-Yo Ma (Cello), Gabriela Montero (Klavier) und Anthony McGill (Klarinette) aufgeführt wurde. Darüber hinaus komponierte Williams immer wieder die Fanfaren für Olympische Spiele, so u.a. für die Sommerspiele 1984 in Los Angeles oder die Winterspiele 2002 in Salt Lake City, die Erkennungsmelodie der amerikanischen Nachrichtensendung NBC News und für das DreamWorks SKG-Logo.

Filmographie (Auswahl):
1959: Daddy-O
1960: I Passed for White
1960: Because They’re Young
1961: Geheime Wege (The Secret Ways)
1961: Bachelor Flat
1962: Der König von Hawaii (Diamond Head)
1963: Gidget Goes To Rome
1966: Wie klaut man eine Million? (How to Steal a Million)
1966: None But The Brave
1966: The Time Tunnel
1966: Finger weg von meiner Frau! (Not With My Wife, You Don't!)
1966: Penelope
1966: The Plainsman
1966: The Rare Breed
1967: Das Tal der Puppen (Valley Of The Dolls)
1967: Fitzwilly
1967: A Guide For The Married Man
1968: Heidi (Heidi, TV)
1969: Goodbye, Mr. Chips (Goodbye, Mr. Chips)
1969: Daddy's Gone A-Hunting
1969: Der Gauner (The Reivers)
1970: Jane Eyre – Eine Frau kämpft um ihr Glück (Jane Eyre, TV)
1970: Story Of A Woman
1971: Anatevka (Fiddler On The Roof)
1972: Spiegelbilder (Images)
1972: Die Cowboys (The Cowboys)
1972: Die Höllenfahrt der Poseidon (The Poseidon Adventure)
1972: Pete 'n' Tillie
1973: Zapfenstreich (Cinderella Liberty)
1973: Der Tod kennt keine Wiederkehr (The Long Goodbye)
1973: Der Mann, der die Katzen tanzen ließ (The Man Who Loved Cat Dancing)
1973: The Paper Chase
1974: The Cowboys (TV-Serie)
1974: Sugarland Express (The Sugarland Express)
1974: Erdbeben (Earthquake)
1974: Flammendes Inferno (The Towering Inferno)
1974: Conrack 1975: Der weiße Hai (Jaws)
1975: Im Auftrag des Drachen (The Eiger Sanction)
1976: Schlacht um Midway (Midway)
1976: Familiengrab (Family Plot)
1976: Duell am Missouri (The Missouri Breaks)
1977: Unheimliche Begegnung der dritten Art (Close Encounters of the Third Kind)
1977: Star Wars: Episode IV – Eine neue Hoffnung (Star Wars: Episode IV – A New Hope)
1977: Schwarzer Sonntag (Black Sunday)
1978: Der weiße Hai 2 (Jaws 2)
1978: Teufelskreis Alpha (The Fury)
1978: Superman
1979: Dracula
1979: 1941 – Wo bitte geht’s nach Hollywood? (1941)
1980: Star Wars: Episode V – Das Imperium schlägt zurück (Star Wars: Episode V – The Empire Strikes Back)
1981: Heartbeeps
1981: Jäger des verlorenen Schatzes (Raiders Of The Lost Ark)
1982: E. T. – Der Außerirdische (E.T. The Extraterrestrial)
1982: Monsignor
1983: Star Wars: Episode VI – Die Rückkehr der Jedi-Ritter (Star Wars: Episode VI – Return Of The Jedi)
1984: Indiana Jones und der Tempel des Todes (Indiana Jones And The Temple Of Doom)
1984: Menschen am Fluß (The River)
1986: SpaceCamp
1987: Die Hexen von Eastwick (The Witches Of Eastwick)
1987: Das Reich der Sonne (Empire Of The Sun)
1988: Die Reisen des Mr. Leary (The Accidental Tourist)
1989: Indiana Jones und der letzte Kreuzzug (Indiana Jones And The Last Crusade)
1989: Geboren am 4. Juli (Born On The Fourth Of July)
1989: Always – Der Feuerengel von Montana (Always)
1990: Stanley & Iris (Stanley And Iris)
1990: Aus Mangel an Beweisen (Presumed Innocent)
1990: Kevin – Allein zu Haus (Home Alone)
1991: Hook (Hook)
1991: JFK – Tatort Dallas (JFK)
1992: Kevin – Allein in New York (Home Alone 2: Lost In New York)
1992: In einem fernen Land (Far And Away)
1993: Jurassic Park (Jurassic Park)
1993: Schindlers Liste (Schindler’s List)
1995: Sabrina (Sabrina)
1995: Nixon (Nixon)
1996: Sleepers (Sleepers)
1997: Rosewood (Rosewood)
1997: Vergessene Welt: Jurassic Park (Lost World – Jurassic Park)
1997: Sieben Jahre in Tibet (Seven Years In Tibet)
1997: Amistad (Amistad)
1998: Seite an Seite (Stepmom)
1998: Der Soldat James Ryan (Saving Private Ryan)
1999: Star Wars: Episode I – Die dunkle Bedrohung (Star Wars: Episode I – The Phantom Menace) 1999: Die Asche meiner Mutter (Angela’s Ashes)
1999: The Unfinished Journey
2000: Der Patriot (The Patriot)
2001: A. I. – Künstliche Intelligenz (A.I. – Artificial Intelligence)
2001: Harry Potter und der Stein der Weisen (Harry Potter And The Sorcerer’s Stone)
2002: Star Wars: Episode II – Angriff der Klonkrieger (Star Wars: Episode II – Attack Of The Clones)
2002: Minority Report (Minority Report)
2002: Harry Potter und die Kammer des Schreckens (Harry Potter And The Chamber Of Secrets) 2002: Catch Me If You Can (Catch Me If You Can)
2004: Harry Potter und der Gefangene von Askaban (Harry Potter And The Prisoner Of Azkaban) 2004: Terminal (The Terminal)
2005: Star Wars: Episode III – Die Rache der Sith (Star Wars: Episode III – The Revenge Of The Sith)
2005: Krieg der Welten (War Of The Worlds)
2005: Die Geisha (Memoirs of a Geisha)
2005: München (Munich)
2008: Indiana Jones und das Königreich des Kristallschädels (Indiana Jones and the Kingdom of the Crystal Skull)
2011: Die Abenteuer von Tim und Struppi – Das Geheimnis der Einhorn (The Adventures of Tintin) 2011: Gefährten (War Horse)
Playlist:
1 John Williams - Raider' March (Indiana Jones) - 02:29
2 John Williams - Duel of the Fates (Star Wars - Episode I) - 04:14
3 John Williams - The Chamber of Secrets (Harry Potter and the Chamber of Secrets) - 03:49
4 John Williams - Dance Of the Witches (The Witches of Eastwick) - 04:46
5 John Williams - Main Theme (Jaws) - 02:16
6 John Williams - Adventures on Earth (E.T.) - 10:57
7 John Williams - Becoming A Geisha (Memoires Of A Geisha) - 04:52
8 John Williams - Catch Me If You Can (Catch Me If You Can) - 02:41
9 John Williams - Journey To The Island (Jurassic Park) - 08:51
10 John Williams - Theme From Angela's Ashes (Die Asche meiner Mutter) - 06:18
11 John Williams - End Credits (Stepmom) - 06:17
12 John Williams - A Happy Navorsky Ending! (The Terminal) - 02:47
13 John Williams - Main Theme (Hook) - 04:07
14 John Williams - End Credits (Munich) - 04:06
15 John Williams - The Rebel Fleet, End Title (Star Wars – Episode V) - 06:27
16 John Williams - Love Field: Dallas, November 1963 (Nixon) - 04:51
17 John Williams - Prologue (JFK) - 04:00
18 John Williams - The Early Days, Massapequa, 1957 (Born On The 4th Of July) - 04:59
19 John Williams - Redcoats At The Farm And The Death Of Thomas (The Patriot) - 04:58
20 John Williams - Sierra Leone, 1839 and The Capture Of Cinque (Amistad) - 03:38
21 John Williams - End Credits (Far And Away) - 06:39
22 John Williams - Main Title (Superman) - 04:27
23 John Williams - Seven Years In Tibet (Seven Years In Tibet) - 07:11
24 John Williams - Cadillac Of The Skies (Empire Of The Sun) - 04:58
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DIE 2. LANGE NACHT DER FILMMUSIK 02./03.03.2012 - KLASSIK IN DER FILMMUSIK

