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Montag, 14. Februar 2011

DIE 1. LANGE NACHT DER FILMMUSIK 18.02.11 - Stunde 5 - NAOMI WATTS Special

Die Schauspielerin Naomi Watts, am 28. September 1968 im englischen Shoreham geboren, hat seit ihrem Durchbruch mit David Lynchs Mystery-Thriller „Mulholland Drive“ (2001) ihren Weg in Hollywood gemacht und wird demnächst in „Blonde“ sogar Marilyn Monroe verkörpern. Doch bis zu ihrem Durchbruch hat sie eine harte Zeit durchmachen müssen.

Als Tochter des Pink-Floyd-Toningenieurs Peter und der Theaterschauspielerin und Innenarchitektin Myfanwy musste sie im Alter von vier Jahren erst die Trennung ihrer Eltern, drei Jahre später den plötzlichen Tod ihres Vaters verdauen, ehe sie mit ihrer Mutter und ihrem jüngeren Bruder Ben nach Wales zu den Großeltern.
Mit 14 zog Naomi Watts mit ihrer Familie ins australische Sydney, wo sie Schauspielunterricht nahm und bei einem Casting für ein Bikini-Shooting die 15-jährige Nicole Kidman kennenlernte, mit der sie sich schnell anfreundete. Ihre Schauspielkarriere unterbrach Watts 1986, um als Model in Japan zu arbeiten, kehrte aber erfolglos wieder nach Australien zurück, um in einem Kaufhaus und dann bei dem Modemagazin „Follow Me“ als Editor zu arbeiten. Als ein Arbeitskollege sie einlud, in einem kleinen Theaterstück mitzuspielen, war ihre Leidenschaft für die Schauspielerei wieder entfacht, so dass sie ihren Job beim Magazin kündigte.
1986 ergab sich eine Rolle in dem australischen Film „Für die Liebe allein“, dann Auftritte in den Fernsehserien „Hey Dad!“, „Brides Of Christ“ und „Home And Away“. Als sie zur Premiere von „Dead Calm“ eingeladen wurde, traf sie Regisseur John Duigan, der ihr - an der Seite ihrer Freundin Nicole Kidman - eine Rolle in seiner Teenie-Komödie „Flirting“ (1991) anbot und sie auch in seinem nächsten Film „Wide Sargasso Sea“ (1993) unterbrachte.
Um ihren Traum von einer Karriere in Hollywood zu verwirklichen, zog sie nach Los Angeles, wo sie nun auch Rollen angeboten bekam, wie in Rachel Talalays trashiger Comic-Adaption „Tank Girl“ (1995), Joe Dantes Horror-Komödie „Matinee“ (1993) und dem Horror-Sequel „Kinder des Zorns 4 – Möderischer Kult“ (1996). Zwar war sie weiterhin extrem fleißig und ergatterte Hauptrollen in dem TV-Sci-Fi-Mehrteiler „Project Sleepwalker“ (1997/98), in dem Fernseh-Mystery-Thriller „The Wyvern Mystery“ (2000) und in dem Fahrstuhlthriller „Down“ (2001), doch erst in der Komödie „Ellie Parker“ (2001) konnte Naomi Watts ihr ganzes Talent ausspielen, ehe sie Kritiker und Publikum mit ihrer erotisch angehauchten Doppelrolle in David Lynchs meisterhaften Thriller „Mulholland Drive“ auf sich aufmerksam machen konnte.

Eigentlich sollte 1999 ein Pilotfilm bei ABC entstehen. Der Sender machte zwar einen Rückzieher, aber StudioCanal erbot sich, eine Kinoversion zu finanzieren, die 2001 die Filmfestpiele in Cannes eröffnete und die Naomi Watts als blondes Pendant zu einer älteren Frau präsentierte, die unter Gedächtnisverlust leidet und mit ihrer Partnerin eine Affäre beginnt. Lynch schwärmte gegenüber der Los Angeles Times: „Ich jemanden, bei dem ich unglaubliches Talent spürte, und ich sah jemanden, der eine wundervolle Seele, Intelligenz und die Möglichkeit für viele verschiedene Rollen besaß, also war es ein schönes Paket.“
Nun konnte sie sich bessere Rollen aussuchen, z.B. in dem Remake des japanischen Grusel-Erfolgs „The Ring“ (2002), in dem sie eine Journalistin spielt, die den Ursprung eines tödlichen Videobandes aufspürt. Mit ihrem australischen Kollegen Heath Ledger startete sie in „Ned Kelly“ (2003) und verliebte sich in den zehn Jahre jüngeren Schauspieler.
„Ich denke, es geht um Lebenserfahrung, nicht um das Alter“, erklärte sich Naomi Watts in In Style. „Ich habe mich in eine Seele und eine Person verliebt, und seine Lebenserfahrung war reich genug, um mich zu stimulieren.“
Naomi Watts‘ Karriere entwickelte sich weiterhin prächtig. In James Ivorys Romantik-Komödie „Eine Affäre in Paris“ (2003) machte die attraktive Darstellerin eine ebenso gute Figur wie an der Seite von Sean Penn und Benicio del Toro in Alejandro González Iñárritus Drama „21 Gramm“ (2003), das ihr 2004 ihre erste Oscar-Nominierung einbrachte.
Es folgten das Horror-Sequel „The Ring 2“ (2005), der Thriller „Stay“ und die Hauptrolle in Peter Jacksons „King Kong“-Remake (allesamt 2005).
„King Kong“-Regisseur Peter Jackson schwärmte in Vanity Fair:
„Naomi besitzt die Fähigkeit, das Publikum in das Innenleben der Figuren hineinzuziehen, die sie darstellt, und sie versteht es, mehr zu verbergen als zu offenbaren, so dass man immer mehr möchte.“
Seit 2006 ist Naomi Watts mit dem Schauspieler Liev Schreiber liiert, an dessen Seite sie in dem Drama „Der bunte Schleier“ seine Filmfrau spielte. Das Paar hat mittlerweile zwei Kinder.
2007 folgten noch bemerkenswerte Darstellungen in David Cronenbergs Gangster-Drama „Tödliche Versprechen“ und Michael Hanekes US-Remake seines eigenen verstörenden Films „Funny Games“, nach der Baby-Pause ging es 2009 mit Tom Tykwers Politik-Thriller „The International“ und dem Drama „Mütter und Töchter“ weiter.
Im letzten Jahr war Naomi Watts in Doug Limans – auf wahren Begebenheiten beruhenden - Agenten-Thriller „Fair Game“ zu sehen. Darin schlüpft sie in die Rolle der CIA-Agentin Valerie Plame, die von der US-Regierung bewusst enttarnt worden ist, nachdem ihr Ehemann, der Diplomat Joseph Wilson, die Kriegsgründe der US-Regierung gegen den Irak als unhaltbar entlarvte und darüber in der New York Times schrieb.