Seit die Bilder 1895 laufen lernten, sind sie von Musik begleitet gewesen. Bereits die ersten Stummfilmvorführungen vor einem größeren Publikum wurden von Klaviermusik begleitet, größere Kinos konnten sich sogar ein Orchester leisten. Durch die Musik wurde nicht nur der hohe Geräuschpegel der Projektoren übertönt, sondern sie erfüllte auch einen erzählerischen Zweck, indem die Grundstimmung der jeweiligen Szene durch Musik verstärkt und typische Handlungselemente mit passenden Standardstücken wie den „Hochzeitsmarsch“ von Felix Mendelssohn Bartholdy, den „Trauermarsch“ von Frédéric Chopin oder den „Liebestraum“ von Franz Liszt.

„Klassiker und Salonmusik des 19. und frühen 20. Jahrhunderts, für die es regelmäßig Klavierbearbeitungen gab, wenn es nicht von vornherein Klavierkompositionen waren, bilden das Hauptrepertoire. Im Druck erschienen Kompendien, die Musikstücke (‚Cue-Sheets‘) für die Filmillustration enthielten. Eigens für einzelne Filme geschriebene Musik findet sich selten“, heißt es in „Reclams Sachlexikon des Films“ (Reclam, 2007, S. 218). „Spätestens in den 20er Jahren ließen sich also zwei Arten von Filmmusik unterscheiden – diese Differenzierung gilt im Wesentlichen bis heute: die Werkkompilation, die Zusammenstellung unabhängig von der Produktion existierender Kompositionen, die passend zum Filmgeschehen ausgewählt werden, und die originale Filmkomposition, die eigens für einen bestimmten Film geschaffen wird.“
Lange Zeit orientierte sich die Stilistik der meisten Filmkompositionen an die Klassik, Romantik und frühe Moderne an, so dass es wenig verwundert, dass Zitate in der Filmmusik überwiegend auf Werke großer Meister verweisen, wie Gustav Mahlers Satz aus der Fünften Sinfonie in Luchino Viscontis „Tod in Venedig“ (1971) oder Mozarts Klarinettenkonzert in Sydney Pollacks „Jenseits von Afrika“ (1985).
Der 2. Satz aus Mozarts „A-Dur-Klarinettenkonzert“ (KV622) spielt in dem Film insofern eine tragende Rolle, da es das Lieblingsstück der Ich-Erzählerin, der von Meryl Streep dargestellten dänischen Schriftstellerin Tania Blixen ist.
„Musikalisch fungiert Mozarts Musik nicht nur als klingende Liebeserklärung, sondern ebenso als klingende Metapher für eine Art Traumzustand, in den sich die Erzählerin immer wieder selbst hineinversetzt, wenn ihr die raue afrikanische Realität über den Kopf zu wachsen droht“, fasst Simon Büttgenbach in „Einsatz und Verarbeitung klassischer Musik in Filmen“ (Grin, S. 5).
Ähnlich wirkungsvoll setzt Peter Weir klassische Musik in „Der Club der toten Dichter“ ein. Als der neue Lehrer John Keating mit den Internatsjungs ausgelassen Fußball spielt, unterstreicht Beethovens 5. Satz seiner beliebten 9. Symphonie die Atmosphäre der Freude und Ausgelassenheit auf dem Spielfeld, wo die Jungen die straffen Regeln des Internats ausblenden können.
Berühmt ist der Einsatz klassischer Musik vor allem in Stanley Kubricks Meisterwerk „2001 – Odyssee im Weltraum“ mit Richard Strauss‘ „Also sprach Zarathustra“ oder Johann Strauss II mit dem Wiener Walzer „An der schönen blauen Donau“.
Playlist:
1 Wolfgang Amadeus Mozart - Symphony No.25, S.1, KV 183 (Amadeus) - 07:52
2 Dimitri Shostakovich - Waltz No.2 from Jazz Suite (Eyes Wide Shut) - 03:41
3 Giacomo Puccini - Finalmente Mia! (James Bond – Quantum Of Solace) - 05:08
4 Paul Dukas - The Sorcerer's Apprentice (Fantasia) - 09:19
5 Ludwig v. Beethoven - Symphony No.7, S.2 (King's Speech) - 05:03
6 Claude Debussy - Suite Bergmanesque „Claire de Lune“ (Darjeeling Limited) - 04:11
7 J.S. Bach - Cello Suite No.1, Prelude (Master and Commander) - 05:18
8 Richard Wagner - Proloque aus Tristan und Isolde (Melancholia) - 08:08
9 Frédéric Chopin - Nocturne in E minor, Op. 72, No. 1 (Der Pianist) - 06:28
10 Gaetano Donizetti - Una Furtiva Lagrima (Match Point) - 05:22
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Freitag, 24. Februar 2012

Playlist # 79 vom 26.02.12 - DENZEL WASHINGTON Special

Denzel Washington zählt zu den vielseitigsten Darstellern in Hollywood und darf sich rühmen, als überhaupt erst zweiter schwarzer Schauspieler nach Sidney Poitier mit einem Oscar® prämiert worden zu sein. Seit dem 23. Februar ist der wandlungsfähige Washington in dem Thriller „Safe House“ zu sehen, in dem er einen ehemaligen CIA-Agenten spielt, der in einem Safe House im südafrikanischen Kapstadt um sein Leben fürchten muss.

Als Sohn eines Predigers und einer Kosmetikerin wuchs der am 28. Dezember 1954 in Mount Vernon, New York, geborene Denzel Washington in der Bronx auf, bis er im Alter von 14 Jahren mit seinen beiden Geschwistern auf ein Internet geschickt wurde, um nicht dem Scheidungsprozess der Eltern ausgesetzt zu werden. Nach seinem Schulabschluss begann er ein Medizinstudium, wechselte nach zwei Jahren aber zum Fachbereich Journalismus/Dramaturgie. Mit einem Bachelor of Arts zog es Washington nach San Francisco, wo er am American Conservatory Theater ein Jahr lang die Schauspielkunst erlernte. Zurück in New York feierte Washington Erfolge auf der Theaterbühne, so in den Off-Broadway-Stücken „A Soldier’s Play“ mit der Negro Ensemble Company (1981), „When The Chicken Comes Home To Roost“, „One Tiger To A Hill“ und „Man and Superman“, bis er 1988 in Ron Milners „Checkmates“ sein Broadway-Debüt feiern durfte. Doch schon während seiner Theaterpräsenz trat Washington in einigen Fernsehproduktionen auf. Nach einer kleinen Rolle in der von NBC produzierten Autobiographie „Wilma“ (1977) und einer Rolle als unehelicher Sohn eines reichen weißen Mannes in Michael Schultz‘ „Eine schöne Bescherung“ (1981) erlangte der Schauspieler nationale Bekanntheit als charmanter Dr. Phillip Chandler in der Krankenhaus-TV-Serie „Chefarzt Dr. Westphall“ (1982-1988).
Bereits mit seinen ersten Kinorollen machte Denzel Washington auf sich aufmerksam. Nach einem bemerkenswerten Auftritt in Norman Jewisons „Sergeant Waters – Eine Soldatengeschichte“ (1984) erhielt Washington durch seine beeindruckende Darstellung des Bürgerrechtlers Steve Biko in Richard Attenboroughs Apartheitsdrama „Schrei nach Freiheit“ (1987) seine erste Oscar®-Nominierung. Für seine Rolle des rebellischen Sklaven Trip in Edward Zwicks Bürgerkriegsdrama „Glory“ (1989) wurde Washington schließlich als bester Nebendarsteller mit einem Golden Globe und Oscar® geehrt.
Es folgten anschließend zwar einige weniger erfolgreiche Filme wie „Der Chaoten-Cop“ (1990) und Spike Lees „Mo Better Blues“ (1990), doch in ihrem nächsten gemeinsamen Projekt, der Biographie-Verfilmung „Malcolm X“ (1992) glänzte Washington wieder als legendärer Bürgerrechtler. Als engagierter Journalist Gray Grantham in Alan J. Pakulas John-Grisham-Verfilmung „Die Akte“ (1993) überzeugte Denzel Washington ebenso wie als Rechtsanwalt in Jonathan Demmes AIDS-Justiz-Drama „Philadelphia“ (1993) und in Penny Marshalls Romanze „Rendezvous mit einem Engel“ (1996) an der Seite der jüngst verstorbenen Whitney Houston.
Mit „Glory“-Regisseur Edward Zwick arbeitete Washington erneut bei dem Kriegs-Drama „Mut zur Wahrheit“ (1996) zusammen, dann folgte Gregory Hoblits Mystery-Thriller „Dämon“ (1998) und Phillip Noyces Leinwandadaption von Jeffery Deavers Thriller-Bestseller „Der Knochenjäger“ (1999). Seine nächste Oscar®-Nominierung erhielt Denzel Washington für seine Darstellung des Boxers Rubin Carter in Norman Jewisons „Hurricane“ (1999), für seine Verkörperung des brutalen Polizisten Alonzo Harris in Antoine Fuquas „Training Day“ (2001) bekam er die begehrte Trophäe erstmals in der Kategorie „Bester Hauptdarsteller“.
Es folgten Auftritte in Nick Cassavetes‘ Drama „John Q – Verzweifelte Wut“ (2002) und in Jonathan Demmes Remake „Der Manchurian Kandidat“ (2004). Nach dem Auftakt mit  "Crimson Tide" (1995) wurde 2004 mit „Mann unter Feuer“ die langjährige Zusammenarbeit mit Regisseur Tony Scott fortgesetzt, die mit den Filmen „Déjà Vu“ (2006), „Die Entführung der U-Bahn Pelham 123“ (2009) und „Unstoppable“ (2010) intensiviert wurde. Zwischenzeitlich stand Washington auch für Tonys Bruder Ridley Scott in dem Gangster-Epos „American Gangster“ (2007), in Spike Lees „Inside Man“ (2006) und in dem Endzeit-Drama „The Book of Eli“ (2010) vor der Kamera. 
Seit einigen Jahren betätigt sich Denzel Washington auch als Regisseur. Sein Debüt feierte er mit dem autobiographischen Drama „Antwone Fisher“ (2002), dann inszenierte er „The Great Debaters“ (2007).

Filmographie: 
1977: Wilma
1979: Flesh & Blood
1981: Eine schöne Bescherung (Carbon Copy)
1982–1988: Chefarzt Dr. Westphall (St. Elsewhere) (Fernsehserie)
1984: Sergeant Waters – Eine Soldatengeschichte
1984: License to Kill
1986: The George McKenna Story
1986: Power – Weg zur Macht
1987: Schrei nach Freiheit (Cry Freedom)
1988: Für Königin und Vaterland (For Queen & Country)
1989: Glory
1989: Deadly Heroes - Tödliche Bedrohung
1989: Big Bad Man / Mord in der Karibik (The Mighty Quinn)
1990: Mo' Better Blues
1990: Der Chaoten-Cop (Heart Condition)
1991: Ricochet – Der Aufprall (Ricochet)
1991: Mississippi Masala
1992: Malcolm X
1993: Viel Lärm um nichts (Much Ado About Nothing)
1993: Die Akte (The Pelican Brief)
1993: Philadelphia
1994: Hank Aaron: Chasing the Dream (Dokumentarfilm)
1995: Virtuosity
1995: Teufel in Blau (Devil in a Blue Dress)
1995: Crimson Tide – In tiefster Gefahr
1996: Rendezvous mit einem Engel (The Preacher's Wife)
1996: Mut zur Wahrheit (Courage Under Fire)
1997: Happily Ever After: Fairy Tales for Every Child
1997: Mother Goose: A Rappin' and Rhymin' Special
1998: Spiel des Lebens (He Got Game)
1998: Ausnahmezustand (The Siege)
1998: Dämon – Trau keiner Seele (Fallen)
1999: Der Knochenjäger (The Bone Collector)
1999: Hurricane (The Hurricane)
2000: Gegen jede Regel (Remember the Titans)
2001: Training Day
2002: Antwone Fisher (auch Regie)
2002: John Q – Verzweifelte Wut (John Q.)
2003: Out of Time – Sein Gegner ist die Zeit
2004: Der Manchurian Kandidat (The Manchurian Candidate)
2004: Mann unter Feuer (Man on Fire)
2005: What It Takes
2006: Inside Man
2006: Déjà Vu – Wettlauf gegen die Zeit
2007: American Gangster
2007: The Great Debaters (auch Regie)
2008: We Have a Dream
2009: Die Entführung der U-Bahn Pelham 123 (The Taking of Pelham 123)
2010: The Book of Eli
2010: Unstoppable – Außer Kontrolle
2012: Safe House