"So ein tolles Drehbuch mit so einer tollen Rolle abzulehnen, wäre verrückt gewesen. Ich habe den Part nicht aus politischen Gründen angenommen, sondern weil mich die Figur faszinierte. Ich kannte die politischen Hintergründe und die Details, wusste, was Valerie an Stress hinter sich hatte. Sie verabscheute die Öffentlichkeit und stand plötzlich im Rampenlicht“, erzählte Naomi Watts dem Bayrischen Rundfunk. „Wegen meines kleinen Babys konnte ich keine großen Reisen machen, deshalb haben wir stundenlang telefoniert und endlos e-mails ausgetauscht. Ich wollte wissen, wie es ist, Ehefrau, Mutter und Karrierefrau zu sein und was ich mir schrecklich vorstelle keinem Freund sich wirklich anvertrauen zu können, immer auf der Hut zu sein, damit niemand etwas merkt. Mir haben Valeries spannende Geschichten von Doppel-Identitäten und der ganzen Spionagewelt fast die Schuhe ausgezogen, obgleich sie viele Dinge gar nicht erwähnen durfte, weil sie immer noch wegen der CIA Schweigepflicht hat."

Filmographie:
1986: Für die Liebe allein (For Love Alone)
1990: Hey Dad! (Fernsehserie)
1991: Flirting - Spiel mit der Liebe
1991: Dem Herrn verbunden (Brides of Christ) - Fernsehserie
1991: Home and Away (Fernsehserie)
1993: Doppeltes Spiel (The Custodian)
1993: Matinee - Die Horrorpremiere
1993: Sargasso Sea - Im Meer der Leidenschaft (Wide Sargasso Sea)
1993: Verführt - Schuldig oder nicht schuldig? (Gross Misconduct)
1995: Tank Girl
1996: Raus aus Atlantis (Bermuda Triangle) - TV
1996: Kinder des Zorns 4 - Mörderischer Kult (Children of the Corn IV: The Gathering)
1996: Zerbrechliches Glück (Timepiece) - TV
1996: Täter unbekannt (Persons Unknown)
1997: Under the Lighthouse Dancing
1998: A House Divided (Kurzfilm)
1998: Gefährliche Schönheit - Die Kurtisane von Venedig (Dangerous Beauty)
1997-98: Project Sleepwalker (Sleepwalkers) - Fernsehserie
1998: Ein ganz besonderer Weihnachtswunsch (The Christmas Wish) - TV
1999: Die Jagd nach dem Unicorn-Killer (The Hunt for the Unicorn Killer) - TV
1999: Strange Planet
2000: Wyvern Mystery (TV)
2001: Never Date an Actress (Kurzfilm)
2001: Ellie Parker (Kurzfilm)
2001: Down - Steig ein, wenn du dich traust
2001: Mulholland Drive - Straße der Finsternis
2002: Rabbits
2002: The Ring - Das Grauen schläft nie
2002: Grabgeflüster - Liebe versetzt Särge (Plots with a View)
2002: The Outsider (TV)
2003: Gesetzlos - Die Geschichte des Ned Kelly (Ned Kelly)
2003: Eine Affäre in Paris (Le Divorce)
2003: 21 Gramm (21 Grams)
2004: We Don't Live Here Anymore
2004: Attentat auf Richard Nixon (The Assassination of Richard Nixon)
2004: I ? Huckabees
2005: The Ring 2 (The Ring Two)
2005: Ellie Parker - Schauspielerin
2005: Stay
2005: King Kong
2006: The Painted Veil
2007: Tödliche Versprechen - Eastern Promises
2007: Funny Games U.S.
2009: The International
2009: Mütter und Töchter (Mother and Child)
2010: Ich sehe den Mann deiner Träume (You Will Meet A Tall Dark Stranger)
2010: Fair Game
2010: Movie 43
2011: The Impossible
2011: Dream House

Playlist:
1 Angelo Badalamenti - Mulholland Drive (Mulholland Drive) - 04:16
2 Klaus Badelt - Saving A Life (Ned Kelly) - 03:18
3 Gustavo Santaolalla - Do We Lose 21 Grams? (21 Grams) - 02:28
4 Jerry Goldsmith - The Scam (Matinee) - 04:08
5 Alexandre Desplat - The Water Wheel (The Painted Veil) - 06:20
6 Howard Shore - Anna Khitrova (Eastern Promises) - 03:25
7 Richard Robbins - A Phone Call (Le Divorce) - 02:51
8 James Newton Howard - It's In The Subtext (King Kong) - 03:19
09 Tom Tykwer, Johnny Klimek & Reinhold Heil - Chasing Jonas Skarssen (The International) - 02:55
10 John Powell - Uncomfortable Love (Fair Game) - 06:06
11 Hans Zimmer, Henning Lohner & Martin Tillman - Let The Dead Get In (The Ring) - 04:00
12 John Powell - Testify (Fair Game) - 04:33
13 Hans Zimmer, Henning Lohner & Martin Tillman - Burning Tree (The Ring) - 10:14