Playlist: 
1 Ramin Djawadi - I'll Take It From Here (Safe House) - 05:47
2 Terence Blanchard - Flashback (Malcolm X) - 04:19
3 Terence Blanchard - Frazier's Tour (Inside Man) - 04:55
4 Howard Shore - The Missing Document (Philadelphia) - 04:45
5 James Horner - Call To Arms (Glory) - 03:08
6 Patrick Doyle - Overture (Much Ado About Nothing) - 04:21
7 James Horner - The Killing (The Pelican Brief) - 03:17
8 Christopher Young - Nerve Net (Virtuosity) - 05:26
9 Hans Zimmer - Mutiny (Crimson Tide) - 08:57
10 Hans Zimmer - The Preacher's Wife Overture (The Preacher's Wife) - 03:20
11 James Horner - Hymn (Courage Under Fire) - 03:39
12 Graeme Revell - The FBI Building (The Siege) - 03:06
13 Graeme Revell - Domestic Violence (Out Of Time) - 01:30
14 Craig Armstrong - Main Title (The Bone Collector) - 04:02
15 Christopher Young - The Hurricane (The Hurricane) - 03:47
16 Aaron Zigman - Operation/Montage (John Q) - 04:07
17 Rachel Portman - "I Am The Enemy, Major Marco" (The Manchurian Candidate) - 03:45
18 Harry Gregson-Williams - Algiers Ferry (Déjà Vu) - 03:06
19 Harry Gregson-Williams - Something On The Track (The Taking Of Pelham 123) - 04:38
20 Harry Gregson-Williams - Stanton, PA (Unstoppable) - 03:33
21 Marc Streitenfeld - Hundred Percent Pure (American Gangster) - 02:12
22 James Newton Howard & Peter Golub - Who's Next? (The Great Debaters) - 03:37
23 Atticus Ross - Panoramic (The Book Of Eli) - 07:12
24 Harry Gregson-Williams - The End (Man On Fire) - 09:34

Soundtrack Adventures with DENZEL WASHINGTON at Radio ZuSa by Dirk Hoffmann on Mixcloud

Freitag, 10. Februar 2012

Playlist # 78 vom 12.02.12 - UNDERWORLD Special

Seit das Horror-Genre vor einigen Jahren durch Wes Cravens „Scream“ revitalisiert worden ist, wurde der Fantasie der Filmemacher keine Grenzen gesetzt. Nachdem „Dracula“ ins 20. Jahrhundert katapultiert worden ist, Geisterhäuser eine schöne Renaissance feiern durften und alle Spielarten des Slasher-Horrors die Leinwand bevölkerten, schickt man nun die Ikonen und Gattungen des Genres aufeinander los. Nach „Freddy vs. Jason“ standen sich 2004 in „Underworld“ nun erstmals Vampire und Werwölfe gegenüber, die zu Klängen von Skinny Puppy, A Perfect Circle, David Bowie und The Damning Well ihren finalen Kampf ausgefochten haben.

Der Gothic-Look, den zuvor Ridley Scott in „Blade Runner“, Tim Burton in „Edward mit den Scherenhänden“, Alex Proyas in „The Crow“ und die Wachowski-Brüder in der „Matrix“-Trilogie salonfähig gemacht haben, erobert mit „Underworld: Awakening“ nun bereits zum vierten Mal die Kinoleinwand. Regiedebütant Len Wiseman inszenierte mit „Underworld“ das Finale eines seit Jahrhunderten tobenden Kampfes zwischen Vampiren und Werwölfen, die ihre Gegner nicht mit Holzpflöcken oder Kreuzen angreifen, sondern sich modernster Waffen bedienen. Auf der Seite der Vampire steht die gefährlich schöne Kriegerin Selene (Kate Beckinsale) unter der Führung des machthungrigen Kraven. Sie werden von einer Horde brutaler Werwölfe gejagt, wobei mit Michael auch ein unschuldiger Mensch aus Fleisch und Blut involviert wird. Die visuell beeindruckende Schlacht der mythischen Horror-Geschöpfe mit Romeo-und-Julia-Touch wartet dabei mit einem exzellenten Soundtrack auf. Während der ehemalige Tangerine-Dream-Musiker Paul Haslinger, der zuvor noch eng mit Hollywood-Kollege Graeme Revell an Filmen wie "Verhandlungssache" und "Blow" zusammenarbeitete, den atmosphärischen und pulsierenden Score komponierte, wurde niemand Geringerer als Danny Lohner (Nine Inch Nails) mit der Produktion des Soundtrack-Samplers beauftragt.
Zwar hat es sich mittlerweile eingebürgert, dass Soundtracks zu Horror Movies mit einer Alternative-Rock-Auswahl gerade das Musik-interessierte junge Kinopublikum zu ködern versuchen, aber selten genug beauftragt man dabei einen Musiker aus der Szene, um den Soundtrack zusammenzustellen. „Unser Soundtrack ist ein wenig anders als die üblichen Song-Kopplungen zu anderen Filmen“, betont Danny dann auch gleich, „weil fast alle Stücke auf 'Underworld' eben nur auf diesem Soundtrack zu finden sind. Wir haben keine Songs von bereits veröffentlichten Alben aufgepickt, sondern wir wollten eine ganz besondere Stimmung für diesen Soundtrack kreieren. Es ist so ein richtiger Soundtrack für Halloween, von dem wir hoffen, dass man ihn gut in einem Stück anhören kann. Es sind viele melancholische Sachen drauf und nicht nur die modernen Nu-Metal-Geschichten.“
Besondere Aufmerksamkeit verdienen dabei gleich die ersten beiden Tracks von relativ neuen Projekten. The Damning Well ist nämlich die Fusion von Limp Bizkits Wes Borland, Filters Richard Patrick, Danny Lohner und Josh Freese, während bei Puscifer Danny Lohner und Maynard James Keenan (Tool, A Perfect Circle) zusammenfanden. Aber auch Skinny Puppy sind mit einem exklusiven Song namens „Optimissed“ vertreten, der nahtlos an „The Process“ anschließt, dazu gibt es Remixe von David Bowies „Bring Me The Disco King“ und zwei A-Perfect-Circle-Tracks. Unter dem Pseudonym Renholder (rückwärts für red. Lohner, sprich: regarding Lohner, ein Spitzname, den Danny von A Perfect Circle verpasst bekam) komponierte Danny auch noch ein paar atmosphärische Score-Cues.
„Was an dem Soundtrack interessant war, war der Umstand, dass wir ihn für eine Independent-Firma namens Lakeshore gemacht haben, die ihr eigenes Soundtrack-Department haben. Sie gaben mir alle Freiheiten zu tun, was ich für richtig hielt. Wir hatten natürlich nicht so viel Geld zur Verfügung, aber wir wollten vor allem einen coolen und nicht kommerziellen Soundtrack machen. Als ich den Leuten Teile des Films zeigte und ihnen erzählte, was mir vorschwebte, waren alle gleich begeistert und unterstützten mich auf jede Art und Weise. Die meisten Songs nahmen wir bei mir zuhause und in einigen anderen Home Studios auf, was die Kosten erheblich reduzierte. Maynard und ich haben seit einiger Zeit das Projekt Puscifer am Laufen, und der Film gab uns die Möglichkeit, endlich unseren ersten Song einzuspielen“, meint Danny. „Am meisten beeindruckt hat mich die Tatsache, wie einfach das Arbeiten mit den Künstlern gewesen ist. Obwohl das alles sehr bekannte Namen sind, die viel Geld verdienen, war es für sie kein Problem, in mein Studio zu kommen, etliche Entbehrungen in Kauf zu nehmen, um coole Musik für einen coolen Film zu machen.“
Von der Kritik wurde „Underworld“ allerdings gespalten aufgenommen. Einig war man sich einzig über den coolen Look des apokalyptischen Gemetzels.
„So schwelgt ‚Underworld‘ von der ersten Minute an in einer martialischen, rasant geschnittenen und visuell in makelloser Videoclip-Ästhetik, die völlig vergessen lässt, mit was für einem für Hollywoodverhältnisse geradezu minimalistischen Budget der Streifen realisiert wurde. Zur entsprechenden Visualisierung entschied sich Wiseman für hyperkinetische Kamera- und Schnittarbeit, was es manchmal schwer macht, die in stimmigstem Schwarzblau aufgenommen Bilder in ihrer vollen Pracht wahrzunehmen. Die zeitweise eingesetzte schwindelerregende Beschleunigung, wenn beispielsweise die Kamera aus den Augen eines laufenden Werwolfs blickt, oder die Zeitlupe der Schusswechsel unterstreichen den offensichtlich gewünschten Videogame-Effekt. Dem Diktat des Markts passt sich auch der hämmernde Soundtrack von Rap, Metal und Industrial an, der den aggressiven Horroractioner auch auf akustischer Ebene mit einer kompromisslosen Dosis an Adrenalin anreichert“, urteilt Johannes Pietsch auf filmstarts.de. „Die Britin Kate Beckinsale bildet den attraktiven Mittelpunkt des dynamischen Geschehens. Als Vampirin Selene, die in lasziv hautenger Latex- und Lederkluft und bewaffnet mit zwei großkalibrigen Kanonen Jagd auf die verhassten Lycaner macht, die einst ihre Familie ermordeten, stellt sie die idealtypische weibliche Variante all jener schwarz gewandeter Rächer der Nacht von ‚Batman‘ bis zu ‚Blade‘ dar, die seit einem traumatisierenden Verlust die dafür Verantwortlichen zur Strecke bringen.“ 