DIE 1. LANGE NACHT DER FILMMUSIK 18.02.11 - Stunde 6 - PHILIP GLASS Special

Lange Zeit betrachtete man den amerikanischen Komponisten Philip Glass eher als ein musikalisches Genie, das abseits konzertmusikalischer Konventionen agierte. Doch seit seinem epochalen Meisterwerk „Einstein on the Beach“, das er 1976 gemeinsam mit Robert Wilson realisierte, mit seinen Opern „Satyagraha“, „Akhnaten“ und „The Voyage“, seinen Filmscores zu „Koyaanisqatsi“, „Powaqqatsi“, „Mishima“, „The Thin Blue Line“ und den beiden „Candyman“-Filmen, aber auch durch seine Zusammenarbeit mit so unterschiedlichen Pop-Künstlern wie David Bowie, Brian Eno, Suzanne Vega, Paul Simon und Aphex Twin hat sich der in New York lebende und arbeitende Künstler einen Ruf als ein ungemein vielseitiger Künstler erworben, für den es eine strenge Trennung zwischen E- und U-Musik nicht gibt und der gerade mit einer Golden-Globe- und einer Academy-Award-Nomination für seinen Score zu Martin Scorseses Film „Kundun“ bedacht wurde.

© by Pasquale Salerno
Der Grundstein für sein außergewöhnlich breit angelegtes musikalisches Betätigungsfeld wurde bei Philip Glass bereits in frühester Kindheit gelegt. Der Vater des am 31. Januar in Baltimore geborenen Philip Glass unterhielt ein Plattengeschäft, das den Nährboden für die vielseitigen musikalischen Interessen bot, für die Glass später berühmt werden sollte.
„Ich war in der glücklichen Lage, dass mein Vater ein Musikgeschäft hatte, so dass ich von früh an jede Art von Musik hörte, die man sich vorstellen kann, sowohl klassische als auch Pop-Musik und moderne Musik“, erzählt Glass.
„Ich begann, in dem Geschäft zu arbeiten, als ich gerade mal zwölf Jahre alt war. Wir konnten auch Platten mit nach Hause nehmen, um sie uns anzuhören. Das war ein großes Glück für mich. So konnte ich schon in jungen Jahren einen sehr breit gefächerten Musikgeschmack entwickeln. Ich habe nicht nur klassische oder experimentelle Musik gehört, sondern wirklich jede Art von Musik: Pop, World Music und verschiedene Arten von Crossover Music.“
Mit sechs Jahren begann Philip Glass mit dem Geigenspiel, zwei Jahre später kam die Flöte dazu. Doch sowohl das limitierte Flöten-Repertoire als auch das musikalische Leben im Nachkriegs-Baltimore frustrierten den jungen Musiker, der sich während seines zweiten Jahres an der Highschool für die Universität in Chicago bewarb, wo er Mathematik, Philosophie und Musik studierte. Mit 19 Jahren machte er dort seinen Abschluss und ging nach New York an die Juillard School, wo er seinen Traum, Komponist zu werden, verwirklichen wollte. Er ließ die 12-Ton-Technik, die er noch in Chicago praktizierte, hinter sich und begann sich für Komponisten wie Aaron Copland und William Schuman zu begeistern.
Doch weder das Studium unter Lehrern wie Vincent Persichetti, Darius Milhaud und William Bergsma, noch die Abkehr vom Serialismus und die Faszination von Außenseiter-Komponisten wie Harry Partch, Charles Ives, Moondog, Henry Cowell oder Virgil Thomson ließen Philip Glass noch immer nicht seine eigene Stimme finden.
Schließlich führte ihn seine Suche Mitte der 60er Jahre nach Paris, um bei Nadia Boulanger zu studieren.
Nadia Boulanger war sehr wichtig für mich, aber auch Ravi Shankar, mit dem ich zur gleichen Zeit Mitte der 60er arbeitete, war ein ebenso wichtiger Einfluss“, blickt Glass zurück. „Durch ihn kam ich in Kontakt mit einer Musik, die ich während meiner Schultage nicht kennen gelernt hatte. In den 60ern wussten wir noch nicht viel über die Tradition der World Music, wie sie in Afrika, Korea oder Indien vorherrschten. Mit Ravi wurde mir diese Tür geöffnet, und Boulanger lehrte mich die grundlegenden Wesenszüge von Musik, obwohl ich schon das Konservatorium abgeschlossen hatte. Mit ihrer Hilfe betrachtete ich all das, was ich bisher kannte, von Neuem und sie brachte mich auf eine sichere Basis musikalischer Technik. Das wurde dann besonders wichtig, als meine Musik experimenteller wurde. Gerade bei experimenteller Musik ist ein großer Background sehr hilfreich, und den habe ich von ihr erhalten. Andere Einflüsse wie das Zusammentreffen mit John Cage, Ornette Coleman, Paul Simon, die auch in New York leben, sind so bedeutend, weil ich ihre Musik hören und mit ihnen darüber reden kann.“
 © by Steve Pyke
Überhaupt führt Philip Glass den Umstand, dass er gerade mit Leuten aus der Popmusik-Szene zusammenarbeitet, auf die Tatsache zurück, dass er in New York lebt.
„Ich arbeite viel mit Leuten aus dem Pop-Bereich zusammen. ich habe einen Song mit Mick Jagger für einen Film gemacht; ich habe einen Song mit Suzanne Vega geschrieben, einen mit Paul Simon. Ich habe also einige Stücke mit Pop-Künstlern gemacht. New York ist wie eine Kreuzung von allen möglichen Musikstilen und Musikern. Es gab ein Konzert in der Carnegie Hall mit Patti Smith, Natalie Merchant, John Cale und Sheryl Crow. Das ist eine Sache, die ich sehr gern mache, meine Musik mit Pop-Musik zu verbinden, auch wenn meine Hauptarbeit auf dem Gebiet der Oper und Symphonie liegt. Aber ich arbeite sehr gern mit anderen Musikern zusammen, weil ich sehr stimulierend finde“, erklärt Philip Glass.
„Es ist ziemlich einfach in New York, Leute zu treffen. Als ich vor 15 Jahren zum ersten Mal mit Paul Simon zusammentraf, hatte er mich einfach angerufen. John Cale lernte ich bei einem Konzert kennen, Patti Smith ebenso. Wenn ich in Chicago, Pittsburgh oder Houston, Texas, leben würde, hätte ich diese Kontakte, ehrlich gesagt, nicht. Die können nur an bestimmten Orten stattfinden, wo Leute zusammenkommen. Und New York ist ein idealer Ort dafür.“
Dorthin kehrte er 1967 nach seinem Pariser Studium auch zurück, distanzierte sich von allem, was er vor seinen lehrreichen Begegnungen mit Boulanger und Shankar gemacht hatte, und begann, musikalische Techniken aus Nordafrika, Indien und dem Himalaja in seinen eigenen Werken anzuwenden.
„Was ich quasi als Offenbarung erkannte, war die Verwendung des Rhythmus beim Entwickeln einer Gesamtstruktur in der Musik.
Den Unterschied zwischen westlicher und indischer Musik würde ich folgendermaßen beschreiben: In der westlichen Musik unterteilen wir die Zeit, etwa so, als könnte man ein Stück Zeit nehmen und es wie einen Laib Brot aufschneiden. In der indischen Musik und in allen nicht-westlichen Musiktraditionen, die ich kenne, dagegen nimmt man kleine Einheiten oder 'beats' und verknüpft sie miteinander zu größeren Zeitwerten“, meint Philip Glass.
„Die Annäherung an Musik ist ganz unterschiedlich. Nehmen wir die Elemente der Musik: Melodie, Harmonie und Rhythmus. In westlicher Musik ist die Tradition der Musik in der Struktur von harmonischer und melodischer Sprache begründet. In östlicher Musik beruht die Struktur auf der rhythmischen Sprache. Als ich Ravi Shankar traf, musste ich eine völlig neue Technik lernen, eine Musik, die auf rhythmischen Prinzipien basiert. Ich musste die Elemente der Musik neu erlernen und sie auf eine neue Weise reintegrieren. Ich war gerade 27, 28 Jahre alt, hatte mein Studium abgeschlossen, war aber noch jung genug, um für neue Ideen offen zu sein, und ich hoffe, dass ich das immer noch bin. Aber wenn man jünger ist, fällt es einem doch leichter. Nun musste ich ein neues Training beginnen und über Musik auf eine andere Weise nachdenken. Das führte mich in eine Richtung, die sehr einzigartig war.“