Nachdem „Underworld“ das Fünffache seines Produktionsbudgets eingespielt hatte, war das Sequel natürlich vorprogrammiert. Mit den bekannten Charakteren aus dem ersten Teil, aber etwas anderem Look und mehr Action durfte Kate Beckinsale wieder auf Werwolf-Jagd gehen. Bis vor kurzem war die Todeshändlerin Selene (Kate Beckinsale) davon überzeugt, dass Werwölfe ihre Familie ausgerottet haben und sie selbst von Viktor, einem der drei Vampir-Ältesten, gerettet wurde. Daraufhin konvertierte sie zu den Blutsaugern und verschrieb ihr Leben dem Abschlachten von Lykanern.
Am Ende von „Underworld“ kam sie hinter das Geheimnis, dass Viktor ihre Familie abgeschlachtet hatte, wofür er schließlich mit einem sauber gespaltenen Schädel bezahlen musste. Sie wandte sich von ihrem Orden ab, als sie den Hybriden Michael rettete, der von den Lykanern auf ihre Seite gezogen werden sollte. Zusammen mit Michael, der mittlerweile die Kräfte des Werwolfs und des Vampirs in sich vereint, will Selene die ganze Geschichte der Blutfehde zwischen den Vampiren und Lykanern enträtseln und sucht dazu den offiziellen Chronisten des Vampirordens, Adrian Tanis, auf. Dort erfährt sie, dass nicht Marcus oder Viktor die obersten Herrscher ihres Clans sind, sondern Alexander Corvinus (Derek Jacobi), Vater der beiden Zwillingsbrüder Marcus und William. Corvinus ließ den Werwolf William für den Rest seines Lebens einkerkern und vertraute darauf, dass die Blutlust von Marcus ausreichen würde, seine Weltherrschaft zu sichern. Marcus befreit seinen Bruder schließlich und löst damit eine Kette weiterer blutiger Schrecken aus, in deren Wirren sich Selene und Michael endlich näher kommen …
„Zu Beginn des Films ist Selene sehr verwirrt“, rekapituliert Kate Beckinsale ihre Rolle. „Alles, was sie dachte, dass seit Jahrhunderten wahr sei, ist falsch gewesen. Sie tötete unzählige Werwölfe aus Rache, die komplett unangebracht war. Und nun, nachdem sie Viktor getötet hat und sich selbst von den Vampiren lossagte, ist Michael ihr einziger Verbündeter, der selbst mit der Tatsache zu kämpfen hat, dass er ein Hybrid geworden ist.“
Während gewöhnliche Sequels meist nicht mehr als einen wenig originellen Abklatsch des Originals darstellen, versuchten die Filmemacher, allen voran Regisseur und Beckinsale-Ehemann Len Wiseman, die Geschichte von „Underworld“ weiterzuerzählen. Dazu zählt vor allem die sich weiter entwickelnde Beziehung zwischen Selene und Michael. „Ich habe den ersten Film mit Absicht mit dem Anfang der Beziehung beendet“, enthüllt Len Wiseman seinen Masterplan. „Es gab diesen Romeo-und-Julia-Aspekt in der Geschichte von Lucian und seiner Vampir-Liebe Sonja, und dann mit Selene und Michael. Selene hasst die Menschen, so dass der Beziehung keine echte Chance gegeben wurde, bis der Film endete. Am Ende des Films haben die Leute dann spekuliert: Wird es eine Beziehung geben? Wie würde sie dann aussehen?“
Interessanterweise inszenierte Wiseman das Horror-Spektakel nicht als mythisch verwurzeltes Drama, sondern als modernes, eher wissenschaftlich ausgerichtetes Action-Drama mit Figuren aus der Typologie des Grauens. „Ich bin kein großer Fan der alten Filme und Legenden“, gibt Wiseman zu. Statt sich an den Klassikern der amerikanischen Universal-Ära in den 30ern und 40ern bzw. der Hammer-Produktionen aus den 60ern und 70ern zu orientieren, ließ der junge Regisseur allen religiösen Hokuspokus beiseite und stellt die Herrschaftslinie der Vampire als Resultat eines genetischen Defekts dar.
„Ich halte nichts von den religiösen Vampiren, denen man ein Kreuz vors Gesicht hält und die dann zu Staub zerfallen. Ich betrachte sie als Fantasy-Vampire, während in meiner Welt wirkliche Vampire existieren. Es geht dabei mehr um eine seltene Blutkrankheit, eine Seuche, statt um etwas allzu Fantastisches. Ich wollte etwas anderes sehen, also entwickelte ich ‚Underworld’ als geradlinigen Actionfilm mit diesen Horror-Charakteren. Es ist ja so: Wenn du dich an die Regeln hältst, erreichst du irgendwann den Punkt, wo jeder sagt, dein Film ist langweilig, das hat man alles schon gesehen. Natürlich haben sie das, weil die Leute angepisst sind, wenn die Regeln geändert werden. Aber ich ändere gern die Regeln. Und es gibt gewisse Dinge, gegen die ich nichts habe. Wenn Vampire nicht davon leben würden, Blut zu trinken, warum sollte ich dann Vampire nehmen? Werwölfe haben etwas mit dem Mond zu tun. Aber ich wollte keine religiösen Elemente in ‚Underworld’. Vampire haben keinen Bezug zu irgendeiner Religion, sie sind keine Dämonen. Es gibt nur dieses Virus, das sich verbreitet und eine Blutkrankheit darstellt. Ich wollte einen Weg finden, etwas anderes zu machen. Manche Leute mögen das, andere nicht.“ 
Das eigensinnige Konzept funktionierte. Nachdem „Underworld“ bereits vor DVD-Veröffentlichung das Fünffache seines Budgets eingespielt hatte, plante man schnell das Sequel, das sich etwas vom blau-monochromen Underground-Look des Vorgängers abheben sollte. Zwar ist auch der Look von „Underworld: Evolution“ in meist blauen Tönen gehalten, wirkt aber schon dadurch etwas farbenfroher und heller, weil das Geschehen nicht mehr in der Stadt und seinen verborgenen Winkeln spielt, sondern nach draußen in die Natur verlegt worden ist.
„Der Film verfügt über etwas mehr Farbe, aber in verschiedenen Umgebungen“, erzählt Wiseman. „’Underworld’ war noch sehr urban und klaustrophobisch, während dieser Film sich öffnet. Er ist auf der Flucht. Er spielt draußen, in den Bergen. Ich wollte nicht den gleichen Film noch einmal drehen.“ Und der Schluss von „Underworld: Evolution“ ist zum Glück so gestaltet, dass die Option für ein weiteres Sequel natürlich offen bleibt … „Natürlich machen wir uns schon Gedanken darüber, es gibt eine Menge Fragen. Wir sind in der gleichen Situation wie beim ersten Film, als wir uns fragten, ob es einen zweiten geben wird. Ob es genügend Interesse an einer Fortsetzung gibt und ob die Fans begeistert sind … Ich denke, viele Leute mögen die Geschichte, die wir entwickelt haben, da es nicht mehr viele Filme gibt, die so einen Hintergrund bieten“, meint Wiseman.

Im Prequel „Underworld: Aufstand der Lykaner“ (2009) kehrte die Geschichte zurück zu den Anfängen der jahrhundertealten Blutfehde zwischen den aristokratischen Vampiren (Death Dealer) und ihren einstigen Sklaven, den barbarischen Lykan-Werwölfen. In diesen finsteren Zeiten erhebt sich der junge Lykaner Lucian (Michael Sheen) zum Revolutionsführer im Kampf gegen den grausamen Vampirkönig Viktor (Bill Nighy), der die Lykaner seit hunderten von Jahren verfolgt. In seinem Kampf wird Lucian von seiner heimlichen Liebe, der schönen Vampirfrau Sonja (Rhona Mitra), unterstützt. Der renommierte Special Effects- und Creature-Designer Patrick Tatopoulos („Underworld“, Underworld: Evolution“, „I, Robot“, „I am Legend“), der in den ersten beiden Filmen von 2003 und 2006 bereits die Kreaturen schuf, übernahm die Regie der neuesten Folge dieser stylischen Horror-Reihe. Bei der Kritik fiel das Prequel aber komplett durch:
‘Underworld‘ wusste seinerzeit als konsequenter Action-Comic-Gothic-Horror-Hybrid zu überzeugen, der gewohnte Seh- und Umgangsformen mit Werwölfen und Vampiren auf den Kopf stellte. Kate Beckinsale, eskortiert von Scott Speedman, gab im Latexkostüm die Amazone, perfekt abgestimmt auf eine wirklich düstere blaustichige Nacht- und Unterwelt. Ein Sequel wärmte all das auf und nun befinden wir uns im per se düsteren Mittelalter, wo Obervampir Viktor (Bill Nighy) sich Lykaner zur Abwehr der Werwölfe züchtet. Da wir seit Spartakus wissen, dass Sklaven rebellieren und seit Shakespeare, dass sich die Töchter meist die falschen Liebhaber suchen, kommt es, wie es kommen musste. Im Gegensatz zu den überkomplexen Vorgängern ist ‚Aufstand der Lykaner‘ eher unterkomplex. Die Plot-Reduktion lässt sich schon daran erkennen, dass überhaupt nur eine Handvoll Sprechrollen auszumachen ist. Die Geschichte läuft in äußerst geraden und vorhersehbaren Bahnen, ohne dabei zu langweilen“, befindet Sascha Keilholz auf critic.de „Trotz des Schauplatz- und Zeitwechsels bleibt sich die Reihe optisch treu. ‚Aufstand der Lykaner‘ spielt ausschließlich in der naturgemäß düsteren Vampirburg und im nächtlichen Wald, beider Orts kommt es zu Auseinandersetzungen, die wie gewohnt mit gepflegter Brutalität ausgetragen werden. ‚Aufstand der Lykaner‘ ist ganz seinem Look und seiner Mittelalter-Monster-Comic-Action verschrieben.
“ Für das vierte „Underworld“-Abenteuer schlüpfte Kate Beckinsale wieder in das Lack-und-Leder-Kostüm, die Regie übernahmen bei "Underworld: Awakening" die Schweden Björn Stein und Måns Mårlind („Storm“, „Shelter“).
Nachdem sie zwölf Jahre lang in einem komatösen Zustand gehalten wurde, erfährt die Vampirin Selene (Kate Beckinsale), dass sie Mutter einer ebenso alten Tochter namens Eve (India Eisley) ist. Diese ist halb Vampir und halb Lykaner. Als Selene versucht den Mensch-Lykaner und vermeintlichen Vater Michael (Scott Speedman) zu finden, muss sie feststellen, dass die Welt nicht die ist, die sie einmal war. Denn nun sind es die Menschen, die die größten Feinde der Vampire sind. Seitdem die Menschheit von der Existenz der Vampire und Lykaner weiss, versucht sie beide auszurotten. Um dies zu verhindern, ziehen Selene und ihre neue Familie alle Register und wollen zu diesem Zweck ihrem größten Gegner, der Organisation Antigen, das Handwerk legen, die mit dem Erschaffen von Super-Lykanern den Tod aller bedeuten würden. Den Regisseuren war bewusst, wie viel Arbeit darin steckte, diese Saga erschaffen und über drei Filme hinweg konsequent weitererzählt zu haben. Sie haben großen Respekt vor dem Franchise.
„Die Filme basieren auf einer starken, interessanten und durchdachten Mythologie, weshalb wir von Anfang an Fans waren“, sagt Mårlind. „Hier geht es um universale Themen wie Liebe, Überleben und Tod. Wir nehmen das sehr ernst, aber gleichzeitig passieren unentwegt so viele coole Dinge, dass es nie aufgesetzt wirkt. Die Serie zeichnet sich aus durch eine gute Mischung aus Darstellungen und visuellem Stil. Das gefällt uns. Wir sehen uns weder nur als visuelle Regisseure oder nur als Schauspielerregisseure. Wir mögen beides.“ 
Das Hauptanliegen des Duos war es, so Stein, neue, spannende Elemente auf die Leinwand zu zaubern, während man das Beste aus der Vergangenheit beibehalten wollte. „Wir wollten dabei sein, weil das Drehbuch so gut war“, sagt Stein. „Das Konzept des Films weicht tatsächlich etwas von den früheren Teilen ab, also ist es ein Balanceakt. ‚Underworld Awakening‘ spielt nicht heute, er ist nicht in unserer Welt angesiedelt. Das war eine Herausforderung, weil wir eine völlig neue Welt erschaffen mussten, während man gleichzeitig immer sofort erkennen sollte, dass es sich um einen ‚Underworld‘-Film handelt, der sich der Reihe absolut verpflichtet fühlt.“
"Und auch wenn Mårlind und Stein sich hin und wieder dem Waffen-, Lack- und Lederfetischismus ergeben, der zum Markenzeichen des Franchises geworden ist, so präsentieren sie doch mehr Schauwerte als nur phallisch in den Zuschauerraum ragende Pistolenläufe", findet Tim Slagman auf gamona.de. "Wilde, blutige Action-Choreographien in dunkelster Nacht haben die Filmemacher entworfen, und sie beweisen dabei ein erstaunliches Gefühl für Rhythmus und Bewegung, Montage und Raum."
Wie in den vorangegangenen „Underworld“-Filmen spielt auch in Teil 4 die Musik eine tragende Rolle. Für den Score zeichnet wieder Paul Haslinger verantwortlich, der mit seiner Musik zum ersten „Underworld“-Film den Durchbruch als Filmkomponist in Hollywood erzielte. Ergänzt wird die Score-Veröffentlichung erneut durch eine Song-Compilation mit Beiträgen von Hochkarätern wie The Cure, Evanescence, Linkin Park, Lacuna Coil, Ministry und Combichrist.
Playlist:
1 The Cure - Apart (Renholder Remix) (Underworld: Awakening - Soundtrack) - 06:39
2 Paul Haslinger - Deathdealers Deploy (Underworld - Score) - 02:16
3 Milla - Rocket Collecting (Underworld - Soundtrack) - 05:44
4 Slipknot - Vermillion Pt 2 (Bloodstone Mix) (Underworld: Evolution - Soundtrack) - 03:39
5 Puscifer - REV 22:20 (Underworld - Soundtrack) - 04:41
6 Paul Haslinger - Bloodlines (Underworld - Score) - 05:11
7 Renholder - Down In The Lab (Underworld - Soundtrack) - 01:48
8 Paul Haslinger - Eternity And A Day (Underworld - Score) - 04:07
9 David Bowie - Bring Me The Disco King (Loner Mix) (Underworld - Soundtrack) - 06:08
10 Paul Haslinger - Keep Watch Over The Night (Underworld - Score) - 05:37
11 Marco Beltrami - Corvin's Crusin' Crypt (Underworld: Evolution - Score) - 03:13
12 Paul Haslinger - Sonja's Trial And Execution (Underworld: Rise of the Lycans - Score) - 05:26
13 Hole In The Earth - Deftones (Renholder Remix) (Underworld: Rise of the Lycans - Soundtrack) - 03:47
14 The Naked And The Famous - Young Blood (Renholder Remix) (Underworld: Awakening - Soundtrack) - 04:09
15 Genghis Tron - Board Up The House (Renholder Remix) (Underworld: Rise of the Lycans - Soundtrack) - 04:19
16 William Control - The Posthumous Letter (Underworld: Awakening - Soundtrack) - 04:06
17 Thrice - Broken Lungs (Legion of Doom Remix) (Underworld: Rise of the Lycans - Soundtrack) - 04:48
18 Civil Twilight - How'm I Supposed to Die (Underworld: Awakening - Soundtrack) - 03:21
19 Paul Haslinger - The Purge (Underworld: Awakening - Score) - 03:02
20 Paul Haslinger - The Rise of the Lycans (Precious Cargo Remix) (Underworld: Rise of the Lycans - Score) - 03:54
21 Paul Haslinger - This Is Not One of Us (Underworld: Awakening - Score) - 03:20
22 Alkaline Trio - Over and Out (Renholder Remix) (Underworld: Rise of the Lycans - Soundtrack) - 03:29
23 Paul Haslinger - A New Dawn (Underworld: Awakening - Soundtrack) - 03:36
24 Sarah Bettens - All of this Past (Underworld - Soundtrack) - 04:28
25 The Cure - Underneath The Stars (Renholder Remix) (Underworld: Rise of the Lycans - Soundtrack) - 03:36
26 Puscifer - The Undertaker (Renholder Remix) (Underworld: Evolution – Soundtrack) - 03:57
27 Paul Haslinger - If You Knew Him As I Did (Underworld: Awakening - Score) - 03:47