Zunächst gründete Glass 1968 das heute noch bestehende Philip Glass Ensemble.
„Als ich 1968 mit dem Philip Glass Ensemble anfing, war es noch leicht, Leute zu finden, die Zeit hatten, sich jeden Donnerstagabend zum Üben zu treffen, weil niemand andere Verpflichtungen hatte. Aber ich wollte die Gruppe professionell organisieren. Wenn man in der Musik eine neue Sprache entwickelt, braucht man eine neue Technik, um sie zu spielen, und um die zu entwickeln, brauchte ich ein stabiles Ensemble“, blickt Glass zurück, der zur Organisation der ersten Tournee 120 Briefe verschickte und sechs Antworten bekam.
„Wir spielten in Tacoma, St. Louis, Minneapolis und noch ein paar anderen Städten. Jedes Mal packten wir unseren Bus, luden ab, spielten das Konzert, packten den Bus wieder und fuhren weiter. Die Veranstalter brachten uns bei sich zuhause unter. Aber Mitte der 70er Jahre waren wir dann einigermaßen etabliert.“
Für dieses Ensemble, das aus verstärkten Keyboards, Stimmen und Blasinstrumenten besteht, schrieb Glass die meisten seiner frühen Arbeiten, darunter „Music with Changing Parts“ (1973), „Music in 12 Parts“ (1974), die eine vierstündige Zusammenfassung des bisherigen Glass-Werkes darstellte, und die wegweisende Oper „Einstein on the Beach“ (1976) in Zusammenarbeit mit Robert Wilson.
„Wir haben fast zwei Jahre an dem Stück gearbeitet“, erinnert sich Philip Glass. „Man muss bedenken, dass wir 1973/74 noch nicht sehr bekannt waren und viel Zeit hatten, um es zu entwickeln. Es war eine Verbindung von Bildern und Musik, bei der Bilder von Einstein erschienen. Es erzählte nicht die Geschichte Einsteins, sondern zeigte nur Bilder, so dass sich das Publikum seine eigene Geschichte aus dem, was es sah, konstruierte. Das wurde damals sehr populär. Wir führten es 1976 auf, dann noch einmal 1984 und 1992. Es ist ein sehr kraftvolles Dokument über die Verbindung von Bildern, Bewegung, Text und Musik. Es war eines der ersten Stücke, das diese Elemente auf eine neue Weise verknüpfte.“
Spätestens mit diesem Mammutwerk konnte man das oft für Philip Glass verwendete Etikett „minimalistischer Komponist“ nicht mehr benutzen. Glass, der schon 1978 erklärte, dass dieses Wort abgeschafft werden sollte, akzeptiert diese Bezeichnung heute zwar, allerdings nur hinsichtlich seiner frühen Werke. Er selbst sieht sich eher als Komponist einer „Musik mit repetitiver Struktur“.
Das Arbeiten innerhalb verschiedener künstlerischer Disziplinen, das mit dem Musiktheater „Einstein on the Beach“ einen ersten Höhepunkt erreichte, sollte in Zukunft das wichtigste Betätigungsfeld für Glass werden. Obwohl er immer auch mal Streich-Quartette und Sinfonien komponierte, wurde Glass vor allem mit seinen interdisziplinären Werken populär.
„Der große Unterschied besteht darin, ob die Musik auf einem Thema, einer Geschichte, einem Bild basiert oder auf einer abstrakten Idee von Musik“, erklärt Glass. „Ich denke, es gibt nur zwei Arten von Komponisten, nämlich Komponisten von Theater- und Komponisten von Konzertmusik, wobei Theatermusik für mich auch Film, Ballett und Oper beinhaltet. Immer wenn Elemente wie Text, Bewegungen oder Bilder in die Musik involviert werden, dann hat man es mit dem Theater-Medium zu tun. Ich denke, Komponisten haben dabei verschiedene Wege eingeschlagen. Ich bin vor allem in die Richtung der Theatermusik gegangen, wo das Thema die Grundlage meines Werkes wurde. Ich habe einige Symphonien und Streichquartette komponiert, aber die meisten Sachen, die ich gemacht habe, fallen in die große Kategorie der Theatermusik. Diese Texte, Bewegungen und Bilder stellen für mich eine große Inspirationsquelle dar.“
So ist es wohl zu erklären, warum Philip Glass gerade im Film-Genre so umtriebig gewesen ist. Den sieben Opern - darunter „Satyagraha“ (1980), „Akhnaten“ (1983) und „The Voyage“ (1992) - stehen etliche Soundtracks gegenüber: „Koyaanisqatsi“ (1983), „Mishima“ (1985), „Hamburger Hill“ (1987), „Powaqqatsi“ (1988), „The Thin Blue Line“ (1988), „A Brief History Of Time“ (1992), „Candyman“ (1992), „Candyman: Farewell To The Flesh“ (1995) undvor allem der Golden-Globe- und Academy-Award-nominierte Score zu Martin Scorseses „Kundun“.
Bei dem raschen Wechsel zwischen den künstlerischen Disziplinen kann man sich schon denken, dass Philip Glass nicht zu den Komponisten zählt, die eine strikte Differenzierung zwischen hochkultureller E-Musik und populärer U-Musik vornehmen.
„Ich persönlich treffe diese Unterscheidung nicht, aber ich weiß, dass andere es tun“, meint Glass dazu. „Natürlich bin ich mir der Unterscheidung bewusst, wenn ich z.B. eine Symphonie für ein Orchester schreibe, dann gehe ich das anders an, als wenn ich einen Filmscore für Martin Scorsese komponiere. Ich weiß, dass das Publikum unterschiedlich ist und dass das Medium unterschiedlich ist, aber ich habe keine Probleme damit, für beide Seiten zu arbeiten.“
Mit seinem wunderschönen, exotischen wie melodramatischen Score zu Martin Scorseses Biographie des 14. Dalai Lamas, „Kundun“, hat Philip Glass sicher eines seiner beeindruckendsten Werke abgeliefert, das auch über die typische Glass-Anhängerschaft hinaus für Aufsehen sorgen dürfte. Glass, selbst gläubiger Buddhist, verband eindringliche Harmonien mit tibetischen Mönchsgesängen, Percussions, Synthesizern und Bläsern zu einem atmosphärisch dichten Meisterwerk.
„Ich wollte mit dem Score den Ort und die Bedeutung von Tibet reflektieren. Ich wollte, dass das Publikum von der ersten Note der Musik an, mit der Magie und der Mystik von Tibet vertraut wird“, erläutert Philip Glass, der idealerweise von Martin Scorsese gleich nach Erhalt des Skripts in das Projekt involviert wurde, so dass sich in dem intensiv wechselseitig funktionierenden Arbeitsprozess Musik und Film einander beeinflussen konnten. „Ich hoffte, dass die Musik zu einem Tor für eine Welt werden könnte, die irgendwie exotisch ist. Das war mein Ziel.“
Konkrete Ziele für die Zukunft hat Philip Glass dagegen noch nicht. Oft ist es einfach ein Anruf eines befreundeten oder einfach nur interessanten Künstlers, der ganz spontan zu einem neuen Projekt führt. „Man weiß bei diesen Kollaborationen vorher nie, wie das Resultat ausfallen wird. Deshalb sind sie auch so knifflig. Man muss sich diesen Projekten mit einem gewissen Maß an Enthusiasmus und einem gewissen Maß an Unschuld nähern, ohne dass man zu sehr über das Resultat nachsinnt“, ist Philip Glass überzeugt. „Erst dann ist es möglich, dass aus der Zusammenarbeit etwas unerwartet Schönes wird.“