Mittwoch, 25. Januar 2012

Playlist # 77 vom 29.01.12 - GABRIEL YARED Special

Angelina Jolie hat sich für ihr Regiedebüt mit Gabriel Yared einen prominenten Komponisten ins Boot geholt, der eine äußerst ungewöhnliche Biografie aufweist. Der libanesische Komponist wurde am 7. Oktober in Beirut geboren und kam als Siebenjähriger erstmals mit Musik in Berührung, als sein Vater ihn am Akkordeon lernen ließ. Im Alter von elf Jahren begann Yared sich mit Musiktheorie auseinanderzusetzen und Klavierunterricht zu nehmen.

Als 14-Jähriger übernahm er als Organist den Platz seines verstorbenen Mentors an der Universität Saint Joseph in Beirut ein und hatte Zugang zur großen musikalischen Bibliothek der Jesuitenschule, wo er sich mit den Werken von Komponisten wie Johann Sebastian Bach, Robert Schumann, Franz Liszt, Olivier Messiaen und César Franck auseinandersetzte. Nach seinem Schulabschluss studierte Yared an der Universität Saint Joseph Rechtswissenschaft, betrieb aber weiterhin seine musikalischen Studien. Mit zwanzig Jahren legte Yared die Rechtswissenschaft ad acta und konzentrierte sich auf seine musikalische Laufbahn. Er reiste 1969 nach Paris und besuchte als nicht immatrikulierter Student an der Ecole Normale de Musique den Unterricht von Henri Dutilleux und Maurice Ohana. Als Yared 1971 nach Brasilien ging, um seinen Onkel zu besuchen, blieb er gleich anderthalb Jahre, um zu komponieren und mit einem kleinen Orchester in einem Nachtclub aufzutreten. Auf der Heimreise nach Libanon blieb er in Paris hängen, wo er als Songwriter Fuß zu fassen versuchte, aber Yared tat sich vor allem als gefeierter Dirigent hervor. Er arbeitete mit Johnny Hallyday, Sylvie Vartan, Enrico Macias, Charles Aznavour und Gilbert Bécaud zusammen und versuchte, weniger zu dirigieren und mehr zu komponieren und zu produzieren.
Nach Aufträgen für die Werbung, für Radio- und TV-Jingles komponierte Yared 1975 für Samy Pavels „Miss O‘Gynie ou les hommes fleurs“ erstmals Musik für einen Film, was für den stark kurzsichtigen und introvertierten Künstler eine besondere Herausforderung war, da er sich für das Medium Film nicht besonders interessierte. Statt von den Bildern ließ sich Yared durch die Worte und seine Einbildungskraft inspirieren. Auf diese Weise entstand auch die Filmmusik für Godards „Rette sich, wer kann“ (1980), denn Yared komponierte die Musik, ohne eine Szene des Films gesehen zu haben, sondern allein auf der Basis, was Godard und der Komponist zuvor miteinander abgesprochen haben.
Yared schrieb auch in den folgenden Jahren die Musik meist vor und während der Dreharbeiten, um sich seine kreativen Freiheiten zu bewahren. 1987 erhielt er eine Nominierung für den César (das französische Äquivalent zum Oscar) für die Filmmusik zu Jean-Pierre Mockys „Agent Trouble – Mord aus Versehen“ und konnte den Preis 1989 für den Soundtrack zu Bruno Nuyttens Künstlerbiopic „Camille Claudel“ auch gewinnen, ebenso für die Arbeit zu Jean-Jacques Annauds „Der Liebhaber“. Seinen größten Erfolg feierte Yared aber 1997 mit seiner Musik zu Anthony Minghellas Epos „Der englische Patient“, die u.a. mit einem Oscar, einem Golden Globe und einem Grammy ausgezeichnet wurde. Minghella arbeitete mit dem Komponisten auch bei seinen folgenden Filmen „Der talentierte Mr. Ripley“ und „Breaking & Entering“ zusammen.
Weniger erfreulich verlief die Zusammenarbeit mit Regisseur Wolfgang Petersen an dessen antiker Saga „Troja“. Die dunkle, rhythmische und kraftvolle Musik, die Yared komponierte, scheiterte bei den Testvorführungen und wurde durch James Horners Soundtrack ersetzt. Erst beim späteren Director’s Cut tauchte einige Sequenzen von Yareds Score wieder auf, den der Komponist auf seiner eigenen Website veröffentlichte.
2010 erhielt Gabriel Yared von der Europäischen Filmakademie den Preis für die beste europäische Leistung im Weltkino.
Angelina Jolies Spielfilmregiedebüt „In The Land Of Blood And Honey“ erzählt von einem christlichen Serben und einer muslimischen Bosnierin, die 1992 voneinander getrennt werden, als der bosnisch-serbische Bürgerkrieg ausbricht. Auf dem Soundtrack, dessen Erlöse teilweise den SOS-Kinderdörfern und der SOS-Familienhilfe in Bosnien und Herzegowina gespendet werden, sind neben drei Tracks aus dem Score von Gabriel Yared vor allem unterschiedliche Künstler aus dem Balkan zu hören.

Filmographie (Auswahl): 
1974: Miss O’Gynie et les hommes fleurs
1978: Jean-Christophe (TV-Serie)
1980: Rette sich, wer kann (das Leben) (Sauve qui peut la vie)
1981: Malevil (Film) (Malevil)
1982: Invitation au voyage (Einladung zu einer Reise)
1982: Interdit aus moins de 13 ans (Nicht jugendfrei)
1982: L’académie des 9 (TV-Serie)
1983: Sarah
1983: La lune dans le caniveau (Der Mond in der Gosse)
1983: Hanna K.
1984: La diagonal du fou (Duell ohne Gnade)
1986: Betty Blue – 37,2 Grad am Morgen (37,2 degrés le matin)
1987: Agent Trouble – Mord aus Versehen (Agent Trouble)
1987: Therapie zwecklos (Beyond Therapy)
1988: Camille Claudel
1989: Romero
1989: Tennessee Nights
1990: Vincent & Theo
1990: Tante Daniele
1990: Sheherazade – Mit 1001 PS ins Abenteuer (Les 1001 nuits)
1991: Der Liebhaber (L’amant)
1992: Flucht aus dem Eis (Map of the Human Heart)
1994: Wings of Courage (Guillaumet, les ailes du courage)
1995: Noir comme le souvenir
1996: Der englische Patient (The English Patient)
1997: Tonka
1998: Stadt der Engel (City of Angels)
1999: Message in a Bottle
1999: Der talentierte Mr. Ripley (The talented Mr. Ripley)
2000: Ein Freund zum Verlieben (The Next Best Thing)
2000: Es begann im September (Autumn in New York)
2001: Lisa
2002: Besessen (Possession)
2002: Das Idol (L’idole)
2002: The One and Only
2003: Bon Voyage
2003: Sylvia
2003: Unterwegs nach Cold Mountain (Cold Mountain)
2004: Darf ich bitten? (Shall We Dance?)
2005: L’avion
2005: Das Leben der Anderen
2006: Azur et Asmar
2006: Breaking and Entering – Einbruch & Diebstahl (Breaking and Entering)
2007: Zimmer 1408 (1408)
2007: Manolete
2008: Ein Leben für ein Leben – Adam Resurrected (Adam Resurrected)
2008: Nos enfants nous accuseront
2009: Le bal des actrices
2009: Coco Chanel & Igor Stravinsky
2009: Le hérisson (Die Eleganz der Madame Michel)
2009: Amelia
2011: In The Land Of Blood And Honey
Playlist: 
1 Gabriel Yared - Des Orages pour la Nuit (Betty Blue 37°2 Le Matin) - 03:18
2 Gabriel Yared - Camille (Camille Claudel) - 07:02
3 Gabriel Yared - Promenade en Limousine (L'Amant) - 03:33
4 Gabriel Yared - Forever And Always (The Next Big Thing) - 06:00
5 Gabriel Yared - Hanna K. (Hanna K.) - 03:43
6 Gabriel Yared - Lovers On Balloon (Map Of The Human Heart) - 02:50
7 Gabriel Yared - Générique (IP5: L'Ile Aux Pachidermes) - 03:43
8 Gabriel Yared - Storm (Message In A Bottle) - 04:31
9 Gabriel Yared - I'll Be Back (The English Patient) - 04:00
10 Gabriel Yared - Crazy Tom (The Talented Mr. Ripley) - 04:48
11 Gabriel Yared - Ada And Inman (Cold Mountain) - 05:03
12 Gabriel Yared & Underworld - St. Pancras (Breaking And Entering) - 04:25
13 Gabriel Yared - Achilles And Hector Fight (Troy) - 04:38
14 Gabriel Yared & Stéphane Moucha - HGW XX/7 (Das Leben der Anderen) - 05:34
15 Gabriel Yared - L'envol (L'Avion) - 03:24
16 Gabriel Yared - Room 1408 (1408) - 07:45
17 Gabriel Yared - Flight To Wales (Amelia) - 04:25
18 Gabriel Yared - Plus tard, je serais concierge (Le Hérisson) - 04:18
19 Gabriel Yared - Gentle Possession (Possession) - 05:27
20 Gabriel Yared - Autumn Forever (Autumn In New York) - 03:38
21 Gabriel Yared - The Cows (Sylvia) - 03:04
22 Gabriel Yared - Sables Mouvants (In The Land Of Blood And Honey) - 03:15
23 Gabriel Yared - Dear Catherine (Message In A Bottle) - 07:04
24 Gabriel Yared - City Of Angels (City Of Angels) - 07:07

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