Filmographie:
1970 – Marco
1971 – End Of The Art World
1983 - Koyaanisqatsi
1984 – High Wire
1985 - Mishima
1986 – Dead End Kids
1987 - Hamburger Hill
1988 - Powaqqatsi
1989 - The Thin Blue Line
1990 - Mindwalk
1991 – A Brief History Of Time
1992 – Anima Mundi
1992 - Candyman
1995 - Candyman 2 – Die Blutrache
1995 - Jenipapo
1996 - The Secret Agent
1997 - Kundun
1998 - The Truman Show
1999 - Dracula (1931)
2002 - The Hours
2002 - Naqoyqatsi
2003 - The Fog Of War
2004 - Secret Window
2004 - Undertow
2004 – Taking Lives
2005 – The Giant Buddhas
2005 - Neverwas
2006 - The Illusionist
2006 – Roving Mars
2006 - Notes On A Scandal
2007 - Cassandra's Dream
2007 - No Reservations
2007 – Glass: A Portrait of Philip in Twelve Parts
2007 – Repeat
2007 – Hard-Hearted
2007 – Deferred
2007 – The Seeds
2007 – Little Things
2007 - Les animaux amoureux (Animals In Love)
2008 - What Are You Looking For?
2008 – Objects and Memory
2009 – Transcendent Man
2009 - Regrets
2010 – Mr. Nice

Playlist:
1 Philip Glass - Main Title (Neverwas) - 04:08
2 Philip Glass - Floe 87 (Les Regrets) - 03:45
3 Philip Glass - Sand Mandala (Kundun) - 04:04
4 Philip Glass - The History (Notes On A Scandal) - 03:49
5 Philip Glass - Winnie Remembers (Secret Agent) - 03:18
6 Philip Glass - Primacy Of Number (Naqoyqatsi) - 06:52
7 Philip Glass - Prophecies (Koyaanisqatsi) - 08:11
8 Philip Glass - Anthem - Part I (Powaqqatsi) - 06:22
9 Philip Glass - The Pursuit & Murder In The Park (Cassandra's Dream) - 06:42
10 Philip Glass - Return To Cabrini (Candyman) - 09:46

DIE 1. LANGE NACHT DER FILMMUSIK 18.02.11 - Stunde 7: TV-Serien - die Anfänge

Was wäre das Fernsehen ohne seine Serien? Dass sie den größten Teil eines Fernsehprogramms ausmachen, liegt schließlich darin begründet, dass die Publikumsbindung aufgrund des hohen Wiedererkennungswertes enorm hoch ist und die Serienstars bestenfalls ein hohes Identifikationspotenzial besitzen. Eine eingängige Titelmelodie zum Mitsummen trägt viel dazu bei, diesen Wiedererkennungswert einer Serie zu erhöhen.

Als ab 1950, also auch mit dem Beginn der Produktion von Fernsehserien in den USA, die klassische Filmmusik um Elemente aus Jazz, Rock und Pop erweitert wurde, sind fetzige Erkennungsmelodien untrennbar mit ihren dazugehörigen Serien verbunden.
Dazu zählen natürlich Alexander Courages berühmtes „Star Trek“-Thema ebenso wie die fetzigen Nummern von Mike Post zu den Detektiv-Serien „Rockford“ und „Magnum“, Lalo Schifrins rhythmische Nummer zu „Mission: Impossible“, die natürlich auch thematisch in den Kinofilmen aufgegriffen wurde, oder auch das 1970 von Klaus Doldinger komponierte und seither regelmäßig am Sonntagabend ertönende Titelthema der „Tatort“-Reihe.
In der ersten Stunde unseren TV-Serien-Specials decken wir den Zeitraum von 1953 – beginnend mit den Evergreens von „Polizeibericht“ (1953) und „Peter Gunn“ (1958) – bis zu den elektronischen Arrangements, die Jan Hammer 1984 für die Cop-Serie „Miami Vice“ komponiert hat.

Playlist:
1 Alexander Courage - Main Theme (Star Trek, 1966) - 02:24
2 Ray Anthony - Main Theme (Polizeibericht/Dragnet, 1953) - 02:49
3 Quincy Jones - Main Theme (Der Chef/Ironside, 1967) - 03:55
4 Laurie Johnson - Main Theme (Mit Schirm, Charme und Melone/The Avengers, 1961) - 03:18
5 Lalo Schifrin - Main Theme (Mission: Impossible, 1966) - 04:16
6 Mike Post - Main Theme (Rockford, 1974) - 03:15
7 Patrick Williams - Main Theme (Die Straßen von San Francisco, 1972) - 02:53
8 Henry Mancini - Main Theme (Peter Gunn, 1958) - 02:00
9 Willie Bobo - Main Theme (Kojak, 1973) - 03:36
10 Mike Post - Main Theme (Magnum, 1980) - 03:26
11 Rhythm Heritage - Main Theme (S.W.A.T.) - 02:53
12 Jan Hammer - Main Theme (Miami Vice, 1984) - 02:30
13 Jerold Immel - Main Theme (Dallas, 1978) - 03:16
14 David Rose - Main Theme (Unsere kleine Farm, 1974) - 02:59
15 Bill Conti - Main Theme (Denver-Clan, 1981) - 02:45
16 Ingfried Hoffmann - Main Theme (Robbi, Tobbi und das Fliewatüüt, 1972) - 02:25
17 Christian Bruhn - Neue Erfahrungen im Cyber-Space (Captain Future, 1980) - 03:39
18 Klaus Doldinger - End Titles (Tatort, 1970) - 03:30

DIE 1. LANGE NACHT DER FILMMUSIK 18.02.11 - Stunde 8: TV-Serien - Neue Klassiker

Obwohl seit den 80ern mit der Popularisierung von elektronischem Equipment vor allem rein synthetische Musik für Fernsehserien kostengünstig und schnell produziert werden konnte, wird nach wie vor auch gerne – wenn es das Budget erlaubt – orchestral arrangierte Musik komponiert, so wie Michael Giacchino für J.J. Abrams Serien-Hits „Lost“ und „Alias“.
In den 90ern haben vor allem zwei Mystery-Serien für Aufsehen gesorgt, David Lynchs „Twin Peaks“ und Chris Carters „Akte X“. Beide Filmemacher haben dabei auch ein gutes Händchen für ihre Komponistenauswahl bewiesen. Nachdem Angelo Badalamenti bereits David Lynchs Mystery-Drama „Blue Velvet“ musikalisch untermalt hatte, machte er sich durch seine melancholisch-sehnsuchtsvolle Titelmusik für „Twin Peaks“ unsterblich. Auch Mark Snow, der Mitte der 70er angefangen hatte, für Fernsehserien wie „The Rookies“, „Flatbush“ und „Brothers And Sisters“ zu arbeiten und in den 80ern auch hierzulande bekannte Serien wie „Der Denver-Clan“, „Falcon Crest“ und „Hart, aber herzlich“ vertonte, wurde mit der Titelmelodie für „Akte X“ weltberühmt. Er schuf die Musik zu allen 201 Folgen und zu den beiden Kinofilmen, außerdem für Chris Carters Serien „Millennium“, „Harsh Realm“ und „The Lone Gunmen“. Mark Snow erwies sich dabei als Meister dunkel-unheimlicher Stimmungen, die in den Titelthemen verführerische Elemente aufwiesen, das Geschehen aber mit sphärischen und rhythmischen Soundcollagen untermalten.

Neben vielen Komponisten, die vor allem für das Fernsehen arbeiten, wie z.B. Blake Neely („Everwood“, „Brothers And Sisters“, „Eli Stone“, „The Mentalist“), Sean Callery („24“, „Le Femme Nikita“) oder David Lawrence („Jericho“, „Harper’s Island“), geben sich auch gestandene Hollywood-Komponisten wie Danny Elfman („The Simpsons“, „Desperate Housewives“, „The Flash“), James Newton Howard („E.R., „The Sentinel“) oder Thomas Newman („Six Feet Under“) gelegentlich mit Aufträgen für markante Serien-Titelmelodien ein Stelldichein. Andere wie Michael Giacchino („Alias“, „Lost“) oder Bear McCreary („Battlestar Galactica“, „Terminator: The Sarah Connor Chronicles“) haben durch ihre gute Arbeit beim Fernsehen auch den Sprung ins Filmgeschäft geschafft.

Playlist:
1 Angelo Badalamenti - Twin Peaks Theme (Twin Peaks) - 05:01
2 Mark Snow - Materia Primorsis (The X-Files) - 03:22
3 Mark Snow - Main Title (Millennium) - 03:32
4 Mark Snow - Main Title (Harsh Realm) - 03:45
5 David Lawrence - Rescue In The School Bus (Jericho) - 03:12
6 Jeff Beal - Justin at Mr. Chin's (Carnivale) - 04:04
7 Jeff Beal - The Battle Has Begun (Rome) - 03:15
8 Michael Giacchino - The Island (Lost - Season 3) - 02:57
9 Sean Callery - C.T.U. (24 - Seasons 4 & 5) - 03:55
10 John M. Keane - Investigation Suite (CSI: Crime Scene Investigation) - 06:02
11 Rolfe Kent - Main Title (Dexter) - 01:41
12 Danny Elfman - Main Title (Tales From The Crypt) - 02:24
13 Paul Haslinger - End Game (Sleeper Cell) - 03:13
14 Blake Neely - Believe (The Mentalist) - 03:30
15 Mark Isham & Cindy O'Connor - Spray Paint (Crash) - 04:17
16 Bear McCreary - Andy Goode's Turk (Terminator: The Sarah Connor Chronicles) - 03:09

Sonntag, 13. Februar 2011

Playlist # 52 vom 13.02.11 - JOHN BARRY Special

Mit dem am 30. Januar 2011 verstorbenen Komponisten John Barry hat die Welt der Filmmusik einen ihrer berühmtesten Figuren verloren. Der mit Oscars für „Frei geboren – Die Königin der Wildnis“, „Der Löwe im Winder“, „Jenseits von Afrika“ und Kevin Costners Western-Epos „Der mit dem Wolf tanzt“ ausgezeichnete Komponist wurde am 3. November 1933 im englischen York geboren und wurde vor allem für seine zahlreichen Soundtracks zu Ian Flemings „James Bond“-Reihe berühmt („Goldfinger“, „Liebesgrüße aus Moskau“, „Im Angesichts des Todes“).

Seine musikalische Ausbildung begann im Alter von elf Jahren, als er die St. Peter’s Public School in seiner Heimatstadt York besuchte, wo er Klavierunterricht erhielt. Da sein Vater eine Kinokette betrieb, kam der Junge ständig in den Genuss, sich wiederholt die dort ausgestrahlten Filme ansehen zu können. Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs richtete sich Barrys Aufmerksamkeit zum Jazz und zur Unterhaltungsmusik. John Barry bekam Anfang der 50er Jahre Trompetenunterricht, komponierte die ersten kleineren Stücke und lernte die Kompositionstechnik von Joseph Schillinger. Nachdem er seinen Armeedienst in Ägypten und auf Zypern abgeleistet hatte, gründete Barry 1957 die Rock’n’Roll-Band The John Barry Seven, die ihm Auftritte im Fernsehen und schließlich den Einstieg ins Filmgeschäft ermöglichte.
Nach seinem Debüt mit „Heiß auf nackten Steinen“ (1959) wurde Barry von den Produzenten des ersten James-Bond-Films „James Bond jagt Dr. No“ engagiert, aus Monty Normans 007-Thema eine Pop-Nummer zu kreieren, die mit ihrer Kombination aus cooler Gitarrenmelodie und dramatischen Bläsern aus der James-Bond-Ikonographie nicht mehr wegzudenken ist. In einem Interview mit der BBC meinte einer von John Barrys James-Bond-Erben, David Arnold („Casino Royale“, „Ein Quantum Trost“): "Ich glaube, James Bond wäre weit weniger cool gewesen, wenn ihm John Barry nicht die Hand gehalten hätte."
Zwar zog Barry später vor Gericht um die Urheberschaft des Titelthemas den Kürzeren, doch wurde nicht Monty Norman, sondern er für die weiteren James-Bond-Filme als Komponist engagiert. Vor allem die Titelthemen zu „Goldfinger“ und „Moonraker“, die von Shirley Bassey gesungen wurden, „Feuerball“ (Tom Jones), „Im Angesicht des Todes“ (Duran Duran) und „Der Hauch des Todes“ (a-ha) wurden zu großen Hits. Doch nach dem 1987 veröffentlichten Abenteuer „Der Hauch des Todes“ kehrte John Barry der James-Bond-Reihe ein für allemal den Rücken.
Nach seiner Übersiedlung in die USA Mitte der 70er Jahre konnte er allerdings auch in Hollywood wirken. Zwar wurde seine Musik nun streicherlastiger, langsamer und auch oft einfallsloser, doch konnte er auch hier immer wieder preisgekrönte Arbeiten komponieren, wie die Soundtracks zu Sydney Pollacks Afrika-Drama „Jenseits von Afrika“, Adrian Lynes Erotik-Drama „Ein unmoralisches Angebot“ oder Kevin Costners Western-Epos „Der mit dem Wolf tanzt“, das ihm seinen fünften und letzten Oscar einbrachte.




Filmographie (Auswahl):

1959: Heiß auf nackten Steinen (Beat Girl)
1960: Der Marder von London (Never Let Go)
1961: Verpfiffen (A Matter of WHO)
1962: James Bond jagt Dr. No (Dr. No, Arrangement des James-Bond-Themas von Monty Norman)
1962: Der Henker kann warten (Mix Me a Person)
1962: Das indiskrete Zimmer (The 'L' Shaped Room)
1963: Liebesgrüße aus Moskau (From Russia with Love)
1963: Elizabeth Taylor in London
1964: An einem trüben Nachmittag (Seance on a Wet Afternoon)
1964: Kollege stirbt gleich (A Jolly Bad Fellow)
1964: Plädoyer für einen Mörder (Man in the Middle)
1964: Der gewisse Kniff (The Knack...and How to Get It)
1964: Goldfinger
1964: Zulu
1965: Ipcress – streng geheim (The Ipcress File)
1965: Sie nannten ihn King (King Rat)
1965: Vier Uhr morgens (Four in the Morning)
1965: Feuerball (Thunderball)
1965: Sophia Loren in Rome
1966: Letzte Grüße von Onkel Joe (The Wrong Box)
1966: Ein Mann wird gejagt (The Chase)
1966: Frei geboren – Die Königin der Wildnis (Born Free)
1966: Das Quiller Memorandum (The Quiller Memorandum)
1967: Man lebt nur zweimal (You Only Live Twice)
1967: Flüsternde Wände (The Whisperers)
1968: Todesfalle (Deadfall)
1968: Brandung (Boom)
1968: Der Löwe im Winter (The Lion in Winter)
1969: Im Geheimdienst Ihrer Majestät (On Her Majesty’s Secret Service)
1969: Ein Hauch von Sinnlichkeit (The Appointment)
1969: Asphalt-Cowboy (Midnight Cowboy)
1970: Das vergessene Tal (The Last Valley)
1970: Der Traum vom Leben (Walkabout)
1971: Diamantenfieber (Diamonds Are Forever)
1971: Die Zwei (The Persuaders, Thema der TV-Serie)
1971: Maria Stuart, Königin von Schottland (Mary, Queen of Scots)
1971: Der Verkehrte Sherlock Holmes (They Might Be Giants)
1972: Alice im Wunderland (Alice’s Adventures In Wonderland, Musical)
1973: Ein Puppenheim (A Doll’s House)
1973: Liebe in der Dämmerung (Love Among the Ruins, TV)
1973: Die Glasmenagerie (The Glass Menagerie, TV)
1974: Die Weltumsegelung (The Dove)
1974: Der Mann mit dem goldenen Colt (The Man with the Golden Gun)
1974: Die Frucht des Tropenbaumes (The Tamarind Seed)
1975: Der Tag der Heuschrecke (Day of the Locust)
1976: Robin und Marian (Robin and Marian)
1976: King Kong
1976: Die Tiefe (The Deep)
1977: Der Weiße Büffel (The White Buffalo)
1977: Der Clan (The Betsy)
1978: Bruce Lee – Mein letzter Kampf (The Game of Death)
1978: Star Crash – Sterne im Duell (Starcrash)
1979: Das tödliche Dreieck (Hanover Street)
1979: Moonraker
1979: Das schwarze Loch (The Black Hole)
1980: Ein tödlicher Traum (Somewhere in Time)
1980: Hebt die Titanic (Raise the Titanic)
1981: Die Legende vom einsamen Ranger (Legend of the Lone Ranger)
1981: Heißblütig – Kaltblütig (Body Heat)
1982: Hammett
1982: Frances
1983: Höllenjagd bis ans Ende der Welt (High Road to China)
1983: Octopussy
1983: Mikes Mörder (Mike’s Murder)
1984: Liebe ohne Ausweg (Until September)
1984: The Cotton Club
1985: Im Angesicht des Todes (A View to a Kill)
1985: Das Messer (Jagged Edge)
1985: Jenseits von Afrika (Out of Africa)
1986: Allein mit dem Mörder (My Sister’s Keeper bzw. A Killing Affair)
1986: Peggy Sue hat geheiratet (Peggy Sue Got Married)
1986: Howard – Ein tierischer Held (Howard the Duck)
1986: Auf der Suche nach dem goldenen Kind (The Golden Child, mit Michel Colombier)
1987: Der Hauch des Todes (The Living Daylights)
1988: Masquerade – Ein tödliches Spiel (Masquerade)
1990: Der mit dem Wolf tanzt (Dances With Wolves, Oscar für Beste Filmmusik 1990)
1992: Der Tod lauert in Kairo (Ruby Cairo bzw. Deception)
1992: Chaplin
1993: Ein unmoralisches Angebot (Indecent Proposal)
1993: Mein Leben für dich (My Life)
1994: Der Spezialist (The Specialist)
1995: Der scharlachrote Buchstabe (The Scarlet Letter)
1995: New York 3-D (Across the Sea of Time)
1995: Cry, the Beloved Country
1997: Amy Foster – Im Meer der Gefühle (Swept From the Sea)
1998: Das Mercury Puzzle (Mercury Rising)
1998: Leben und lieben in L.A. (Playing by Heart)
2001: Enigma – Das Geheimnis (Enigma)

Playlist: 
1 John Barry - The James Bond Theme (The Best Of The EMI Years) - 02:00
2 John Barry - Chinon/Eleanor's Arrival (The Lion In Winter) - 03:28
3 John Barry - First Zulu Appearance and Assault (Zulu) - 05:09
4 John Barry - Suite (The Cotton Club) - 06:36
5 John Barry - Main Title (Body Heat) - 03:50
6 John Barry - Welcome To America, Welcome To New York (Across The Sea Of Time) - 03:29
7 John Barry - I Had A Farm (Out Of Africa) - 03:12
8 John Barry - Foreplay (Until September) - 02:48
9 John Barry - The Attic (Somewhere In Time) - 04:07
10 John Barry - Elsa at Play (Born Free) - 05:29
11 John Barry - Part I (Jagged Edge) - 03:52
12 John Barry - Sea Of Death (Swept From The Sea) - 04:12
13 John Barry - Fire Dance (Dances With Wolves) - 01:40
14 John Barry - Main Theme (Indecent Proposal) - 04:40

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